Radio-Afficionado. Von Deutschrap über französischen & britischen Rap und natürlich…
Als Megaloh vor Kurzem in Wien seine laufende Tour beendete, war seine Mission klar definiert: „HipHop unter die Leute bringen“. Chefket eröffnete dabei als erster Missionar mit DJ Invisible (= Laptop und sonst nix) den Abend und stellte eindrucksvoll unter Beweis, dass er – in der Tat – ein grandioser „Live MC“ ist. Selten habe ich gesehen, wie jemand mit einer One-Man-Show eine Crowd so in der Hand hat. Es wurde gesungen, getanzt, gefreestylt – fehlte nur noch, dass der sympatische Rapper ein Graffiti über die Wand sprühte. Aber auch Megaloh ließ sich in seiner Rolle als Gastgeber nicht bitten und zeigte eine durchaus starke Show. Mission eindeutig erfüllt! (Mehr zum Auftritt von Megaloh könnt ihr in unserem Review nachlesen: klick)
Aber spulen wir auf wenige Stunden vor dem Auftritt zurück. Da traf The Message den sympathischen MC aus Moabit im Backstage-Raum des Lokals zum Interview. Dabei erfuhren wir mehr über Megalohs vergangene Tour, was Erfolg für ihn bedeutet und seine Meinung zu der Songtext-Enzyklopädie RapGenius.
Interview: Jérémie Machto
Mitarbeit: Julia Gschmeidler
Fotos: Daniel Shaked
The Message: Wir sind kurz vor dem letzten Auftritt deiner Tour. Ist man da überhaupt noch nervös ?
Megaloh: Ich war tatsächlich den ganzen Tag nervös, bevor ich meine Sachen gepackt und mich rasiert habe, weil ich jetzt schon ein paar Wochen keinen Auftritt mehr hatte (Anm. Zwischen diesem Auftritt und dem letzten der Tour lag ein Monat). Generell gibt es immer ein bisschen Lampenfieber vor einem Auftritt. Aber es stimmt schon, dass durch die 80 Auftritte, die ich dieses Jahr zirka schon hatte, langsam Routine eingekehrt ist. Es ist auf jeden Fall ein schönes Gefühl, auf Tour zu sein und mit den Leuten zu feiern. Super geil.
Du warst davor schon mit Max Herre auf „Hallo Welt“-Tour. Worin liegt für dich der Unterschied zwischen einer Tour, bei der du als Support mitfährst, und einer, bei der du selbst der Headliner bist ?
Also wenn man der Headliner ist, hat man auf jeden Fall den Druck, dass die Leute großteils Geld ausgegeben haben, um einen zu sehen. Als ich bei Max Herre Voract war, hatte ich halt nicht so Druck, weil ich wusste: Die Leute sind eh wegen ihm da. Aber wenn du der Headliner bist, dann weißt du auf jeden Fall: Du kannst dich da nicht ungesehen durchschleichen.
Umso angenehmer muss es sein, dass es heute ausverkauft ist.
Ja, voll geil. Als Abschluss der Tour nochmal ein ausverkauftes Konzert. Hammer, vielen Dank, Wien!
Das ist dein letzter Tourstop: Bist du jetzt erschöpft und erleichtert darüber, dass es zu Ende ist oder überwiegt bei dir die Trauer darüber, dass es vorbei ist ?
Ja, ist schon schade, dass es vorbei ist. Andererseits fühlt es sich für mich nicht anders an, weil ich jedes Wochenende unterwegs bin und Auftritte spiele. Aber die Tour war halt eben jeden Tag, das ist schon ein Unterschied. Man darf auch nicht unterschätzen, dass das Tourleben ziemlich anstrengend ist. Du bist jeden Tag in einer anderen Stadt. Alle Eindrücke verschwimmen und irgendwann weißt du gar nicht mehr, wie die Bühne in der einen Stadt aussah und was dort war… Es ist immer gut, Phasen dazwischen zu haben, in denen man das ein bisschen auf sich einwirken lassen kann. Ich glaube, es muss im Gleichgewicht sein, das ist das Beste.
Du benutzt Wörter aus den verschiedensten Sprachen in deinen Tracks und warst auf einer französischen Schule. Warum hast du nie etwas auf Französisch gemacht? Kannst du fließend Französisch sprechen?
