Zaywop ist zurück. Bei Isaiah Rashads erstem Studioalbum nach der „Cilvia Demo“-EP im Jahr 2014 lässt sich die Entwicklung des Künstlers wie so oft in der heutigen Zeit nachvollziehen – in diesem Fall gibt es jedoch mehr zu erfahren als einen Instagramfeed und den üblichen Twittergrind. Der 25-jährige Rashad aus Chattanooga, Tennessee, hat im Zuge seines Albumreleases einiges über sein Privatleben und die Entstehung der Platte preisgegeben: Dreimal war es laut Rashad fast so weit, dass er im Zuge der Aufnahmen von „The Sun’s Tirade“ von seinem Label Top Dawg Entertainment gedroppt wurde.
Der mittlerweile zweifache Vater hatte in den vergangenen zwei Jahren mit einer Alkohol- und Tablettensucht zu kämpfen. Depressionen, Angstzustände und soziale Vereinsamung machten ihm zu schaffen. Und was soll man sagen – das hört man ein Stück weit auch aus der 17 Tracks starken Platte heraus. Jedoch nicht zwingend in einem negativen, deprimierenden Sinne. Rashad verarbeitet seine Probleme auf den Beat, garniert mit einer Brise Galgenhumor und – erfreulicherweise – jeder Menge Zuversicht und Selbsterkenntnis:
I can’t admit, I’ve been depressed, I hit a wall, ouch
In der Hook des ersten Tracks „4r Da Squaw“, die gleichzeitig die erste Videoauskopplung des Albums ist, lässt Isaiah Rashad durchblicken, wie ihn allerseits nachvollziehbare Existenzängste plagen, er aber sein eigenes Schicksal um einiges gelassener sieht, wenn er seinem Sohn Yari beim Aufwachsen zusieht.
If I can pay my bills, I’m good (..) By the beer, by ear, by boo.. my Yari saying, You ain’t nothin‘ but a baby, your fear is growin‘ up
Man hat den Eindruck, als hätte ihn der neuerliche, zweite Nachwuchs dazu inspiriert, sein Leben sozusagen wieder auf die Reihe zu bekommen. Produziert wurde die Nummer von FrancisGotHeat, der Rashads nachdenklichen Lines mit dem Instrumental den Schwermut nimmt, und zu der gelassenen Stimmung überstandener harter Zeiten bringt. Eine klassische Produktion, getragen von einem Sample und einem MPC-Groove, der sitzt. Das Video macht diesen ironischen Bruch mit: Rashad spaziert in Badelatschen mit einem kleinen Jungen über eine Strandpromenade, während alle Menschen mit einem über dem Kopf schwebenden Price-Tag versehen sind. Die Message: Jeder hat Geldprobleme, Rashad ist mit seinen Zukunftssorgen nicht alleine und nimmt’s gelassen.
Natürlich sind noch 16 weitere Tracks auf dem Album vorhanden, von denen unter anderem „Wat’s Wrong“ heraussticht, nicht zuletzt dank des alles überstrahlenden Gastparts von Kendrick Lamar. D. Sanders & Al B. Smoov arrangieren den Beat um ein Sample von Stanley Cowells „Here I Am“, eine weitere Symbiose, die lückenlos aufgeht. Track 11, „A lot“, ist eine der wenigen Nummern, die sich dank eines Beats von Mike Will Made It mit Trap-Anleihen an aktuellerer Soundästhetik orientiert. Auch nicht das geringste Problem für Rashad, über die Nummer zu fliegen, um den obligatorischen Banger beizusteuern.
Im Vorfeld der Veröffentlichung erklärte Isaiah Rashad, dass er mit dem Album seine künstlerische Bandbreite unter Beweis stellen wollte. Das ist ihm ohne Frage gelungen. Ob er nun „Amen-Break“-Drum’n’Bass Drums wie bei „Don’t Matter“ vorgesetzt bekommt, klassische MPC-Beats wie bei „Free Lunch“ oder mit „Silkk Da Shocka feat. Syd“ einen alten Q-Tip-Drumloop auf Halftime zu einer Liebeserklärung verwandelt, gelingt es ihm immer wieder, die Hörer in seinen Gedankenstrudel zu ziehen.
Fazit: Möglicherweise hätte man nach „Cilvia Demo“ etwas anderes erwartet. Aber angesichts seiner vergangenen beiden Lebensjahre und gerade weil „The Sun’s Tirade“ bei aller Diversität eine Stunde HipHop aus einem Guss darstellt, der persönlicher nicht sein könnte, handelt es sich um ein verdammt gutes Album.
Wer mehr über Isaiah rausfinden will, kann hier durch den „ON TO THE NEXT ONE-Artikel über ihn stöbern.
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