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Austro Round-up (KW 26-27/21)

Austro Round-up (KW 26-27/21)

EsRAP

Auch abseits der neuen Alben von Svaba Ortak und Brenk Sinatra, zu denen eigene Artikel folgen, hat sich in den vergangenen zwei Wochen releasetechnisch einiges getan. Wie gewohnt im Austro Round-up zusammengefasst.

Text: Simon Nowak, Hilde Mayer, Michi Koffler, Mira Schneidereit

Releases

Xéna N.C. – Salty

Xéna N.C. holt uns raus aus der Sommer-Euphorie, zurück zum Ernst des Lebens. Auf ihre 2019 erschienene Debüt-EP „Insane“ folgten zunächst mehrere Single-Releases, nun mit „Salty“ erstmals wieder ein größeres Projekt. Angelehnt an die vergangenen Tracks ist auch die EP eher düster und melancholisch. Trappige Beats, Autotune, dann wieder Klavier- und Gitarren-Instrumentals auf den Tracks wird klar, in welcher Bandbreite an unterschiedlichen Genres sich Xéna auch als Produzentin bewegt.

Auf „Balcony“ wird es dann doch etwas fröhlicher und jazziger, die Lyrics klingen nach Luft und Liebe. „A piece of paper and a pen – this is my survival“ heißt es auf dem Song. Durch die ganze EP ist diese Ansage spürbar. Auf „Poison“ geht es zum Beispiel um falsche und toxische Beziehungen und darum, dass es vielleicht doch besser wäre, gewisse Menschen hinter sich zu lassen. Auch auf den restlichen Tracks sind die Lyrics gefühlvoll und persönlich, erzählen über die Liebe, über das Vermissen und die anderen üblichen Schwierigkeiten des Lebens.

Despo – Dramaholiker

In Graz schon länger auf Battle- und Cypher-Bühnen aktiv, veröffentlicht Despo seit 2019 eigene Tracks. Nach seiner englischsprachigen Debüt-EP „Hillbilly Bars“ folgte mit den weiteren Singles der Wechsel auf Deutsch/Mundart und ein neuer thematischer Fokus. Schließlich beschreibt sich Despo im Künstlerprofil als „Der, der mit dem Drama tanzt“. Ein Selbstverständnis, das die neue EP „Dramaholiker“prägt.

Durch die fünf Tracks ziehen sich nachdenkliche Lines und melancholische Klänge – meist übers eigene Leben. Die Schwierigkeit, in dieser Gesellschaft klarzukommen, zieht sich durch die EP – mal über Suchtproblematiken wie auf „Obsession“ oder dass der Schein eben meist mehr zählt als das Sein, wie auf „Clown“. Als Featuregäste sind Fate und strange vertreten, an der Produktion haben sich neben Despo auch Anavondeondan und Rice Master Yen beteiligt. Eine authentische und gehaltvolle EP, die zum Anspruch des Grazer Labels Kopfhandherz passt.

Brown-Eyes White Boy – Graue Tage

„Ich werd älter, Tage länger, schreib nen besseren Text“  rappt Brown-Eyes White Boy auf „Airbubbles“, dem Intro der EP „Graue Tage“. Das sind nicht nur leere Versprechungen, denn die Tracks fallen um einiges tiefgründiger aus als die bisherigen Releases des gebürtigen Salzburgers. Mit Zeilen wie „Ich zeige jeden Tag was ich fühle, genau das macht mich zum Mann“ auf dem Track „Da sein“ zeigt er teils neue textliche Reife. Persönlicher und emotionaler als bisher sind auch die Beats. Die 808s bleiben aus, stattdessen schleichen sich Klavier- und Gitarrenmelodien ein.

Die EP bietet einen Einblick in BEWBs Kopf an Grauen Tagen. Dabei schwankt die Stimmung zwischen Selbstzweifeln und Selbstliebeserklärungen. Auf dem Track „Selbstbewusst“ rappt er „Ist mir selbst bewusst, ich bin nicht selbstbewusst“, während er auf „Du bist der beste“ mit Lines wie „Schau in den Spiegel und sag du bist der Beste“ andere Töne anschlägt. Ein stimmiges Werk, das atmosphärisch seinem Titel gerecht wird und in dem die Texte teils tiefer schürfen als erwartet. 

Faun – Pandemüde

Seit bald eineinhalb Jahren hat uns die Pandemie mittlerweile in ihren Fängen – und die Hoffnung, dass das bald vorbei ist, ist gering. Nur logisch, dass das viele Rapper*innen in Tracks verarbeiten. Aber kaum jemand so intensiv und wiederkehrend wie Faun. Der seit mittlerweile 25 Jahren aktive Rapper aus Wien-Atzgersdorf setzt seine Pandemiesaga nach den Alben „C-19“ und „Vor der Krise“ und der Single „Lagerkoller“, allesamt 2020 erschienen, nun mit „Pandemüde“ fort.

