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„Die FPÖ hat ein Problem mit mir“ // Kid Pex Interview

„Die FPÖ hat ein Problem mit mir“ // Kid Pex Interview

Hysterische Schlagzeilen begleiten seit Jahren die Veröffentlichungen von Kid Pex. Wenig verwunderlich, verfügt der Wiener Rapper mit kroatischen Wurzeln über einen ausgeprägten Hang zur Thematisierung gesellschaftspolitischer Umstände, ohne sich dabei ein Blatt vor dem Mund zu nehmen. Trotz des erwarteten und eing
etroffenen politischen Gegenwindes büßten die Texte von Kid Pex nicht an Radikalität ein, wie die jüngsten Tracks „Norbert Hofer“ und „Antifašista“ bezeugen. Im Gegenteil: Linke Ideale und antifaschistische Kampfrhetorik werden von Kid Pex weiterhin mit Inbrunst vertreten. Mögliche Unklarheiten seiner politischen Haltung betreffend thematisierten wir bereits in unserem Beitrag zu „Antifašista“. Zeit also, Kid Pex selbst zu diesem Themenkomplex zu befragen. Mit The Message sprach der Rapper daher über den Status Quo linker Politik, Nationalismus in den Staaten Ex-Jugoslawiens und warum Österreich sich an Graz ein Beispiel nehmen sollte.

The Message: Deine Tracks enthalten oft eine klare politische Botschaft. Wie kam es zu deinem Interesse an Politik?
Kid Pex: Bedingt durch den Jugoslawienkrieg war Politik schon in meiner Jugend ein Thema. In Österreich war die Schwarz-blaue Regierung das Schlüsselerlebnis: Ich machte bei den damaligen Donnerstagsdemos mit und engagierte mich politisch. Mein Interesse ließ in der Folgezeit zwar etwas nach, war aber stets vorhanden. Erkennt man auch anhand des Begriffes „Tschuschenrap“, den ich für meine Musik wählte. Der enthält eine klare politische Botschaft, indem er das Thema der Migration aufgreift. Inhaltlich führten mich die verschiedenen Entwicklungen in den vergangenen Jahr zu einem verstärkten Fokus auf Politik. Bei der derzeitigen Stimmung in Österreich und dem Rechtsruck sehe ich mich gezwungen, das Thema anzusprechen. In Zukunft werde ich sogar vermehrt in diese Richtung gehen. Wenngleich ich weiß, dass es kommerziell nicht die beste Entscheidung ist.

Du rappst für die Arbeiterklasse, die sich gegenwärtig in Österreich zu großen Teilen von linken Parteien abwendet.
Das erachte ich als sehr problematisch. Die ehemaligen Großparteien haben eklatante Fehler gemacht. Vor allem die SPÖ, die gar nicht mehr ihre Kernthemen repräsentiert. In deren Gremien sitzen heute neoliberale Manager und Lobbyisten, die Interessen von Großkonzernen vertreten. Die sind von der Erlebniswelt eines Arbeiters ganz weit entfernt. Ich finde es traurig, wie linke Kernthemen mittlerweile von der FPÖ besetzt werden. Das ist auch eines meiner Anliegen für „Forza Österreich“ gewesen: Wir  müssen zeigen, dass wir geschlossen stehen und unsere Themen behalten. Denn schwarz-blau war ein Beispiel für eine Form der Politik, wo der Arbeiter nicht an erster Stelle steht.

Teile der Linken sind sehr abgehoben

Eine Erklärung zur Schwäche vieler linken Parteien liegt in einer Akademisierung der Sozialdemokratie seit den 1970er-Jahren – mit dem Resultat einer zunehmenden Entfernung von der Arbeiterschaft.
Dieses Problem existiert. Teile der Linken sind sehr abgehoben, leben in ihren Weltverbesserer-Kreisen und sehen die Welt außerhalb dieser Blase nicht. Aber so kann linke Politik nicht funktionieren. Im Gegenteil. Wir müssen Inklusion betreiben, auf Leute zugehen und die Arbeiter wieder ansprechen. Und zwar vor Ort, nicht in irgendeinem Kämmerchen auf der Uni Wien.

In der YouTube-Kommentarspalte von „Antifašista“ findet sich auch der Name Martin Sellner, Co-Leiter der Identitären Bewegung Österreich. Welche Erfahrungen hast du mit ihm gemacht?
Martin Sellner hat auf Twitter immer wieder abfällige Bemerkungen über mich gemacht, mit dem Anti-Hofer-Track als Ausgangspunkt. Ich habe ihn komplett ignoriert, ich mag nicht darauf eingehen. Aber die Identitären haben mich schon länger im Visier. Damals, bei den Aktionen in der Votivkirche, haben sie ebenfalls über mich geredet. Ich erachte die als gefährlich. Die verstecken nur ihre Absichten hinter einer Hipsterverkleidung. Aber bei deren Demos sieht man, was das in Wirklichkeit für Leute sind.

