"The hardest thing to do is something that is close…
Er gilt als der beste Freund des Menschen: der Hund, der domestizierte Wolf, der das Leben so vieler Menschen lebenswerter macht. In Deutschrap-Kreisen muss er zwar immer wieder als Schimpfwort herhalten – „Du Kelb, du Hund!“, wie es oft so schön in der Emotion auf Instagram heißt – aber im Grunde hat der Hund ein gutes Image, das sich auch auf das neue Studio-Album von Jugo Ürdens überträgt.
Bei Jugo Ürdens hat sich seit seinem letzten Longplayer „Das Album, das schon 2020 erscheinen sollte“ (2022) einiges getan. Berlin gehört ebenso der Vergangenheit an wie der Künstlername YUGO. Mittlerweile residiert er wieder in Wien – und aus YUGO wurde wieder Jugo Ürdens. Zudem ist er auch im Fernsehen aufgetaucht, und zwar auf ziemlich großer Bühne: Im Sommer flimmerte er als Rapper Ted Candy im Wien-Tatort „Deine Mutter“ über die Bildschirme, die BILD bezeichnete ihn daraufhin als „Wiener Eminem“.
Nun also das dritte Studio-Album, das der „Wiener Eminem“ schlicht „Hund“ genannt hat. Ein Titel mit sehnsuchtsvollem Inhalt, wie der Titeltrack deutlich macht: Hier äußert Jugo Ürdens den Wunsch, wie ein Vierbeiner zu leben: „Naiv und bisschen dumm“, wie es in der Hook heißt. Das Hundeleben, es ist ein schönes Leben – eine Imagination, der Jugo Ürdens auf dem ganzen Album nachjagt.
Einfach Hund sein
Denn, und das wird nach dem Hören von „Hund“ klar: Das Menschenleben, das ist ein deutlich schwierigeres Leben. Dieser Eindruck drängt sich schon beim ambivalenten Opener „Romelu“ auf, in dem Jugo Ürdens sich einerseits dem Flex hingibt, andererseits in der Zeile „Verspieltе Chancen so wie Romelu“ mit Romelu Lukaku vergleicht – der Belgier ist sicherlich einer der weltbesten Stürmer der vergangenen zehn Jahre, gleichzeitig aber auch dafür bekannt, die eine oder andere hundertprozentige Torchance zu vergeben.
Was so viel heißt wie: Jugo Ürdens ist sich bewusst, dass seine Karriere nicht so geradlinig nach oben verlief, wie es noch vor einigen Jahren den Anschein hatte. Das Kapitel Division entpuppte sich schließlich als Reinfall, wie er im Interview mit Mostdope erklärte.
Der kalte Berliner Wind
Auf „Hund“ serviert Jugo Ürdens den Hörenden seine Zerbrechlichkeit auf dem Tablett. Es geht um Einsamkeit, Depressionen, Ängste oder Heimweh nach Wien. Letzteres überkommt Jugo Ürdens in „Selfcare“, einem Song, der einen den kalten Berliner Wind förmlich spüren lässt und mit seiner melancholisch gesungenen Hook zu den Highlights des Albums zählt. Jugo Ürdens benennt in dem Song auch die scheinbar kleinen Dinge, die das Heimweh auslösen können; in seinem Fall war es das kalkhaltige Berliner Leitungswasser, das mit dem Wiener Hochquellwasser nicht mithalten konnte.

In „Mein Sohn“ greift der End-Zwanziger hingegen das Thema Generationenkonflikt (mit Balkan-Flair) auf, das auf einem 4-to-the-Floor-Beat vorstellig wird. Mit allerlei Beispielen erklärt Jugo Ürdens, wie er den Erwartungen seiner Eltern und Großeltern nicht ganz gerecht geworden ist – weder beruflich noch optisch: „Hattest als Kind doch gute Noten, warum trägst du breite Hosen? Ey, die schleifen nur am Boden, was hat dich nur so verdorben?“, rappt er etwa im ersten Part.
Jugo Ürdens erzählt von dunklen Momenten
Breiten thematischen Raum nehmen auf dem Album Rauschmittel ein: Das Dancefloor-taugliche „Smog“ mit Newcomerin LilliPop inklusive „Dies Das“-Reminiszenz gehört ebenso dazu wie das rockige „Benzin“ mit Tiavo oder „Necessaire“, das vom Schnee handelt, den nicht nur in Wien jedes Kind kennt. Drogen spielen auch in „Alle meine Freunde“ eine Rolle, in dem Jugo gemeinsam mit Stacks102 von den 102 Boyz einen bittersüßen Blick auf den Werdegang seiner Freunde wirft.
Zum Abschluss geht es auf „Sonntag in August“ noch einmal in Richtung Indie-Rock. „Sonntag im August“, auf dem Jugo Ürdens sich ein weiters Mal nicht vor dem Singen scheut, verfügt über großes Ohrwurm-Potenzial – das gilt für viele Nummern auf dem Album, aber für „Sonntag im August“ am meisten. „Hund“, das zu großen Teilen von Robert Wallner (arbeitete unter anderem mit Ski Aggu zusammen) und dem Luxemburger Turnup Tun produziert wurde, ist kein klassisches Rap-Album. Aber es ist eines, auf dem Jugo Ürdens die dunklen Momente seiner jüngeren Vergangenheit beleuchtet – und es ist hochinteressant, ihm dabei zuzuhören.
Fazit
Verletzlich, melancholisch, nachdenklich: Jugo Ürdens präsentiert mit „Hund“ ein Album, das die Ecken abseits der Happy-Peppy-Hochglanz-Social-Media-Welt auslotet. Musikalisch grob zwischen Indie, Electro und Trap angesiedelt, gibt es auf „Hund“ einiges, was nachhaltig im Gedächtnis bleibt – auch, weil Jugo Ürdens ein unverändert starkes Händchen für Hooks hat. Kurzum: „Hund“ ist ein Album voller hörenswerter Einblicke in die Seele eines Künstlers, der versucht, sich in verschiedenen Welten zurechtzufinden.

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