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Karate Andi: Der Breakdancer unter den Rappern

Karate Andi: Der Breakdancer unter den Rappern

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Beim deutschen Rap-Battle „Rap am Mittwoch„, welches sich auf Youtube großer Beliebtheit erfreut, überraschte der bis dahin noch nicht öffentlich in Erscheinung getretene Karate Andi das Publikum gleich bei seinem ersten Auftritt. Prompt schaffte er es von der Cypher in weitere Runden und konnte seinen Titel auch im Kingfinale mehrmals verteidigen. Was folgte war ein Management-Vertrag und die Arbeit mit Produzenten-Größen wie 7inch und Figub Brazlevič.
Trotz seines Talents könnte der Berliner Rapper allerdings noch lernen, dass man bei der Authorisierung eines Interviews nicht der Selbstzensur und dem Korrekturgedanken verfallen sollte. Dies zeugt nämlich u.a. von mangelndem Respekt gegenüber der journalistischen Arbeit. Daher erscheint das Interview leider nur in stark gekürzter Form, bei der auch im Nachhinein noch an Formulierungen gefeilt wurde.

TM: Du bezeichnest dich auf deiner Facebook Seite als Schriftsteller. Inwieweit siehst du dich als Lyriker?
Karate Andi: Es ist natürlich in erster Linie ein Spaß, aber ich seh mich inhaltlich schon eher als den Henry Miller der Rapszene. Also ich nehm mich da auch nicht so ernst. Das waren ja auch Jungs, wie Charles Bukoswki, die einiges durchgemacht haben und das natürlich ein wenig überspitzt in ihren Büchern wiedergegeben haben. So seh ich auch das Album, das von Karate Andi kommen wird.

Wird es nur Battle-Rap sein?
Nein. Man darf gespannt sein. Es geht auch thematisch in ein paar Richtungen.

Wie kamst du überhaupt auf den Künstlernamen Karate Andi? Das ist doch der Name eines deutschen Zuhälters.
Die Namensgebung ist aus meiner Rapcrew. Wir haben uns immer behinderte Namen gegeben, jeder hatte mindestens fünf Namen. Ich hieß ich auch noch SchoreVolker, Raketenronny 500 und Karate Andi. Bei Rap am Mittwoch bin ich zufällig hingegangen und er fragte mich, wie ich heiße. Da habe ich mir einen Namen ausgesucht aus meinem Namenrepertoire.

Bist du zu Rap am Mittwoch einfach spontan und ohne Erwartungen gegangen?
Ein paar Sprüheratzen haben mich gezwungen. Ich stand ja voll besoffen in der Crowd, dann hat Ben (RAM Moderator Anm.) gefragt, wo denn noch Rapper sind. Ich bin dann auf die Bühne und hab Breakdance gemacht!

Warst du früher selbst im Publikum von RAM?
Als ich zum ersten Mal da war, hab ich auch zum ersten Mal davon gehört. Mir war das alles überhaupt kein Begriff. Ich wusste auch nicht, dass das gefilmt wird, ich dachte nur an ein bisschen rappen.

Wenn du das erst vor Kurzem das erste Mal dort warst, kannst du auch nicht beurteilen, ob sich das Publikum wirklich so verändert hat…
Du, kein Plan, aber ich hab halt auch mal ein paar alte Hasen gefragt, weil mich das auch interessiert hat und die Leute meinten, dass früher eine rapspezifischere Crowd da war. Jetzt sind halt auch teilweise Sensationstouristen dort, die das voll lustig finden, aber nicht wirklich Ahnung von Rap, Silbentechnik und Punchlines haben. Früher war das eher eine Veranstaltung, wo mehr Leute hingegangen sind, die sich nur mit Rap beschäftigten. Dementsprechend hat sich das halt verändert, aber Veränderung muss ja nicht immer schlecht sein.

Bist du auch Breakdancer? Du stellst dich und deine Rapkollegen nämlich immer als welche dar.
Ich bin mehr Breakdancer als alle anderen auf jeden Fall.

