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Sporting Life – „55 5’s“ // Review

Sporting Life – „55 5’s“ // Review

Sporting Life
(R&S Records/VÖ: 18.09.2015)

Ganz gewöhnliche Kost? Nicht mit Ratking. Das Harlemer Trio konnte sich in den letzten Jahren eine beachtliche Hörerschaft aufbauen, die begeistert auf den Output der Rapper Wiki und Hak sowie Producer Sporting Life reagiert. 2015 zählen Ratking daher längst zu den großen Nummern in der Nische des „Leftfield Hip-Hop“. Mitschuldig an dieser Entwicklung sind die herrlich unkonventionellen Beats, die Sporting Life aus seiner Roland SP-555 zaubert. Der Schritt zum Solo-Instrumental-Tape erfolgt daher nicht wirklich überraschend; ebenso wie der Titel, den Erik Adiele, so Sporting Life bürgerlich, für sein Projekt gewählt hat: Der Roland SP-555 Sampler steht im Mittelpunkt, nur legitim, dass dieser auch im Albumnamen Eingang findet.

Ein weiteres Indiz darüber, in welche Richtung sich Sporting Life auf „55 5’s“ begibt, liefert auch das Label: R&S Records, jenes „Leftfield Electronic Label“, das einst im belgischen Gent gegründet wurde, seine Wiederbelebung in London erfuhr und einschlägige Kaliber wie Aphex Twin, James Blake oder jüngst Nicolas Jaar in der Labelhistorie vorweisen kann, verleiht „55 5’s“ schon vor dem ersten gehörten Klang den Hauch von Experimentierfreudigkeit und Innovationslust – Attribute, für die R&S Records nun einmal steht. Passenderweise fehlt es Sporting Life  nicht an den nötigen Mut, wie er mit  facettenreichen Beats, die perfekt zu seiner Labelheimat passen, beweist.

„Triple-Double No Assists“ zum Beispiel würde  einem Aphex Twin bestens zu Gesicht stehen. Hektische Breakbeats sind schließlich auch im Hause des Richard David James ein gern gesehener/gehörter Gast. In „Sport Life“ und „Badd“ experimentiert Sporting Life mit Vocalsamples, wobei in „Badd“ diese in unterschiedlicher Geschwindigkeit gepitcht und mit Drum & Bass-Elementen garniert werden. Wobei Vocals hier nicht stimmt: „In some ways ‚Badd‘ feels like the most experimental track on the album. It feels like The Matrix to me — the sample that sounds like a voice is actually a drum, just manipulated. All of the duplicated sounds on the track are cousins of the original sound that take on their own presence and life.“ Kreativ eben.

„Sport Life“ hingegen überzeugt durch einen hypnotisierenden Groove, der abrupt durch den Einsatz eines Vocal-Samples (diesmal wohl echt) zu Ende gebracht wird. Sporting Life setzt bei seinem ersten Solowerk vielerorts auf den Überraschungsmoment – wie bei „Pre-Order the Dope“, wo plötzlich und unerwartet das Pendel Richtung House schlägt. „The Sopranos“ liefert dagegen, dank des fein geloopten Piano-Samples, den melancholischen Höhepunkt. Müsste man die Lebenssituation des durchschnittlichen, kreativen New Yorkers Mitte 30 mit einem Song charakterisieren: der Rückgriff auf „The Sopranos“ wäre nicht der falscheste. Auf „We Three“ zeigt sich Sporting Life hingegen von einer wenig experimentelleren Seite, hätten damit auch Hak und Wiki ihre Freude (deswegen wohl der Titel).

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Sporting Life liefert mit „55 5’s“ also ein hochinteressantes, intensives Werk ab. Ein progressives Stück Musik, ein Schritt über den Erzeugnissen für seine rappenden Ratking-Kollegen (die mit den meisten der Instrumentals wenig anzufangen hätten) hinaus. Als Inspirationsquelle für das Projekt dienten Basketball-Highlight-Videos, die in Eigenregie von Fans auf YouTube hochgeladen wurden und mit denen sich Sporting Life die Zeit vertrieb. Dafür wollte er den Soundtrack machen, was ihm hörbar glückte. Zusammenfassend ein kreatives, spannendes, experimentelles Album eines hungrigen Produzenten, den man unbedingt auf der Watchlist haben sollte.

4 von 5 Ananas