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„Auch wenn ich vier Seiten in der Juice hätte, würd sich nix verändern“ // Umse Interview

„Auch wenn ich vier Seiten in der Juice hätte, würd sich nix verändern“ // Umse Interview

Umse

Umse macht wieder auf sich aufmerksam. Pünktlich zum Vinyl-Release seines 2008 erschienenen Albums „Rheinisches Blatt“ veröffentlichte der Ratinger MC einen exklusiven Track namens „Hey Hey Hey“. Mit The Message sprach Umse über sein Label Jakarta Records, das Nischenprodukt HipHop-Magazin, die Feierbarkeit von Amewu, das Mostbeatz Festival sowie die Definition von Hipsterrap.

Interview: Julia Gschmeidler
Transkript: Jérémie Machto

TM: Du hast früher sehr viel Punk-Rock gehört. Welchen Einfluss hat er auf deine jetzige Musik?
Umse:
Gewisse Einstellungen wurden damals geprägt. So rein textlich, von der Musik her, hat das aber gar keinen Einfluss mehr. Aber da muss man auch sagen, dass HipHop und Punk nicht so krass unterschiedlich sind. Es hat mich mit Sicherheit in irgendeiner Form geprägt und auch offen gemacht für andersartige Musik.

Du warst auch mal mit einer Liveband unterwegs – wie war das?
Das war 2008 herum. Ist aber fernab von Punk gewesen, falls du das jetzt noch darauf beziehst. Das war dann eher so ein Jazz/Soul Einfluss, der durch die Band gekommen ist. War aber auch nur so ein Kurzprojekt, vier bis fünf Konzerte, und seitdem hab ich auch nichts mehr mit Band gemacht. Die Punkzeit war auch wirklich meine frühe Jugendphase, wo ich 13, 14 war. Danach haben sich HipHop und Punk noch ein bisschen überschnitten, bis ich gemerkt hab, dass mich deutschsprachige Musik dann doch mehr fesselt. Also wenn ich Punkmusik gehört hab, dann eben eher englischsprachige.

Und wie bist du zum Jazz gekommen?
Wie schon erwähnt, waren die Musiker, die ich da in der Band hatte, eher jazzig ausgerichtet. Das war schon so ’ne kleine zusammengewürfelte Band, also keine richtige Jazz Band, nur zwei Leute von den vier haben nebenbei noch Jazz-Projekte gehabt. Dadurch kommt automatisch diese Note rein. Also keine E-Gitarren, keine verzerrten Gitarren, sondern klare Gitarren, Keyboards und Rhodes waren dabei, Schlagzeug und Bass. Also man hat schon gemerkt, dass die Leute nicht aus dem Rock kommen, sondern eher andere Sachen favorisieren.

Du warst ja auch bei Tunnelblick. Wie ist es jetzt noch mit deren Künstlern wie Deckah zusammenzuarbeiten, wenn du selbst nicht mehr dabei bist?
Man muss auch sagen, dass ich bei Tunnelblick dazugestoßen bin, die Crew bestand am Anfang aus vier bis fünf Leuten. Und ich kam dann zu „Smart und Weise“-Zeiten irgendwie dazu. „Rheinisches Blatt“ kam auch noch über die heraus und mit Deckah hab ich eigentlich seit meinen Anfängen zusammen Mucke gemacht und mach es auch weiterhin. Es ist jetzt kein komisches Gefühl – für die nicht und für mich auch nicht. Man hat das schon so gegenseitig gecheckt, dass das so nicht weitergeht. Allein weil die Jungs einfach alle in ihrem Beruf stecken und auch einfach nicht die Zeit haben, um das zu investieren, was ich erwarte. Ich hab halt ’ne gewisse Arbeit von denen erwartet, die sie nicht bringen konnten. Da war ich keinerlei böse drüber, nur ich hab mir gedacht: „Was soll ich dieses Tunnelblick-Ding hochziehen, wenn ich all das, was ich mache, eh alleine mache“. Da kann ich auch gleich mit meinem Namen dastehen und die Jungs trotzdem ihr Ding machen lassen. Nur ich fühl mich damit unwohl, wenn ich irgendwo bin, wo ich am meisten tue und die anderen mehr oder weniger noch von mir mitprofitieren. Also das ist jetzt nichts Egoistisches. Das ist einfach nur die Vorstellung, die man von ’nem Label hat. Man will gemeinsam mit anderen Leuten viel dafür tun, seinen Traum durchziehen oder hinterherlaufen. Und da die die Zeit einfach nicht mehr hatten, hab ich mir dann gedacht ich versuch’s alleine, um auch dann die Option zu haben, zu sagen „Ok, ich machs mit denen. Da sind richtige Strukturen und richtige Kontakte vorhanden“. Diese Option wollte ich mir einfach „freischaufeln“.

