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Dadash meets Berg Money // KDM Karat & FKN SKZ Interview

Dadash meets Berg Money // KDM Karat & FKN SKZ Interview

KDM Karat

Dass KDM Karat und FKN SKZ am Freitag ihre „Yellow Submarina“-EP veröffentlicht haben, ist auch Young Krillin zu verdanken. Der Salzburger arbeitete im Vorfeld unabhängig voneinander mit den beiden Rappern aus Bayern zusammen. Seine Verbindungen zu FKN SKZ reichen in die Hochphase der Berg Money Gang zurück – und wurden etwa 2018 aufgefrischt, als FKN SKZ die Skits auf der EP „Bullies in Pullis II“ einsprach. Im Jahr darauf brachte Young Krillin mit KDM Karat aus der Crew Kalash Dadash Musik die „Trippy“-EP raus – auf „Schabernack“, einem der Tracks, sind alle drei Rapper vertreten.

Nun treten KDM Karat & FKN SKZ erstmals als Duo in Erscheinung. Die fünf Tracks der „Yellow Submarina“-EP sind von Lars Lichtgestalth produziert, als Featuregäste runden Casino Fog, Sir Skurr Burr und KDM Shey ab. Im Interview sprechen KDM Karat & FKN SKZ über ihre Rap-Sozialisation, die Anfänge der Berg Money Gang, Trap-Stupidness, Sprachästhetik und was es mit der Beatles-Referenz im EP-Titel auf sich hat.

The Message: KDM Karat lebt in München, FKN SKZ in Ingolstadt. Beides nicht wirklich Rap-Städte, oder?
FKN SKZ:
Es gibt und gab hier eine kleine Rap-Szene. Die tut sich aber wahnsinnig schwer, aus ihrem Kern auszubrechen. Einen Ingolstädter Rapper mit Ambitionen zieht es eher in eine andere Stadt.

Also hast du keine Ambitionen?
FKN SKZ:
Das würde ich nicht sagen. Ich hustle ja schon lange und habe es vor zehn Jahren probiert. Irgendwann muss man sich – ich will’s nicht sagen – seinem Schicksal hingeben. Aber ich bin zufrieden, wie es läuft und dass ich es mit der Internetwelle rausgeschafft habe.
KDM Karat: In München gibt es auch schon nicht mehr so viel – und München ist mit 1,5 Millionen Einwohnern der große Bruder von Ingolstadt. Selbst Ali As sagt in seinen Songs nie, dass er aus München ist. Er lässt das Representen gezielt aus. Das sagt für mich viel aus.
FKN SKZ: Für eine Metropole hinkt München hinterher. Mich zieht es mehr nach Nürnberg, das ungefähr gleich weit entfernt ist. Es ist bisschen liberaler, nicht ganz so aufgeräumt und die Leute sind lockerer.

Wie weit liegen eure ersten Rap-Berührungspunkte zurück?
KDM Karat:
1995, als ich fünf war, Wu-Tang und die Eastcoast. Ein älterer Cousin hat mich zu Wu-Tang, dann zu Basketball gebracht. Dann ging es weiter mit 2Pac und den Ruff Ryders. Das war in München so bisschen ein Tschuschen-Ding. Für mich waren das keine Afroamerikaner, sondern original Kanaken. Ich weiß nicht warum – vielleicht einfach das Flexen und Representen, das für mich daran gekoppelt war. Du wolltest cool sein, so wie die. Man hat sich mit Straßenrappern wie DMX oder Jadakiss eher identifizieren können als mit den Beastie Boys.
FKN SKZ: Bei mir um die Jahrtausendwende mit Deutschrap-Klassikern wie „Gefährliches Halbwissen“ von Eins Zwo oder dem ersten Samy-Deluxe-Ding. Mit den ersten Tauschbörsen hat uns die Berlin-Welle erreicht. Ich habe auch viel aus Frankfurt mitbekommen, weil ich da geboren wurde und viele Kontakte hin habe. Azad, Jonesmann und die FFMC’s zum Beispiel. Mitte der 00er-Jahre kam Ami-Rap so richtig dazu. Als sich der Rest zwischen East- und Westcoast gestritten hat, hat mich früh Down South gefesselt. In den letzten zehn Jahren habe ich kaum Deutschrap gehört.

