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DMX hat wieder Hunger: „Blood Red“ // Audio

DMX hat wieder Hunger: „Blood Red“ // Audio

Rap hat DMX zwar aus dem Ghetto gebracht, das Ghetto brachte Rap aber nicht aus DMX. Beispielhaft dafür seine Aktivitäten in den vergangenen Jahren, die nicht mit Erfolgen in den Billboard-Charts, sondern mit Anklagen endeten. Anklagen, die nicht selten lange Gefängnisaufenthalte bedeuteten. Drogen, Sorgerechtsstreitigkeiten (DMX ist Vater von zwölf Kindern) und Tierquälerei (Hunde wollen auch gefüttert werden) sind die einzigen Assoziationen, die mit dem Namen DMX seit Jahren einhergehen. Mittlerweile einfach ein gebrochener Mann, der für eine Handvoll Euros auf Bühnen der europäischen Peripherie den Animateur geben muss. Mitleid macht sich dabei ebenso breit wie Verwunderung: Das kann schließlich unmöglich jene Person sein, die auf Platten wie „It’s Dark and Hell Is Hot“ oder „Flesh of My Flesh, Blood of My Blood“ noch durch charismatisches Knurren und eine einzigartige Vortragsweise, die perfekt mit den furchterregenden Synthie-Brettern von Swizz Beatz harmonierte, Schrecken im Mainstream-Rap verbreitete wie kaum jemand sonst. Zu unglaublich wirkt es, dass diese Person, die zur Jahrtausendwende mit gestählerten Oberkörper die Bühnen betrat (wenngleich die Live-Qualitäten immer sehr bescheiden waren), mittlerweile die Entwicklung von Pookie aus „New Jack City“ nimmt.

Die Drogen haben DMX augenscheinlich zu Boden gebracht. Deshalb noch (gute) Musik von ihm zu erwarten, wäre abwegig. Selbst wenn er einmal den Weg ins Studio findet, erreicht er längst nicht mehr die Qualitäten vergangener Tage. Die Platten nach „Grand Champ“, als DMX immer stärker Zuflucht in illegalen Substanzen suchte, waren schlichtweg irrelevant. Selbst Swizz Beatz konnte da nicht mehr helfen. Aber – und das dürfte den Priester in DMX besonders freuen – Wunder geschehen. Wie der neue Track „Blood Red“ beweist, den der Ober-Ruff-Ryder in der Morning-Show „The Breakfast Club“ unlängst vorstellte. Wenige Minuten der Show reichen, um den Eindruck zu gewinnen, dass DMX zwar weiterhin ein Problem hat. Auf „Blood Red“ merkt man davon erstaunlicherweise wenig. DMX zeigt sich aggressiv wie in seinen besten Tagen, sogar das Knurren klingt wieder hungrig und nicht bedauernswert mickrig. Steht der alte Hund doch noch auf? Vielleicht, treten auf dem neuen Album neben Swizz Beatz auch Dr. Dre und Kanye West als Produzenten in Erscheinung. Von denen hat aber keiner „Blood Red“ produziert, dessen Beat sich stark nach VBT-Qualifikationsrunde anhört. An der Hook darf „Dark Man X“ auch noch einmal ein bisschen schrauben. Fernab dieser Kritikpunkte klingt das alles verblüffend vernünftig.