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Regular Bars #7 // Battle-Rap

Regular Bars #7 // Battle-Rap

 

Illustration: Andreas Rosenbuh
Illustration: Andreas Rosenbuh

In der Parallelgesellschaft Battle-Rap tut sich einiges. Während sich das gegenseitige Duellieren mit Wörtern (dessen Wurzeln sich zum Beispiel mit dem “Dozens“-Spiel tief in die afrikanische Kultur verfolgen lassen) im englischsprachigen Raum mit Ligen wie King of the Dot, Don’t Flop und natürlich URL weitgehend etabliert hat, steckt er im deutschsprachigen Raum noch in den Kinderschuhen. Aber DLTLLY (Don’t Let The Label Label You, Anm.) und Rap am Mittwoch erfreuen sich steigender Besucher- und Klickzahlen und auch in Wien existieren mit Dreistil und Rap im Beisl Ligen, die diese Schiene fahren. Jeder Battle-Rap Fan wird bestätigen können, dass das ein sehr zeitaufwendiges Hobby ist, die Battles dauern selten kürzer als 20 Minuten. Und auch wenn sich viele Battles einen eigenen Eintrag verdient haben, kann es sehr praktisch sein, regelmäßig zu wissen, was sich so getan hat, welche Battles veröffentlicht wurden und welche noch anstehen. Dafür gibt es die Reihe Regular Bars!

Disclaimer: Achtung! Dieser Artikel kann Spoiler und Spuren von Meinung enthalten!

Lang ist die letzte Ausgabe her, manchmal muss man eben Prioritäten setzen. Was nicht heißt, dass wir in den vergangenen Wochen keine Battles geschaut haben. Über Dreistil gibt es diesmal besonders Positives zu erzählen. Mit dem Weihnachtsbattle wurde das unterhaltungstechnisch beste Freestyle-Battle seit langer Zeit abgehalten. Einzig und allein ein paar organisatorische Unklarheiten, die sowohl Host, Judges und Publikum regelmäßig verwirren, könnte man bemängeln. Im folgenden Neujahrsbattle gab es dann wieder ein Written-Match, und zwar ein recht vielversprechendes: BX erwies dem Dreistil-Publikum zum zweiten Mal die Ehre und trat gegen den Grazer Fate One (nicht derselbe Fate, der gegen Barbee gebattlet hat). Trotz einer etwas ungönnerhaften Crowd packte BX eine Top-Leistung aus, Fates Punches gingen oftmals unter, trotzdem lieferte er ein sehr beherztes Battle.

Derselbe BX absolvierte auch ein ungemein starkes Battle gegen Change19 in Stuttgart bei DLTLLY. Was diese Liga betrifft, sollten wir aber gleich mit der wichtigsten Meldung beginnen: DLTLLY hat seinen ersten offiziellen Champ und Titelträger. Nedal Nib ist der erste eingravierte Name am prunkvollen Gürtel. In einem spannenden ersten Title-Match setzte er sich gegen Brian Damage durch. (Das Ergebnis sagt wie so oft nichts über die Knappheit des Battles aus.) Die Spiele um den Gürtel sind also eröffnet  wie oft er diesen nun verteidigen muss, steht allerdings noch nicht fest (bei KOTD passiert das üblicherweise alle sechs Monate). Das Title-Match war aber nicht das einzige Highlight der vergangenen Monate bei DLTLLY. Auch die Sessions in Stuttgart vor und die in Leipzig nach dem DISSember brachten viele gute Battles hervor. Darunter ist vor allem Clepto vs. Davie Jones ein absolutes Highlight. Viel gibt es nicht zu sagen außer: Wow! Beim ersten Mal schauen bin ich absolut ausgeflippt. Clepto ist gewohnt präsent und wählt mehr oder weniger kreative Angles, Davie bekommt zwar etwas wenig Reaktion, hat aber verhältnißmäßig auch weniger Punches, die aber ordentlich sitzen! Seine dritte Runde ist dafür eines der absoluten Highlights („D, A, Jones, die Personifikation von Bars & Delivery„). Fou Battle!