Bist du denn hauptberuflich Musiker?
Ja, ich studier auch noch, aber jetzt seit eineinhalb bis zwei Jahren nicht mehr so wirklich. Ich komm nicht mehr wirklich voran. Das ist alles ’ne Motivationsfrage. Ich komme gerade klar mit dem Geld, das ich durch die Musik verdiene und deswegen hab ich das grade alles so bisschen auf Eis gelegt. Ich studiere zwar irgendwann noch weiter, aber jetzt gerade konzentriere ich mich nur aufs Musik machen und live spielen.

13_Kfoto_Umse_1Wie bist du dann zu Jakarta Records gekommen? Du bist ja auch der einzige Musiker darauf, der deutschsprachige Musik macht …
Das ist richtig. Die haben mich halt angeschrieben und über Facebook mitbekommen, dass ich ein Album rausbringe. Das war zu einer Zeit, wo ich noch nicht wusste, wie ich’s release. Da hab ich nur geschrieben: „Ich bin so weit fertig. Jetzt guck ich mal, dass ich irgendwie selber alles in die Welt bringe“. Ich hab gedacht, ich mache selber den ganzen Arbeitsaufwand was CDs pressen, Promo und so angeht. Dann haben die sich auf diesen Post hin gemeldet und ich habe mich mit denen in Verbindung gesetzt. Ich find das Label schön, es hat gute, qualitative, geschmackvolle Sachen und es ist wenig auf die Quantität getrimmt, sondern einfach nur auf die Quali und den Spaß an der Sache. Ich fühl mich auch ganz wohl damit, der einzige Deutschsprachige da zu sein.

Ganz der Einzige bist du eigentlich gar nicht. Einer der letzten Releases über Jakarta war nämlich der von Kamp & Whizz Vienna.
Ja, das war aber nur nochmal das Album von denen als Digital Release. Das ist ja eigentlich woanders erschienen. Es ist schon so, dass sie anderen deutschen Leuten auch die Möglichkeit geben wollen. Wenn sie Sachen finden, die da irgendwo drin harmonieren, dann wird da sicherlich auch bald noch was kommen. Auf jeden Fall schön, dass das Label so etwas unterstützt, ich fühle mich dort sehr gut aufgehoben.

Nochmal zu den Anfängen: dein Debütalbum,„Rheinisches Blatt“ hätte eigentlich „Verbale Wellness“ heißen sollen?
Ja stimmt, stand das mal irgendwo ?

Ich hab’s herausgefunden.
Ja, das stimmt! (lacht)

Warum hast du dich dann für das Zeitungskonzept entschieden ?
Also auf „Verbale Wellness“, wie ich das Album erst genannt habe, waren zwei Songs drauf – „Kontaktanzeigen“ und noch einer – die mir die Idee gegeben haben, weitere Tracks mit dem Zeitungsthema zu schreiben. Ich war auch noch nicht so ganz mit den Album zufrieden und der Faden hat mir ein bisschen gefehlt. Also hab ich ein paar Songs weggelassen und dieses Konzept fertiggemacht. Das hat mir viel besser gefallen und ich hatte ein besseres Gefühl damit.

