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Back to the roots // Al Pone Interview

Back to the roots // Al Pone Interview

Technikgeflexe, Representer- und Battlerap – dafür steht Al Pone seit gut zehn Jahren. Doch der Grazer bricht immer mehr mit diesen Mustern und besinnt sich auf deepere Anfänge zurück. Das zeigt nicht zuletzt seine am 3. Juni erschienene, von 4Tact produzierte „Balkanski“-EP. Dem Titel entsprechend verarbeitet der Rapper mit bosnischen Wurzeln zugleich sein Leben zwischen den Stühlen und lässt dabei gezielt Jugo-Nostalgie aufleben. Die Texte sind persönlicher als bisher, sie offenbaren einige mit der Zeit angehäufte seelische Narben. Die Lyrics pendeln zwischen (Selbst-)Ironie und mehr Ernsthaftigkeit, das Soundbild ist trappiger und melodischer als früher. Ein Weg, den Al Pone 2020 mit der „Sin“-EP gestartet hat und nun noch konsequenter zu verfolgen scheint. Als einziger Featuregast unterstützt ihn dabei Pulverfass-Labelkollege Kizmet.

Im Interview spricht Al Pone über frühe Einflüsse, turbulente Zeiten zwischen Dealerei, Spielothek und Gesprächstherapien, seine jüngste musikalische Entwicklung sowie seine Einschätzung zur brisanten Situation in Bosnien.

Al Pone zu Besuch in Wien 15. Fotos: Philipp Detter

The Message: Du bist in Weiz aufgewachsen. Hattest du dort Musik-Berührungspunkte, bevor du in die HipHop-Welt eingetaucht bist?
Al Pone:
Durch meine Mutter jugoslawische Volksmusik bzw. Turbo-Folk. Ich habe gehört, dass in der jüngeren Generation nicht mehr so viel Jugo-Volksmusik gehört wird. Aber wir haben es immer zum Saufen gehört – bis heute. In Österreich kaum vorstellbar, aber bei uns ist es normal.

Welche Artists zum Beispiel?
Sinan Sakić und Dino Merlin, die beiden haben Legendenstatus. Dann auch Enes Begović, Lepa Brena, die großen Namen. Meine Mutter hat generell viel gehört, mir auch Falco gezeigt. Ich habe jahrelang die „Amadeus“-Single gehört und bin zum Fan geworden.

Das Rapding hat bei dir für die 00er-Jahre recht typisch mit Aggro Berlin, Bushido und Co angefangen. War Jugo-Rap damals auch ein Thema?
Edo Maajka und Frenkie waren lange die einzigen Jugo-Rapper, die ich mir gegeben habe. Ich habe mich früher nie so reingefreakt, im Gegensatz zu Deutschrap. Vor zehn Jahren habe ich begonnen, mich mehr damit zu befassen. Rasta ist zum Beispiel über die Jahre ein krasser Künstler geworden. Jala Brat und Buba Corelli höre ich auch schon lange, dann noch Coby und paar andere.

Gab es in Weiz schon eine Crew? Oder Connections zur Grazer Szene?
Ich habe zu Myspace-Zeiten einige Rapper aus Graz gekannt und nach dem Umzug schnell Anschluss gefunden. Ich bin gleich in einen Beef zwischen zwei großen Grazer Crews geraten. Mit den Betonsound-Jungs gegen Austrias Finest, es ist mega eskaliert. Austrias Finest hat sich nach dem Beef aufgelöst. Es hat mir in Graz das Standing als Battlerapper verschafft.

Du warst ab deinen ersten YouTube-Veröffentlichungen stark auf Reim- und Flowtechnik fokussiert, hast oft Doubletime gerappt. Woher kam der Fokus?
Ich habe bis vor paar Jahren nachgesagt bekommen, dass ich wie Kool Savas klinge. Damals war es auch so. Du suchst dir ein Vorbild und machst es nach bis du deinen eigenen Style entwickelt hast. Das Doubletime-Ding ist damals bei mir eskaliert.