Oui, je sais parler quand même un petit peu (lacht). Ja ich kann’s schon sprechen, aber es ist bisher nicht erforderlich gewesen. Am Anfang habe ich auf Englisch gerappt, denn das ist meine Muttersprache. Danach habe ich mich entschieden auf Deutsch zu rappen, weil das eben das Land ist, in dem ich lebe und ich auch die Leute sprachlich erreichen möchte. Ich will ja auch was bewegen mit der Sprache. Französisch ist auf jeden Fall eine coole Sprache, um darin zu rappen, aber ich bin dann auch zu selbstkritisch und denk einfach, dass das die Leute machen sollten, die sich ständig damit auseinandersetzen. Also ich könnte mal „Just for fun“ sowas machen, aber das sehe ich jetzt gerade nicht für Megaloh.
Du meintest auch, dass du im Vergleich zu Englisch- und Französischsprachigem sehr wenig Deutschrap hörst…
Also im Moment hör ich nicht mehr so viel französischen Rap. Früher hab ich sehr viel IAM gehört, dann hatte ich ’ne starke Booba Phase und das war’s so. Immer auch andere: bisschen Soprano, Youssoupha, hauptsächlich Straßenrap.
Letztendlich bist du in deiner sprachlichen „Suche“ also auf Deutsch gestoßen. Da ist es verständlich, dass du bei einem deutschen Label gelandet bist: nämlich bei Max Herres Nesola. Wie fühlt es sich an, auf dem Label der einzige Rapper neben Max zu sein ?
Also ich find das gut. Ich denke, dass das das einzig Richtige für ein kleines Label ist: nicht zu viele Künstler und sich dann überheben. Die Tatsache, dass da eigentlich keine anderen HipHop Künstler drauf rausgekommen sind, ist für mich ein amtliches Zeichen in meine Richtung. Man hat ja auch gesehen, wie bei der Platte „Endlich Unendlich“ gearbeitet wurde, also ich kann mich nicht beklagen. Ich bin da sehr gut aufgehoben und kann Max & Joy nur ewig danken.
Hast du dich trotzdem in deiner künstlerischen Arbeit manchmal eingeschränkt gefühlt oder hast du Freiheiten vermisst, die du damals als Independent Künstler hattest?
Nein, im Gegenteil. Jetzt konnte ich endlich mal Künstler sein. Früher, mit Level Eight, mussten wir zu zweit den ganzen Laden schmeißen. Das heißt wir mussten die Promo machen, das Plattenpressen organisieren, Gespräche mit Labels führen… Da hat man wenig Zeit für das Künstlerische, dein Kopf ist die ganze Zeit mit anderen Sachen beschäftigt. Jetzt konnte ich mich einfach nur mit den Liedern, der Musik und dem, was ich sagen will, auseinandersetzen. Ich habe auch mit Ghanaian Stallion den besten Produzenten an meiner Seite. Wir haben uns quasi im Labor eingeschlossen und an den Sachen gearbeitet. Ist halt geil, wenn man sich komplett auf die Musik konzentrieren kann und andere Leute die Sachen machen, für die sie geholt wurden.
Aber du kommst von einem Zweimannbetrieb zu einem größeren Label, wo es Leute gibt, die andere Kompetenzen haben, obwohl man es selbst vielleicht auch könnte. Stört das manchmal?
Also ehrlich gesagt, habe ich mich bisschen aus dieser Labelposition, die ich früher hatte, in der ich mir anmaßen wollte alles zu können, zurückgenommen. Ich habe ja gesehen, wie der „Kahn“ quasi gegen die Wand gefahren ist und deshalb habe ich mir gedacht: „Ich schraub mal bisschen zurück und konzentrier mich wirklich auf das Wesentliche: nämlich die Musik. Es gab keine Kampagne, die von vornherein gefestigt wurde. Die Musik ist zuerst entstanden. Dann hat man einfach gesehen, was man anhand der Musik machen kann und das ist alles im Gespräch entstanden. Das Label hat uns keinen Plan vorgegeben, sondern jeder von uns hat seinen Senf dazu gegeben. So ist dann gemeinschaftlich eine Strategie entwickelt worden.
Was ich meinte ist, dass es doch zu Reibereien kommen kann, wenn man als jemand, der auch lange Zeit in diesem wirtschaftlichen Betrieb gearbeitet hat, in die Künstlerposition rutscht und andere Leute den Rest für ihn übernehmen.
Ja, das ist ein Lernprozess. Es läuft nicht immer alles auf Anhieb super, aber ich denke das tut es bei niemandem. Aber im Großen und Ganzen läuft alles gut und das ist das Wichtigste. Insofern kann man auch einfach nur weiter dran arbeiten und gucken, wie man die Schwächen noch mehr ausbessern kann. Letztendlich kann ich sagen: „Der Kern ist cool und das ist das Wichtigste“.
