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Was 18 Jahre nach „The Love Movement“ und dem Tod von Band-Mitglied Phife Dawgs Anfang diesen Jahres für viele Fans endgültig ins ferne Reich der Fanatasie entglitten zu sein schien, wurde tatsächlich Wirklichkeit: A Tribe Called Quest präsentieren mit „We got it from Here… Thank You For Your service“ ihr sechstes und finales Studioalbum. Im Jahr 2016, mehr als ein Vierteljahrhundert nach Erscheinungsdatum ihres Debütalbums „People’s Instinctive Travels and the Paths of Rhythm“, wahrlich eine kleine Sensation.
Nicht nur, dass der umfangreiche Langspieler – 16 Tracks sind im Jahr 2016 alles andere als selbstverständlich – keine bloße Hommage an das eigene Schaffen darstellt, auch sind nahezu alle Aufnahmen vor Phife Dawgs Tod entstanden, womit das Endprodukt sowohl stilistisch als auch personell komplett daherkommt. Schon mit dem Opener „The Space Program“ und „We The People…“ wird klar, dass der Tribe locker an den legendären Sound früherer Tage anschließen kann, ohne dabei bloß in Nostalgie zu schwelgen. „The Space Program“ entpuppt sich dabei als elegant verkleidete Metapher für die fortschreitende Gentrifizierung der Großstädte, „We The People….“ trifft den Nagel des grassierenden Rassismus mit schmerzhafter Präzission auf den Kopf. Der gelungene Spagat zwischen dem echten Tribe-Sound und der Gefahr der bloßen Selbstkopie soll sich auf den folgenden Nummern fortsetzen.
Die scharfzüngige Beobachtung und Verarbeitung des tiefsitzenden amerikanischen Rassismus zieht sich auch in weiterer Folge durch das Album und unterstreicht die Sonderstellung und das Engagment von A Tribe Called Quest im Karriereverlauf. Auf „Solid Wall of Sound“, textlich nicht unbedingt ein Highlight, dürfen Elton John und Jack White gesanglich assistieren. „Dis Generation“ trägt dafür wieder gänzlich das Kleid des Tribes und versetzt den Hörer schon beim Einsatz von Q-Tip zurück in die 90er. Zusätzlich wird das Werk von einem Gastpart Busta Rhymes‚, der noch einige weitere Male auftaucht, veredelt.
„Kids“ setzt auf gänzlich andere Klänge und zeigt dabei auch ein wenig auf, dass der Style der drei Legenden – zumindest Flow-technisch – nicht auf jedem Klanggerüst gleichermaßen harmoniert. Dennoch ist dieser Track wie auch die Folgenummer „Melatonin“ ein gelungenes Musikstück, das durchdacht und gehaltvoll erscheint. „Enough“ stellt schließlich den organisch-harmonischen Schluss der A-Seite dar und kann durchaus als vertonter „dirty talk“ bezeichnet werden. Gemeinsam mit „Lost Somebody“, der den Tod Phife Dawgs verarbeitet, sicher einer der persönlichsten Tracks der Platte.
Heart of the largest lion trapped inside the little dude
Took the grip to Granny’s house, now we eat the curry food
Talking hopes, dreams, plans leak, I’s never scared
Brand new pair of Nike Airs, avenue upstair
(Lost Somebody)
Die B-Seite einer mehr als gelungenen Abschiedsplatte wird von „Mobius“ und einem Consequence in Hochform eröffnet, wobei mit dem Gangsta-Rap-Style gespielt wird, nur um diesen dann durch überraschend einsetzende organische Klänge infrage zu stellen. Dennoch wird hart gespittet und das eigene Revier abgesteckt. Die anschließenden beiden Nummern „Black Spasmodic“ und „The Killing Season“, welcher mit einem Part Talib Kwelis sowie einem kleinen Gastauftritt Kanye West aufwartet, beweisen neben starken Beats auch wie brilliant die etwas in die Jahre gekommenen Herren auch heute noch flowen. Der Sound orientiert sich auch hier überwiegend an organisch-analogen Klangbildern, die das Gerappte so wunderbar unterstützen und damit entscheidend zum Hörgenuss des Gesamtprodukts beitragen.
Gegen Ende der Platte verlieren die MCs teilweise ein wenig den Fokus, was sich in der erzählerischen Dichte und der Konzeptualisierung niederschlägt. Dennoch lässt sich auch hier keine qualitativ minderwertige Nummer finden. Im Gegenteil, gelingt ihnen mit dem diffus elektronischen „Conrad Tokyo“, auf dem Kendrick Lamar gefeaturt wird, eine große Nummer, die gerade durch ihre Ungreifbarkeit besticht. Einen würdigen, wenn auch etwas überraschenden letzten Track stellt „The Donald“ dar. Ein Titel, der in Anbetracht der gegenwärtigen weltpolitischen Entwicklungen leicht missinterpretiert werden kann, eigentlich aber nichts mit dem Mann in Orange zu tun hat. Vielmehr wird ein abschließendes Mal auf den verstorbenen Phife Dawg angestoßen, wobei man sich vom Beat intensiv an „Can I Kick It“ erinnert fühlt. Aber spätestens wenn „Busta Rhymes“ mit einer Imitation des nativen Jamaican Slang des großen Phife Dawg aufwartet, weiß man nicht, ob man lachen oder weinen soll. Ein herrlich runder und sehr außergewöhnlicher Track, der einen mehr als starken Schlusspunkt einer beeindruckenden Platte darstellt.
„Now they wanna condemn me for my freedom of speech
‚Cause I see things in black and white like Lisa and Screech
Presidents get impeached and others fill in the throne
But veterans don’t get the benefit of feelin‘ at home“
(The Killing Season)
Fazit: A Tribe Called Quest liefern mit „We got it from Here… Thank You For Your service“ eine faszinierende Platte ab, die vor Kreativität, Witz, Energie und Experimentierfreude strotzt, ohne dabei die eigenen Wurzeln zu vergessen. Der Sound, der das Werk begleitet, ist über weite Strecken stark an die ewigen Stärken des Tribes angelehnt: organische Drums, melodisch-bluesige Piano- und Gitarrensamples und die jederzeit möglichen Überraschungsmomente. Dennoch gibt es den ein oder anderen gelungenen Ausflug in andere Gefilde, der oft auch von starken Featuregästen wie dem oben nicht explizit erwähnten Anderson .Paak mitgetragen wird. Ein großartiger Schlusspunkt einer großartigen Karriere. Ein absoluter Pflichkauf für Fans!
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