Wann bist du auf die Leute aus der jetzigen Grazer Partie gestoßen?
Ich glaube 2012. Ivo aka DJ Lil Dirty, der HipHop-Gott in Graz, hat das „Big Up!“ veranstaltet. Fate, siebzig prozent, Spello – wir haben uns alle dort kennengelernt. Es war der Knackpunkt, da habe ich das Umfeld gewechselt.

Warum der Schritt?
Ich will nicht böse reden, aber die Jungs haben es nicht richtig durchgezogen. Sie haben immer wieder bissl was gemacht, aber ich habe von 2007 bis 2012 gefühlt 300 Tracks in meinem Zimmer mit meinem 10-Euro-Mikro-Headset recordet. Diese Leidenschaft hat bei diesem Umfeld gefehlt.

„Du drückst dich selbst in diese Sucht rein und es ist verdammt schwer, rauszukommen“

Man könnte dir vorhalten, dass du in knapp 15 Jahren – bis zur „Tussastop“-EP mit Spello 2019 – abseits von Singles und Battles kaum etwas rausgebracht hast.
Auf jeden Fall. Es hat auch private Gründe gehabt, weil viel Scheiße passiert ist. Ich habe zwar nichts releast, aber geschrieben wie ein Wahnsinniger und nie damit aufgehört. Ich habe ein fertiges Album nie rausgebracht. Das war zwischen 2014 und 2016, größtenteils auf Beats von Wolfi F. und in einer Zeit, in der es drunter und drüber gegangen ist.

Was waren die größten Belastungen?
Teilweise haben Depressionen eine große Rolle gespielt. Der Auslöser war 2014 der Suizid meines Vaters. Ich habe schon in der Kindheit viel mitgemacht. Meine Mutter ist damals im Krieg aus Bosnien geflüchtet, mein Stiefvater war Alkoholiker. Das war alles noch wegsteckbar. Aber als er sich das Leben genommen hat, ist es losgegangen. Ich bin wegen Dealerei eingefahren, habe viel geschlägert und eine Bewährung bekommen. Es ist Schlag auf Schlag gegangen. Ein Hawi hat mich auf Schulden sitzen lassen, beziehungsweise habe ich einen Kredit für ihn aufgenommen und sitze bis heute auf einem fünfstelligen Schuldenbetrag, den ich alleine tragen muss. Der Typ hat sich einfach abgesetzt. Wenn du dann befreit Musik machen willst – keine Chance.

Wie bist du damit umgegangen? Was hat dir geholfen?
Ich war bis 2018 schwer depressiv. Mir war das auch bewusst. Ich bin eingefahren und habe vom Gericht die Auflage bekommen, dass ich eine Drogentherapie machen muss. Im ersten Gespräch ist es um Drogen gegangen, ich habe offen gesagt was ich mache. Ab dann war es eine Gesprächstherapie. Nach zwei Jahren habe ich gemerkt, dass es mir guttut und ich habe mich langsam gefangen. Ich wollte keine Antidepressiva, sondern es irgendwie alleine rausschaffen. Ab Ende 2019 ist mir der Knoten aufgegangen. Seitdem bin ich straight am Machen. 2020 die „Sin“-EP, 2021 viele Singles und Videos, jetzt die „Balkanski“- EP. Es rennt wieder.

Wie bist du ins Ding mit der Dealerei gerutscht?
Es hat in Weiz angefangen. Nicht mit dem Gedanken, großes Cash zu machen, sondern um bisschen was einzustecken. Es hat sich hochgeschaukelt. In Graz geht es leichter, du findest schneller die Leute, die du brauchst. Am Ende ist es so eskaliert, dass ich froh war, eingefahren zu sein. Ich wüsste nicht, wo ich sonst heute wäre. Ich hätte nicht aufgehört. Es ist der Lifestyle, schnelles Geld, schnelles Leben – und du verbrennst das Geld verdammt schnell. Mein Problem war das Glückspiel. Was du an einem Wochenende machst, verzockst du am nächsten Tag innerhalb von paar Stunden. Du drückst dich selbst in diese Sucht rein und es ist verdammt schwer, rauszukommen.