Wo du schon Ghanaian Stallion ansprichst: Welche Fertigkeiten muss ein Producer haben, um für dich in dem Maße zu produzieren, wie er es tut?
Also in erster Linie muss er meinen Geschmack treffen können, das ist nicht so einfach. Es gibt viele Produzenten oder Beatmaker, die Beats machen können und bestimmte technische Fertigkeiten haben. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie meinen Geschmack treffen. Er kennt auch meinen Geschmackt gut, weil wir zusammen aufgewachsen sind und ähnlichen HipHop feiern. Ich denke, das war die Grundvoraussetzung. Und er hat einfach, genau wie ich, diese Ambition gehabt, an sich zu arbeiten und das „Ding“ auf’s höchste Level zu bringen. Letztendlich war das das Beste, was mir in der Situation passieren konnte.
Neben den Beats sind bei dir auch teilweise die Lyrics sehr komplex. Erklärungen zu diesen Texten gibst du den Fans manchmal auf deinem Rap Genius Account. Führst du den selbst?
So halb. (lacht)
Steckt dahinter „Angst“, missverstanden zu werden, ein Verlangen danach, den Leuten zu erklären, worum es in deinen Texten geht, um falsche Interpretationen zu verhindern ?
Megaloh: Quatsch, überhaupt nicht. Also ich hab mir früher als einfacher Rapfan gewünscht, irgendwo die Texte bekommen zu können. Dann war das Erste, was ich im Internet gefunden habe: www.ohhla.com. Da gab’s die meisten Texte aus dem amerikanischen Sprachraum. Das hat mir enorm geholfen, die Raps zu verstehen. Vor allem die Texte von Leuten, die extrem kryptisch schreiben wie zum Beispiel Pusha T. Es hat mir auch geholfen, mich als Texter zu entwickeln. Das Geile an Rap Genius ist, dass es dann zu dem Text noch Erklärungen von besonders hängen gebliebenen Nerdfans gibt, die die Sache durchschaut haben. Teilweise gibt es dann eben auch Erklärungen von den Künstlern selber. Und ja, Chefket und ich wurden von denen dazu eingeladen, mal einen Account zu eröffnen. Und ich find das einfach cool für die HipHop Community, dass man einfach nachgucken kann, wenn man mal was nicht versteht.
Chefket: Es ist auch was Einzigartiges. Ich glaube, dass es auch in wissenschaftlichen Bereichen benutzt werden könnte. Wenn jemand Hausarbeiten schreibt oder so. Man könnte dann einfach auf eine Textstelle klicken und es würden Erklärungen für oder von den Professoren aufscheinen. Ich glaub das kommt noch. Wahrscheinlich wird das irgendwer übernehmen, weil das ist echt ein Pionier-Programm. Ich kann mir gut vorstellen, dass das auch im wissenschaftlichen Bereich funktioniert. Definitiv. Das ist doch dafür prädestiniert.
Megaloh: Ist auf jeden Fall ’ne super Sache. Diese Erklärungen werden ja auch von der Community auf ihren Wahrheitsgehalt gecheckt und beurteilt. Es ist das Beste, was wir in der Richtung haben.
Chefket: Der Account ist ja nicht nur dafür da, wenn jemand falsch interpretiert. Sondern auch, damit man dann sagen kann: „Ne, ich hab nicht gemeint, dass ich ihm in den Kopf schieße.“ (lacht)
Megaloh: Also die Erklärung, die ich auf Rap Genius gemacht hab, hab ich nicht gemacht, weil die Leute es falsch verstanden haben, sondern, weil sie danach gefragt haben. Es ist einfach cool für die Leute, wenn sie auf ’ne Zeile klicken und sie direkt die Erklärung von dem Typen, der’s geschrieben hat, bekommen. Ist doch geil!
Dein Sound hat sich mit der Zeit ziemlich verändert…
Megaloh: Mein Sound hat sich gar nicht verändert!! Nein, Spaß. (lacht)
Was hält der jüngere Megaloh von dem Sound des aktuellen Megaloh ?
Naja, der junge Megaloh ist ja schon weg. Jetzt ist nur noch der alte da (lacht). Nein, nein er ist noch da: jung, frisch und knackig.