Wie siehst du generell die „Macht der Medien“?
Naja, es ist immer schon so gewesen. Jetzt sind es halt andere Medien als früher. Im Endeffekt macht doch jeder Künstler seinen Erfolg und seinen Hype selber, natürlich mit der Unterstützung gewisser Medien. Als Beispiel nehmen wir mal dieses „Cro-Phänomen“: der hat einfach ein Video gemacht, online gestellt und es hat sich von alleine verbreitet. Da hat jetzt keine Medienseite gesagt: „Ey hört das mal, das is gut“, also das sind oft Alleinläufer. Natürlich kann man von einem medialen Push profitieren, aber im Endeffekt kann man ihnen auch nix aufbinden. Wenn irgendetwas einfach keinen Erfolg haben „möchte“, dann wird’s auch nicht so sein. Deswegen find ich es auch teilweise ein bisschen schade, dass einen gewisse Medien noch übersehen, weil man ja schon eine gewisse Relevanz hat. Aber es ist nicht so als ob man von denen abhängig ist. Wir haben auch keine großen Medien hinter uns, die unseren Namen pushen – und es funktioniert trotzdem. Von daher ist es eher schade, dass die Medien einfach oft alleine das Bild von HipHop in der Öffentlichkeit bilden. Nur was die zeigen, ist das Bild, was hinterher auch nach außen getragen wird. Wenn es um das Gesellschaftsbild geht, Leute, die nicht auf Konzerte gehen und sich informieren, die kriegen einfach das mit, was in den Medien kommt und das ist ja oft nicht das tollste Bild von HipHop. Und es wird ja auch oft das gepusht, was in irgendeiner Form Aufsehen erregt und diskutabel ist – das ist dann eher das Verwerfliche. Wenn man jetzt „Umse, toller Hip-Hop“ oder sowas in der Zeitung schreibt, dann ist das kein Gesprächsthema. Das reizt nicht, das sorgt nicht für Stoff. Deswegen kann ich verstehen, dass man uns nicht so pusht. Nur das sollte eben nicht der Hauptanspruch der Medien sein, nur Sachen zu pushen, die in irgendeiner Form diskutabel sind oder die für Gesprächsstoff sorgen, kontrovers sind oder was auch immer.

Aber die Juice hat auch über dich geschrieben. Zählst du die denn nicht zu den großen Medien?
Ne, es ist ein „HipHop internes Medium“ wie ich finde. Klar blättern da auch mal andere Leute durch und es schwappt auch auf andere Leute über, die nicht so HipHop begeistert sind. Aber es ist für mich kein großes Medium. Wir waren auch schon mit unserem letzten Album in der Juice. Doch allein durch den Artikel verändert sich gar nichts. Das ist dann eher so für die Juice-Leser, die sich dann denken: „Ah okay, er hat es jetzt auch in die Juice geschafft. Mal gucken wie’s weitergeht“. Mehr ist das nicht. Auch wenn ich vier Seiten in der Juice hätte, würd sich nix verändern. Deswegen ist mir das auch nie ein großes Anliegen gewesen, da reinzukommen. Aber nichts gegen die Juice, die ist toll.

Du hast auch Songs, die explizite Titel wie „Wirtschaft“ und „Politik“ tragen. Wie siehst du generell gerade die wirtschaftliche und politische Lage in Deutschland?
Also wenn man sich meinen Wirtschaftssong anhört, merkt man, dass ich da nicht voll auf das Wirtschaftsthema eingehe und auch nicht auf das politische Thema, sondern eher diese beiden Themen auf mein musikalisches Schaffen beziehe. Generell wirtschaftliche Probleme wie Korruption gab’s immer schon. Da reg ich mich heute nicht mehr drüber auf, als ich’s schon damals nicht gemacht hab (lacht). Korruption ist immer schon vorhanden gewesen, gerade da, wo Geld fließt. Man muss einfach kein Teil davon sein. In der Hinsicht sollte man sich einfach nur Gedanken drüber machen, aber auch nichts verteufeln, von dem man keine Ahnung hat. Eher das nicht unterstützen von dem man weiß, dass da Dinge nicht korrekt ablaufen.

Mir ist es auch aufgefallen, dass du in den zwei Songs keine konkreten Namen nennst oder spezifisch auf irgendetwas eingehst, auf Facebook wurdest du dagegen konkret und meintest, dass Amewu feierbar wäre. Woran liegt das?
Erstens, weil ich den Song von Amewu gut fand, von der Atmosphäre her. Natürlich auch weil er Inhalte vermittelt, aber auch weil er ein cooler, netter Typ ist und man weiß, dass da kein „Dünnpfiff“ rauskommt. Ich poste nur ganz selten mal Sachen. Das heißt aber nicht, dass ich ganz selten Sachen gut finde. Aber bei ihm fand ich’s einfach gut, wie er sein Album vorgestellt hat. Auch die Videos waren gut und gehaltvoll. Der Typ ist nett und das ist für mich ein ganz wichtiger Punkt: dass ich nen Künstler einfach menschlich cool finde. Und da ist ein gewisser HipHop Touch drinnen, so ’ne Atmosphäre, die ich fühle. Ich nehme an du sprichst das jetzt an, weil er ja schon so ein politischer Rapper ist und sehr viel gesellschaftsmäßig kritisiert. Wenn man Ahnung hat und sich generell darüber Gedanken macht, sollte man darüber rappen – und das tut er ja scheinbar.

