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Eminem – The Marshall Mathers LP 2

Eminem – The Marshall Mathers LP 2

MMLP2
(Universal/VÖ: 5.11.2013)

Männer ab 40 entwicklen ja in der Regel gewisse Eigenheiten: der eine lässt sich nur noch im Sportwagen blicken, der andere kauft den Hollistershop leer und der Dritte färbt sich die Haare blond. Haare blond? Ja, auch das kommt vor – sogar bei großen Rapstars. Bei Eminem, der schon 41 Lenze am Buckel hat (und trotzdem aussieht wie 25) bedeutet die äußere Veränderung weniger der Beginn einer Midlife-Crisis, sondern manifestiert sich als Hoffnungsschimmer am Horizont vieler Rapfans. Soll dies doch signalisieren: Slim Shady ist back. Und dem nicht genug, legte sich der Detroiter die Latte für sein neues Album unglaublich hoch – wie alleine der Titel „The Marshall Mathers LP2“ suggeriert, schließlich soll damit nicht weniger als der Nachfolger des szeneprägenden ersten Teils aus den Fugen gehoben werden. Natürlich kamen bei dieser Ankündigung schon erste Zweifel auf, zu unwahrscheinlich schien es, dass Marshall Mathers wieder an alte Glanztaten anschließen kann; was nicht heißen soll, dass seine letzten musikalischen Entwürfe nicht gut waren, im Gegenteil, doch stylistisch trennen „Recovery“ und die „The Marshall Mathers LP“  Welten. Songs wie „Kim“ oder „Amityville“ von Eminem in 2k13? Unrealistisch – oder doch nicht?

Als die ersten Singles veröffentlicht wurden, herrschte an vielen Ecken Unverständnis. „Berzerk“ – was soll das sein? Der Soundtrack für irgendwelche Hinterwäldler aus Kentucky? Und „Survival“, ein Track, den er gleich „Won’t Back Down 2″ nennen könnte. Und dem nicht genug: RIHANNA auf der MMLP2. Oje, das Ganze sah nach einem richtig dicken Eigentor aus, man hatte förmlich Angst davor, dass der zweite Teil eines Albums, welches einst so viele Jugendzimmer beschallt hatte, zum totalen Flop avanciert. Okay, dann kam noch die wahnwitzige Technikabfahrt „Rap God“ und die Kollabo mit Kendrick Lamar, und zumindest die konnten einen ganz gut unterhalten – aber es klang nicht nach MMLP, kein bisschen. Also: große Zweifel, ein Gefühl, welches man Em nicht einmal in der Pre-„Relapse“ Phase so entgegenzubringen mochte. Beim Einlegen der CD kommt aber der krasse Twist: „Bad Guy“ (aka Stan 2) ertönt – unglaublich dicht und atmosphärische geschildert, da macht es nix, dass Em im Track selbst das Zeitliche segnet. Aber was für ein Lebenszeichen! In einer ähnlichen Tonart geht es weiter, „Rhyme Or Reason“ (mit dem bekannten Zombies-Sample, welches schon Deathrapper Necro für Who’s Your Daddy verwendete), „So Much Better“ oder „Legacy“ sind astreine Brecher – und siehe da: auf einmal passen auch die Singles in den Kontext, besonders „Berzerk“ wirkt nicht mehr wie ein Fremdkörper und knallt bös‘. Und sonst? Die Beats variieren im Übrigen stark (Rick Rubin bringt Countryeinflüsse mit – mag man – oder auch nicht), und nicht jeder wirkt wirklich glücklich gewählt (besonders auf „Rap God“), manch Hook ist zudem stark an der Schmerzgrenze – aber inhaltlich und raptechnisch ist das allesamt große Klasse. Klar, die homophoben Aussagen hätte er mittlerweile echt mal sein lassen können, aber ja, das kriegt er in diesem Leben wohl nicht mehr hin. Aber die Art, wie Em seine Storys abliefert und die vielen Details und Anspielungen auf den ersten Teil: big. „Headlights“, eine Entschuldigung an Debbie Mathers, dient schließlich als emotionales Highlights – nah am Eminemesken Pathos und mit einer sehr gewöhungsbedürftigten Hook (vom „Fun“-Sänger Nate Ruess) ausgestattet, aber seinem Zweck doch zur Gänze erfüllend:

„But I’m sorry Mama for Cleaning Out My Closet, at the time I was angry
Rightfully maybe so, never meant that far to take it though, cause

Now I know it’s not your fault, and I’m not making jokes
That song I no longer play at shows and I cringe every time it’s on the radio
And I think of Nathan being placed in a home
And all the medicine you fed us and how I just wanted you to taste your own
But now the medications taken over and your mental state’s
Deteriorating slow and I’m way too old to cry, that shit’s painful though
But Ma, I forgive you, so does Nathan, yo“

(Eminem in „Headlights“)

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Eminem hat es also doch wieder hinbekommen und trotz aller Negativpunkte ein rundes und vielleicht sogar sein bestes Album seit „The Eminem Show“ abgeliefert. Technisch sowieso in anderen Sphären unterwegs (nicht mal Kendrick Lamar bricht Eminem einen Zacken aus seiner Krone), bei der Beatauswahl nicht immer glücklich, an manchen Stellen zu nahe am Pop („Monster“ Mpfh.), aber als Gesamtprodukt geglückt. Natürlich klang die „Marshall Mathers LP“ anders als „MMLP2“, natürlich behandelt er hier nicht die gleichen Themen wie damals, wobei Eminem ja schon erklärt hat was es mit dem Titel auf sich hat. Sei’s drum – zusammenfassend gilt eben: „The Marshall Mathers LP 2“ ist ein würdiger Nachfolger. Er hat es also doch noch geschafft  – und damit mehr, als man erwarten konnte. In 13 Jahren kann er sich wieder die Haare blond färben und MMLP3 abliefern. Bitte, danke.

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(thomki)