Die Entwicklung macht für mich gerade Sinn. Hättest du mich vor drei Jahren gefragt, hätte ich dir vielleicht gesagt, dass es für mich an diesem Punkt keinen Sinn mehr macht. Ich habe da sehr viel Zeit und Energie investiert und irgendwie kam nichts zurück. Aber jetzt nach diesem Jahr, der Platte „Endlich Unendlich“, den Reaktionen der Leute, der Tour und den ganzen Auftritten, hat es sich auf jeden Fall gelohnt, dranzubleiben, geduldig zu bleiben, das alles zu verfeinern. Ich glaube alle Megalohs – der junge, der alte, der mittlere – sind sich darüber einig, dass das die richtige Entwicklung ist. Man weiß ja auch nicht, was da noch kommt und was der noch ältere Megaloh zu sagen haben wird.
Während früher der kommerzielle Erfolg mehr oder wenig ausblieb, ist dein Album auf den 8. Platz der deutschen Charts eingestiegen. Wann hast du denn ungefähr realisiert, dass das jetzt dein Durchbruch ist?
Also ehrlich gesagt ist das für mich noch immer nicht der Durchbruch.
Erst bei Platz 1 dann?
Nein, also das ist hart zu sagen. Ich bin ja auch dankbar für dieses Jahr. Es war ein unglaubliches Jahr, aber es gibt jetzt noch nicht die Sicherheit, wo ich mir denke : „Alles was ich jetzt mache, wird mir aus der Hand gefressen“. Ich bin eher an einem Punkt, an dem ich mir denke: „Woah, ich bin richtig motiviert Mucke zu machen und die Leute zu überzeugen, dass wir die geilste Mucke machen“. Aber ich weiß nicht, wie jeder den Durchbruch für sich definiert. Ich bin auf jeden Fall das erste Mal in meinem Leben an einem Punkt, an dem ich wirklich Aufmerksamkeit habe und Leute erreichen kann und auch sehe, was da zurückkommt. Ich denke, hierauf kann man nur aufbauen. Das ist erst der Anfang.
Macht sich da schon die „Megalomanie“ bemerkbar ?
Das sind nur bescheidene Ziele eines „Rapveterans“ (lacht).
Was wäre denn deine Definition von Durchbruch?
Also wenn ich eine Goldplatte machen würde, dann wüsste ich, dass ich irgendwo angekommen bin. Es ist schwer, wieder komplett in der Versenkung zu landen, wenn man auf dem Niveau weiter arbeitet. Es geht einfach nur um Quantität, das Erreichen von vielen Leuten und dass du einfach ne große Gefolgschaft hast. Es soll ein Movement sein, an dem die Leute nicht vorbeikommen.
Hast du das Gefühl, dass die lange Dauer deiner bisherigen Karriere etwas Positives ist, woraus du auch schöpfen kannst ?
Ja, ich kann daraus schöpfen, dass ich mich in Demut geübt habe und wie gesagt viele Oberflächlichkeiten weggefallen sind.
Was wäre ein Beispiel für diese Oberflächlichkeiten?
Naja, so Ego-bezogene Sachen halt. „Beweihräucherung“. Ich beweihräuchere mich noch immer sehr gerne und es wird auch wieder mehr passieren (lacht). Aber so grundsätzlich wurde es mir sehr wichtig, mit der Musik Inhalte zu vermitteln und den Leuten ein gutes Gefühl zu geben, oder ihnen einfach emotional etwas mitzugeben. Für mich ist die Musik ein Ventil und ich verarbeite Emotionen damit. Für mich ist es auch ein Ziel, zeitlose Musik zu machen, die man wirklich immer hören kann und die einen „immer kriegt“.
Die lange Karriere hat wahrscheinlich auch den Vorteil, dass man immer routinierter wird und auch routinierter klingt, oder?
Ja, routinierter zu werden ist gut, aber man darf diesen Hunger und die Leidenschaft nicht verlieren.
Aber auch die Tatsache, dass dich viele Leute für einen Newcomer halten…
Naja, irgendwie bin ich ja ein Newcomer, weil ich zum ersten Mal diese Aufmerksamkeit habe und fokussiert habe, was ich machen möchte. Früher hab ich halt viel ausprobiert. Natürlich habe ich paar Sachen rausgebracht, aber ich habe damals das Handwerk „Rap“ erst gelernt. Ich lerne immer noch, aber jetzt bin ich an einem Punkt, wo es weniger um das Handwerk geht, als darum, die Inhalte mit dem gelernten Handwerk zu vermitteln. Das war’s halt vorher noch nicht.
