Wenn er nicht gerade rappt, schreibt er. Zumeist über Rap.…
Macy Gray, eine der letzten verbliebenen Diven im Popzirkurs, ist in der Stadt. Bereits auf dem Weg zur Arena Wien, wo die Sängerin auftreten wird, schwimmt man als Konzertbesucher im Strom des gediegenen Publikums aus treuen Fans mittleren Alters, angeschleppten Mitbringsel in Form überredeter Arbeitskollegen, Musikliebhabern und deren Sprösslingen mit. Die Stimmung ist eine Mischung aus Ehrfurcht, Vorfreude, aber auch ein wenig Skepsis ob der Leistungsfähigkeit eines Stars im Herbst seiner Karriere. Die Arena ist ausverkauft, Sitzplätze Mangelware.
Dann, mit einer halben Stunde Verspätung, betritt die Band, gekleidet in Karo-Anzüge und mit bunten Perücken im Stile der berühmten Beatles-60er-Jahre-Frisuren die Bühne. Es geht rasant mit einem kessen Uptempo-Track los, das Publikum wirkt gut eingestimmt schunkelt begeistert mit. Unter tobendem Applaus erscheint der unverkennbare Afro, mit rauchig, souliger Stimme im Rampenlicht. Eingehüllt in eine Kombination aus schwarzem Abendkleid und passendem roten Schal tritt sie anmutig zum Mikrofon und gibt sogleich ihren ersten Song “Relating to a Psychopath” zum Besten. Macy Gray ist angekommen, die Stimmung ausgelassen.
Macy Gray und ihre famos eingespielte Band sind in sichtlich guter Verfassung und versprühen rohe Lebensfreude in Form von klassischem Funk. Ein furioses Bass-Solo mit tatkräftiger Schlagzeugbegleitung bringt den ersten Track routiniert zu Ende. Macy Gray stellt sich und ihre Band dem Publikum vor, ein Hauch von Magie durchdringt die Arena. Die Diva hat alles im Griff, sie ist Regisseurin und Hauptakteurin zugleich. Es wird auf Blues umgestellt, “Calligula” lautet der nächste Song des erfrischend aufspielenden Gespanns aus talentierten Musikern, die danach sogleich in den Radiohead-Hit “Creep” umschwenken. Erste Anzeichen von Gänsehautstimmung. “Where you ever so much in love with a person, the only word to describe it is so much? And then you wake up and realize you’ve been in love with the wrong motherfucker.” Es wird deep, Macy Gray trägt gefühlvoll ihre Ballade “Anabelle” vor.
Abgang von der Bühne, nur der Pianist bleibt zurück, um ein minutenlanges Solo – begleitet von rhythmischem Klatschen und enthusiastischen Zwischenpfiffen des Publikums – zu performen. Beim Einstimmen seines zweiten Songs gesellt sich auch der Schlagzeuger wieder auf die Bühne, bassige Drums eingespielt auf Pads, die sein Drumset komplettieren, wummern im HipHop-Rhythmus aus den Boxen. Nun folgt die gesamte Band, sie spielen Reggae. Macy Gray setzt noch ein Weilchen aus. Frisch und ausgeruht von der kurzen Verschnaufpause, kehrt die US-Amerikanerin mit neuem Outfit auf die Bühne. Sie trägt ein längsgestreiftes braun-schwarz-beiges Kleid mit schwarzem Schal. Direkteinstieg in “She ain’t right for you”, eine Stimme, die so zerbrechlich wirkt und doch soviel Bestimmtheit ausstrahlt.
Macy Gray ist die Königin dieser Nacht, sie erfüllt gekonnt alle Erwartungen ihrer Fans und hat dabei stehts die richtige Botschaft auf den Lippen. Das Lied endet mit einem Mundharmonika-Solo ihres sehr vielseitigen Saxophonisten, der auch immer wieder gerne das Piano bedient. Wechsel in ein vibiges Reggae “Que, Sera, Sera”. Macy Gray und ihre Band legen noch eins drauf, “Sweet Baby”, eines ihrer größten Hits, wird nun zum Besten gegeben. Es folgt eine weitere Ansprache Macy Grays, diesmal geht es um Grundlegendes, sie lädt uns dazu ein, gemeinsam frei zu sein. Eine Einladung, der wir gerne folgen, lauter Applaus von den Rängen.
Die Band stimmt “Sexual Revolution” an, good old Disco-Vibe, wie man ihn seit ABBA nicht mehr gehört hat. Macy Gray ist gut gelaunt, der Funke springt über. Wieder legt die Diva aus den Vereinigten Staaten eins drauf, es folgt “I Try”, der Song, der den kometenhaften Start ihrer langjährigen Karriere darstellt. Ausnahmezustand. Als der Song endet, hat uns Macy Gray wieder etwas zu sagen, “As long as you love yourself, the people wo love you and you love god. Guess what? Everythings gonna be alright.” Die Band wechselt zu einem Bob-Marley-Klassiker und dann wieder zurück zu “I Try”. Es heißt Abschied nehmen.
Fazit: Sehr routinierter Auftritt einer Ausnahme-Künstlerin mit teilweiser Überlänge in ihren Ansprachen, deren Botschaften jedoch stets Zeugnis reichhaltiger Lebenserfahrung sind. Macy Gray glänzt nicht nur selbst, sie lässt auch glänzen und gibt jedem ihrer Bandmitglieder Gelegenheit, sich zu präsentieren. Ein wirklich gelungener Abend einer Diva, die es noch immer kann.
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Wenn er nicht gerade rappt, schreibt er. Zumeist über Rap. Es gibt ihn auch als MILE XY, den Rapper, aber der schreibt nicht.