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„Im Prinzip geht es um Revolution“ – Kool Savas Interview

„Im Prinzip geht es um Revolution“ – Kool Savas Interview

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TM: Deine Leidenschaft für Dr. Pepper hast du vorhin schon angesprochen. Rhino’s Energy Drink ist dein Sponsor, bist du jetzt umgestiegen?

Kool Savas: Rhino’s trinken wir sehr oft. Das ist ein bisschen smoother als Red Bull und man kann auch 2, oder 3 Dosen davon trinken. Ich trinke es immer bevor ich auf die Bühne gehe, damit ich Energie habe, oder ich bilde es mir zumindest ein. Ich habe auch schon einmal eine Woche nur Wasser getrunken und mich auch besser gefühlt, aber wenn man den Zucker gewöhnt ist, kann man schon von einer leichten Abhängigkeit sprechen. Diese Mischung aus Säure und Zucker gibt einem schon ein gewisses Erfrischungsgefühl.

TM: Und andere Süchte? Du spielst gerne Playstation, Richtig?

Kool Savas: Ich würde gerne den ganzen Tag nur Computer spielen, aber ich habe überhaupt keine Zeit dafür. Cool ist, dass ich jetzt auch für ein Magazin, ich weiß jetzt nicht welches, Spielereviews schreibe. Also ich bekomme im Moment auch viele Games zugeschickt. Das ist das Beste! Pro Monat habe ich ein neues Game. Call of Duty IV ist das aktuellste, das ich besprochen habe. Keine Sucht, aber eine sehr ausgeprägte Leidenschaft ist meine Freude an der Natur. Zum Beispiel war ich einmal in Lech, ein wunderschöner Ort, oder bei einem Freund in Kitzbühel, um die Natur zu genießen. Der Freund hatte in so richtig Bonzen-mäßig ein Haus ziemlich weit oben am Berg, da hatte ich einen unglaublich erholsamen Schlaf. Man sah da auf 1000 Meter Höhe nur Berge und Schnee und das war wirklich wunderschön. Seitdem habe ich die fixe Idee; Ich will eine Holzhütte. Es gibt auch Überlegungen, ein Album auf einer Berghütte aufzunehmen. Das wäre dann aber ein ganz kleiner Rahmen, ich würde nur die Musiker und den Engineer mitnehmen. Nach Österreich zu ziehen wäre wirklich eine Überlegung wert. Es gibt tolle Orte hier. Ein Bergdorf in Kärnten würde ich gerne besuchen. Da hat jemand einmal auf 1500 Meter Höhe ein Grundstück gekauft, und die Genehmigung zur Errichtung eines Hotels erhalten – was ziemlich selten ist – hat aber dann das Grundstück verspielt. Eine Bauunternehmerfamilie hat das dann um einen wirklich kleinen Preis gekauft, und ein Luxushotel, das aber von Außen aussieht wie ein Dorf, gebaut. Da will ich unbedingt hin. Da gibt’s nur Holzhütten mit kleinen Holzöfen und einen eigenen Teich. Ich bin grad voll auf diesem Film. Heidelberg hat mich auf diese Idee gebracht. Ich habe in Berlin immer gespürt, dass mir etwas fehlt, aber ich wusste nicht was. In Heidelberg habe ich dann erkannt, dass dieses „Naturding“ in mir ist. Jetzt lebe ich aber in Stuttgart, weil meine Freundin da studiert. Aber ich merke, dass die Stadt mich nervös macht.

TM: Nach dem Rauswurf eines Fans bei einem Sido Konzert, hat der Veranstalter zur Entschädigung ein Meet & Greet mit dir ausgehandelt. Nach deinen Aussagen, möchtest du dafür sorgen, dass Rapper ein besseres Image bekommen. Ist das wahr?

Kool Savas: Das ist ja alles Pipifax. Man war bei dem Sido Konzert nicht dabei, man weiß nicht was war. Der Veranstalter hatte ein schlechtes Gewissen und für uns war es kein Problem, da noch ein Meet & Greet herausspringen zu lassen. Aber die Medien stürzen sich gerne auf so etwas. Gerade wenn es darum geht, Rapper dumm aussehen zu lassen. Wir müssen nicht wie die letzen Assis rüber kommen. Aber prinzipiell habe ich es mir nicht zu meinem Lebensziel gemacht, das Image der Rapper aufzupolieren.

