Deschek vom Message. Gebts ma an grünen Avatar heast!
Vielversprechende Debüts, Nebenprojekte und mehrere Tracks übers Miteinander vereint die neue Ausgabe unseres Austro Round-ups. Nachträglich wollen wir die Single „WWW“ von Kapito erwähnen, die wir erst nach der Veröffentlichung der vergangenen Ausgabe mitbekommen haben. Weiters weisen wir auf die digitale Reissue der ursprünglich 2007 erschienenen perVers-EP „D.A.W.W.F.“ hin – übrigens inklusive dem Track „HH aus Ö“, auf dem uns die Line „Das Message-Magazin hat keine Ahnung hier vom Untergrund“ zum Schmunzeln bringt.
MDK – Wandel
Dass bei MDK aka MochDaKopf der Name Programm ist, unterstreicht der Mundartrapper mit seinem Debütalbum „Wandel“. Der Titel ist der persönlichen Weiterentwicklung seit seinem Umzug von der Obersteiermark nach Graz vor gut drei Jahren gewidmet. Dementsprechend introspektiv fällt ein Großteil der zwölf seither entstandenen Tracks aus. MDK transportiert viel Emotion, wenn er von seinem Werdegang, Sorgen, Sinnkrisen sowie seinem Umfeld berichtet. Die Texte fallen sehr realitätsnah aus, raptechnisch präsentiert er sich auf einem guten Level.
Mit „Stay Firm“, „Büda vor di Augn“ und „Gesprächstherapie“ hat MDK die Single-Vorboten ans Ende platziert. Zuvor sind etwa Wolfi F., Heinrich Himalaya, Fate oder Kizmet als Featuregäste zu hören. Neben Wolfi F. haben Aspekkt One, Truemental, Smonstah, Julian Koppensteiner und DJ Internet Beats beigesteuert. Am Samstag stellte MDK das Album in Graz erstmals live vor, am 29. Juni wird MDK mit Kizmet in Wien beim diesjährigen „Kardi-Park-Fest“ auftreten – allerdings nicht explizit in Form einer Album-Show.
Salon Supa – Supa EP
Nach dem Comeback der TTR Allstars zum 20-Jährigen Jubiläum von Tontraeger Records werkeln die Linzer fleißig weiter – Average, Da Stammtisch, Hinterland und die Allstars planen weitere Releases. Als Seitenprojekt für Zwischendurch versteht sich der Salon Supa, bestehend aus Antrue und Sam. Auf den sechs Tracks ihrer kürzlich erschienenen Gratis-EP setzen die beiden auf entspannte Beats und lebensnahe Texte. Neben einigen Representer-Lines und selbstironischen Bezügen auf ihr Dasein als Ü30-Rapper sticht etwa „I werd narrisch“ heraus, auf dem sie sich Verschwörungstheoretiker und überzeugte Verbreiter trottelhafter Ansichten vorknöpfen. Auf der Hommage „Renner“ ist Huckey mit einem posthumen Feature vertreten, weiters unterstützen Wenzel Washington, DJ BRX und DJ Dan. Ein Video – entstanden im Friseursalon – soll demnächst folgen.
Kinetical – My Own Thing pt. II
Pünktlich zum Start der Festivalsaison hat Kinetical den zweiten Part seines Mixtapes „My Own Thing“ veröffentlicht. Wie gewohnt bewegt sich der Linzer in livetauglichen Grime-/Bass-Gefilden, dabei greift er etwa auf hierzulande wenig bekannte Instrumentals zu „Flexin‘“ von Top Dolla, „Wooo Riddim“ von SX oder „Bruce Wayne“ von Sir Spyro zurück. „Ghost“-Partner P.tah unterstützt auf „Vexxx“, Def Ill alias Ruffian Rugged ist gleich mit drei Featureparts vertreten. Kinetical betrachtet „My Own Thing“ als Seitenprojekt – „Ich arbeite immer wieder nebenbei dran, wenn ich Bars habe, mir aber denke, dass es nicht Wert ist, einen coolen Track daraus zu machen. Aber es ist trotzdem cool für ein Mixtape“, erklärte er im Jänner im Interview.
