"The hardest thing to do is something that is close…
Kollaboalben liegen weiterhin im Trend, nach Fler und Jalil sowie Summer Cem und KC Rebell werden wir in den nächsten Wochen und Monaten unter anderem noch die neuesten Ergüsse des JBG-Duos Kollegah und Farid Bang oder der ungewöhnlichen Paarung Sido x Kool Savas zu Gehör bekommen. Zum Ausklang des Sommers stellen sich auch Majoe und Kurdo erstmals als Tag-Team vor (sorry Jasko, Majoe hat scheinbar einen neuen „BFF“). Eine durchaus passende Konstellation, bewegen sich beide raptechnisch auf einem ähnlichen Niveau. Der eine, Kurdo, baut zwar zusätzlich noch gerne Spuckgeräusche in seine Tracks ein, während der andere, Majoe, sich überwiegend an ungelenken Vergleichen versucht, aber sonst gibt es nicht viele Unterschiede zwischen dem Almaz-Künstler und dem Banger-Artist. Die Chemie stimmt, es findet zusammen, was zusammen gehört – und so präsentieren die beiden Rapper der Sonderklasse nach gegenseitigen Features („Stresserblick“, „Stresserblick 2“, „Silberner Ferrari Remix“) mit „Blanco“ nun ein gemeinsames Album. Da kommt Freude auf!
Wer schon bei der Ankündigung Böses ahnte und bei den Vorabsingles wie „Desert Eagle“ (wenn das ein Sommerhit ist, brauchen wir keinen Sommer mehr) oder „Rolling Stone“ mit Dschungelcamp-Prominenz im Video immer bleicher im Gesicht wurde, dem kann versichert werden: Das alles wird auf dem Album noch viel, viel schlimmer. Das Ärgernis beginnt schon bei den Beats, die sich anhören, als hätte das Duo Infernale eine Spotify-Playlist der neuesten US-Raptracks entdeckt und ihren Produzenten dann die Anweisung gegeben, sich für den „Blanco“-Soundteppich möglichst genau daran zu orientieren. Dass das Ganze aber furchtbar nach Plastik klingt (wie das nervtötende Gedudel auf „Maserati“) und „Desert Eagle“ als negativer Höhepunkt sogar sehr nahe an Über-Schocker „Ya Salam“ herankommt, ist schon eine herausragende Leistung. Aber vielleicht wäre das alles zu verzeihen, wenn die beiden wenigstens mit ihren Rapparts überzeugen könnten. Aber auch hier: Fehlanzeige. Wobei Fehlanzeige noch ein netter Ausdruck für die textliche Armut auf „Blanco“ ist.
Wie erwartet trifft man nämlich auf gewohnt hohle Gangsta-Phrasen und Fantasien (irgendwann ist auch einmal gut mit Pablo Escobar und Tony Montana), dichte Beschreibungen, was für krasse Macher die beiden „Refu Gs“ mittlerweile sind und, quasi zum Drüberstreuen, noch allerhand frauenfeindliche Inhalte. So heißt es in „Charlie Sheen“ beispielsweise: „Die Bitch muss bügeln, muss sein/Wenn nicht, gibt’s Prügel, muss sein“. Richtig ehrenhaftes Verhalten. Damit nicht genug, gibt Kurdo im unlustigen „Ka7hba Slap (Skit)“ Majoe noch einen Pro-Tipp hinsichtlich des richtigen Umgangs mit einer Frau mit: „Nein, Bruder, gib ihr direkt ein’n Kahba-Slap, Alter! Dass sie weiß, wer du bist, Bruder“. Wie lernwillig Majoe ist, zeigt er auf dem Track „Maserati“, auf dem er „Rap ohne Aussage, dunkle Hautfarbe/Fick Rapper, denn nur echte Männer können Frau’n schlagen“ rappt. Da lässt sich nur auf ein baldiges Aussterben von echten Männern hoffen.
Den negativen Schlusspunkt setzt dann wiederum Kurdo, der seinen Lehrling hinsichtlich Fremdscham doch noch aussticht. „Ich hatte nie vor einer Nutte Anstand/Denn Frauen tragen heutzutage Hundehalsband“, gibt der Asphaltbefeuchter schließlich auf dem Titeltrack „Blanco“ zum Besten. Eine Line, so absurd dumm und frei von Sinn und Verstand, da fehlen einem echt die Worte. Aber wer auf „Blanco“ nach Sinnvollem sucht, dem ist sowieso nicht zu helfen. Sonst konzentrieren sich die Angriffe der beiden auf YouTuberin Shirin David, die Kurdo immer wieder nonchalant in seine meisterlichen Zeilen einbaut. Bibi finden sie auch ganz toll, und mit SXTN nimmt es Majoe auch auf. Mutig.
Das Wunderbare an Kurdo-Veröffentlichungen ist bekanntlich der fehlende Überraschungsfaktor. Man weiß im Vorhinein, mit welcher Ansammlung von Worten er seine Zeilen füllen wird. Diesmal ist es allerdings ein bisschen weniger Bayern München, mehr Cristiano Ronaldo, bisschen weniger Shisha, aber gleich viel „Kahba“. 9/11 und Mohammed Atta dürfen auch nicht fehlen, gespuckt wird sowieso in gefühlt jedem Track. Alles wie erwartet. Gilt ebenso für Majoe, der sich irgendwie über die Beats schlängelt und meistens gar keinen Eindruck hinterlässt. Bis auf eine Stelle im Titeltrack „Blanco“, in der er mit der Zeile „Will die Newcomer grüßen, doch spreche kein François (sic!)“ unfreiwillige Komik offenbart. Eine Zeile, symptomatisch dafür, was man auf „Blanco“ geboten bekommt.
Fazit: Kurdo und Majoe haben all ihre Kräfte gebündelt und mit „Blanco“ ein Album abgeliefert, das einem hilft, den Glauben an Deutschrap endgültig zu verlieren. Plastikbeats treffen hier auf eine lyrische Dürre der Sonderklasse. Erwartungen daher vollends erfüllt, congrats.
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