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Nicht alleine im Mittelpunkt // Dennis Lloyd live

Nicht alleine im Mittelpunkt // Dennis Lloyd live

Zwei Damen kleben sich noch schnell ein paar Abziehtattoos aufs Dekolleté, der junge Mann vor mir in der Einlassschlange hat einen Gucci-Pullover über seine Schultern geworfen. „Made in Italy“ steht auf dem Etikett. In der Konzertlocation, der Simm City auf der Simmeringer Hauptstraße, versprühen Fischgrätparkett und Wandvertäfelungen eher Ballsaal-Atmosphäre denn Clubambiente mit abgestandener Luft. Nein, ein Konzert, wie man es von HipHop-Veranstaltungen gewohnt ist, wird es hier heute Abend nicht geben. Aber Dennis Lloyd bezeichnet sich auch nicht als Rapper. Seine Liveshows sind geprägt von einer Mischung aus HipHop, Jazz, Soul, Electronica und vielen Instrumentensoli.

© Matthias Schuch | www.matthiasschuch.com

Im Publikum vor der Bühne schließlich ein Wirrwarr aus Sprachen: Ungarisch, Slowakisch, Tschechisch – auch aus den Nachbarländern scheinen viele angereist zu sein, um Dennis Lloyd auf seiner Europatour live zu sehen. Das Konzert ist seit Monaten ausverkauft, eine Hochverlegung kam für das Management des Künstlers dennoch nicht infrage – die intime Atmosphäre in der Simm City scheint gewünscht zu sein. Und sie ist eine Steigerung. „Vor eineinhalb Jahren habe ich in Wien noch vor 200 Menschen gespielt. Es ist schon verrückt, wie sich Dinge verändern“, sagt Lloyd über seine damalige Show im Flex Café. Dabei schaffte es seine Single „Nevermind“ bereits 2018 zu Platin in Österreich – auf Spotify hat der Song mittlerweile eine halbe Milliarde Plays.

Seinen Spotify-Erfolg hat der aus Tel Aviv stammende Produzent und Songwriter erst gar nicht wirklich mitbekommen, da der Musikstreamingdienst in Israel nicht allzu populär war. Er fokussierte sich weiterhin aufs Songsschreiben, Trompetespielen, Komponieren. Beim Durchhören seiner EPs zeigt sich diese Musikalität und Leidenschaft in Form von eingängigen Melodien und Hooks – die jetzt die Massen auch fernab von Israel begeistern.

Und seine Begabung für Musik zieht sich wie ein roter Faden in Form von Soli durch das Konzert. Wenn Dennis Lloyd nicht selbst zu Trompete oder E-Gitarre greift, feuert er Drummer und Saxofonisten an, mit denen er sich die Bühne teilt. Das Trio wirkt viel mehr als Band, Lloyd nimmt sich bewusst zurück, während der Saxofonist mit der Loop-Station werkt und eine Jazz-Einlage zwischen den Songs auf virtuose Weise von sich gibt. Bis sich Lloyd selbst die Trompete schnappt und bei „Demons“ zu einem Duett der Bläser anstimmt. Nach dem Song umarmt er seinen Duett-Partner, bevor er sich die E-Gitarre greift und ein weiteres Solo hinlegt.

Viel von sich gibt Dennis Lloyd abseites der Standard-Phrasen wie „Hey Vienna“ und „Wie geht es euch?“ nicht. Eine Anekdote scheint ihm dennoch am Herzen zu liegen, hat er diese auch bereits vorab im Interview mit einem österreichischen Radiosender erzählt: Während einer einsamen Phase vor zwei Jahren ging er ins Tierheim und hat sich für den Hund entschieden, der genauso traurig wie er auf einem Polster gelegen ist. Seine mittlerweile zwei Hunde Bono und Luna präsentiert er seitdem als Tattoo auf seinen Oberarmen und auf einem eigenen Instagram-Account. #adoptdontshop ist dort zu lesen. Und den Song „Leftovers“ hat der 26-Jährige auch seinen beiden Haustieren gewidmet, da er sie auf Tour sehr vermisse. Ein minimalistischer Beat und eine Akustik-Gitarre sollen diese Melancholie unterstreichen.

Seine zerbrechliche Seite gibt Dennis Lloyd dann noch ein zweites Mal preis, als er davon erzählt, als 16-Jähriger in der Highschool als seltsam beschrieben worden zu sein. Die Leute hätten gesagt, er soll das mit dem Singen sein lassen, aber doch sei er heute hier auf dieser Bühne. „Wenn du anders bist, bist du etwas Besonderes“, sagt er. Das dazugehörige Motto: Hör nicht auf die anderen. So enstanden auch weniger nett gemeinte Songs wie „GFY“, das Lloyd seiner Exfreundin gewidmet hat. Beide Mittelfinger in die Menge gestreckt performt er den Song. „You’re fuckin amazing!“, schreit er ins Publikum, das es ihm mittelfingertechnisch gleichgetan hat, und stimmt als letzten Song „Snow White“ an.

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Besonders amüsant, wenngleich kurios: Vor der Zugabe schwenkt Dennis Lloyd die Österreich-Fahne über die Bühne, legt sie aufs Drumset und singt eine Akustik-Version von Britney Spears „Baby one more time“ – wohl eine seiner Lieblingscoversongs.

Fazit: Dennis Lloyd, der laut eigener Aussage von Deep House über Rock bis HipHop sämtliche Musikrichtungen mag, setzt auch seinem Kosmos als Musikschaffender keine Genregrenzen. Daraus entsteht eine Live-Show zwischen Clubsound, Jazz-Rhythmen, Rap und Singer-Songwriter-Melodien. Genau das ist es auch, was sich geneigter Hörer von dem israelischen Künstler erwarten konnte.