Ist der Down-South-Fokus so früh entstanden, weil euch die Entwicklung im Deutschrap zu eintönig war?
KDM Karat:
Ja, übel! Ab 2005, 2006 war Dirty-South-Mucke richtig krass, Deutschrap gleichzeitig übelst langweilig.
FKN SKZ: Für mich war Deutsch- und Amirap immer ein krasser Gegensatz. Eine Zeit lang habe ich beides konsumiert, aber aus unterschiedlichen Gründen. Deutschrap, um mir Inhalte mitgeben zu lassen – zum Beispiel Morlockk Dilemma, Hiob oder JAWs „Weisse Scheisse“. Im Endeffekt linker, antikapitalistischer Rap. Auf der anderen Seite T.I., Three 6 Mafia und Co zum Cool-Fühlen und Flossen.
KDM Karat: Three 6 Mafia war zu krass, als DJ Paul und Juicy J wieder gemeinsam Sachen gedroppt haben. Genau in dieser Übergangsphase zu Trap war ich am Amifilm. Ich habe vier Jahre lang nichts aus Deutchland gehört, weil sie hier noch auf diesen 90-BPM-Bushido-Beats gerappt haben. Dort kam langsam die Übernahme, dass Trap zu Mainstream-Rap geworden ist. Ich weiß nicht, wie es in Österreich war.

Bei Money Boy ging es früh mit „Dreh den Swag auf“ los. Die ersten Hanuschplatzflow-Sachen kamen glaube ich ein, zwei Jahre danach raus.
FKN SKZ:
Ja, voll!

Ihr habt ja enge Connections zum Hanuschplatzflow. Besonders zu Young Krillin, mit dem ihr einige Tracks aufgenommen habt. Wann und wie ging das los?
FKN SKZ:
Richtig mit österreichischer Mucke warmgeworden bin ich circa 2013 über den Hanuschplatzflow, als Crack Ignaz mit „Elvis“ aufkam und es noch den Blog gab. Da konnte man Mixtapes laden, auf denen sie gesammelt oben waren. Das habe ich sehr gefeiert. Ich konnte den Kontakt zu Young Krillin herstellen, bald darauf hat man sich in einer kleinen Facebook-Gruppe aka Internet-Crime-Gang zusammengeschlossen – der Berg Money Gang. Mittlerweile kann ich bei Krillin von einem Freund sprechen – trotz des räumlichen Abstands. Auch KDM Karat habe ich erstmals in Salzburg über ihn getroffen. Es sind alles sehr entspannte Leute, die ihre anfänglichen Erfolge ganz locker hingenommen haben.

Stimmt es, dass die Berg Money Gang ihren Ursprung in einem Feature von dir mit Money Boy hatte?
FKN SKZ:
2012 hat ein Kumpel mir zum Geburtstag einen Money-Boy-Verse geschenkt. Ich hatte einige unfertige Songs, bei einem davon hat der Boy damals für ‚ne schmale Mark einen Part zugeschustert. Die Bedingung war, dass man es veröffentlicht. Ich habe gesagt, wir laden den Song hoch, machen aber noch zwei, drei andere coole Songs. Einer davon hieß „Andrea Berg Money“. Daraufhin hat sich der ein oder andere berufen gefühlt, die Berg Money Gang zu gründen. Die bloße Facebook-Gruppe habe ich nicht gegründet, aber ich habe mit meinem brüderlichen Freund Sir Skurr Burr den Song gemacht, worauf sich ein paar wirre Gestalten zusammengeschlossen und bisschen Spaß im Internet gemacht haben. Da kamen auch Leute wie Young Krillin, Yung Hurn, Planemo oder Neunfünf dazu.
KDM Karat: Waren nicht auch LGoony, Juicy Gay und Haiyti dabei?
FKN SKZ: Juicy Gay auf jeden Fall. Es war eine offene Gruppe, es konnten Leute rein und raus. Festes, aktives Mitglied war aber keiner der genannten.

Wie würdest du das Soundbild der Berg Money Gang heute beschreiben?
FKN SKZ:
Es war einfach die Zeit der stupid fruityness – Type Beats von YouTube rippen und dann machst du mit deinem neu gefundenen Internet-Homie, in meinem Fall Young Krillin, einen bescheuerten Song über eine neue Internet-Gang.

Was war der Grundgedanke? Auf alle vermeintlichen HipHop-Regeln scheißen?
FKN SKZ:
Weg von allen Dogmen, die dir andere – und teilweise ich mir selbst – auferlegen. Einfach machen, worauf wir Bock haben und was wir feiern. Auch Sachen, die gerade in Amerika passieren. Das nimmt uns in der Form keiner ab, daher müssen wir halt unsere eigene Spielart davon finden und es durchziehen. Scheißegal was die Leute sagen, Hauptsache uns gefällt es. Dann hatten wir noch die Internet-Community im Rücken.

