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Singende klingende Unterwelt

Singende klingende Unterwelt

Brenk & Fid Mella - Chop Shop2 by Daniel Shaked 10

Passenderweise treffen wir den gebürtigen Südtiroler und Neo-Favoritner, Fid Mella, sowie den Kaisermühlner mit Wurzeln im Ex-Jugoslawien, Brenk Sinatra, beim „Laaerberger Wirt“ in Wien-X. Auf ihrem aktuellen Album „Chop Shop 2 – Singende Klingende Unterwelt“ wimmelt es nämlich von melodiösen und textlichen Inspirationen von österreichischen Platten aus den Siebzigern und Achtzigern. Dabei ist aber etwa kein Heimatgejodel oder Zither-Geklimper zu hören, sondern der gewohnte Brenk & Mella Sound: Die Beats stampfen und pfeifen nur so dahin.

Interview & Text: Jan Braula
Fotos: Daniel Shaked
Plattencover: Eigenarchv; Sammlung “Trash Rock Archives”

 

Das Duo wollte einen Wiener Kopffilm auf die musikalische Leinwand projizieren. Zahlreiche der inspirerenden Platten wurden von tragisch-komischen Texten, Melodien und nicht zuletzt Figuren geprägt. Von diesen Platten handelt der folgende Artikel. Tatsächlich schlüpften häufig Wiener SchauspielerInnen in die Rolle der Sänger und Erzähler. Schon Peter Alexander, Fredy Quinn und Udo Jürgens waren Schauspieler und Sänger in Personalunion. Hier soll es aber um eine spätere Zeit gehen, die die Stimmung der „Chop Shop 2“ Platte maßgeblich prägte: Ihre weitere Spuren führen zu Fernsehserien wie „Mundl“ oder „Kaisermühlen Blues“, aber auch Kultfilmen wie „Muttertag“ und „Indien“.

Da wäre zum Ersten die namensgebende „Singende Klingende Unterwelt“, die in zwei verschiedenen Auflagen rund um 1971, 1972 erschien. Die Lieder drehen sich um Prostitution, Strizzis, die Heh und den Häfn. Sie ist dabei um einiges expliziter als die Platte Melllas und Brenks und ausschließlich im Wienerischen gehalten. Selbst die Seitenhiebe auf die Polizei und andere Ordnungshüter sind hier zahlreicher als auf „Chop Shop 2“. Musikalisch ist die Platte hingegen zwischen modernerem Wienerlied und Chanson einzuordnen. Federührend bei jenem Projekt war Hans Eidherr, der alle Texte schrieb, mitunter selbst als Sänger auftrat und die Platte zunächst auch im Eigenverlag publizierte. Der Rest der achtzehn Nummern verteilt sich auf die weiteren fünf KünstlerInnen. Jene kamen im Gegensatz zu Eidherr nicht in erster Linie aus einem musikalischen Kontext, sondern vom Film und Theater. Von einigen ist mehr, von anderen, wie beispielsweise von einem gewissen Herrn Fred Perry, eher weniger bekannt.

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Kurze Zeit später dürfte die Platte dann vom Polyhymnia Label neuaufgelegt worden sein. Mit etwas entschärftem Cover, außerdem wurde „Singende Klingende Unterwelt“ zum Untertitel degradiert und dafür der neue Haupttitel Dirnen – und Ganovenlieder übergestellt. Selbiges Cover wurde auch für eine Single-Auskopplung verwendet. Angesprochen auf jene Single erzählte Al Bird Sputnik von der „Trash Rock Archives“-Sammlung folgende Anekdote: Ein älterer Plattenverkäufer hatte ihn mehrmals gebeten, nur ja niemandem weiterzuerzählen, dass er die Platte von ihm habe. Er hatte nämlich Angst, rechtliche Probleme aufgrund der Verbreitung von pädophilen Inhalten zu bekommen. Brigitte Swoboda schlüpfte hier nämlich in die Rolle einer Prostituierten und singt in einem fordernd-lasziven Ton ihre Lebensgeschichte. Beginnen tut sie so: „Mit 13 bin ich voll Verlangen, mit jedem Mann ins Hotel gangen“. Und aufhören so: „Und holt mich einst der Sensenmann, dann weiß ich, dass der Gute dann bei mir im Bett nur enden kann“.