Dr.Docs – Wahnsinn EP
Seit dem Vorjahr brachte Dr.Docs einige Singles und Videos heraus, nun folgte mit „Wahnsinn“ seine erste EP. Auf vier kurzen Tracks fällt der junge Rapper aus Wien-Donaustadt mit ansprechendem Flow und stimmlicher Präsenz auf, er pendelt zwischen deliriösen und battlefreudigen Lines. Die vom Australier solsa produzierten Instrumentals haben Industrial-Trap-Charakter. Ein vielversprechendes Debüt, mit dem Dr.Docs unterstreicht, warum ihn Splank und Sunny von „Wenn nicht mit Rap, dann mit nem Podcast“ derzeit zu ihren Favoriten zählen.
Mavi Phoenix – Romantic Mode
Seit Ende April bringt Mavi Phoenix mit dem Song schon etwas Romantik in die österreichische Musiklandschaft, einigen dürfte er zumindest unbewusst aus dem Radio bekannt sein. Nun gibt es auch ein Video zu „Romantic Mode“. „The budget for this video was 250 roses“, ist gleich zu Beginn zu lesen – eine Anspielung auf jene Videoidee, an der sich nicht zuletzt Bausa mit „Was du Liebe nennst“ („Warner Music hat uns ein Budget von 40.000 € gestellt“) bediente. Doch anstatt eine hohe Summe in eine Rolex, ein Frühstück in Paris oder eine Flugstunde zu stecken, belässt es Mavi Phoenix bei der Romantik. Mit 250 an ihre Jacke gesteckten Rosen spaziert sie durch Peking und verteilt diese an Passanten. Die kleinen Dinge im Leben bereiten eben oft die größte Freude. Soundtechnisch eine Hommage an die Romantik und ans Verliebtsein, durch die schöne Leichtigkeit des Songs vielleicht auch eine Hymne für laue Sommernächte.
EsRAP – Tschuschistan
„Tschuschistan“ ist nicht nur der neue Song von EsRAP, sondern auch der Titel ihres am 28. Juni erscheinenden Debütalbums. Mit ihrem Engagements bei den Wiener Donnerstagsdemos setzten die Geschwister aus Ottakring in den vergangenen Monaten ein Statement gegen den Rechtsdruck in der österreichischen Politik. Bereits 2016 thematisierten die beiden auf dem Song „Der Tschusch ist da“ das Fremdsein im eigenen Land, ihre Identität. Diese Thematik führen sie nun mit einer Mischung der türkischen und deutschen Sprache fort. Die Geschlechterklischees bleiben auf „Tschuschistan“ vertauscht: Esra verantwortet die Rap-Parts, während ihr Bruder Enes für den Gesang zuständig ist.
Mascha – Mit allen Farben (feat. Der traurige Gärtner)
Mascha malt gern mit allen Farben. Was im bunten Video deutlich wird, zeigt sich auf Metaebene betrachtet etwas tiefgründiger: Die Wiener Sängerin und ihr Featuregast Der traurige Gärtner sprechen sich schließlich für die Presse- und Meinungsfreiheit aus. Denn nur, wenn mit allen Farben gemalt wird, kann ein vielfältiges Gesamtbild entstehen. „Ein Gesamtbild, das fehlt, weil die Maler sind halt abgelenkt“, sagt Mascha. Heißt konkret: Mitmalen, mitmachen, mitreden! Dabei gilt es auch, über andere Rahmen hinaus zu malen – mit allen Farben. Raus aus der Komfortzone. „Bitte versteht mich nicht falsch, ich habe zero Toleranz gegenüber wütenden Verkümmnern irgendeiner fixen Wahrheit / Aber ihr müsst auch eingestehen und einsehen, dass Journalisten angehen nicht wirklich leiwand ist“, positioniert sich auch der traurige Gärtner. Für das Video holten sie sich Unterstützung von Radikal Rahel und weiteren Künstlern, um gemeinsam bunte Kunstwerke zu erschaffen. Ein Song, der dank des eingängigen Refrains im Ohr – und mit seiner schönen und wichtigen Botschaft im Gedächtnis – bleibt.
Text: Simon Nowak & Chiara Sergi