Wenn du sagst: „Ich finde vieles gut, poste aber ganz wenig“ – willst du generell nur wenige supporten und ist das ein bisschen egozentrisch oder woran liegt das?
Woran das liegt? Weil ich nicht gerne bei Facebook drin bin. Ich poste ja auch nicht, unabhängig von irgendwelchen Clips, was ich grade mache. Ich poste, wenn ich mal grade irgendwie Bock hab und meine: „Komm, das muss ich jetzt mal irgendwem zeigen, dass es gut ist oder so“. Ich hab zwei Sachen geteilt, glaub ich. Das waren Amewu und Megaloh. Ich bin einfach nicht so der Facebook Typ. Wenn ich wirklich viel mehr richtig feiern würde, würd ich auch mehr posten, aber das kommt halt nicht so oft vor. Ich find schon diverse Sachen auch gut, aber ich muss den Typen schon in seinem kompletten Dasein feiern, um ihn zu posten. Wenn einer zehn scheiß Songs hat und einen Knaller macht, dann poste ich den Knaller nicht, weil mich der Typ an sich nicht überzeugt. Amewu find ich im Ganzen einfach gut, Megaloh auch, Lakmann auch.

2_Kfoto_Umse_1Du sagst in „Politik“: „Ich sprech wie Willy Brandt zu euch“. Ein deutscher Sänger namens Funny van Dannen zählt in einem Song auch auf, was Willy Brandt alles gemacht hat. Kennst du den Track?
Nein, also da muss ich sagen: es war der Reim in dem Moment. Das weiß ich sogar noch. Ich find den Song auch heute nicht mehr so gut, ich würd den ganz anders schreiben. Der ist zwar cool, so wie er war, auch für die Zeit vor allem, aber den würd ich heute anders schreiben. Willy Brandt fand ich jetzt auch nicht als Typ so toll, dass ich mir jetzt gedacht hätte, ich muss den erwähnen. Das war so ein „Zweckding“, würd ich sagen.

Du hast mal in einem Interview gesagt: „Ich bin auf jeden Fall gesellschaftskritisch, aber mein Ärger hält sich in Grenzen.“ Ist das eine gewisse Form von Lethargie oder Resignation, oder was hast du damit gemeint?
Ich bin kein Typ, der viel Frust in sich trägt und den auf andere schiebt. Wenn ich ’nen dicken Hals habe, dann suche ich den Fehler bei mir selber. Ich find natürlich echt viele Dinge nicht gut, da brauch ich jetzt aber auch nicht drauf eingehen. Ich könnt jetzt aus dem Stegreif auch nichts nennen, aber natürlich gibt es gewisse Dinge, die nicht cool sind, nur ich reg mich nicht so krass darüber auf. Nur über Sachen zu meckern, ohne Hintergrund und ohne irgendwas besser zu machen, find ich dann auch nicht gut. Ich such den Fehler bei mir selber und guck, dass ich glücklich bin und das krieg ich ganz gut hin – trotz komischer Gesellschaftsphänomene.

Hast du schon konkrete Pläne für die Zukunft?
Ja, auf jeden Fall mit Deckah ein Album. Aber ob es jetzt wirklich ein Album wird oder ’ne EP, weiß ich jetzt nicht. Ich hab schon immer mehr Bock auf Alben als auf EPs.