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Wahrscheinlich noch 1972 folgte bereits die LP-Fortsetzung der „Dirnen – und Ganovenlieder“, nämlich die „Strich- und Häf´nlieder“. Die Thematiken waren denkbar ähnlich, es beteiligten sich einige weitere SchauspielerInnen, wie unter anderem Ossy Kollmann mit „Wo die Pülcher sitzen“. Und auch zu dieser LP gab es eine heute sehr rare Singleauskopplung: Brigitte Swoboda mit „Sȧgns was könnte ich noch werd´n?“ beziehungsweise Tila Hohenfels mit „I bin a gscherte Hur“. In der ersten Nummer kommt auch noch ein anderes Genussmittel als der Alkohol zum Zug, wenn Swoboda singt: „Meiner Freindin der ihr Bruda der bringt Haschisch und poar Freind, und wenn alles dann in Rage is, sind wir auch im Bett vereint.

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Brigitte Swoboda war als einzige Künstlerin auf beiden SKU-Singles, sowie als einzige Frau auf beiden LPs vertreten. Eigentlich kam sie vom Theater, zur Zeit der Plattenveröffentlichungen spielte sie erstmals in einem Kinofilm mit, der ebenso großen Musikbezug hatte: Nämlich in „Der letzte Werkelmann“. Und das noch dazu in einer ganz ähnlichen Rolle: Als Prostituierte zu Beginn des Ersten Weltkriegs in Wien. Danach wirkte sie zwar noch in einigen Filmproduktionen mit, vor allem war sie aber in weiterer Folge an diversen Theaterbühnen engagiert. Allgemeine Popularität erreichte sie schließlich 20 Jahre später als Frau Koziber, die „Da kommt aber (keine) Freude auf!“ Hausmeisterin vom „Kaisermühlen Blues“. Ihre einzige richtige Freundin in der Serie war Marianne Mendt als Gitti Schimek, die zur Zeit der „Singenden Klingenden Unterwelt“ Platte gerade Europa-Tourneen als Sängerin spielte und mit „Wie a Glockn“ die neue Dialektwelle im österreichischen Pop vorantrieb. In diesem Kontext sind auch die „Singende Klingende Unterwelt“ Releases zu sehen.

Eine der wichtigsten Inspirationsquellen für Mella & Brenk war zweifelsohne Kurt Sowinetz (1928-1991). Dieser spielt übrigens auch im ersten Kinofilm Swobodas mit. Dabei nimmt er eine für sein sonstiges Filmschaffen so typische Rolle ein. Er stellt einen kampflosen, misanthropischen Wirtshausphilosophen dar. Er verkörperte hier wie so oft „(…) die melancholische, typisch wienerische Art, seine Gedanken ein Leben lang immer wieder um dem Tod kreisen zu lassen“ wie es in seiner Biographie heißt.

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Ebenso 1972 veröffentlichte der erfahrene Volksschauspieler im Alter von 44 Jahren sein erstes Musikalbum: „Alle Menschen san ma zwider“. Es zählt zu den wichtigsten und besten Veröffentlichungen der um 1970 im österreichischen Pop einsetzenden Dialektwelle. Dabei übernimmt Sowinetz eine ähnliche Rolle wie im Großteil seiner Filme. Er stellt den Wiener Versager dar, der sich selbst noch weniger mag, als ihn die anderen und der die anderen noch weniger mag, als sich selbst. Der selbst nicht viel tut, aber fordert dass sich alles ändern muss. Dabei schwankt die Stimmung wie auch bei „Chop Shop 2“ zwischen angeheitert-euphorisch und morbid. So zum Beispiel bei „Unterm Packpapier“, wo er zunächst eine Leiche in Wien Am Graben sieht, dann im Spazieren darüber sinniert und zum Abschluss beim Wirten entdeckt: „Noch nie hat a Gulasch so wunderbar gschmeckt“. Am bekanntesten wurde hingegen das Titellied, die österreichische Übersetzung von Beethovens „Alle Menschen werden Brüder“ in „Alle Menschen san ma zwider“, nicht zuletzt deswegen weil dazu auch ein im ORF ausgestrahltes Video gedreht wurde.

Brenk hat es auf dieser Platte am meisten „Himmel, Fegefeuer, Höll“ angetan. Der Produzent schwärmt von einer Wahnsinnsnummer mit unglaublichen Drums, die hier keiner erwarten würde. Selbiges dürften sich Texta auch schon 1995 gedacht haben. Auf ihrer ersten Platte sampeln sie ebenjenes Stück in der Nummer „Zwischen den Elementen“. Das Material dazu lieferte die österreichische Jazzlegende Hans Salomon, der die funkigsten Nummern von „Alle Menschen san ma zwider“ musikalisch arrangierte.