2015 gab es einen großen Aufschrei nach dieser Gangrape-Drohungs-Geschichte gegen eine junge Wiener Redakteurin. Ging dir das rückblickend zu weit?
FKN SKZ:
Es hat sich im Kommentarbereich einer 600-köpfigen Facebook-Gruppe bewegt, in der jeder seinen Senf dazu geben konnte. Da ist der Querschnitt im Internet halt leider kein Guter.

Karat, warst du auch in der Gruppe dabei?
KDM Karat:
Nein! ich habe nichts damit zu tun gehabt. Damals war ich mit Berlin Untergrund verbandelt und jedes Jahr im Sommer in Amerika bei meinem Bruder KDM Shey. Parallel zur Berg Money Gang, von der ich nichts wusste, wollte ich nicht mehr auf den üblichen Beats rappen, weil es mich gelangweilt hat. Shey und ich haben gesagt, wir machen etwas ganz Neues, wir machen jetzt Trap. Für uns war es was anderes als bei der Berg Money Gang, eher Straßen-Kanaken-Trap. Es ging weniger ums random Internet-mäßige Ding. Wir dachten, es macht sonst niemand – außer One Take One Hit, die das ewig durchgezogen haben. Der Bekannteste davon ist Moneymaxxx, der jetzt Donvtello heißt. 2014, in der Releasephase von unserem zweiten Tape „KDM“, haben wir das mit der Berg Money Gang mitbekommen und erfahren, dass jetzt die Bezeichnung Cloud-Rap am Start ist.

Im Pressetext zu eurer EP steht etwas von Neuinterpretation des Cloud-Raps. Die Bezeichnung wurde anfangs von den Artists kritisch beäugt. Wie seht ihr das heute?
KDM Karat:
Ich war nicht so davon betroffen, weil mein Background eher Berliner Straßenrap war. Es war kein Branding, das von Innen kam. Ich glaube das hat die Leute gestört.
FKN SKZ: Ja, das ist einer der Punkte. Für mich war Cloud-Rap vielleicht eine Spielart im klassischen Trap, der der Internet-Bubble-Charakter nachgesagt wird. Vertrippter, wavy Trap-Rap, wie es in Deutschland von LGoony kam – oder anfangs von Yung Lean und der Sadboy-Posse aus Schweden. Ich habe mich nicht gegen den Begriff gewehrt, würde mich aber gar nicht einbeziehen. Das neueste Feindbild im Englischen ist der „Cloud Chaser“, das liegt so nahe dran, dass sich noch weniger Leute darin sehen. Ich finde, man kann mit dem Begriff paar Sachen zu definieren, aber es reicht nicht für eine eigene Sparte.

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Wie viel Wert legt ihr auf einen eigenwilligen Sprachgebrauch? Das hat in euren Rap-Gefilden immer eine Rolle gespielt. Sei es die gehäufte Verwendung von Anglizismen, Insider-Wörtern oder die „Vong“-Sprache.
FKN SKZ:
Bei mir rührt die Anglizismendichte vom persönlichen Musikkonsum. Es schleicht sich ein, wenn es in meinem Ohr gut klingt. Im Trap-Kosmos hast du einfach diese englischen Begriffe, du bedienst dich an denen. Noch dazu bin ich großer Fan von US-Sport, da gibt es auch bei Ami-Rappern viele Querverweise.
KDM Karat: Wenn du Rap aus den letzten fünf Jahren hernimmst, ist es ja sehr ästhetisch. Es geht mehr darum, wie was klingt als um den Inhalt. Und englische Wörter klingen einfach nicer.

Wobei bairische Dialekte da sicher einen Vorteil gegenüber dem Standarddeutschen haben.
FKN SKZ:
Auf jeden Fall! Der Hanuschplatzflow hat mich auch so gecatcht, weil sie viel mehr über den Vibe kommen konnten. Die Begriffe bieten sich an, sie über drei Silben zu ziehen – auch wenn sie nur aus einer bestehen. Das andere sind spezifische Begriffe. Anglizismen, aber auch ein eigener Dialekt-Slang, wo du bisschen diggen musstest, um alles zu verstehen. Macht einfach Spaß.  
KDM Karat: In München redest du auch mehr mit Anglizismen, es war ja amerikanische Besatzungszone. Ich sage nicht: Ich ruf dich an. Nein, ich call dich. Poufen statt kiffen. Es ist nicht im Rabatt, sondern im Sale. Das ist stanni. Ich musste nicht bei der Berg Money Gang dabei sein, um mich so auszudrücken. Bei mir kommt natürlich noch die Nähe zu Amerika, zu Shey, dazu.