Es waren jetzt nämlich immer zwei, drei Jahre zwischen deinen Alben …
Ja, das soll jetzt auch nicht so sein. Das war schon so, aber ich kann jetzt noch nicht mal sagen, woran das genau lag. Ich hab in der Zeit auch mit einem Kollegen aus Bochum, Rheza, ein Album angefangen, das sogar fertig geworden ist aber nicht rauskam. Das hat dann halt auch wieder ein Jahr geklaut. Es soll auf jeden Fall nicht mehr so viel Zeit vergehen wie beim letzten Mal. Deswegen geben wir da jetzt auch ein bisschen mehr Gas und nehmen die Euphorie, die wir jetzt grade bekommen haben, mit. Also ich will es spätestens nächstes Jahr dann draußen haben. (gemeint ist 2014, Anm.) Wenn wir realistisch sind wird es dieses Jahr nix mehr, weil ich selber ja zufrieden sein will. Aber da er auch sehr beschäftigt ist und nicht jeden Tag einen Beat rüberschickt, guck ich mal, ob ich mich auch an andere Leute wende und noch ein kleines Nebenprojekt mache, so aus Spaß.

Du hast auch mal was mit Architekt gemacht. Wie ist es da zu der Zusammenarbeit gekommen? Angeblich schreibst du Leute nicht gerne wegen Features an …
Das ist auch so. Das hab ich mal gemacht und als da nichts zurückkam, hatte ich ein schlechtes Gefühl und hab mir dann gedacht, dass ich das nicht mehr machen will. Ich kenn es ja auch selber von mir: mich schreiben Leute an und ich antworte teilweise auch nicht, weil man sich auch nicht immer erklären will. Bei Architekt war es so, dass er mich angeschrieben hat, als er sein Album gemacht hat, das war noch Myspace-Zeit, und hat gefragt, ob ich dabei sein will. Und ja, dann hab ich da mitgemacht und es war auch ganz easy. Also Features werden demnächst auch mehrere kommen. Weil wir soviel live waren hab ich jetzt auch einen Draht zu gewissen Leuten, mit denen wir was machen könnten. Beim Album hab ich drauf verzichtet, weil’s sich einfach so nicht ergeben hat. Beim nächsten werd ich auf jeden Fall so zwei bis drei Leute dabei haben.

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Harris hat mal geposted: „Schickt mir Sachen, die ich vielleicht noch nicht kenn“ und, dass er gemeint hat, dass du ihm am Besten gefallen hast. Woran glaubst du wird das gelegen haben?

Harris

An dem Beat in erster Linie, weil ich bei ihm schon bisschen einschätzen kann, was er geil findet. Der hätte auch nur das Instrumental gefeiert. Und ich glaub auch einfach dann trotzdem das Zusammenspiel aus Rap und Beat hat ihm schon getaugt. Ich denke einfach so das Gesamte. Er hat jetzt nicht gedacht: „Wow geil, der rappt ja ohne Nutte zu sagen“ oder so. Das ist ihm scheißegal. Ich hätte auch irgendwas mit „Nutte“ sagen können und er hätte das auch gut gefunden. Es ist auch der Druck des Songs. Der hat schon ’nen ordentlichen Stampfer und ich denk auch das Sample an sich und die Aussage des Ganzen. Ich glaube auch Harris ist gerade auf einem sehr positiven und glücklichen Film. So erscheint er mir, wenn ich ihn mal in einem Interview oder so sehe. Er  ist auch sehr offen, auch anderen Raparten gegenüber. Er war nie eingeschränkt. Der ist ja auch DJ und der hat immer schon Deutschrap gespielt.

In einem Review von der Backspin stand, dass du der Gegenpol zum poppigen „Hipsterrap“ wärst und in „S’waaack“ sagst du auch, dass du kein Fan von diesem Rapgenre bist. Wie definierst du Hipsterrap?
Also Hipster sind ja eigentlich die Leute, die heute so 18-20 sind. Die repräsentieren diese Hipsterbewegung. Es sind ja eher die jüngeren Leute, die ihren neuen Modestil miteinbringen. Und warum ich das nicht mag? Irgendwie versuch ich’s nicht von Vornherein zu verteufeln, aber man merkt ganz einfach, dass diese ganzen Leute mit was anderem aufgewachsen sind, allein vom „Mindstate“, von der Musik her. Ich bin mit der Ruhrpott AG, Creutzfeldt & Jakob aufgewachsen. Das war meine Region und die hatten eine ganz andere Einstellung gegenüber Business, gegenüber Fame, gegenüber Rap an sich, als es danach die Aggro-Ära hatte. Die Leute, die heute Hipsterrap machen, sind auch einfach ganz anders gepolt. Die haben gar nicht mehr diesen HipHop Mindstate, wie er mal Ende der 90er vertreten wurde. Wo alles whack war, was nicht so und solche Aussagen hatte und wenn du dich so und so verhalten hast und so aussahst, warst du halt auch ein Vogel. Das ist zwar einerseits ein oberflächliches Denken, aber irgendwo ist es heute auch immer noch so. Die Inhalte und die Herangehensweise ist bei diesen Hipsterleuten, auch wenn ich das Wort nicht mag, eine andere als bei mir. Zwar will jeder Spaß daran haben, Musik zu machen, aber du bringst eine gewisse Einstellung in deine Musik rein. Und du vertrittst ja auch etwas und stellst etwas dar. Da unterscheiden wir uns und das merkt man auch.