Es finden sich noch einige weitere Granden aus der ORF Big Band unter den Mitwirkenden der Platte, aber was aus heutiger Sicht besonders interessant erscheint: Der Aufnahmeleiter von „Alle Menschen san ma zwider“ war Paul Polansky, seines Zeichens damaliger Musikchef von Ö3. Der Sender war damals gerade einmal fünf Jahre alt und wollte ein Massensender sein, der in erster Linie die Jugendlichen erreicht. Dabei hatte man auch progressive Facetten und schrieb sich in den ersten Jahren ausdrücklich auf die Fahnen, österreichische Musik zu fördern. In weiterer Folge wurde „Alle Menschen san ma zwider“ auch zur wochenlangen Nummer 1 der Ö3 Charts, das Album verkaufte sich laut Sowinetz‘ Biographie über 40.000-mal und erhielt Gold. Hans Salomon dockte übrigens davor schon zweimal erfolgreich an Ö3 an: Auf ihn geht die allererste Erkennungsmelodie des Radiosenders zurück. Dafür bediente man sich an einer weiteren sehr funkigen Komposition Salomons: Michoui. Außerdem komponierte er 1970 Marianne Mendts „Wie a Glockn“.

Viel stärker noch als die Frühphase des modernen Unterhaltungsradios hatte Kurt Sowinetz aber die Frühphase des Fernsehens geprägt. Er war bereits seit dem Geburtsjahr des österreichischen Fernsehens anno 1957 häufig auf der Leinwand zu sehen, mehrmals brillierte er auf Seiten Helmut Qualtingers (1928-1986). In weiterer Folge nahmen Sowinetz und Qualtinger ab 1965 auch eine vierteilige Spoken Word LP-Serie auf: „Das heitere Bezirksgericht“. Im vierten Teil war übrigens auf ausdrücklichen Wunsch Qualtingers Brigitte Swoboda eine der Sprecherinnen. Die Wege der drei Künstler hatten sich bereits zuvor auf diversen Theaterbühnen gekreuzt.

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Auch Helmut Qualtinger hatte einige künstlerische Bezüge zur Unterwelt. Eine Platte, die dabei vielleicht etwas in Vergessenheit geraten ist, aufgrund ihres Covers bei Mella und Brenk während unseres Interviews für Begeisterung sorgte war: „Fifi Mutzenbacher“. Dabei wird eine absurde Geschichte, die sich um die lesbische Urenkelin „der berühmten Hernalser Lebedame gleichen Namens“, sowie eine amerikanische Gaststudentin dreht, erzählt. Außerdem treten viele weitere Sexlustige unterschiedlicher Prominenz und Nation in Wien auf, die allesamt von Helmut Qualtinger intoniert werden.

Al Bird Sputnik, der Austrian Rare Grooves Spezialist, meint dazu: „Auch kommerzielle Labels haben tatsächlich Ende der Sechziger, Anfang der Siebziger begonnen, mit dem ´Sex und Pornographie´ Genre zu experimentieren. Im Falle von Qualtinger ist es ja eher eine Parodie darauf. Es gab aber auch tatsächlich Sex-Hörspiele und Porno-Soundtracks auf Platte, die nur in eingeschlägigen Geschäften und ab 21 zu haben waren.“ Auf dem Cover von „Fifi Mutzenbacher“ wurde „Off limits“ als Spaßlabel angegeben. Dabei handelt es sich um eine Anspielung auf die Umtriebe der amerikanischen Soldaten zur Besatzungszeit 1945-1955. Damals schrieben die Bordelle nämlich „Off limits“ auf ihre Fassaden, wenn die Army-Freier zu zahlreich wurden. Auf dem Plattenettikett der „Fifi Mutzenbacher“ findet sich aber auch das tatsächliche Label: Preiser Records, dort wo auch fast alle anderen Platten von Qualtinger und auch Sowinetz erschienen. Preiser Reocrds betrieb übrigens auch einige Jahre ein Sublabel namens „Pornophone“ auf dem einschlägige Titel wie zum Beispiel „Liebe und Sadismus“ veröffentlicht wurden.

Die Uroma von Fifi Mutzenbacher war Josefine Mutzenbacher und wurde 1906 durch einen pornographischen Roman zum Leben erweckt. Die Autorenschaft blieb anonym, ging aber vermutlich auf Felix Salten zurück. Fini Mutzenbacher wird darin bereits im Alter von sieben Jahren überaus sexlüstig, treibt es so wie die Nachbarskinder zunächst mit den Altersgenossen und Geschwistern, später mit Erwachsenen und wird schließlich zur meist strapazierten Prostituierten Wiens. Das Buch schlug ein wie eine Bombe und „Mutzenbacherin“ wurde zum Synonym für Prostituierte. Helmut Qualtingers Platte war bei weitem nicht die Einzige, die die Literaturvorlage in eine Plattenform übersetzte. So las beispielsweise Helene Vita auf insgesamt sechs LPs „Die Memoiren einer Wienerischen Dirne“, Christine Schuberth mit einschlägigem Cover „Josefine Mutzenbacher und ihre 365 Liebhaber“. Beide Platten waren im Gegensatz zur Fifi Mutzenbacher nicht nur erst ab 18, sondern erst ab 21 Jahren, sprich nur in einschlägigen Geschäftslokalen erhältlich. Eines der besten einer Frau gewidmeten Poplieder Österreichs handelt auch von einer Prostituierten namens Fini, die Rede ist von Hansi Langs „Josefine“.