Während du dieses „Handwerk“ noch gelernt hast, ging deine Musik in Richtung Straßenrap. Wie hat dich denn deine Kindheit in Moabit im Bezug zu deiner Musik geprägt?
Boah, das ist schwer zu sagen. Also ich hab ja keinen Vergleich, ich bin in Moabit aufgewachsen. Ich denke mal das Umfeld und die Sozialisierung spielen halt immer die prägendste Rolle: vom Elternhaus bis hin zu den Freunden in der Umgebung, in der man aufwächst. Das sollten am besten Soziologen analysieren, inwiefern mich das geprägt hat (lacht).
Es ist aber nicht immer eine gesunde Herangehensweise, wenn andere Leute beginnen über irgendwen was zu schreiben und zu verkopfen, oder ?
Ich fänd’s gut, wenn Experten mal über meine Musik schreiben und sich damit auseinandersetzen. Experten aus anderen Bereichen. Rap ist für mich die moderne Dichtkunst. Warum sollte man sich nicht damit auseinandersetzen wie mit Goethe und Schiller?
Was bräuchte es, damit man sich damit auseinandersetzt? Es beginnt ja jetzt – wie Chefket es auch gesagt hat – dass Leute anfangen, sich auf einem wissenschaftlichen Niveau mit Rap zu beschäftigen, eben weil Rap eine Dichtkunst ist?
Ja, die Öffentlichkeit beziehungsweise der Mainstream ist halt immer ein bisschen langsamer. Erst wenn’s ne Mode oder ein richtiger Trend ist, springt man auf. Ich denke, es passiert langsam, das kommt mit der Zeit.
Wenn du das im Hinterkopf hast, was verändert sich dann für dich ?
Es verändert sich insofern für mich, dass ich probiere, weniger Fäkalsprache zu benutzen oder wenn dann, Ausdrücke oder Emotionen smarter zu verpacken. Ich will den Leuten zeigen, dass wir nicht ins typische Klischee passen, sondern dass da einfach sehr viel Intelligenz und Auseinandersetzung mit der Sprache zusammenhängt. Und dass da Leute sind, die das jahrelang machen und eine Liebe für die Sprache haben.
Müsste man das den Jungen erklären ?
Naja, letztendlich sind dieser Trieb und dieser Hunger wichtig. Aber man sollte trotzdem versuchen, eine gewisse Weitsichtigkeit an den Tag zu legen. Das geht aber nur über Erfahrung.
Viele sind für einen Einbezug von Rap in das Bildungswesen. In manchen Ländern wird die westliche Bildung allerdings sogar als teuflisch angesehen. So auch in Nigeria, dem Heimatland deiner Mutter. Dort verübt eine Terrorgruppe namens Boko Haram Anschläge auf Schulen und Studierende.
In „Entgegen der Norm“ sagst du : „Mann die Gewalt ist der Standard hier und der Frust den wir spüren ist der Grund für das Randalieren“ und „Wir sind mehr als nur unzufrieden, das Gesetz wurde sicher nicht von uns geschrieben“. Inwiefern hängt das mit den Anschlägen zusammen?
Ich glaube, es gibt einfach total viele Ungerechtigkeiten auf der Welt und auf jede Aktion folgt eine Reaktion. Die Leute lassen sich nicht ewig für dumm verkaufen. Klar sind manche Reaktionen zu extrem und nicht gerechtfertigt. Aber die Sachen, die man bei uns in der Schule lernt, sind nicht mal die Hälfte von dem, was da draußen passiert. Es gibt einfach eine ungerechte Verteilung von Ressourcen und ein Ungleichgewicht der Kräfte auf der Welt. Und wie gesagt, darauf folgt natürlich eine Reaktion. Die Leute wollen einfach nicht im Elend verkümmern.
Du hast vor deiner Tour ein Lied mit dem Titel „Kai Pflaume“ veröffentlicht. Die Redaktion war der Meinung, dass es an den Sound eines österreichischen MC’s erinnert: Crack Ignaz. Kennst du ihn ?
Megaloh: Nein
Ghanaian Stallion: Ja, ich kenn den.
Aufgrund der Ähnlichkeit haben wir ihm den Track auf Facebook zugeschickt. Seine Antwort war folgende:
Megaloh: Uh, da hab ich Angst. Bitte verschon mich (lacht)!
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Radio-Afficionado. Von Deutschrap über französischen & britischen Rap und natürlich Österrap. Außerdem Battle-Rap-Fanatiker und beherrscht die Beistrichregeln, nicht, besonders, gut.