Demolux ist zwar nur einer von fünf Organisatoren des am 7. und 8. Juni erstmals ausgetragenen „Krunk Festivals“, aber zumindest in der Raplandschaft ist er der bekannteste und wohl auch umstrittenste. Weil „Am Strom“ nach drei Ausgaben 2009-2011 bereits letztes Jahr nicht mehr stattfand, wollen Demolux&Co nun von neuem ein österreichisches Hip Hop Festival etablieren. Im Message-Interview begründet Demolux diverse Line Up Entscheidungen, wieso die Ortswahl auf Wiesen fiel und warum die Juice mit der Aussage „HipHop ist nicht tot, er lebt jetzt nur in Österreich“ nicht ganz recht hatte.
Interview&Text: Jan Braula
Foto: lichtschalter.tv
Die unvermeidliche Einstiegsfrage: Wie kamt ihr auf die Idee ein HipHop Festival in Österreich zu organisieren?
Prinzipiell ist es ja keine neue Idee. Man hat beim HipHop Kemp bereits vor zehn Jahren gesehen, dass ein HipHop Festival auch irgendwo in der tschechischen Pampa mit einer coolen Festival-Location funktionieren kann. Einige Jahre später hat sich das Am Strom in Greifenstein entwickelt, das in unserem Umfeld für viel Furore gesorgt hat. Nicht geringer war dann die Traurigkeit darüber, dass es nicht mehr stattfinden wird. Es gibt auch noch das Mostbeatz und andere kleinere Festivalgeschichten, die eh superleiwand sind und wo wir uns auch nicht als Konkurrenz dazu sehen wollen. Es hat sich aber für uns die Möglichkeit ergeben, ein Festival am doch sehr etablierten und sehr geeigneten Gelände in Wiesen zu veranstalten. Diese Möglichkeit mussten wir quasi wahrnehmen.
Wer ist wir?
Wir sind ein Team von fünf Leuten plus ein paar Helping Hands. Das Kernteam hat immer alles gemeinsam entschieden. Es war nie so, dass es geheißen hätte, dass ich der alleinige Hauptveranstalter wäre. Mir wurde da eher in den Arsch getreten aktiver zu werden. Nichtsdestotrotz bin ich dann doch eher der Vernunftmensch. Ich bin mir vollkommen darüber im Klaren, dass wir mit einem HipHop Festival in Österreich mindestens die nächsten zehn Jahre mal kein Cash machen werden. Ich betone das dezidiert, weil man schon ein paar Mal hören konnte, das „Krunk“ nur ein Geldbeschaffungsprojekt wäre…Nonsens! Wir freuen uns, wenn die Leute ihren Spaß haben und wir passabel aussteigen. Wir wollen das auch konsequent weiterentwickeln und nach vorne pushen, damit Szene und Artists davon profitieren und im Endeffekt auch irgendwann wirklich noch größere Acts geholt werden können. Wenn man es objektiv betrachtet, haben wir heuer kein super namhaftes Booking. Für mich persönlich sind die Four Owls hingegen ein Riesen-Act. Ich werde aber der Letzte sein, der irgendein größeres Risiko eingeht und beispielsweise für 750.000 Dollar Eminem buchen würde.
Aber irgendein Startkapital werdet ihr ja gehabt haben?
Über die Finanzen will ich nicht ausschweifen. Im Endeffekt ist es eine sehr simple Rechnung mit ein bisschen Eigenkapital, das wir reingeschossen haben. Wir haben diese Rechnung sehr realistisch gerechnet, sodass wir ab einer gewissen Besucheranzahl mit einer 0 aussteigen. Falls jedem von uns nach dem Festival 500-1000 Euro Schulden bleiben sollten, zahlen wir das gerne für HipHop in Österreich. Ich und die anderen würden es auch nicht machen, wenn wir nicht auch Sicherheiten hätten. Klar, wenn an beiden Tagen drei Leute vor der Bühne stehen würden, würde es dann irgendwie kompliziert werden. Aber auch dafür gäbe es Mittel und Wege. Alle Festivals waren am Anfang nicht ultimativ ertragreich. Das Splash Festival hat zum Beispiel auch winzig angefangen.