Mit Produktions-Unterstützung aus der Club der Menschen-Family von Mookovic, Dr. Drunkadelic, Phlow und HömalHair reflektiert Faun über die gesellschaftlichen Entwicklungen der vergangenen Monaten – und thematisiert neben persönlichen Lockdown-Strapazen etwa auch die pandemischen Politikerplattitüden und Querdenker-Demos. Meist humorvoll und „freestylig“ gerappt, lockert Faun neben den klassischen COVID-Themen auf Representer-Tracks wie „Jahrmarktgaukler“ oder „Heat“ auch inhaltlich auf. Gut so, denn 14 Tracks und knapp eine Stunde mit Pandemie-Tracks zu füllen, wäre dann trotz des Styles keine leichte Kost gewesen.  

Singles

Fellowsoph & MDK – SMS & Mails

Die SMS- und Mail-Postfächer gehen schon wieder über? Kann Fellowsoph und MDK ziemlich egal sein, denn sie zelebrieren lieber das Offline-Leben, als sich von den neuesten Trendsettern, Background-Management oder funktionierendem Shit inspirieren zu lassen. Jüngst nach dem Motto „Zruck in Club“ bei der Dachserei-Live-Show im Wiener Fluc auf der Bühne zu sehen, treten die Rapper erstmals auf einem gemeinsamen Track in Erscheinung. Bei Fellowsophs Honigdachs-Debüt harmonieren das Duo auf dem Forçune-Beat erwartungsgemäß gut. Die Line „Auf dem Rennrad auf der Stage, nicht in S-Klassen zu sehen, nicht auf Noisey oder Vice, mehr so message.at“ ehrt uns natürlich – auch wenn wir mittlerweile nur noch unter themessagemagazine.at erreichbar sind. Nicht so rhymeable halt. Wuascht, Füchse sind noch immer keine Rudeltiere und der Rhyme ist immer noch fett.

Smooth Monkey – So Many Things

Mit „So many things“ veröffentlichten Smooth Monkey ihre erst zweite Single nach dem Debüt „Tuesday“. Der Track fällt, wie nicht anders zu erwarten, ziemlich smooth und funky aus. So, als würden Smooth Monkey schon lange gemeinsam Musik machen – ein beachtliches Sound- und Harmonie-Level der Band rund um die beiden Frontmänner AnV und Big P. „So many things in the world that I wanna do but first of all I wanna do you“ heißt es im Refrain. Der Track liefert eine gehörige Portion Funk vermischt mit HipHop-Tunes und hat definitiv Sommerplaylist-Potenzial. Wie schon das am 20.04. erschienene Debüt ist „So Many Things“ übrigens genau 4:20 Minuten lang. Zufall? Vermutlich nicht.

Dauawizzy & Ran DMC – Geilste Stodt

Zwei Rap-Generationen, eine klare Botschaft: Dauawizzy und Ran DMC sorgen mit ihrem ersten gemeinsamen Track für eine schöne, von Ill Eagle produzierte Wien-Hymne. Die Rapper aus 1100 und 1210 flanieren durch etliche Bezirke und Grätzln, um den Sommer in der „Geilsten Stodt“ zu zelebrieren. Wuascht ob im Häufe‘, am Yppenplatz, im Prater oder bei der „Klasse Hasse“ in Altlerchenfeld – eine in die Ansapanier, ab zum Würstler und der Ziaga nimmt seinen Lauf. Dauawizzy stimmt damit nach „Pro Bono“ mit einer weiteren Single auf seinen Gig am 5. August in Alterlaa im Rahmen des Kultursommers ein.

Philiam Shakesbeat – Sommernacht

Warmer Asphalt, die letzten Sonnenstrahlen genießen – Philiam Shakesbeat hält mit seinem neuen Track „Sommernacht“ Gefühle fest, die man nur zu gut kennt, wenn man den Sommer in Wien genießt. Auf einem entspannten, atmosphärischen Beat rappt der Wahlwiener in lockeren Lines über das Chillen am Karlsplatz oder am Wienfluss, eigentlich egal wo, Hauptsache Wien und nicht irgendwo anders. Und wenn man dann noch das kühle Bier aus dem Rucksack holt, ist das alles fast zu schön, um wahr zu sein. Fast zu schön, vor allem weil im dazugehörigen Video die Schneeflocken mit der Zunge aufgefangen werden und Schneeengel auf der Wientalterasse gemacht werden. Aber noch ist der Sommer ja noch nicht vorbei und bis dahin will uns auch Philiam Shakesbeat im Zwei-Wochen-Takt mit neuen Single-Releases erfrischen.