Du nimmst in deinen Text immer wieder auf die FPÖ Bezug. Hast du schon direkten Kontakt mit Vertretern dieser Partei gehabt?
Die FPÖ hat generell ein Problem mit mir. Es gibt diese Serben-Bezüge in der FPÖ: Ich habe einmal zufällig den Konstantin Dobrilović getroffen, den FPÖ-Bezirksrat von Favoriten. Der erzählte mir, dass ein FPÖ-Funktionär ohne Migrationshintergrund eine Aussendung gegen mich geschrieben hat – die sie aber nicht veröffentlichten. Wegen der Serben, die auch Kid Pex hören. Ich bin den Serben in der FPÖ sowieso ein Dorn im Auge. Weil sie dem HC Strache andauernd erzählen, dass alle Ex-Jugoslawen auf seiner Seite wären. Dann kommt der Kid Pex mit kroatischem Migrationshintergrund und stellt sich gegen die FPÖ. Und der bekommt sogar noch Öffentlichkeit. Das stört sie extrem. Mich hat sogar ein FPÖ-Mitglied, der im 15. Bezirk auf der Wahlliste stand, angerufen und gefragt, warum ich solche Texte rappe. Weil die FPÖ  „Jugos“ partizipieren lässt und so weiter. Einen traurigen Fakt gibt es allerdings: Nemanja Damnjanović ist Wiener Landtagsabgeordneter der FPÖ. Wenn man sieht, an welche Stellen Leute aus den ehemaligen Jugoslawien bei der SPÖ oder ÖVP im Vergleich dazukommen, ist das schon traurig.

Ich bin für eine Politik der offenen Türen

Du kritisierst auch des Öfteren die österreichische Flüchtlingspolitik. Wo siehst du die größten Probleme?
Ich finde vor allem den medialen und politischen Umgang mit den Flüchtlingen katastrophal. Man redet nicht über die Fluchtursachen, die von der westlichen Welt verursacht wurden. Österreich eingeschlossen. Stattdessen versucht man immer, Vorurteile gegenüber anderen Kulturen zu schüren. Ich bin für eine Politik der offenen Türen. Genauso bin ich aber für eine gerechte Aufteilung unter den EU-Staaten. Die EU soll endlich beweisen, dass sie über eine menschliche Komponente verfügt und mehr ist als ein Instrument von Unternehmern und Lobbyisten. Im Endeffekt ist die Zahl der Flüchtlinge gering, wenn man an die 500 Millionen Einwohner der EU denkt. Das wäre rein statistisch alles kein Problem. Aber sobald es darum geht, in der EU Verantwortung über die Folgen der eigenen Politik zu übernehmen, drücken sich alle.

Erkennst du die oft zitierten europäischen Werte in der Flüchtlingskrise?
Ich bezweifle, ob es solche europäischen Werte überhaupt gibt. Was soll das sein? Kolonialismus? Man muss nur schauen, was die Belgier im Kongo machten, ohne jemals etwas dafür gezahlt zu haben. Afrika ist das traurigste Kapitel überhaupt. Jetzt warnen Leute vor Afrikanern, die sich auf den Weg nach Europa machen. Aber dass diese Migration nur ein Resultat unseres Handelns ist, wird dabei vergessen. In Europa hat man eine komplett falsche Selbstwahrnehmung, jeder sieht sich als Super-Demokrat und erzählt von moralischen Werten. Europa ist pure Heuchelei und Scheinheiligkeit – zumindest in diesem Aspekt. Europa steht auch für Fortschritt. Aber auf Kosten von anderen. Und diese anderen werden früher oder später zurückschlagen. Und wir werden dafür bezahlen müssen.

Wie reagiert die ex-jugoslawische Diaspora gegenwärtig auf Flüchtlinge?
Ein Teil unserer Community – also Bosnier, Kroaten, Serben – fühlt sich nun erhaben. Die werten sich auf, indem sie andere abwerten. Ich habe dazu einmal einen Kommentar geschrieben und den Leuten in Erinnerung gerufen, dass sie vor zwanzig Jahren selbst Flüchtlinge waren. Und jetzt machen sie auf bessere Ausländer und Strache-Fans? Das ist scheinheilig und inakzeptabel.