Ihr habt auf eurer Facebook Seite geschrieben, dass ihr auf den babylonfreien Sponsorenpool besonders stolz sein würdet…
Ja, weil es uns auch sehr wichtig war. Klar gäbe es zum Beispiel das mögliche Konzept mit einem „großen“ Medienpartner à la Kronen Zeitung oder Go TV zu kooperieren. Auf diese Weise würden wir vielleicht auch größere Sponsoren ans Land ziehen können. Diese Richtung haben wir aber nicht gefühlt. Dann müssten wir uns nämlich nach einem bestimmten Zielpublikum richten. Wir müssten Sponsoren prominenter platzieren, Gewinnspiele machen, und so weiter. Genau der unnötige Kommerzscheiß, der mich selbst bei jedem Festival aufregt. Wir kooperieren bewusst mit Leuten wie Four Elements, Rot(h)werk, loon factory oder ymmd, die eine Vernetzung in der Szene haben und dabei keine utopischen Forderungen stellen, weil sie so wie wir von der Sache an sich begeistert sind.
Wäre eine Kooperation mit Red Bull nicht naheliegend gewesen? Natürlich wäre es naheliegend gewesen, dennoch bewegt sich das Festival in keiner Größenordnung, die für sie interessant wäre. Wir haben leichten Support von Red Bull, was zum Beispiel Breakdance Böden und solche Geschichten betrifft. Wenn sie wollten, könnten sie aber selbst ein Festival mit zehnmal größerem Line-Up aufziehen. Dort bräuchten sie auch keinen Demolux, der sich da irgendwie wichtig macht.
Du hast gemeint, dass sich das Wiesener Festivalgelände besonders eignen würde. Wieso?
Es handelt sich um eine sehr flexible Location. Wir werden das eigentliche Verpflegungshaus zur Hauptbühne umfunktionieren. Wenn es schön ist, kann man die beiden Schiebetore aufmachen und auch die Crowd, die weiter draussen steht, mit guter Akustik versorgen. Wenn es schlechtes Wetter geben sollte, hat man ein Dach über dem Kopf. Das große Zelt wird hingegen zum Entertainment-Zelt. Dort wird es unter anderem eine Grafftigalerie, eine Breakdance-Arena, eine Miniramp, einen Street-Parcours und einen Streetball Platz geben. Es war uns wichtig, dass zwar am Campinglatz „Gatsch & Abfuck-Party“ sein kann, dass aber kein Equipment kaputt wird und es auch zu keinen Abfuck-Shows kommt. Es ist alles in trockenen Tüchern. Außerdem gibt ein riesiges Camping-Areal, man kann am Parkplatz pennen, mit dem Bus anreisen, sich in den Wald mit der Hängematte schmeißen…
Das anfangs angesprochene Am Strom Festival hatte ja ein sehr ähnliches Konzept. Du bist selbst bei allen drei Auflagen 2009, 2010 und 2011 aufgetreten. Aus welchen Fehlern würdest du lernen wollen?
Zunächst muss ich klarstellen, dass die Arbeit großartig war und ich dafür nach wie vor sehr großen Respekt habe. Es gibt aber ein paar Dinge, die ich so nicht machen würde, wie zum Beispiel Hells Angels als Securitys zu engagieren. Weiters wollen wir eine Bühne bieten, die einen eher repräsentativen Charakter hat, vor allem für Acts, die vom Prestige her schon etwas Anderes gewöhnt sind. Da will ich den Mund jetzt aber auch nicht allzu weit aufreißen. Wir haben ja auch keine 17 mal 35 Meter Bühne. Außerdem würde ich nicht zu früh mit Live-Programm beginnen. Es gab ein Überangebot an Liveacts, wahrscheinlich aus einer Philosophie heraus da niemandem auf die Füße steigen zu wollen und so vielen wie möglich eine Bühne zu bieten. Aber da steigt das Publikum selbst bei Bombenacts, wenn sich das über sehr lange Zeit zieht, irgendwann aus.