Kommt es auch noch aus der Sprüherszene, dass du dich immer versteckst auf Fotos?
Ja voll. Ich wär am liebsten mit ’ner Sturmmaske hingegangen. Aber das war dann zu spät, da hatte man mein Gesicht schon gesehen. Ich würde gerne mit Maske rappen. Aber da gibt es ja schon ein paar Kollegen mit Maske rappen, dann trag ich halt keine. Eine Gurkenmaske trag ich. Das nächste Mal auf der Bühne mach ich mir so Creme und kleb Gurkenscheiben drauf.

Und wenn jemand Rap am Mittwoch nicht kennt, wie würdest du das Format erklären?
Einem Mann würd ich erklären, dass das eine Battle-Rap Veranstaltung ist, wo Rapper sich battlen. Einer Frau würd ich sagen das ist wie 8 Mile. Wirklich, alle Frauen sagen immer: wie 8 Mile. Dann sag ich: ja genau, das ist wie 8 Mile.

Siehst du es denn als kommerziell vermarktete Variante vom Royal Bunker?
Gute Frage. Ich seh da schon Parallelen. Sagen wir mal so, es gibt mehrere Cyphers wie damals im Bunker in Berlin. Die werden wahrscheinlich anders sein als damals im Bunker, aber es ist immer ne coole Sache für Rapper, um sich auszutauschen und Kurze zu trinken! Auf jeden Fall Respekt für Jonni und sein Team!

Siehst du es dann als positiven Schritt, dass jetzt ein Gremium einberufen wurde?
Ich find es ist eine gute Idee für Fehlentscheidungen. Aber ich war neulich auf einem Battle, wo auch Fehlentscheidungen durchgewunken wurden. Auch der Meinung nach von Rappern, die da sind und Ahnung davon haben. Da hat das Gremium einfach seine Fresse gehalten und da macht’s dann keinen Sinn. Aber sie machen es aus dem richtigen Grund, damit das Publikum richtig entscheidet. Es ist aus der Sicht der Veranstalter auch schwierig, es allen recht zu machen. Die werden so gehated. Aber es ist auch schwer, wenn du eine gute Veranstaltung machen willst, da musst du dich auch manchmal ein bisschen unbeliebt machen.

Hast du von der österreichischen Freestyleszene generell etwas mitbekommen?
Nur Noah bis jetzt.

Was ist denn generell der Unterschied zwischen Wien und Berlin?
Weiß nicht. Man kann hier kein Gras auf der Straße kaufen, man darf hier nicht kiffen in den Bars. Wenn man hier im Club auf die Frauentoilette geht, sagen alle so: Uh, da ist ein Mann auf der Frauentoilette. Oh nein, der große böse Wolf. Es ist alles so ein bisschen konservativer, aber eigentlich auch nicht verkehrt. Es ist hier immer wie im Urlaub, ich freu mich sehr, hier zu sein. Noch ein Unterschied zu Berlin: Guck dir die Kaffeehäuser an, das ist schon anders.

Figub Brazlevič hat ja auch Connections zu Österreich. Wie bist du zu ihm gekommen?
Tatsächlich bei Rap am Mittwoch. Er hatte da ein Producer-Feature und der junge Herr und ich haben ein gleiches Hobby, ein ziemlich ausgeprägtes. Wir haben uns dann hingesetzt und auch nichts anderes gemacht, als unserem Hobby nachzugehen. Da haben wir gemerkt, dass wir voll gut klarkommen und uns ein paar Mal getroffen, ein paar Sessions gemacht, ein paar Tracks. Und gemerkt: voll krass. Jetzt machen wir beide zusammen Mucke. Das Problem ist nur, dass wir beide noch in Soloprojekten drinstecken. Er ist sowieso super busy, er macht grad richtig, richtig viel. Ich mach auch gerade ein Album, hab danach noch eines mit Mortis in Planung…aber es wird auf jeden Fall was kommen, Figub ist absolut mein Brudi, Alter. Krasser Typ, ich feier den ab!

Um noch einmal zu Rap am Mittwoch zurückzukommen. In der letzten Ausgabe, in der du mitgemacht hast, hast du gegen Percee im Kingfinale verloren. Wie hast du das Battle empfunden?
Boah, da hatte ich gut einen sitzen.