In „Antifašista“ hast du dich kritisch gegenüber Abschiebungen geäußert. Wie gehst du damit um, dass Abschiebungen in der breiten europäischen Öffentlichkeit nicht als Tabu gelten?
Ich merke selber, dass immer mehr Österreicher Abschiebungen fordern. Wenn ich mit Leuten rede, die meinen, zu viele Flüchtlinge wären nun in Österreich. Aber diese Meinung wird ihnen von den Medien eingeredet. Früher war es nur ein Blatt, das in der Hetze führend war. Heute sind es drei. Ich kann die Angst der Leute teilweise verstehen. Die leben in einem System, in dem sich ein großer Rechtsruck ereignete. Der drückt sich nicht nur durch FPÖ-Wahlerfolge aus. Rechtsruck ist im Mainstream passiert, bei den ehemaligen Großparteien, die viele Forderungen der FPÖ aufgegriffen haben. Salonfähigkeit des Rassismus war in Österreich immer ein Problem, aber der hat nun seinen Höhepunkt erreicht. Keiner erzählt dir von positiven Flüchtlingsgeschichten, alle fokussieren sich nur auf das Negative.

Ich bin für eine Form des Kommunismus, für soziale Gerechtigkeit

Wie lautet dein Vorschlag für eine bessere, gerechtere Welt?
Das ist natürlich eine schwierige Frage. Oft scheitert es an der Umsetzung theoretischer Konzepte. Menschen haben leider naturgemäß ein ausgeprägtes Ego. Aber ich bin für eine Form des Kommunismus, für soziale Gerechtigkeit. Wie das genau heißt oder unter welchen Fahnen das stattfindet, ist mir persönlich unwichtig. Nur gerechter soll es zugehen und Vorurteile endlich abgebaut werden.

Über die Praktikabilität des Sozialismus herrschen große Zweifel, die sich insbesondere auf die wenig glorreiche Vergangenheit solcher Systeme beziehen.
Ich glaube aber schon, dass das funktionieren kann. Es hat immer wieder positive Ansätze gegeben – in Staaten, die gezeigt haben, dass Sozialismus mehr sein kann als nur Theorie.

Welche Staaten wären das?
Jugoslawien unter Tito ist das beste Beispiel.

Foto: Pixelnerd

Dem kann man entgegnen, dass Jugoslawien nicht der Idealtypus eines sozialistischen Staates war, wenn man beispielsweise an die Einführung kapitalistischer Lohnarbeitsverhältnisse im Land denkt.
Klar, das stimmt natürlich. Aber ich kann etwas aus meiner Kindheit erzählen. Wenn ich an meine Kindheit im ehemaligen Jugoslawien denke – da habe ich sehr idyllische Erinnerungen. Am Parkplatz vor meinem damaligen Wohnhaus hast du nur drei Automarken gesehen. Eine war „Jugo“, eine Peugeot, eine Renault 4. Und Renault 4 war schon das Höchste der Gefühle. Die Unterschiede waren einfach geringer. Der Nachbar hat genauso wie du die Wohnung vom Staat bekommen, jeder hatte die gleichen Perspektiven. Natürlich gab es negative Aspekte. Meinungsfreiheit war nicht so, wie sie sein sollte. Aber soziale Gerechtigkeit war vorhanden. Kein Fünf-Klassen-Medizin-System, die Zugänge waren offen, die Leute aus den Dörfern sind in die Städte gegangen, was sehr gefördert wurde. Neid und Missgunst waren nicht vorhanden. Dann, plötzlich über Nacht, ging in Kroatien dieser Turbokapitalismus kombiniert mit Nationalismus los. Mit Privatisierungen, die teilweise kriminell vor sich gegangen sind. Die Welt im ehemaligen Jugoslawien brach auf einmal zusammen, mit dem bekannten Chaos als Folge.

Eine Schwäche des jugoslawischen Sozialismus war die Zentralität der Figur Tito.
Definitiv war das so. Tito hat seine Nachfolge nicht adäquat geklärt. Das Aufkommen des Nationalismus kam hinzu. Es gibt plausible Theorien, die von einem Interesse des CIA an dem Fall Jugoslawiens ausgehen. Ein starkes sozialistisches Jugoslawien wollte sowieso keiner in Europa. Zudem sah sich jeder Politiker plötzlich als der neue Tito, wie auch anhand der Politik von Milošević oder Tuđman  offensichtlich wird. Groteskerweise ist dieses Gefühl bei vielen Politikern im Jahr 2017 noch vorhanden.