Welche der drei Am Strom Ausgaben hast du in bester Erinnerung?
Das wo die Aphrodelics aufgetreten sind.
Wie viel Glauben schenkst du den über 600 Facebook-Zusagen für „Krunk“?
Als Veranstalter habe ich bereits in verschiedenen Bereichen viele Erfahrungen gemacht. Von kleineren Jams, bis zu bisschen größeren, die vorwiegend in Salzburg stattgefunden haben. Ich kann das also schon bisschen abschätzen. Ich schätze das von den bisherigen Zusagen, 65-70% tatsächlich kommen werden. Insgesamt rechne ich persönlich bei realistischer Schätzung mit jeweils 400-500 Besuchern an beiden Tagen.
Beim Line-Up fällt auf, dass der Samstag etwas prominenter besetzt ist…habt ihr da keine Bedenken?
Der Samstag ist zwar der stärkere Tag von dem Festival, wobei wir nicht sagen würden, dass er deutlich unprominenter besetzt wäre. Er ist auch vom Flavour her etwas anders angesetzt. Wir starten am Samstag früher mit dem Live-Programm, insofern brauchen wir auch mehr Acts. Dass der zweite Tag immer etwas prominenter besetzt ist, ist glaube ich kein Geheimnis. Es soll ja doch eine Steigerung auf dem Weg zum Headliner am Samstag sein und kein Abflauen.
Mit den Four Owls und Edgar Wasser sind nur zwei internationale Acts dabei. War das so gewollt?
Nein, ich hätte mir schon mehr internationale Acts gewünscht. Die Zeit und teilweise auch das Budget waren dafür aber schon zu knapp. Wir werden jetzt schon über den Herbst Bookings für das nächste Jahr klar machen. Möglicherweise kommt noch jemand dazu. Wir bekommen in letzter Zeit immer wieder Anfragen von Leuten, die zu dieser Zeit in den umliegenden Ländern spielen.
Die HipHop Heads in Österreich sind ja eher zahlungsfaul. Habt ihr lange über die Festival-Eintrittspreise diskutiert (Anm.: 1 Tag: 25 Euro, 2 Tage: 45 Euro)?
Wir haben schon lange überlegt und dann auch in Betracht gezogen, dass es beispielsweise im Gasometer Clubbings mit 2 DJs gibt, wo der Eintritt für einen Abend 36 Euro ausmacht. Wir wollten hingegen lieber über die Bandbreite, als über zwei Namen gehen. Klar, man hätte mit dem Budget vielleicht einen oder zwei große Acts buchen können und dann schauen können, wer für Fahrtkosten spielt. Das wollten wir auch nicht, sondern den Künstlern auch eine Gage geben, damit der Ehrgeiz für das Ganze größer ist und sie sich dementsprechend auch besser vorbereiten. Die 25 beziehungsweise 45 Euro sind auf keinen Fall ein Preis, mit dem wir uns eine goldene Nase verdienen könnten. Mit den angesprochenen 400-500 Besuchern kommen wir damit in Richtung Kostendeckung.
Wieso tritt niemand von Boombokkz auf?
Das empfinde ich persönlich als sehr schade und ich will da auch nicht näher darauf eingehen. Es gibt einfach verschiedene Meinungen und Positionen, die Menschen beziehen. Was ich natürlich jederzeit total akzeptiere…die Kommunikation wurde auch von unserer Seite nicht perfekt geführt. Spaßhalber würde ich jetzt sagen, dass wir uns nicht über die Promille-Grenze einigen konnten.
Das hat aber nichts mit dem Beef zwischen den Vamummtn und Ill Mindz zu tun?