Percee hat ja auch bei Raputation mitgemacht und du hast diese eine Line gegen ihn verwendet, dass er sich lieber mit Politik beschäftigen soll. Findest du, dass Rap und Politik nicht gut zusammenpassen?
Politik is super!

Du bist ja der erste MC von Rap am Mittwoch, der durch die Sendung einen Vertrag bekommen hat. Warum glaubst du, dass das ausgerechnet du warst?
Weil ich dope bin!

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Es wird ja auch immer diskutiert, dass es im Kingfinale nur A capellas gibt. Ist da dieser Ursprungsgedanke von Freestyle überhaupt noch vorhanden?
Nein, ich hör nicht mal gern meinen eigenen Rap A capella, ich find das ist sau anstrengend. Das sagen mir auch 90 Prozent vom Publikum, dass sich das keiner anhören kann. Wenn man da eh schon drei Stunden steht und dann nochmal drei A capella Runden hat, ich weiß nicht. Ich kann mir das nicht anhören und ich kenn auch keinen, der das kann. Ich weiß auch nicht warum die das machen. Ich find A capella behindert. Rap gehört auf einen Beat. Ich finde auch das ist die Königsdisziplin, da muss man auf den Beat kommen, im Takt sein, muss auf die Reime achten. Aber beim A capella ist es natürlich auch schwer als Rapper dope rüberzukommen. Von daher ist das schon eine Kunst, die ich respektiere wenn das jemand gut kann!

Machst du in nächster Zeit wieder einmal mit?
Wenn ich den richtigen Pegel dafür hab!

Du wurdest ja von 7inch entdeckt. Wie kam es dazu?
Er hat mich angeschrieben bei Facebook. Dann haben wir uns mal getroffen, haben ein paar Beats gemacht und einen Song aufgenommen, der schon alles kaputt gemacht hat. Oh mein Gott, wenn du den jetzt hören könntest. Wir sind ein super Team!

Glaubst du, dass du wie er vom Rapper zum Produzenten werden könntest?
Ne. Das können meine Freunde ebenso sagen. Ich hab auch einige Producernamen. Ich produzier und spiel die meist so anderthalb Minuten langen Exponate dann auf Kassette und hör die dann immer auf meinem Walkman, kein Scheiß. Aber das kannst du keinem zeigen. Ich hab früher immer probiert, befreundeten Rappern meine Beats anzudrehen, aber die meinten dann immer so: Ist schon cool! Machen wir was drauf. Ach apropos Volker F., wo is dein Track auf meinen Klaviersamplebeat?

Wird das Album komplett von 7inch produziert? Weil du meintest du fährst zu deinem Produzenten nach Wien.
Das ist auch ein befreundeter Mensch, aber ich hab ja nebenbei noch andere Projekte am Laufen. Ich hab noch eine Crew die heißt Stockholm Syndrom mit Gustav und Walter Weiss, der so gesehen Wiener ist. Das wird ein bisschen elektronischer und experimenteller. Nebenbei arbeite ich noch am Human Traffic-Album, das ist auch eine Crew von mir. Bald kommt auch SGB 2 mit Mortis, das wird richtig geil, definitiv.

Ein Feature von „Pilsator Platin“ steht ja schon fest, das wird mit Mortis One sein. Gibt es sonst noch jemanden?
Ich glaub das darf ich nicht verraten, aber es stehen in Zukunft auf jeden Fall einige richtig geile Features an.

Was erwartet uns bei deinem Album?
Ein Strauß bunter Blumen. Ich sag mal es ist für jeden was dabei. Teilweise voll die harten F*ck deine Mutter-Tracks, die voll cool sind, das hör ich auch am liebsten ehrlich gesagt. Teilweise auch nicht F*ck deine Mutter-Tracks, die hör ich auch ganz gern.

Was sind deine musikalischen Einflüsse?
Ich hör Morissey, der ist auf jeden Fall ein Einfluss, der ist krass. Ansonsten, weiß  ich’s nicht. Mein Umfeld, das was ich erlebe, ist auf jeden Fall ein Einfluss. Das Album ist von meinen letzten zwei Jahren geprägt, wo ich die ganze Zeit nur in Technoclubs abgehangen bin und Pfandflaschen gesammelt hab.

Interview: Julia Gschmeidler
Foto: Fofi the Rudegirl