Dazwischen kamen nach und nach die DISSember-Battles an die Öffentlichkeit, darunter auch das inoffizielle zweite Main-Match (neben dem Title-Match) zwischen Papi Schlauch und Lyrico (der davor übrigens ein starkes Battle gegen einen der Pioniere, Gregpipe, bestritten hat), indem sich die beiden nichts schenkten und vielleicht zukünftige Titelanwärter-Ansprüche aufblitzen ließen. Ebenfalls interessant war das englische Battle zwischen Unanymous und Raptor, das nochmal den Unterschied (oder Aufholbedarf?) der deutschen Battles gegenüber den englischen Battles verdeutlichte. Wem dieses ganze „Battle-Schauen“ zu anstrengend ist, hat wohl kaum bis hierhin gelesen. Falls doch: DLTLLY veröffentlicht nun (hoffentlich regelmäßgig) Fan-Compilations, die zwei bis drei Monate abdecken sollen. Das heißt, die nächste sollte bald kommen. Hier sind mal die Highlights von Oktober bis Dezember und auch sonst häufen sich die Fan-Compilations und Battle-Zusammenschnitte. Sehr erfreulich, es geht was weiter!

Bei Rap Am Mittwoch ging es nach dem Hoffnungsschimmer-Battle zwischen JiZi vs JeyJey Glünderling trotz großer Namen wieder bergab. Das Match zwischen 4Tune vs. Fresh Polakke blieb weit hinter den Erwartungen (trotzdem mutig von 4Tune, sich als etablierter Künstler in ein Battle zu stellen), Gugo vs. Indoor Stan ist vor allem aufgrund Gugos Leistung kaum zum Ansehen. Deshalb hier in vier Bars, alles was man über das Battle wissen muss.

In jedem Battle muss ich mindestens einmal „Ich ficke deine Mutter“ sagen, auch wenn es vielleicht unter meiner Würde ist
Aber wenn ich jetzt sag: „Ich ficke deine Mutter“, hört sich das vielleicht geistig behindert an, aber echte Männer lügen nicht.
Und nach dem Battle schreiben die ganzen Hater wieder: „Gugo bringt nur Mutter-Lines, er ist als Gegner nicht gut“
Aber nach dem Battle werde ich als Täter gesucht, denn zu sagen, er ist ein Hurensohn, ist genug Gegnerbezug.

Gugo hat das tatsächlich aufgeschrieben. Und dann offenbar tatsächlich als gut genug befunden (inkl. eine Reaktion von der Crowd erwartet) + das war erst der Anfang der ersten Runde. Da ist es verständlich, dass sich die Kritik unter den RAM-Videos häuft, das ständige „DLTLLY > RAM“ kann man aber bleiben lassen (und Fronts von Whack-MCs, die meistens ein paar Monate davor noch bei RAM gebattlt haben, sowieso – Namen überflüssig, you know who you are). Da gibt es nicht viel mehr zu sagen. Dabei kann man nicht mal das Argument von Quantität vs. Qualität bringen. Während RAM seit der letzten „Regular Bars“-Ausgabe drei BMCLs und drei Battlemanias (insgesamt zwölf Videos) hochgeladen hat, kamen bei DLTLLY sage und schreibe 14 Battles online (exklusive Newcomer-Battles). Das heißt: entweder RAM macht mehr, oder RAM macht es besser. Dabei scheint es aber unmöglich, aus dieser Negativphase rauszukommen: Das Battle zwischen Vyrus und Buddi war nämlich überraschend gut (vor allem die Entwicklung von Vyrus ist beeindruckend!), trotzdem sind die Kommentare überwiegend negativ. Da fragt man sich, was die MCs noch machen können, um das anspruchsvolle Publikum zu bändigen. Vielleicht wird das Battle zwischen Finch und Davie Jones dem Ganzen wieder Aufschwung geben. Spätestens das Title-Match zwischen Mighty Mo und Ssynic könnte (muss eigentlich) die Liga wieder zu Erfolgen verhelfen.

Rap Am Mittwoch kommt übrigens am 15. März nach Wien in die Grelle Forelle. Im bereits fixierten BMCL werden sich Tobi Nice und einer der Newcomer der bisherigen Saison Krom gegenüberstehen. Man darf gespannt sein, welche österreichischen MCs sich in die Battlemania trauen und welche deutschen MCs die RAM-Crew mit im Gepäck hat. Ein Blick über den Atlantik bringt einen wieder mal zum Verzweifeln: unmöglich, das alles kompakt zusammenfassen. Der Hinweis auf den „Weekly Battle Feed“ von Laugh’n’Stalk ist dabei sicherlich nützlich, trotzdem kann ich hier ja zumindest meine Highlights der verganenen Monate erwähnen. Dazu zählen großteils die Uploads der Ganik vs. Gully Battles. Darunter ist mit Real Deal vs. A.Ward ein potenzielles „Battle of the year“ und mit The Saurus vs. Carter Deems ein weiteres hochunterhaltsames Match. Ebenfalls Anwärter auf „Battle of the year“ ist das Match zwischen B Dot und Cortez. B Dot hat schon im vorigen Jahr eines der besten Battles gegen Danny Myers abgeliefert und besticht durch die Conscious-Elemente, die er in seine Runden packt. Cortez ist ein Veteran, der genauso gut wie auch absolut whack sein kann. Mit seiner Performance gegen B Dot hat er wohl einige Kritiker wieder eines Besseren belehrt und es wieder geschafft, sich positiv ins Gespräch zu bringen.