Ohne da etwas Falsches sagen zu wollen, glaube ich nicht, dass das der Hauptgrund gewesen ist, vor allem weil sie sowieso nicht am selben Tag gespielt hätten. Neben den Kommunikationskomplikationen gab es auch etwas unterschiedliche Gagenvorstellungen (Anm.: Kurz nach dem Interview fand im B72 ein Freestyle-Battle statt, bei dem ausgerechnet Demolux und Def Ill aufeinander trafen).
Künstler, die dem Straßenrap zugeordnet werden könnten, fehlen fast vollständig. War das eine bewusste Entscheidung?
Nein, das war weniger ein Konzeptding. Ich bin ganz einfach nicht so der Straßenrapper, feiere aber sehr wohl guten Straßenrap. Auf diesem Sektor gäbe es in Österreich noch viel Steigerungspotential. Bei vielen geht die Authentizität oft irgendwo baden. Wenn aber ein Haftbefehl aus Österreich auftauchen sollte, werden wir ihn für das nächste Jahr buchen.
Und Nazar oder RAF?
Ich habe bei keinem der beiden angefragt. Ich glaube auch, dass ihre Gagenvorstellungen zu hoch wären. Die Droogieboyz waren dann zum Beispiel auch noch im Gespräch, dafür war es dann aber schon zu spät. Ich bin saufroh, dass die Eastblok Partie beim Festival dabei ist. Sie sind eine der wenigen, deren Musik mir zusagt, obwohl sie aber eigentlich nicht meinen persönlichen Geschmack trifft. Ich finde es aber authentisch und cool, was die Jungs machen und supporte das auch heftig.
Einer der sich auch angeboten hätte, auch wenn er schon lange nichts von sich hören ließ, wäre Kamp gewesen…
Ich habe lange versucht ihn zu überreden, er wollte aber mit seinen alten Nummern kein Programm spielen. Daraufhin habe ich gesagt: „Oida Kamp! Stell dich auf die Bühne, spiel „Amadeus Ade“, spiel „Sommarloch“ und du wirst der gefeiertste Act des Festivals sein.“ Ich verstehe ihn aber und anscheinend kommt er als Besucher eh vorbei und supportet uns. Ich persönlich finde es extrem schade, dass er nicht auftreten wird. Es macht aber auch keinen Sinn, ihm eine horrend hohe Gage anzubieten, nur weil es mir das persönlich wert wäre.
In den Liner Notes von „Egoshoota Zwa“ zitierst du das Editorial der Juice, in dem im Sommer 2010 geschrieben stand „HipHop ist nicht tot, er lebt jetzt nur in Österreich„, inwiefern stimmst du dieser Aussage nach wie vor zu?
Nach dem Am Strom Festival 2010 war ich sehr optimistisch. Ich glaube auch nach wie vor, dass HipHop in Österreich mittlerweile in vielen Bereichen ein sehr gutes Fundament hat. Die zitierte Juice Aussage klingt aber schon ein bisschen so, als ob HipHop weltweit tot wäre und jetzt nur noch in Österreich leben würde. So würde ich das aber nicht sagen, sondern eher so, dass HipHop mittlerweile neben vielen anderen Ländern nun auch wirklich in Österreich angekommen ist. Das Level der Releases wird immer höher. Woran Österreich aber noch arbeiten muss, ist der Support der Szene. Während zum Beispiel bei HSC am HipHop Kemp 250 Leute am Nachmittag vor der Bühne standen, waren es eine halbe Stunde später bei einem polnischen Act 6000. Die Artists wären ja da, die Infrastruktur auch, nur die Zustimmung ist zu gering. Da gibt es zu viel Grüppchendenken. Früher war ich in dieser Hinsicht auch noch ein bisschen radikaler. Mit der Zeit habe ich aber gesehen, dass es nix bringt.
Mit freundlicher Genehmigung vom Juice Magazin (hoffentlich lasst ihr euch diesmal wieder blicken).
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