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Mehr Vielfalt als der Regenwald // Trettmann live

Mehr Vielfalt als der Regenwald // Trettmann live

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Trettmann live in Wien. Fotos: Mila Sperstar

FM4 Tribe Vibes gibt’s nicht nur on air, sondern auch manchmal in den Clubs des Landes, hinter den Turntables. Derzeit sind Trishes, DJ Phekt und Adam Bassrunner gerade wieder auf Tour – und für das Heimspiel in Wien haben sie sich Live-Unterstützung geholt: Trettmann, einen der derzeit erfolgreichsten Aufsteiger dieses Jahres. Vom Dancehall- und Reggae-Sänger zum Trap-Wunder, das mit der heurigen KitschKrieg-Trilogie ordentlich bekannt wurde. Doch wie es bei Club-Shows leider oft so ist, muss man bis zum Auftritt des Leipzigers ziemlich lange warten – bis halb zwei frühmorgens nämlich.

Damit die Zeit bis dahin aber schnell vergeht, spielt Trishes eine tanzbare Mischung aus HipHop und Grime, von Fatoni über Juicy J bis zu Skepta und auch den Flume-Remix von Disclosures „You & Me„. Auch der Salzburger Rapper C-Black schließt sich im Anschluss diesem Soundgefühl an und bringt mit viel Dancehall und Trap das sich füllende Loft in Wochenend-Stimmung. Die politische Message darf dabei aber nicht fehlen: Auf YGs „Fuck Donald Trump“ folgt ein „Fuck Hofer too“ und C-Black fordert die Crowd auf, mit ihren Mittelfingern alles andere als Liebe für die beiden zu signalisieren. Eine Woche vor der Bundespräsidentschaftswahl eine adäquate Geste. Nur schade, dass C-Black nicht selbst zum Mic greift und rappt, hätte auch sein Stil gut ins Konzept gepasst.

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Dafür gibt es als Support-Show noch einen Auftritt von Meydo und David Emanuel aus dem Wiener DVMND-Umfeld. Versteht man Meydo im Video schon schlecht, ist der Text live gar nicht mehr fassbar; die paar Songs, die die beiden performen, wirken eher strapaziös. Dass der Soundeinheitsbrei nicht an der Anlage des Loft liegt, beweist der Mainact des Abends, Trettmann aus Leipzig. Auf der Mini-Bühne vor dem DJ-Pult springt der Routinier ekstatisch auf und ab, eröffnet er doch seinen Auftritt mit „Skyline“ – seinem ersten Hit nach der Stilverwandlung zur KitschKrieg-Philosophie. „Wer kennt mich von früher?„, fragt er ins Publikum und freut sich darüber, in Wien „aufgeschlagen“ zu sein. Tretti gibt Liebe an die Berg Money Gang und spielt auch seine Feature-Songs mit Megaloh („Was solls„), Fruchtmax („Wie kann man sich nur so hart gönnen„) und gibt Props an UFO361, „den besten Mann aus Berlin“. Da bleibt nur Platz für eine Nummer aus dem aktuellen Mixtape „KitschKrieg 3“, nämlich „Adriano“, und als Zugabe noch „Ehrenrunde“. Wirklich schade, dass ein derart energiegeladener Auftritt nach gefühlten acht Nummern auch schon wieder vorbei ist. Da bleibt die Enttäuschung bei den Konzertbesuchern groß, auch wenn Trettmann am Ende noch einmal allen Leuten vor der Bühne persönlich ein Highfive verpasst.

Fazit: Es muss nicht immer das Flex oder die Grelle Forelle sein, wer familiäre Stimmung favorisiert, kann sich auch gerne mal für ein Konzert im Loft entscheiden. Die Mischung aus DJ-Sound und Live-Auftritt ist abwechslungsvoll und führt dazu, dass man nicht noch in einen anderen Club gehen muss, wenn man nach der Show noch nicht nach Hause möchte. Nur schade, dass Trettmann nicht noch ein paar Songs mehr gespielt hat, sein Live-Auftritt hatte jedenfalls Potenzial, funktioniert der Trap-Sound mit deutschen Texten auch live tadellos. Und dass ein Soundsystem die ganze Nacht nur Reggae spielt, ohne – wie in Jamaika üblich – auch HipHop, R&B und  Dancehall einzustreuen, war auch nicht der Fall. Das hatte Trettmann nämlich einmal in einem Interview an Deutschland kritisiert: „Das muss man sich mal vorstellen! Unfassbar.“

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Die nächsten Stationen der „Tribe Vibes Soundsystem“-Tour mit Trishes, Phekt und Adam Bassrunner sind am 7. 12. in der STWS Linz, am 9. 12. im Weekender in Innsbruck, am 10.12. im Conrad Sohm in Dornbirn, am 16.12. im Stadtkeller Lienz und am 17.12. im Villacher Kulturhofkeller.