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(c) Philip Pesic

Berühmt wurde Qualtinger für „Fifi Mutzenbacher“ nicht, das war er zum damaligen Zeitpunkt schon. Seinen absoluten Durchbruch hatte er nämlich bereits zehn Jahre zuvor mit dem „Herrn Karl“ gefeiert. Jenes Stück sorgte damals für Morddrohungen, weil Qualtinger vielen Österreichern dermaßen schmerzhaft ihren Opportunismus und ihre Wurschtigkeit im Fernsehspiegel vorexerzierte. Die Nazi-Zeit wäre ja eigentlich gar nicht so schlecht gewesen, da hätte wenigstens noch alles seine Ordnung gehabt und man solle sich ja immer auf die Seite des Stärkeren stellen und dabei möglichst nicht auffallen, schwafelte Herr Karl fadisiert vergnügt. Vermutlich zeitgleich mit der Fernsehausstrahlung wurde das Ein-Mann-Stück auch auf Vinyl veröffentlicht und verkaufte sich über 100.000-mal. Der bitterböse Monolog machte ihn mit einem Schlag im gesamten deutschsprachigen Raum bekannt und brachte Qualtinger bis an den New Yorker Broadway.

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Fünfzehn Jahre nach seiner Veröffentlichung fand „Der Herr Karl“ in Götz Kauffmanns „Tscharlie, der Kegel“ seine inoffizielle Fortsetzung. Mittlerweile dürfte jenes Nachfolgewerk in Vergessenheit geraten sein und war für das Internet bis dato de facto nicht existent. Nichtsdestotrotz dürfte jene Platte für Mellas und Brenks „Singende Klingende Unterwelt“ von Bedeutung gewesen sein. Götz Kauffmann (1949-2010) spricht – so wie auch der Herr Karl – während einer knapp einstündigen Mittagspause einen Monolog, der so wie auf der Originalplatte nur manchmal durch Aufforderungen einer Chefin unterbrochen wird. Auch Tscharlie ist „der an der Macht seienden Partei treu ergeben“ und meint über den Nationalsozialismus: „Woar a Nazi mei Voda…na schlecht?!“ „Nur weil i a Antisemitist bin, bin i no long ka Nazi, i bin jo a gegen die Araber“. Zum Abschluss fragt er noch: „Österreicher, wos is des eigentlich?“. Die Platte wird zwar damals auch für Wirbel gesorgt haben, allerdings mit Sicherheit nicht in demselben Ausmaß wie das Original. Vielleicht auch deswegen nicht, weil das gesellschaftliche Provokationspotential anno 1978 nicht mehr ganz so hoch wie 1961 war. Dennoch werden einigen die Seitenhiebe schon weh getan haben, wie zum Beispiel jener, dass vor dem Opportunisten Tscharlie die Kronen Zeitung ausgebreitet liegt, und das noch dazu auf der Seite mit der Nackerten.

In seiner Autobiographie „Meine Abrechnung. Zwischen Kaisermühlen-Blues und Suff“ erwähnt Götz Kauffmann die Platte jedenfalls nicht einmal. Dafür geht er auf eine andere Rolle umso genauer ein. Götz Kauffmann war zur Zeit des Platten-Releases als meist betrunkener Kurt Blahowetz im „Mundl“ (1975-1979) zu sehen. Hierbei hatte er übrigens auch eine Anekdote mit Kurt Sowinetz: In der Folge „Das Haus“ befiehlt Mundl zu Beginn seiner Schwiegertochter in spe eine Platte aufzulegen. Anfangs gefällt sie ihm noch, später lässt er sie entzürnt vom Plattenteller legen. Es handelte sich um „Alle Menschen san ma zwider“. In der Schlussszene kommt es zu einer größeren Zusammenkunft in Mundls Wohnung, dabei wird die Platte trotz Mundls Antipathie wieder aufgelegt.