TM: Du bist – wie man in deinen Texten schwer erkennen kann – sehr positiv gegenüber selbstbewussten Powerfrauen eingestellt. Deine Beats produziert deine Ex-Freundin Melbeatz, du hast deinen Lebensmittelpunkt für deine jetzige Freundin verlegt. Man kann dich also als positives Beispiel eines Rappers sehen, im Gegensatz zu vielen chauvinistisch-veranlagten Rapkollegen.

Kool Savas: Ich mag auch das klassische Rollenbild, solange das nicht auf Unterdrückung basiert. Meine Mutter findet dieses Bild furchtbar, aber ich denke, wenn eine Frau ihre Lebensaufgabe in der Kinderbetreuung und im Haushalt sieht, und das gerne macht, und Erfüllung findet, ist es OK. Dieses Jäger-Sammler-Ding finde ich gut. Der Mann jagt das Mammut und die Frau sorgt für das Pflanzengemisch. Das finde ich schön und könnte ich mir auch vorstellen. Auch weil ich viel unterwegs bin und mich um die Dinge zu Hause nicht kümmern möchte. Andererseits finde ich sogenannte Powerfrauen auch top. Frauen, die etwas Eigenes aufbauen und einen eigenen Kopf haben, finde ich gut. Es kann auch sehr schnell langweilig werden, wenn einem eine Frau nur nach dem Mund redet. Nur ein stilles Mäuschen zu sein, macht auch keinen Sinn. Es ist cool, wenn eine Frau etwas zu bieten hat, ihre eigenen Erfahrungen gesammelt hat, ihr Leben lebt und ihr Ding macht.

TM: Du sagst du tendierst zum klassischen Rollenbild Mann-Frau. Was hältst du von Homosexualität? Rap wird oft mit Homophobie assoziiert. In Video von KIZ zu „Geld Essen“ wird mit küssenden Männern provoziert, findest du das gut?

Kool Savas: Ich glaube nicht, das KIZ das zum Thema gemacht haben, weil sie für mehr Toleranz für Schwule sorgen. Das sollte einfach nur schocken, denke ich. Es ist auf jeden Fall ein Tabuthema. Prinzipiell kann jeder tun, was er will. Ich habe zwar keine homosexuellen Freunde, zumindest bei denen ich es wüsste.

TM: Nach dem Sexualforscher Dr. Kinsey soll jeder Mensch bis zu einem gewissen Grad bisexuell sein. Kannst du dir das vorstellen?

Kool Savas: Könnte sein. Aber auch wenn es jetzt eklig klingt; Jedem sollte es freistehen, zu sagen, ab wann es einem selbst zu pervers ist. Ich sage niemandem es soll etwas nicht tun, aber jeder hat bei gewissen Dingen das Gefühl, dass es ihm zu pervers wird. Theoretisch könnten auch Tiere und Menschen Sex haben. Doch ich bin generell nicht dafür, dass den Kindern so viel Sex im Fernsehen gezeigt wird.

TM: Verpflichtet Geld und Ansehen zum guten Zweck?

Kool Savas: Ich hätte mich auch für den guten Zweck engagiert, wenn ich kein Geld und Ansehen gehabt hätte. Aber es ist auch nicht gesagt, dass ich so unglaublich viel Geld verdiene. Mein Ziel ist es natürlich auch noch mehr zu verdienen, aber das dann auch für schöne soziale Projekte zu verwenden. Aber viele Projekte funktionieren nicht so gut wie sie sollten, deshalb ist es mir auch wichtig mit den Kids selbst zu sprechen, und ein halbwegs gutes Vorbild zu sein. Aber es ist schwer, Hoffnung zu haben, bei so vielen Missständen. Man macht zwar etwas, aber im Prinzip ist die Baustelle so groß, dass man nicht wirklich vorankommt.

TM: Ist es wichtig, wer außer dir sich noch bei einem bestimmten Projekt engagiert?

Kool Savas: Natürlich ist es auch wichtig, dass man sich auch halbwegs versteht. Es gibt auch eine Ebene, auf der ich mich mit Künstlern nett unterhalten kann, ohne dass mir deren Musik gefällt. Ich bin nicht das Maß aller Dinge. Ich sage nicht, Musik muss so oder so sein, das ist Rap und das nicht. Wenn sich jemand mit seiner Musik wohlfühlt, bin ich der letzte der etwas sagt. Und um etwas Gutes zu pushen würde ich natürlich mit anderen Musikern zusammen arbeiten.

