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Wien: die lauteste Stadt // BHZ live

Wien: die lauteste Stadt // BHZ live

Das ist eine ordentliche Steigerung. BHZ spielt an diesem Abend ein mit 600 Tickets ausverkauftes Konzert in Wien. Zum Vergleich: Im vorigen Jahr waren es noch nur 200 Leute im dasBach. Ein guter Indikator für den rasanten Aufstieg, den die Jungs aus Berlin-Schöneberg in den vergangenen Jahren vorantreiben. Zwei EPs und einem Album der Gruppenmitglieder im Vorjahr folgten 2019 zwei weitere Alben. Das offizielle Kollabo-Album „3062“ landete immerhin auf Platz 57 der deutschen Charts.

© Matthias Schuch | www.matthiasschuch.com

Wie gesagt, es war voll.  Schon bei T-Ser, der zusammen mit Partner Sidney Visions den Voract macht, stehen die Gäste bis in den Barbereich und es sollten noch mehr werden. Das Publikum besteht aus vielen Jungs mit viel Energie. Trotz lauter „BHZ“-Rufe schaffen die beiden Prograss-Movement-Mitglieder eine kurze, aber gelungene Einstimmung auf den Abend.

Als Monk, Ion Miles, Dead Dawg, Longus Mongus und Big Pat nach einem sehr dramatischen Teaser auf die Bühne kommen, ist es kuschelig warm. Zum Einstieg gönnen die Jungs uns daher eine Erfrischung, wie sie sich in Wien gehört: „San Pellegrino“ mit dem Weißwein. Hinter der Bar stehen zu diesem Zeitpunkt noch immer Leute vor dem Merch-Stand, der leider keine physischen Tonträger anbietet. Trotz des immensen Erfolgs der vergangenen Jahre sind die meisten Alben bisher nur digital erschienen.  Um es in Ion Miles‘ Worten zu sagen: „Und heute therapier’n sie uns, weil jeder will ein’n Sweater.“ Therapiert wird sicherlich auch mit Banana Haze, der Grassorte, die namensgebend für die Gruppe ist.

© Matthias Schuch | www.matthiasschuch.com

Die Setlist bietet eine angenehme Mischung aus dem neuen Album, einzelnen Features wie „Aral“ mit dem Duo Rapkreation und älteren Songs für die, „die schon seit Stunde Null dabei sind„. Die meiste Zeit des Abends wackelt die Grelle Forelle vom Bass und unaufhörlichen Moshpits, die auch fleißig angeheizt werden – und die ein oder andere Verletzung hervorrufen (nichts, was man nicht mit einer Bierdusche wieder heilen könnte). BigPat nutzt die allgemeine Mosh-Bereitschaft für einen Gastauftritt im Publikum und lässt sich später auch auf Händen tragen. Wenn sich ab und an ein sentimentaler Song ins Repertoire verirrt, ist das Barpersonal schnell überfordert. Dabei sind Monk, Ion Miles und Longus Mongus mit Liedern wie „Sterne Holen“ oder „Vertrauen“ schon fast kitschige Typen.

© Matthias Schuch | www.matthiasschuch.com

Zwischen harter Schale und weichem Kern findet man heute aber auch eine gute Portion Humor. Eine Polonäse wird versucht, scheitert kläglich, aber „war sehr lustig“. Auch den Takt zu treffen funktioniert für Monk beim nächsten Track nicht. Sein absehbares Fazit: „Leute, das ist eure Schuld. Ohne Moshpit geht eben gar nichts!“ Nach den vielen beatlastigen Bangern (s/o an MotB an dieser Stelle) aus dem Repertoire der Berliner hätte sich die Crowd vielleicht auch mal eine Pause verdient. Im Allgemeinen werden die Fans genauso wie die Rapper für ihren Schweiß belohnt: „Wir fahren jetzt in so ’nem großen Tourbus. Das verdanken wir alles euch!„, bedanken sie sich brüderlich für ihren sichtlichen Erfolg. Eines der größten Schmankerl neben Spritzer auf Deutschrap ist am heutigen Abend ein Lied, „das niemals auf Spotify erscheinen wird„: „Schließe die Augen„, sowie die Zugabe mit „So leben kann“ und „Ganja„.

Fazit: Der Berliner Partylifestyle macht auch vor Wien keinen Halt – nebensächlich, dass das Konzert an einem Montagabend stattfindet. Einzig schade ist es, dass Savvy, der zumindest laut Instagram die Jungs bei der Tour begleitet und zum erweiterten BHZ-Umfeld gehört, keinen Track performt hat. „Immer so“ wäre prädestiniert für einen Abend wie diesen.  Nach eineinhalb Stunden sind trotzdem alle heiser, vereinzelt verletzt und ganz sicher schweißgebadet. Fassen wir den Abend in Monks Worten zusammen: „Wien, ihr seid bis jetzt die lauteste Stadt!

© Matthias Schuch | www.matthiasschuch.com