Dann passt’s ja auch, dass in einem Review stand: „Umse ist HipHop“. Bist du auch noch in anderen Elementen aktiv?
Naja, ich male ganz gerne, aber jetzt auch nicht Graffiti draußen vor ’ner Wand oder so. Ich kann aber Graffiti sehr viel abgewinnen, DJing auch. Es hat bei mir auch mit DJing angefangen. Ich hab damals extrem viele Platten gekauft und wollte eigentlich auch immer nur Mixtapes machen, hab aber dann irgendwann gemerkt, dass es nicht mehr reicht und dass ich darin auch nicht so gut war und auch nicht individuell genug. Ich hab mir dann gedacht: „Wenn du selber rappst, kannst du viel mehr von deinem Eigenen, was du eigentlich in dir hast, rausbringen.“ Und das hab ich dann auch gemacht. Obwohl ich damals nie gedacht hätte, dass ich einmal das Selbstbewusstsein aufbringe, um wirklich selber, alleine und vor allem solomäßig zu rappen. Es ist ja für jemanden, der menschlich ein bisschen schüchtern ist, schon ein Schritt, den man erstmals wagen muss, weil du komplett der Meinung der Leute ausgesetzt bist. Da kommt nicht jeder damit klar.

Wie war es dann vor so vielen Leuten am HipHop Open aufzutreten? Damals, als du den „MySpace Most Wanted-Contest 2007“ gewonnen hattest?
Da hatte ich schon einige Konzerte gespielt. Aber ja, da hab ich mich davor auch schon ein bisschen so gefühlt wie am Anfang. Einfach sehr angespannt und wollte einfach sehr konzentriert sein. Dementsprechend launisch war ich auch, wenn mir an dem Tag Leute auf den Sack gegangen sind. Im Endeffekt hat man danach festgestellt, dass das auch ein Auftritt wie jeder andere war. Man muss konzentriert sein: Ob jetzt 2000 Leute merken, dass man irgendwas vergisst oder 100. Das ist für’s eigene Gefühl immer scheiße. Von daher ist es heute auch wieder nichts anderes. Es ist sogar eine Sache, auf die man sich noch mehr freut als auf kleine Dinge, weil’s dann halt auch immer ’ne Ausnahme ist. Wir spielen ja auch nicht den kompletten Sommer auf irgendwelchen krassen Festivals.

Warum ist der Auftritt beim Mostbeatz dein erster in Österreich?
Naja, weil unsere Konzerte sich immer durch Anfragen ergeben haben. Und aus Österreich kamen zwar zwei bis drei Anfragen, die sich aber nie bestätigt haben. Das hier wurde halt einfach „safe“ gemacht, deshalb sind wir hier. Wir wären auch woanders dabei gewesen. Also wir machen das jetzt nicht davon abhängig, wie uns das erscheint und wer das organisiert, sondern einfach wer uns wirklich sehen will.

Wie findest du denn das Ambiente hier?
Och, ist cool.

Repräsentiert es dein Bild von Österreich?
Da kann ich gar nichts dazu sagen. Ich hab jetzt kein konkretes Bild gehabt. Also ich find’s cool. Die Location hier ist ganz nett, wir haben schon viel schlimmere Konzerte gespielt. Da ist das hier schon so ein Mittelding. Ich glaube, dass das auch vom Sound her ganz gut wird. Also wir freuen uns drauf.

Noch auf deinen Song „WWW“ bezogen: Wenn HipHop Weißtracht wäre, wäre ich…?
… wäre ich hier (lacht). Na dann wäre ich öfters hier auf jeden Fall. Auch in Gedanken.

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