Hast du es aus dem Glücksspiel-Ding geschafft?
Jein. Größtenteils, aber ich habe noch immer ein großes Problem damit. Wenn wir z.B. besoffen in einer Runde sind und die Leute pokern wollen, darf ich es nicht. Es triggert mich. Ich könnte in Therapie gehen. Solange ich mich von der Spielo fernhalte, geht es. Krass war es zu Beginn von Corona. In der Langeweile habe ich begonnen, online zu spielen. Ich bin wieder reingerutscht und habe meinen Tiefpunkt erreicht, wo ich gesagt habe: ‚Jetzt reichts!‘. Davor habe ich es eine Zeit lang lassen. Es war der größte Scheiß, den ich anfangen konnte. Gegens Zocken ist jede Droge ein Scheißdreck.

Zurück zur Musik: Du warst lange auf dem Representer- und Battlefilm. Seit dem letzten Track auf „Tussastop“ bist du persönlicher geworden. Bewusst?
Voll. Ich habe ganz in meiner Anfangszeit deepe Sachen gemacht. Aufgehört habe ich damit, als ich in die Grazer Partie gekommen bin, mit Spello, siebzig prozent, Fate und Co. Ab dann ging es nur noch um Battlerap und den nächsten geilen 16er, es war kein Platz für Gefühle. Dadurch ist es immer mehr um Technik als um sinnvolle Inhalte gegangen.

Bereust du das im Nachhinein?
Jein. Natürlich hätte ich gern mehr gemacht. Aber durch diese Phase haben wir uns auf ein geiles technisches Level gehoben – ohne arrogant klingen zu wollen. Man muss den Kompromiss zwischen Aussage und Technik finden, mittlerweile neige ich mehr zur Aussage.

Wie schwer war das fürs Rapper-Ego?
Richtig krass. Du hast ja antrainiert, dass alles mindestens dreisilbig und bis zum geht nicht mehr durchgereimt sein muss. Da beneide ich die ganzen Rapper aus der jungen Szene, die teilweise Tracks mit nur einsilbigen Reimen machen, die trotzdem gut sind. Wenn es weniger um Technik geht, bleibt mehr Platz für Aussagen. Das Eine schließt das Andere nicht aus, aber wenn man es exzessiv macht, bleibt es irgendwann auf der Strecke. Natürlich kommt das Ego ab und zu hoch, aber ich habe gelernt, es zurückzuschrauben. Die ständige Haterei macht dich irgendwann müde. Ich traue mich kaum, es auszusprechen, aber ich bin erwachsener geworden.

Erwachsener als Person, oder in dem was du machst?
In dem was ich mache (lacht). Natürlich auch als Person, halt mehr in den Moves. Es muss alles Hand und Fuß haben, ich denke reifer.

Gab es musikalisch einen Aha-Moment?
Als die „Tussastop“-EP rausgekommen ist. Ich habe das Gefühl gehabt, es ist dope und ich höre sie gern an. Aber wenn ich schon viel Zeit und Geld reinstecke, dann für das was ich wirklich machen will. Ich habe gemerkt, dass ich mich dafür bisschen vom Umfeld lösen muss. Wenn ich zu Wolfi F. gehe, machen wir einen Graz-Rap-Track – isso. Der Mindfuck im Leben und das Festgefahrene in der Musik haben zu einer Stagnation geführt, ich habe zeitweise den Spaß an der Musik verloren. Erst seit ich mehr das mache, was ich persönlich will, habe ich wieder richtig Bock und es geht in die richtige Richtung. „Nema Problema“ von der „Sin“-EP hat mir gezeigt, wohin es gehen kann.

War der Track auch Auslöser dafür, dass du das Jugo-Ding mehr forcierst?
Ja, „Jebiga“ auch. Ich habe gesehen, dass ich damit viele Landsleute anspreche. Es wäre ja dumm, es nicht zu nutzen. Ich spreche eine zweite Sprache. Natürlich nicht perfekt, aber gut genug, um sie authentisch in einen Track einfließen zu lassen.