Slobodan Milošević gilt gemeinhin als Totengräber Jugoslawiens.
Natürlich. Man kann sagen, dass der Untergang mit Milošević begonnen hat. Aber ich bin kein Freund von Theorien, in denen die Serben als alleiniger Schuldiger dargestellt werden. Ich bin weit von solchen Gedanken entfernt. Schließlich sind auch in Kroatien Sachen passiert, die nicht passiert hätten dürfen. Es mag schon sein, dass Milošević als Erster das Streichholz angezündet hat. Aber dann kamen sofort fünf andere, die weitermachten und nicht zur Deeskalation beitrugen. Wenn man den Serben hier die alleinige Schuld zuschiebt, macht man es sich zu einfach.

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Es ist krank, die ganzen Gemeinsamkeiten leugnen zu wollen

Welche Rolle spielen Vorstellungen eines Groß-Serbiens oder Groß-Kroatiens als Nachfolge eines Jugoslawiens in der Diaspora?
In den nationalistischen Vereinen ist das zweifellos noch immer in den Köpfen. Vorstellungen von Groß-Albanien, Groß-Serbien, Groß-Kroatien oder was es sonst für irrsinnige Ideen gibt. Jetzt ist das alles nur etwas untergegangen. Weil man gesehen hat, dass der Krieg niemandem etwas gebracht, sondern alles nur zerstört hat. Deswegen werden diese Gedanken nicht mehr so häufig erwähnt. Aber in der Rhetorik der 1990er-Jahre kamen auf allen Seiten solche Ideen zur Geltung. Kroatien war keine Ausnahme. Wenn ich da nur an die Ustaša-Rehabilitierungen in den 1990er-Jahren denke. Das war keine Rehabilitierung im politischen Sinne. Aber ich bin nach Kroatien gekommen und mein Nachbar ruft „Za Dom – Spremni!“ („Für die Heimat – Bereit!“, Grußformel der faschistischen Ustaša-Bewegung, Anm.), ohne irgendein Schamgefühl. Das wirkt auf jemanden wie mich, der mit Nationalismus ein großes Problem hat, sehr befremdlich. Wenn ich mir noch anschaue, was in den 1990er-Jahren alles diskutiert wurde. Wo man Blutkörperchen nationalisierte und es darum ging, wie viele kroatische oder serbische Blutkörperchen eine Person hat. Absurd. Mein Nationalstolz beschränkt sich auf Fußball. Weil ich mit Fußball aufgewachsen bin und das etwas Positives ist. Aber sonst? Nein. Wir sind einfach nur zerstrittene Brüder mit anderen geschichtlichen Entwicklungen. Es ist krank, die ganzen Gemeinsamkeiten leugnen zu wollen. Die 1990er-Jahre haben so viel kaputt gemacht. Ganz Europa ging nach vorne, wir nach hinten. Wir bekamen diese Komplexe und ein Trauma, das uns noch lange verfolgen wird. Auch weil Nationalismus auf dem Balkan immer noch eingesetzt wird, um Leute zu instrumentalisieren. Es gab bisher keine gemeinsame geschichtliche Aufarbeitung des Krieges, jeder betont sein eigenes Schicksal. Eine differenzierte Aufarbeitung der Geschehnisse wird wohl noch fünf bis sechs Generationen brauchen.

Worauf sollte man sich bei der Rezeption des Systems Titos fokussieren – auf die Stärken oder die Schwächen?
Ganz klar auf die Stärken. Ich bin dafür, dass man die Vorteile herauspickt und diese analysiert. Deswegen habe ich in „Antifašista“ auch Josip Broz, Hugo Chávez und Fidel Castro genannt. Ich wollte zeigen, dass es Politiker gab, die sich für den sogenannten „kleinen Mann“ einsetzten. Es mag nicht alles in diesen System funktioniert haben. Dennoch können wir uns davon etwas abschauen.

Insbesondere im Falle von Venezuela unter Chávez fällt das Resultat sehr zwiespältig aus. Einerseits wurde die Armut bekämpft, andererseits versickerten viele Erdöl-Einnahmen, ähnlich wie bei der Vorgängerregierung, in dunklen Kanälen.
Trotzdem kann man von Venezuela lernen. Vor allem bezüglich der Sozialprogramme. Was Chávez in der Landwirtschaft für Leistungen erbracht hat, ist durchaus beispielhaft. Chávez größter Mangel war die fehlende Regelung der Nachfolge. Das haben alle drei Politiker, die ich im Track genannt habe, gemein. In Jugoslawien endete das in einer totalen Katastrophe.