TM: Aber generell hattest du schon schlechte Erfahrungen mit Kampagnen. Erzähl mal:

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Kool Savas: Ja, bei „Du bist Deutschland“ hatte ich mich zu wenig informiert, und dann kam heraus, dass das eine SPD-Initiative war. Oder zumindest um ein paar Ecken mit der SPD verbunden war. Darauf hatte ich eigentlich keinen Bock. Auch weil ich mich mit der deutschen Politik nicht identifizieren kann. Im Nachhinein fand ich es falsch, dass ich das gemacht habe.

TM: Harte Worte, aber keine Schläge. Trifft die Devise auf dich zu?

Kool Savas: Ganz ehrlich, ich hatte es nicht nötig, mich zu schlagen. In Deutschland gibt es auch keine Schlägereien nach den Konzerten, in Österreich ist das ein bisschen anders. Aber generell haben wir ein sehr friedliches, cooles Publikum. Ich versuche auch immer deeskalierend zu wirken. Auch wenn einer meiner Jungs Stress hat, sag‘ ich auch: „Komm, Vergiss es!“. Schlägereien sind einfach unnötig. Männer haben zwar diese Tendenz zum Kräftemessen, und es gibt auch Situationen, die eskalieren müssen, weil man nicht mehr weiter kommt, aber man darf sich da einfach nicht provozieren lassen. In Bezug auf mich ist es so, dass die Leute einfach nicht wissen, wie sie mich provozieren können. In dem Moment in dem ich merke, dass mein Gegenüber nur dumm ist, interessiert mich der Streit nicht. Was mich nervt, sind Ungerechtigkeiten. Wenn ich angemacht werde, wenn ich nichts für kann. Aber wenn ich Scheisse gebaut habe, kann ich darüber reden. Wenn mich jemand als Sündenbock missbrauchen will, dann dreh ich durch.

TM: Was macht dich so politikverdrossen?

Kool Savas: Das System. Ich finde es falsch. Ich lebe zwar darin und bin in gewisser Weise auch ein Kapitalist. Ich finde es einfach falsch, aber ich denke auch manchmal, dass man nichts ändern kann und dass ich auch nur mein Geld verdienen möchte. Ich würde am liebsten auch leben wie so ein scheiss Bonze. Jeder sieht, dass es total unmenschlich zugeht. Ich finde dieses System von vorne bis hinten verlogen und ungerecht. Man müsste alles umwerfen. Im Prinzip geht es um Revolution. Aber ich glaube sowieso, dazu wird es nicht kommen und dass wir alle in einem Krieg sterben werden. Wenn ich die Hoffnung hätte, dass sich etwas ändert, würde ich auch in einem Krieg kämpfen. Aber da ich das Gefühl habe, dass die Macht in der Welt schon aufgeteilt ist, dass sich diese Leute nicht einmal mehr die Mühe machen, die Lügen zu verschleiern, die sie uns auftischen, hätte ich diese Hoffnung nicht. Bestes Beispiel ist Guantanamo. Das ist ein illegales KZ, in dem auch Unschuldige festgehalten und gefoltert werden und jeder weiß davon. Also im Prinzip kann keine mehr machen, als sich beschweren.

TM: Seit Kurzem ist Obama neuer Präsident der USA. Glaubst du er wird etwas ändern?

Kool Savas: Moe Mitchel ist Obama-Fan, aber ich bin dafür schon viel zu paranoid. Egal wie man es nennt, Illuminati oder einfach nur reiche Kumpels, die die Macht haben also, haben als letztes Ziel Menschen zu helfen. An erster Stelle steht, die Macht aufrechtzuhalten oder noch mehr Macht zu bekommen. Und egal ob Obama sagt, er will das Lager in Guantanamo Bay schließen, der Krieg den Amerika führt ist auch ungerecht. Jeder weiß, der Krieg gegen den Irak ist dazu da, um die amerikanische Wirtschaft anzukurbeln und wieder ein Land zu vereinnahmen. Ich bin nicht mal der Klügste und weiß das. Ein intelligenter Mensch muss dann diese Zusammenhänge noch besser verstehen. Also ich glaube nicht, dass sie irgendetwas bessern wird.

Interview: Lisa Seidl