Neben deiner Musik leitest du das Label Pulverfass mit. Es ist mehr oder weniger der Nachfolger von Grz Rap. Was war der Background?
Kizmet hat 2020 die „Asche“-EP, ich die „Sin“-EP releast. Ich bin damals von Heiße Luft weg, um mit meinen Jungs Musik zu machen. Dann habe ich gemerkt, dass dort nichts geht. Wir haben uns gedacht: Grz Rap soll ein Label sein, aber es macht keine Labelsachen. Es gab keine Aufgabenverteilung, keiner hat sich richtig um was geschert. Das hat uns beide so getriggert, dass wir gesagt haben, wir übernehmen das Ruder und strukturieren alles um. Felix, ein Hawi von uns und Spello sind auch dabei. Fate und Wolfi F. am Anfang auch, aber jetzt nicht mehr.

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Warum nicht mehr?
Fate hat gesagt, dass es ihm zu viel wird, er will sich auf Honigdachs konzentrieren. Wenn wir was brauchen können wir ihn immer fragen, er ist ja ein Hawi. Bei Wolfi F. haben sich die Interessen auseinanderdividiert. Sein Ding hat nicht mehr so mit unserem Ding zusammengepasst und er hat dann gemeint, dass er nicht mehr dabei sein will. Alles auf easy.

Habt ihr es euch einfacher vorgestellt als es war?
Wir haben es uns einfacher vorgestellt, Leute dafür zu finden. Natürlich kannst du random Leute reinholen, die Vollheisln sind. Das wollen wir nicht. Wenn es wer zu uns schafft, dann weil wir cool mit den Leuten sind, wir wissen wer sie sind und was sie können.

Die klassischen Probleme, wenn man als Artist ein Label führt?
Natürlich, du musst dich um alles kümmern. Das habe ich wieder bei der „Balkanski“-EP gemerkt. Ich bin seit zwei Monaten auf Dauergas. Es lastet auf einem. Aber das ist es wert. Wir haben es ja gegründet, weil es uns oft nicht gepasst hat, wie gewisse Dinge gelaufen sind. Dann müssen wir auch mit den Konsequenzen leben.

Kommen wir zu einem anderen Pulverfass: Die Situation in Bosnien scheint sich immer mehr zuzuspitzen. Du teilst oft Stories dazu auf Insta. Wie intensiv verfolgst du die Entwicklung?
Teilweise so intensiv, dass sogar meine Freundin sagt: ‚Es reicht‘. Und dass ich etwas mehr Abstand nehmen soll, weil es mich sichtlich belastet. Es hat sich in den letzten zwei Jahren hochgeschaukelt. Was in der Ukraine passiert, spielt dem Ganzen nicht in die Karten, weil sich die serbische Regierung dadurch in ihren Vorhaben bestätigt fühlt. Teile Bosniens einnehmen, die Geschichten im Kosovo usw. Wenn du mit den Leuten unten redest, sagen die meisten: ‚Es wird schon nicht passieren‘. Das haben sie in den 1990ern auch gesagt. Sogar, als die Panzer schon in der Stadt gestanden sind. Ich will nicht schwarzmalen und verstehe, dass man es sich nicht eingestehen will, aber es bringt nichts, die Augen zu verschließen. Die Situation ist hochfuckingexplosiv.

„Nationalismus ist immer scheiße, wurscht aus welcher Ecke“

Im Oktober stehen Wahlen an. Wie groß schätzt du die Einflussnahme von außen ein?
Extrem groß. Zum Beispiel will die kroatische Regierung, dass in Bosnien nur noch die HDZ gewählt werden darf – eine Ablegerpartei der kroatischen Nationalisten. Aber es fehlt ihnen jede rechtliche Grundlage, sich in die Angelegenheiten Bosniens einzumischen, es ist ja ein souveräner Staat. Vor kurzem forderte der kroatische Präsident Milanović:  Finnland und Schweden dürfen der NATO nur beitreten, wenn sie die Änderung des Wahlrechts in Bosnien durchsetzen dürfen. Das nimmt Züge an, wo ich mir denke: ‚Oida, wie größenwahnsinnig kannst du sein?‘ Es reicht nicht, dass die EU am Pennen ist und sich Putin und Co. einmischen, jetzt kommt noch das dazu. Mal völlig abgesehen von der Flüchtlingskrise. Die bosnischen Nationalisten machen natürlich auch dementsprechend Stimmung. Nationalismus ist immer scheiße, wurscht aus welcher Ecke. Aber man kann es irgendwann bisschen nachvollziehen, wenn andere Staaten ein Land auseinanderreißen wollen. Das Ganze spielt bös zusammen. Das größte Problem unten bleibt der Nationalismus, den es seit Tito leider zur Genüge gibt.