HipHop Joshy & Edwin – NRG Drink

Mit einer guten Portion Autotune auf der Stimme singen HipHop Joshy und Edwin auf dem neuen Track „NRG Drink“ eine HipHop Liebesballade. „Du hältst mich wach wie ein Energy Drink“ lautet der Text im Refrain und ist damit das wohl österreichischste Liebesgeständnis überhaupt. Der Beat stammt von foodforthought und hat, genau wie das Musikvideo, einen leichten Disko-Beigeschmack. Die beiden Rapper harmonieren darauf stimmlich, als auch stimmungsmäßig gut miteinander und kreieren einen leichtfüßigen Track, der beinahe Flügel verleiht. 

EsRAP feat. Gasmac Gilmore – OTK

EsRAP liefern mit ihrer neuen Single „OTK“ den perfekten Song für laue Sommerabende in Wien, speziell rund um den Yppenplatz. In Kooperation mit Gasmac Gilmore entsteht eine Mischung aus Reggae-Sounds und tief wummernden Bässen – laid back vibes vom Feinsten. Den Sommer genießt das Geschwisterduo Esra und Enes dieses Jahr in ihrer Hood in Ottakring, wo sonst? „OTK ist mein Ghetto. Fahre mit dem Roller“ texten die Beiden und zeigen so, wer der unumstrittene Star des Videos und das neue Fortbewegungsmittel Nummer eins ist. Was lernen wir daraus? Ab auf den Roller, „OTK“ auf die Ohren und diesen Sommer endlich wieder die Leichtigkeit genießen – egal ob in 1160, oder irgendwo anders.

Bibiza – So bei mir

Bibiza produziert seine Songs gefühlt am laufenden Band, ist nahezu in jedem Austro Round-up mit neuen Singles vertreten. Was an seinem neuem Song „So bei mir“ also besonders ist? Laut Bibiza selbst, ist er momentan „so bei sich“, wie schon lange nicht mehr. Das bedeutet in diesem Fall: Für den Rapper ungewöhnlich sanfte Töne, die seinen lässigen Vibe aber nicht mindern, sondern eher noch hervorheben. Thematisch behandelt Bibiza ein im Rap quasi omnipräsentes Thema, beleuchtet das Ganze aber auch mal von einer anderen Seite. „Ich rauch‘ mich high, bei Tag und bei Nacht. Doch stopp den Scheiß, wenn du kein’n Anker hast“ rappt er so locker über House-Sound und liefert damit dieses Mal neben entspannten Sounds nebenbei eine gewisse Message.

RawCat – Mösenbüro

Straight Outta Mösenbüro, auch bekannt als Vaginazentrale, meldet sich RawCat mit ihrer neuen Solosingle. Hä, was? Naja, du weißt schon, dort, wo die skandalösen, pornorösen, bösen Mösen sind und zu den vaginalen Geschlechtszeiten gestöhnt und gesquirtet wird, was das Zeug hält. Bisher vor allem als Beatboxerin, mit ihrer Loopingstation sowie als Teil der Formation Beat Poetry Club in Erscheinung getreten, liefert RawCat diesmal rappend auf Deichkind-eskem Sound eine queer-feministische, sexpositive Hymne, die entsprechend bebildert ist. Visuelle Unterstützung bekommt die Beatzarilla-Mitgründerin von einigen Labelkolleginnen. Der Track dient als Vorbote Vorspiel zu RawCats Debütalbum „Ich komme“, das für 2022 angekündigt ist und in Zusammenarbeit mit dem Produzenten Martin Schiske entsteht.

See Also

Queroland & DeeSandra – Xichta

„I siech Xichta, foische Xichta, junge und a oide Xichta, dünne und a blade Xichta, lustige und fade Xichta, schiache Xichta, schene Xichta, oame und vawehnte Xichta, dumme Xichta, gscheide Xichta, meistens owa gfäude Xichta“ – 1.920.949 Xichta hatte Wien laut offiziellen Angaben am 1. Jänner zu bieten. Tendenz steigend. Kein Wunder also, dass es zwischen Simmering und Atzgersdorf reichhaltig und vielfältig deixelt. Das wissen auch Queroland und DeeSandra, die beim Flanieren im Prater – auf eingängigem Beat von Queroland aka ZentralBeathof – über die regelmäßigen Xichtungen philosophieren und sich letztlich Xicht an Xicht gegenüberstehen. Pro-Tipp, um der Geisterbahn zumindest daheim zu entkommen: Spiegel ned putzen.