Für die nächsten Wochen ist bei KOTD jedoch das Hauptthema: Blackout 7! Blackout gilt als eines der legendärsten Battle-Events, da die Paarungen dabei nicht im Voraus angekündigt werden. Nur die einzelnen Teilnehmer werden verkündet. Hier gibt es die genaue Erklärung als Video. Diese einzigartige und spannende Inszenierung hat schon zu einigen überraschenden Matches geführt und ein paar der denkwürdigsten Battle-Rap-Momente verursacht. So zum Beispiel das Match zwischen Conceited gegen Dumbfoundead, absoluter Klassiker und eines der meistgesehenen Battles bei KOTD.

See Also

Die einzige Paarung, die schon verlautbart wurde, ist das Title-Match zwischen Head ICE und Rone. Rone wird wohl zum ersten Mal um seinen Titel kämpfen müssen, einen hungrigeren Contender als den Wolf hätte man wohl kaum auswählen können!

Bei den Briten gab es auch wieder massenhaft an Content, was nach den eher schwachen vergangenen Monaten bitter nötig war. Und erfreulich, da bei Don’t Flop schon irgendwie eine ganz eigene, familiäre Atmosphäre herrscht (ich sag nur: „O’Shea O’Shea, O’Sheaaaaa, O’Shea O’Shea„). Der Upload der Battles vom achten Geburtstagsfest (man merkt alleine daran schon, wie sehr die Zuschauerzahl abgenommen hat, wenn man die verschiedenen Birthday-Events vergleicht) und des „Revival 7even“ waren dabei die Highlights. Am beeindruckendsten waren wohl das Matches zwischen dem ehemaligen Don’t-Flop-Champion Tony D und dem ehemaligen KOTD-Champion Pat Stay bzw. Gjonaj vs. Raptor. Dabei ist Gjonajs erste Runde zu Recht die „beste Runde“ de Monats bei Don’t Flop, aber auch Raptor hält gut dagegen.

Sure, he’s a little cold, and it’s a bit contagious/
but I’m cancer … I’m even deadlier on the biggest stages!

Etwas weniger aggressiv bzw. intensiv sind da noch die Battles zwischen Ogmios und Marlo (Lachkicks!) und O’Shea vs. Juan, in dem Juans Runde über O’Sheas Sohn ebenfalls eine der besten Lines der vergangenen Wochen enthält (O’Shea hat in einem Storytelling-Part gegen MyVerse nämlich erzählt, dass er seinem Sohn unabsichtlich auf den Kopf gekommen ist). Ein Battle, das beim 8BW leider nicht stattgefunden hat, aber danach nachgeholt wurde ist Dialect vs. Lu Cipher. Erwartungen hoch, das Battle wurde ihnen auf jeden Fall gerecht. Lu Cipher macht seine uninteressierte Delivery durch Bomben-Lines weg, ob er das noch lange glaubwürdig durchziehen kann, bleibt zu bezweifeln. Vor allem wenn er (hoffentlich) bald ein paar Top-Tier-Gegner bekommt, bei denen die „wen-habt-ihr-mir-da-schon-wieder-hingestellt“-Masche nicht zieht. Dialect macht der Heimat alle Ehre und bringt auch ein paar Mega-Lines!

Man könnte sicher noch zehn Battles erwähnen und hätte noch immer keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Ganze soll aber auch nicht ausufern. Deshalb kommen die Regular Bars ab jetzt wieder in etwas regelmäßigeren Abständen. Bleibt unabhängig davon immer am Laufenden, gebt euch weiterhin alle Battles, die so rauskommen, egal auf welcher Plattform. Offenbar haben mittlerweile auch andere Deutschrap-Medien dieses komische Battle-Ding für sich entdeckt. Erfreulich für die Kultur, bisschen mehr Auseinandersetzung mit der Materie (aka Journalismus) würde trotzdem nicht schaden. Aber… „you can have that, that ain’t even what I’m mad at„.