Wie filterst du, was du teilst?
Ich poste nichts blind oder aus der Emotion heraus. Wenn ich was lese, checke ich es gleich gegen. Ich habe meine serbischen, bosnischen und kroatischen Medienseiten. Dann postest du etwas Offizielles und trotzdem schreiben gleich Leute: ‚Was postest du für einen Scheiß, das stimmt nicht!‘ Ich poste viel, um meine Reichweite zumindest irgendwie sinnvoll zu nützen und habe dadurch schon viele Follower verloren, die Jugos sind. Mir ist bewusst, dass ich Stress mit nationalistischen Arschlöchern bekommen könnte und wahrscheinlich irgendwann werde, aber dann ist es so.

Wie schwer fällt es, den Überblick zu behalten?
Das Problem unten ist, dass es so viele Kriegsparteien gegeben hat. Es war nicht links gegen rechts oder Land gegen Land. Du hattest nicht drei, vier, sondern wirklich mehrere Kriegsparteien. Natürlich hat jeder irgendwo eine eigene Geschichte vom Krieg, sie werfen sich gegenseitig Geschichtsrevisionismus vor, es nimmt kein Ende. Ich versuche mich auf internationale Institutionen und Meinungen wie das Den Haager Tribunal zu verlassen. Leute wie Slobodan Milošević werden nach wie vor als Kriegshelden gefeiert. Die haben nachweislich Völkermord begangen und sind international als Kriegsverbrecher verurteilt worden. Du hörst halt immer wieder diese einseitigen Geschichten. Natürlich haben alle Scheiße gebaut. Aber es gibt einen Ablauf, da kannst du nicht mit Täter-Opfer-Umkehr drum herumreden. Dementsprechend schwer ist die heutige Situation nachzuvollziehen.

Würdest du dir wünschen, dass mehr Jugo-Rapper aus Österreich ihre Stimmen erheben?
Ich verstehe irgendwo, dass sich die Rapper nicht zu sehr einmischen wollen, weil das Thema extrem tricky ist. Von Leuten, die die Reichweite haben, natürlich. Auch Österreicher*innen sollten wissen, was 300 Kilometer weiter südlich passiert. Das wissen viel zu wenige und viel zu viele geben einen Fick darauf. Ich habe bisher am meisten Feedback von Österreichern bekommen. Die haben gesagt: ‚Oag, ohne dich hätte ich das nicht mitgekriegt‘.

Hast du selber nationalistisches Gedankengut eingeimpft bekommen?
Ich bin schon so erzogen worden und habe lange gebraucht, um aus dem Denken rauszukommen. Es ist kein Vorwurf an meine geflüchtete Mutter, die gerade so mit ihrem Leben davongekommen ist. Natürlich hatte die einen Hass auf Serben gehabt. Es ist ähnlich wie bei der Nachkriegsgeneration nach dem 2. Weltkrieg. Irgendwann musst du das hinterfragen. Ist das, was mir beigebracht wurde richtig? Muss ich das weiter auf meinen Schultern austragen, obwohl ich zu der Zeit nicht einmal auf der Welt war? Dieses Bewusstsein haben sehr wenige.

Hast du in deinem Umfeld mit Kroaten, Serben, Slowenen darüber diskutiert?
Das war mit Freunden nie wirklich Thema. Wir waren alle einfach nur Jugos, völlig unabhängig davon woher einer kam. Deshalb habe ich versucht, mit der „Balkanski“-EP die Jugo-Nostalgie bisschen aufleben zu lassen, um zu zeigen, dass wir nach wie vor Eins sind. Nur ist es in den meisten köpfen nicht mehr so verankert.