Bruno & Pascal – Goid

Goldketten, check. Goldene Platten, check. Eigens gegossene Goldbarren, check. Goldene Overalls, check – wenn Bruno & Pascal „Mia san aus Goid“ sagen und sich als Goldeseln bezeichnen, meinen sie es offenbar ernst. Zu Beginn der Pandemie erstmals mit Corona-Comedy-Tracks in Erscheinung getreten, scheint sich das Mundartrap-Duo zu festigen. Für den ersten Vorboten zur „Goid“-EP, produziert von David Raddish, haben sich Bruno & Pascal einiges überlegt. Der Titeltrack bietet Proll-Rap mit ausgedehnten Singsang-Passagen, betont klischeehaften Bildern und Augenzwinkern – wobei viel Kritik an den Mechanismen einer Social-Media-optimierten Generation durchdringt und sich die Frage aufdrängt, auf wen sich das aus-Gold-Sein letztlich bezieht – sie selbst, das Individuum oder doch die Menschheit an sich? Am besten, es stellt sich jeder die Frage: „Bist du dir selbst Gold wert?“ Ob „Goid“ am Ende den Goldstatus knackt und die Goldene Schallplatte auch ganz offiziell wird? Schau ma mal.

Dacid Go8lin – Leiter Hoch

„I don’t wanna waste my time, I just wanna free my mind“ heißt es auf Dacid Go8lins neuer Single. Ein Track, der dann erinnert, sich zu fokussieren und sein Ding durchzuziehen. Die anderen können ruhig low bleiben, während Duffy die Leiter hoch will. Wie gewohnt dröhnt uns ein basslastiger Beat aus den Boxen entgegen, englische Lines wechseln sich mit deutschen und albanischen ab. Es wird ausgeteilt und kein Blatt vor den Mund genommen. Dacid Go8lin bleibt aber trotzdem entspannt und auch die melodischen Parts lockern den Track auf. Am 22. Juli wird Duffy beim Popfest in Wien live zu hören sein.

Miblu – Demons

Die eigenen Dämonen hinter sich lassen und über sich hinauswachsen – darum geht es im neuen Song von Miblu. Ängste und Sorgen nicht zu verdrängen, sondern sie zu hören und zu lernen, mit ihnen umzugehen ist für die Wiener Sängerin der richtige Weg, denn: „Stärke zeigt sich nicht durch Erfolg, sondern durchs Mindset“. Im passenden Video beschäftigt sich Miblu nicht nur mit ihren eigenen, inneren Dämonen, sondern tanzt im wahrsten Sinne des Wortes mit ihnen. Choreografiert wurde das Video von Nina Schwarz, die Ästhetik des Videos matcht die des Song perfekt. Es entsteht ein hypnotisierender Track, der schnell ins Ohr geht und von dort auch nicht so schnell wieder verschwindet.

YKO & Hightauer – Voyage

„Tagsüber bin ich ein B-Boy, nachtsüber Ninja-Rapper“ – seine Leidenschaften scheint Hightauer gefunden zu haben. Dennoch beschäftigt sich der Wiener im zweiten gemeinsamen Track mit dem Sänger YKO mit der ewigen Suche nach dem Sinn des Lebens, dem Sein und den eigenen Werten. „Voyage ist ein Ausflug, ein Aufbruch, auch wenn wir noch nicht wissen, wo wir landen, wir machen uns auf den Weg“, sagt YKO über den Track. Entspannter Sound begleitet dabei die nachdenklichen Lines. Der Track ist nach „Damals“ der zweite Vorbote zur gemeinsamen EP, die im Herbst erscheinen soll. Das dazugehörige Video kommt von dreamwaveproductions.

Weiteres

Releases

RMZ – „Forever ’21
Vorl – „Arrogant & Wortgewandt

Videos

AUTsiderz & Skero – „Throw Em Up
Gazal & Nike101 – „Oyna
Kotty & Slav – „Dum Dum
Law – „Can’t Die
NoTees – „Ay Die Kennt Man
Salò & Eli Preiss – „Heißes Blei
Savi Kaboo – „Stupid High
Snessia – „Gute Vibes
Sweetboyblondey – „Family Freestyle

Tracks

Dirtysanchez – „Cyborgs
Faces & Mirac – „Speechless
mozzi & fuckyoumave – „Gefühle im Cup
Nikita Brale & Tschusch – „Tellerrand
Shema & Komar – „Nazdravlje
Silk Mob – „Seide auf Haut
Uncle Kareem – „Beverly Freestyle

Du möchtest mit deinem Release/Video ebenfalls im Austro Round-up vertreten sein? Schicke uns gerne ein Mail an [email protected]