Liebt deutschsprachigen Rap und Taylor McFerrin. In jeder freien Minute…
Frauen bedrängen, Passanten das Messer in die Brust stechen, Obdachlose mit Benzin übergießen und anzünden. Was der Favoritener Rapper Nazar in seinem Video zu „La Haine Kidz“ an Gewalt zeigt, ist schwer zu überbieten und stößt dabei an die Grenze der Geschmacklosigkeit. Dass sich am Ende herausstellt, dass die jugendlichen Täter weiblich sind, entschärt die Brisanz nicht. Szenische Überschneidungen mit dem Video zu „Stress“ des französischen Electronica-Duos Justice, das ebenso eine Jugend-Bande mit Bandlogo auf den Jacken wütend und randalierend durch die Straßen schickt, fallen sofort auf. Auch der Fernsehsprecher im Outro, der von einem lebensgefährlich verletzten Opfer berichtet, wirkt wie eine einfallslose Kopie aus Falcos „Jeanny„. Anspielungen auf den legendären französischen Film „La Haine“ sind – wie im Fall von Nazars Songtitel – mittlerweile auch nur noch langweilig.
„Wallah fick dich, du Piç, wenn du uns nicht verstehst
Wir bekam’ nichts geschenkt, deshalb bunkern wir Haze
Wir sind die Generation mit Hass in der Brust
Unsre Träume zerfielen hier zu Asche und Schutt“
Textlich bleibt Nazar bei seinen schon so oft thematisierten Problemen: Es geht um Ausgrenzung, Drogen, Gefängnisaufenthalte und die für ihn gerechte Strafe, sollte man ihn falsch ansprechen. „Und wenn es sein muss, zerficken wir dein’ Papa, und deine Freunde, deine Schwester, deinen Brother, deine Onkels, deine Tanten, deine Mother und jeden, der noch kommen wird und stresst„, heißt es etwa im aktuellen Song. Nach sanfteren Nummern wie „An manchen Tagen„, bei denen es um die Komplexität von Liebesbeziehungen geht, und dem Ö3-tauglichen Falco-„Feature“ „Zwischen Zeit und Raum“ scheint Nazar bei seinem neuen Album „Irreversibel“ wieder dem Bad-Boy-Image verfallen zu sein. Auf dem Album, das am 13. Mai über Universal erscheint, sind jedenfalls Feature-Gäste vertreten, die auch der härteren Rap-Gangart zugeschrieben werden. Der selbst ernannte „Deutschrap-Salafist“ Kurdo, der mit „Verbrecher aus der Wüste“ kürzlich die bisher schlechteste Bewertung für ein Album auf themessagemagazine.at bekommen hat (Review), Azzlackz-Anhängsel Milonair und der abtrünnige 187er Mosh36. Da fallen nur der mittlerweile Pop-weichgespülte Sido und der Hamburger M.A.M. (bis vor Kurzem noch Mohammed Ali Malik), der mit der „Alchemist“-EP bereits sein Talent bewiesen hat, aus dem Konzept.
Der Titel des Albums, „Irreversibel“, erinnert wiederum an den gleichnamigen französischen Film von Gaspar Noé aus dem Jahr 2002. Filmkritiker griffen die rohe Gewalt darin auf, und die „neunminütige Vergewaltigungsszene von selten gesehener Brutalität„, die im Zentrum der Handlung steht. Bleibt die Frage offen, warum Nazar auf solch plumpe Art zu provozieren versucht. Einerseits spielt er im Video mit Vorurteilen – der Nachrichtensprecher berichtet in einem Atemzug von einem im Parlament diskutierten generellen Zuwanderungsstopp und von gewalttätigen Übergriffen in der Stadt –, andererseits sind seine Täter in Wirklichkeit Täterinnen aus gutem Haus, was trotz Überraschungseffekt irgendwie nicht ganz aufgehen will.
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Liebt deutschsprachigen Rap und Taylor McFerrin. In jeder freien Minute verbessert sie, hievt Beistriche wieder auf ihren richtigen Platz und hält die ganze Bande mit liebevoller Strenge zusammen. Nach dem Dienst im KURIER-Newsroom hört sie dann eine Zugezogen-Maskulin-Platte zum Einschlafen.