Ein Jahr ist es nun her, als KeKe mit ihrer ersten Single in den Rap-Kosmos eingeschlagen ist – das Echo hallt seitdem unentwegt nach. „Donna Selvaggia“ hieß der erste Song, mit dem sich KeKe der Öffentlichkeit präsentierte. Passend wirkt es nun, dass ihre EP den Namen „Donna“ trägt. Als junge Frau im Rap standen die Sterne nicht immer gut für KeKe – Hasskommentare und eine ständige Bewertung des Äußeren anstatt der musikalischen Performance können einem schnell zu schaffen machen, KeKe hielt dem Druck jedoch glücklicherweise stand. Mit Absicht soll im restlichen Artikel nicht weiter auf die „Frauen im Rap“-Thematik eingegangen werden, denn den Fokus auf das Geschlecht eines Artists zu legen anstatt auf die Musik, wirkt diskriminierend und kontraproduktiv im feministischen Diskurs.
„Donna“ ist KeKes Debüt-EP, mit einer Anzahl von fünf Songs im Mittelfeld der durchschnittlichen EP-Länge. Eine LP in voller Albumlänge zu machen, scheint in der heutigen, von Playlisten dominierten Zeit eine immer seltener werdende und zugleich durchaus durchdachte und bewusste Entscheidung gewesen zu sein. Dass sich KeKe dieser Entscheidung nicht annimmt, tut dem Sound der EP gut: Bereits in der Vergangenheit präsentierte sich KeKe von Release zu Release von einer weiteren musikalischen Seite. Dass sie sich selbst nicht unbedingt als Rapperin, sondern eher als rappende Musikerin sieht, bestätigt die These ihrer Vielfalt.
„Weiß wo ich herkomm, weiß wo es hingeht / Fuckboys stehen so, wie der Wind weht“.
– „Intro (Donna)“
Zwischen brachialen Beats und sanften Melodien bewegt sich KeKe auf „Donna“ – die EP in das Genre Rap einzuordnen, würde ihrem Talent nicht gerecht werden. Mal soulig, mal rigoros schenkt KeKe ihrer Hörerschaft Einblicke in ihre Welt, die Musik dabei als Spiegel ihrer Gefühle. Während sie auf „Intro (Donna)“ mit Lines wie „Glossy Lips, Booty big / Meine Blicke pures Gift“ gleich zu Beginn ihre Rap-Skills in Representer-Mood unter Beweis stellt, hält sich der reine Rap-Anteil auf der restlichen EP eher in Grenzen. So verläuft das sommerlich-leichte „Malibu“ eher in Richtung R&B, durch das Einbringen verschiedener stilistischer Elemente gelingt es KeKe, die Genre-Grenzen aufzubrechen.
Als wir KeKe im April zum Interview trafen, erzählte sie von ihrer Hassliebe zu Rap. „Zu unterhalten und zu rappen geht genauso auch ohne Sexismus. Die haben doch so vieles, über das sie rappen können. Wenn sie den Sexismus in ihren Texten weglassen würden, würde ihnen nichts fehlen“, meinte sie auch im Bezug auf GZUZ, der zum damaligen Zeitpunkt gerade seine zweite Tochter bekommen hatte. Dass es im Rap genügend problematische Songs oder einzelne Lines gibt, stand damals schon fest. Dass KeKes EP hier nicht dazugehört, steht nun fest. Keine Beleidigungen unterhalb der Gürtellinie, keine Lines, die für ein flaues Gefühl in der Magengrube sorgen.
„Ich zeig, dass es mir gutgeht / Du sagst, dass mir das gut steht / Magst, wie ich tanz / Ich mag, wie du zusiehst / Ich mag dein‘ Hintern / Du magst Big Booty“. Auf dem vorletzten Song der EP „Egal“ erzählt KeKe traurig-schön und latent von Liebe und Leidenschaft, auch hier gilt jedoch wieder: Den Track als Liebessong abzustempeln wäre irgendwie zu wenig, zu einfach, zu plakativ. Auf 2:56 Minuten schildert KeKe detailverliebt das Szenario eines Abends, kombiniert mit dem Beat des Songs ergibt sich ein mitreißender Vibe.
„Sie sagen ich wäre arrogant / Baby, das ist ’ne Confidence“.
– „Alles Gut“
Insbesondere „Wolfau“ kann durch seine reduzierte Art herausstechen und überzeugen. Wolfau, eine Marktgemeinde im Burgenland, wo sich vermuten lässt, dass KeKe hier mal gewohnt haben könnte. „Schwarze Tasse, Matetee / Rauchst am Küchentisch und ich steh im Zwielicht / Reib das Salz aus den Augen und frag mich: ‚Steht sie heute auf?‘ / Wohl eher nicht, weil nichts auf sie wartet“. Ihre klare Stimme, der minimalistische Beat, die latente Beschreibung von Momentaufnahmen, die nur vermuten lassen, nichts direkt aussprechen. „Du hast dein Bestes gegeben, aber nicht an dich geglaubt / Heute kann ich das verstehen, damals hätt‘ ich dich gebraucht“. Wolfau, das Paradebeispiel dafür, mit Musik nicht nur Gefühle widerspiegeln zu können, sondern zugleich diese auch zu kreieren, zu transportieren. Zwar hinterlässt der letzte Song der EP einen leicht bitteren Nachgeschmack, zugleich aber auch Melancholie, die nachschwingt, Melodien, die in den Ohren nachklingen.
Fazit: Mit den fünf Songs auf „Donna“ öffnet sich KeKe ihrer Hörerschaft, ohne dabei gleich zu Beginn zu viel vorwegzunehmen. Es fällt etwas schwer, Highlights ausfindig zu machen, durch die Varietät des Sounds scheint dies vielmehr eine sehr individuelle Geschmackssache zu sein. Jeder Song hat seine Berechtigung auf der EP stattzufinden, kein Song wirkt überflüssig oder erzwungen. KeKe strahlt, singt, rappt, weint. Ihr Talent abzusprechen ist unmöglich, viel eher sollte man diese Frau einfach dafür lieben, mit ihrer Musik die Hassliebe vieler gegenüber Deutschrap definitiv mindern zu können.
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