Wir brauchen in Österreich mehr EsRaPs und Yasmos

Nationalismus ist nicht nur in den ex-jugoslawischen Staaten ein Thema, sondern erlebt auch in Westeuropa eine Renaissance. Wie soll man als Künstler auf diese Umstände reagieren?
Man muss als Künstler reagieren. Leider machen das zu wenige. Mich erinnert die gegenwärtige Stimmung in Europa an die 1920er-Jahre. Die Hetze ist enorm gewachsen in Österreich. Damals, als ich nach Österreich kam, gab es zwar auch Hetze. Die „Balkanesen“ galten in den Medien als die Schlimmsten von allen. Jetzt sind es die Moslems. Meine Musik kann diese Stimmung nicht aufhalten, da mache ich mir keine Illusionen. Aber ich kann Signale setzen. Künstler, die eine große Plattform haben, sind in dieser Hinsicht gefordert. Wir können das Feld nicht Andreas Gabalier überlassen. Es wäre gut, wenn sich die ganzen Austro-Popper, ob ein Wolfgang Ambros oder Rainhard Fendrich, mehr dazu äußern würden. Schließlich können sie die Leute beeinflussen! Ich versuche mit Rap meine Community so weit zu beeinflussen, wie es mir möglich ist. In der österreichischen Rap-Szene gibt es dahingehend auch nicht viele. P.tah und Con, Lev Bro, meine Schwester EsRaP und Yasmo. Wir brauchen in Österreich mehr EsRaPs und Yasmos. Die wenigen weiblichen MCs, die wir haben, engagieren sich mehr als 500 Männer in der Rapszene. Da ist noch Luft nach oben. Ich hoffe, dass wir mehr Leute motivieren können, Tracks in die Richtung zu machen. Viele haben leider Angst, was ich ein Stück weit nachvollziehen kann. Aber nichts zu tun ist auch keine Methode.

Kann Aktionismus etwas bewirken?
Ja, es verstärkt auf jeden Fall den Zusammenhalt innerhalb der Szene. Deswegen habe ich „Antifašista“ gemacht. Das Lied kommt von mir, aber im Video habe ich mich zurückgehalten. Weil ich gar nicht meine Person da platzieren mag. Der Track ist gedacht, um allen in der linken Szene Kraft zu geben. Egal, ob kommunistische Jugend oder sozialistische Linkspartei.

Dass mit dezidiert linker Politik die Bevölkerung erreichet werden kann, beweist die KPÖ in Graz, die bei den Gemeinderatswahlen 2017 zweitstärkste Kraft blieb – wobei hier das persönliche Engagement der jeweiligen Spitzenkandidaten eine große Rolle spielt. Was können linke Bewegungen von der politischen Herangehensweise einer Elke Kahr oder eines Ernest Kaltenegger lernen?
Elke Kahr zeigt, wie linke Politik am besten funktioniert: Wenn man auf die Leute zugeht und Solidarität lebt, indem man die Hälfte des Gehaltes für wohltätige Zwecke spendet. Darüber sollten die Medien berichten! Elke Kahr hätte sich schon längst eine Dokumentation im ORF verdient. Die Grazer wissen, was sie an ihr haben. Bei ihr und ihrem Vorgänger Ernest Kaltenegger, der die KPÖ in Graz groß gemacht hat, haben die Leute direkt die Effekte ihres politischen Handelns gespürt. Das ist beispielhaft für ganz Österreich. Schade, dass sie medial nicht die Anerkennung bekommt, die sie verdienen würde. Für mich ist Elke Kahr und die Grazer KPÖ ein Lichtblick in der politischen Landschaft Österreichs. Ich habe auch den Robert Krotzer kennengelernt, der jetzt Stadtrat ist. Der hat mir Props für meine Sachen gegeben. Sind auf jeden Fall gute Leute in Graz. Österreich soll Graz werden!

Dieses Jahr gab es erstmals seit langer Zeit wieder eine Demo gegen den Opernball. Warst du vor Ort?
Ja, ich war dabei und finde es wichtig, dass die Demonstration wieder ins Leben gerufen wurde. Weil der Opernball einfach eine Zurschaustellung purer Dekadenz ist. Aber die Wiener HipHop-Szene leistet sich auch einen eigenen Ball. Den finde ich genauso schrecklich. Ich habe die kritischen Stimmen in der Szene vermisst. Ihr und Kamp habt etwas darüber geschrieben, ich habe auf Facebook einen Kommentar verfasst. Aber sonst haben alle geschwiegen. Das hätte man szeneintern stärker thematisieren müssen. Eine Petition hätte gereicht, in der hundert wichtige Protagonisten sich gegen den HipHop-Ball stellen und die dann an die Medien gespielt wird. Umso trauriger, wenn sich Leute für ein bisschen Geld für diese Veranstaltung hergeben. Geld ist nicht alles. Aber das muss jeder für sich entscheiden.

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