Ansonsten holte Götz Kauffmann aber mit Sicherheit nicht das Beste aus seiner Karriere heraus. In den Achzigern übernahm er die „Fledermaus“. In jenem Cabaret-Lokal hatten Qualtinger, Bronner und viele andere in den Fünfzigern ihre ersten großen Erfolge gefeiert. Marianne Mendt sang hier einige Jahre nach dieser ersten Hochblüte bei Gerhard Bronner vor, der dann für sie „Wie a Glockn“ schrieb. Kauffmann wollte zurück zu der Bronner & Qualtinger-Tradition der Fünfziger, scheiterte aber auf allen Linien und stand schlussendlich auf einem Schuldenberg von zwölf Millionen Schilling. Bevor sich dieser noch angehäuft hatte, war auch ein gemeinsames Stück von Marianne Mendt, Götz Kauffmann und Andreas Vitasek im Gespräch, es kam aber aufgrund eines schweren Autounfalls Kauffmanns nie dazu. Sie sollten dann aber doch noch zehn Jahre später zusammenspielen: im „Kaisermühlen Blues“ wo Götz Kauffmann den SPÖ-Bezirksrat Gneißer in seiner Tolpatschigkeit zelebrierte. Vielen wird seine Stimme aber auch noch aus der Werbung bekannt vorkommen: Zum Beispiel für Red Bull und Zgonc („Raunz ned, kauf“). Auf diese Weise konnte er wenigstens noch einen Teil seiner Schulden abbauen.

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Den Text zu „Tscharlie, der Kegel“ schrieb Herwig Seeböck (1939-2011). Jener Schauspieler, Regisseur und mitunter Musiker, hatte auch mit einem provokanten Monologstück seinen großen Durchbruch geschafft, wofür er so wie bereits Qualtinger vor ihm einige Morddrohungen wegstecken musste. Es handelte sich dabei um eines der erfolgreichsten, weil auch absurdesten Kabarettstücke der österreichischen Nachkriegszeit: „Die große Häfenelegie“. Die Vorgeschichte zu den Häfenepisoden erinnert dabei frappant an den aktuelleren Fall des Josef S., nur dass sie sich vor einem halben Jahrhundert zutrug. Was war geschehen? Seeböck wollte sich mit einem Kollegen des Nachts bei zwei Dienstmädchen durch die Hintertür einschleichen, was die Hausherrin aber bemerkte und die Polizei alarmierte. Seeböck soll laut den Polizisten gegenüber der Staatsgewalt in Boxerstellung gegangen sein, jener blieb hingegen in seiner Aussage dabei nur seine Hände in die Höhe gestreckt zu haben. Ohne relevante Zeugen wurde dem Beamten dennoch mehr geglaubt, da Seeböck seine Unschuld nicht beweisen konnte. Das Urteil: Seeböck wurde nach §81 (öffentliche Gewalttätigkeit) zu vier Monaten schweren Kerkers, verschärft durch ein hartes Lager und einen Fasttag verurteilt.

Nach seiner Entlassung fasste Seeböck sofort den Plan, aus seinen Gefängniserfahrungen ein authentisches Kabarettstück zu machen. Tatsächlich wurde das Stück dann erstmals 1965 und in weiterer Folge noch über 3000-mal von ihm aufgeführt. Seeböck schlüpft in die verschiedensten Rollen, vom Aufpasser bis zu den Mithäftlingen und sich selbst. Er macht sich über die Ordnungshüter und die Scheinheiligkeit der Mehrklassensgesellschaft lustig. Das Stück war eindeutig systemkritisch und beeinflusste in weiterer Folge andersdenkende Künstler wie zum Beispiel Wolfgang Ambros maßgeblich: „Die Häfenelegie war in unseren damaligen Kreisen der absolute Kult – ich konnte sie nahezu auswendig.“ Nicht nur für Wolfgang Ambros wurde Herwig Seeböck zur prägenden Figur, sondern auch für die wichtigsten Protagonisten der beiden Kultfilme „Muttertag“ und „Indien“. Sie gingen nämlich allesamt bei ihm in den Schauspielunterricht: Alfred Dorfer, Josef Hader, Roland Düringer, Andrea Händler und Reinhard Nowak.

Brenks und Mellas Platte bleibt es nur zu wünschen, dass sie auch in 40, 50 Jahren und natürlich auch schon früher beim Durchstöbern von Plattenkisten bei möglichst vielen Personen folgenden Gedanken auslösen wird: „Leiwand! Wos is´n des Oarges?!

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Was Brenk Sinatra und Fid Mella zu einigen der besprochenen Alben sagen? Hier sind die beiden beim Durchstöbern einiger österreichischen Platten:

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