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Pflaster für die Seele // Blackbear live

Pflaster für die Seele // Blackbear live

Blackbear „sold this shit out“: In die Konzerthalle strömen junge bis sehr junge Gäste, die  bis auf ein paar Elternteile  ein eher homogenes Publikum bilden. Es ist das erste Konzert des 29-jährigen US-Sängers und Produzenten in Wien, der auf der Bühne betont, noch nicht einmal für “Business”-Aktivitäten je hier gewesen zu sein. In Anbetracht seiner Produzenten-Tätigkeit mit US-Größen wie Justin Bieber, G-Easy, Billie Eilish oder 2 Chainz ist das nicht verwunderlich. In Wien zeigt Blackbear, dass sich seine sehr dichte und langjährige Bühnenerfahrung in den USA jetzt für das Wiener Publikum lohnt.

Photos:  Matthias Schuch

Relativ pünktlich leitet Gabriel Black den Abend ein und wird gleich beim ersten Song von einem Kurzschluss in der Bühnentechnik überrascht. Er nimmt es gelassen und zündet sich eine Zigarette an. Die Pause hätte letztlich auch für drei Tschick gereicht. Als das Mikro wieder funktioniert, wirkt die Stimme des Sängers ein wenig zittrig, trotz tatkräftiger Unterstützung von „Woo-Girls“ in der ersten Reihe. Gabriel überzeugt aber durch mutige Tonlagen und eine sympathische One-Man-Show. Mit der Ankündigung “I’m a sad boy” verursacht er ein Throwback zu tumblr-Zeiten. Einen Effekt, den man sich anlässlich der ähnlich düsteren Texte auch bei Blackbear bald erwarten würde.

Als Blackbear nach einer halben Stunde Pause mit vielen Lichteffekten auf die Bühne hüpft, ist schnell klar: Diese Show soll ein Pflaster für den Schmerz in der Musik bieten. Gekonnt unterstützen ihn ein Schlagzeuger, ein E-Gitarrist und ein Musiker am Synthesizer bei der Übersetzung der Lieder ins Live-Format, bis letztendlich auch er selbst zu einer weiß-goldenen E-Gitarre im Elvis-Presley-Stil greift. Durch groovy Solo-Einlagen und knappen Anweisungen an die Menge, die ohne Zögern befolgt werden, entsteht eine Party-Mitsing Atmosphäre à la Abschlussball. Die vorherigen “Woo-Girls” haben sich mittlerweile in eine genderneutrale und extrem textsichere Fan-Base gewandelt. Falls Blackbear schwitzt, lässt er es sich nicht anmerken, bis er plötzlich wortlos die Bühne verlässt. Entweder trinkt er sein Wasser wohl lieber ohne Zuschauer, oder die atmosphärische Wartemusik war ein notwendiger Kunstgriff, um mit der ersten traurigen Soundkulisse zu “1 SIDED LOVE” wiederzukehren.

Die Stimmung bleibt nicht lange trüb: “Honestly you are all so cute, hi there! So beautiful too. There is literally no single ugly person in this room. How is this possible?” Blackbear weiß, wie er sein junges Publikum zum Lächeln bringt. An dieser Stelle bietet sich wegen der augenscheinlich sehr emotionalen Bindung an den Künstler auch nochmal an von einer Fan-Base zu sprechen, statt von einem Publikum. Nach über einer Stunde verlassen glückliche, vermutlich sehr heisere Menschen die Arena. 

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Fazit: Der Abend war geprägt von einer sympathisch wie konsequenten Performance Blackbears und einer sehr motivierten Fan-Base. Sowohl die stilvolle Live-Übersetzung seiner Musik als auch die zielgruppengerechte Gestaltung machten das Konzert zu einem gelungenen Gesamtwerk.