Kommen wir zur „Yellow Submarina“-EP, eurem ersten gemeinsamen Release. Liegen die Ursprünge in Salzburg, wo ihr euch kennengelernt habt?
KDM Karat: Ja, genau. Nach meinem zweiten Album, „KDM“ mit Shey, sind wir nach Salzburg gefahren, am selben Abend habe ich Ignaz und Krillin kennengelernt und gemerkt, dass das Bayern-Österreich-Ding gut passt. Beim zweiten Treffen war FKN SKZ auch da.
FKN SKZ: Wir wollten für einen Posse-Track Verses von Young Krillin und mir abfilmen und haben uns daraufhin ausgemacht, was zu machen. Die Songs sind in sehr homogenen, ungezwungenen Sessions in München entstanden – über eineinhalb Jahre. Zwischendurch hat Karat mit Young Krillin die „Trippy“-EP gemacht, da war mit „Schabernack“ der erste veröffentlichte Song von uns oben.
KDM Karat: Damals habe ich nach dem FM4-Interview das Video in Wien am Donaukanal gedreht. Bei der allerersten Session, wo „Finito“ mit Casino Fog entstanden ist, habe ich gemerkt, dass das musikalische Grundverständnis passt, die Offenheit zum Experimentieren da ist.

Worauf habt ihr beim Arbeiten an den Tracks am meisten geachtet?
KDM Karat:
Mir ist immer wichtig, dass es ein geiles Soundbild hat, es pumpt und scheppert und die Songs sich nicht gegenseitig kannibalisieren. Aber es kommt ganz klar raus, dass sich Dadash-Sound mit Berg-Money-Sound mischt. Hängengebliebene Melodien, zum Teil orientalische Einflüsse, straight up gemischt mit Trap.
FKN SKZ: Hängengeblieben im Sinne von experimentell und unkonventionell. Für mich war das – neben dem Menschlichen – der Haupttrigger. Ich wollte raus aus meiner musikalischen Comfort Zone ins KDM-Universium mit arabesk anmutenden Melodieabläufen. Für mich war’s anfangs ungewohnt, aber es hat seinen Vibe.

Der EP-Titel ist eine Hommage an „Yellow Submarine“ von den Beatles. Inwieweit seht ihr euch mit ihnen verbunden?
FKN SKZ:
Es gibt ja auch den gleichnamigen Titeltrack. Es war ein griffiger Titel, noch dazu konnte man eine schöne Hommage am Cover machen. Es steht auch bisschen für den Mix von uns. Wir haben etwas klassisch Musikalisches wie die Beatles und mischen es mit einem absolut bescheuerten Statussymbol wie der Rolex Submariner. 

Also keine großen Beatles-Fans?
KDM Karat:
Nicht wirklich. Zur Beatles-Zeit und zum LSD-Film passt eher die „Trippy“-EP von Young Krillin und mir. Es ist für mich einfach diese Trap-Stupidness und -Ignoranz. Wie viel behinderter kannst du sein, als ein U-Boot zu nehmen und einfach eine Uhr davor zu klatschen? Dann sitzen wir noch mit einem Outfit aus dem Beatles-Film da.
FKN SKZ: Ignorant war auch die Auslegungsweise – das Original lautet ja „We all live in a yellow submarine“. Bei uns würde es heißen: „You all live in a yellow submariner“. Das Haus oder die Wohnung, wo ihr wohnt, kostet ungefähr so viel wie der Schmuck auf unseren Handgelenken (lacht).

Auf „Nice“ sticht eine Line heraus: „Backpacker machen jetzt einen auf Trap-Rapper“. Was stört euch am meisten, wenn alteingesessene Rapper so auf den Zug aufspringen?
FKN SKZ:
Mir viele Sachen zu sehr vom Reißbrett abgezogen, wenn die eigene Note fehlt. Andererseits finde ich, dass viele zu sehr an ihrem alten Deutschrap-Ding festhalten. Nimo ist für mich eigentlich ein fresher Rapper, macht aber für mich keinen Trap. Auch ein Luciano nicht. Das ist guter Straßenrap der klassischen Gangart, aber für mich gehört zur Trap-Musik neben der 808 auch dazu, dass es sehr amerikanisch ist.
KDM Karat: Digga, wenn ich an Azad denke. Ich bin großer Fan, aber wenn er Trap macht – sorry. Es reicht halt nicht, die Beats zu nehmen und paar Worte zu benützen, die in Mode sind. Das Feeling, der Swag dahinter fehlen. Nicht mal faktisch, wenn jemand nicht aus der Generation kommt oder so. Aber man hört es, wenn die Attitude und dieser Trap-Groove fehlen.