"The hardest thing to do is something that is close…
Die Weihnachtszeit bietet sich für manch tiefsinnigeren Gedankengang an. Etwa darüber, ob es wirklich Sinn macht, den ganzen Advent hindurch von Geschäft zu Geschäft zu hetzen und Dinge zu besorgen, die man eigentlich gar nicht benötigt. Vielleicht bietet sich in dieser Zeit sogar die Gelegenheit, auch einmal jene materiellen Zwänge zu hinterfragen, die auf einen ständig einwirken – und stattdessen etwas Solidarität und Dankbarkeit zu zeigen. Dankbarkeit über den tagtäglichen materiellen Überfluss, der im Gegensatz zu dem kargen Alltag weiter Teile unserer Gesellschaft steht, auf die das Rampenlicht jedoch nicht gerichtet ist und die dementsprechend viel zu oft vergessen werden. Manche hat das Schicksal außerordentlich hart getroffen, mit der Obdachlosigkeit als Ende der gesellschaftlichen Abwärtsspirale. Bedingt durch die psychologischen Implikationen ist der Weg vom Boden zurück in ein geregeltes Leben äußerst schwierig.
Die Vorstellung, Obdachlosigkeit betreffe dabei nur die typischen „Sandler“, ist mittlerweile längst als Klischee entlarvt. Denn der alte Mann mit Rauschebart ist keineswegs mehr stellvertretend für die Gesamtheit jener, die der Wohnungsnot zum Opfer fallen. Auch Frauen sind darunter. Und auffallend viele junge Menschen. In der Gruft, der Obdachloseneinrichtung der Caritas Wien in der Barnabitengasse, machen die bis 30-Jährigen mittlerweile ein Drittel der Gäste aus, das Durchschnittsalter sank von 46 auf 42 Jahre, wie der Kurier berichtet. Eine alarmierende Entwicklung, die die Politik zum Handeln auffordert. Mit einem weiteren Abbau sozialstaatlicher Maßnahmen lässt sich dieses gesellschaftliche Problem jedoch bestimmt nicht beheben, im Gegenteil.
Die Initiative ergriffen und vorbildlich gehandelt hat vergangenes Wochenende der Wiener Rapper Kid Pex, über Szenegrenzen hinweg bekannt für sein soziales Engagement und seinen unermüdlichen Einsatz für soziale Randgruppen. Nachdem er mit seinem Modelabel „Pexwear“ in diesem Jahr bereits Flüchlingsteams beim Refugee Basketball Cup sowie ein junges Flüchtlingsfußballteam in Kremsmünster, den FC Doost, mit Trikots ausstattete, setzte er mit seiner Spende für die Gruft eine weitere bewundernswerte Aktion, die gerne ihre Nachahmer finden darf. Das kleine Wiener Label verschenkte nämlich 100 neue Hoodies an die Gäste der Gruft. Mitinitiiert wurde die Aktion vom Wiener HipHopper und Kellner Rene Müller, der einst selbst von der Obdachlosigkeit bedroht war und Kid Pex vorschlug, in der Gruft zu helfen. Kid Pex spendete für die geplante Hilfsaktion seine Streetwear-Einnahmen, Rene Müller sein Weihnachtsgeld.
Ein Gespräch mit Gruft-Leiterin Judith Hartweger war die Folge, bei dem sich die dicken Hoodies des Labels als ideale Spende herauskristallierten, vor allem im Hinblick auf die winterlichen Temperaturen. Da neue Kleidung in der Gruft eine Seltenheit darstellt, spielt hier auch die psychologische Komponente eine wichtige Rolle: „Judith, die Leiterin der Gruft, meinte beim ersten Meeting, dass die dortigen Obdachlosen nur sehr selten neue Kleidung bekommen. Umso mehr freute es Rene und mich, die die Kosten der Aktion jeweils zur Hälfte getragen haben, zu sehen, wie die Obdachlosen die frisch gedruckten Hoodies aus der Verpackung nehmen.“, so Kid Pex gegenüber The Message.
Während also Tausende die Shoppingzentren belagerten, setzten Kid Pex und Rene Müller ein starkes Zeichen für Solidarität und gegen die Ellenbogengesellschaft und den kapitalistischen Wahnsinn, der auch in der HipHop-Szene gegenwärtig vorherrscht wie selten zuvor. Es geht eben auch anders: „Für mich ist die Aktion HipHop to the fullest: Vom Rand der Gesellschaft für den Rand der Gesellschaft. Ich kann zwar meine Familie jetzt nicht großartig beschenken zu Weihnachten, aber ich hab wohl die beste Ausrede der Welt.“, sagt Kid Pex. Da hat er zweifelsfrei Recht. Großartige Aktion, die hoffentlich andere dazu inspirieren wird, zu Weihnachten ähnlich Gutes zu tun. Ist schließlich eigentlich auch der Sinn des Festes.
Kältetelefon der Caritas: 01/480 4553
Spendenkonto: AT16 3100 0004 0405 0050. Kennwort: Gruft Winterpaket.
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