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„The Iceberg“ spuckt Lava // Oddisee live

„The Iceberg“ spuckt Lava // Oddisee live

Oddisee live in der Grellen Forelle // Alle Fotos: Marlene Rosenthal
Oddisee überzeugt live abermals // Alle Fotos: Marlene Rosenthal

Nach seinen eher kurz ausgefallenen Festival-Auftritten beim Waves Vienna sowie am HipHop Open spielt Oddisee nun wieder ein Österreich-Konzert in adäquater Länge – die gefüllte Grelle Forelle dankt es ihm. Doch zunächst stimmt als Support der „Rock ’n‘ Soul“-Singer-Songwriter Olivier St. Louis (fka Olivier Daysoul) ein, der – wie Oddisee – aus Washington D.C. stammt und schon seit einiger Zeit regelmäßig mit dem Rapper und Produzenten zusammenarbeitet. Er ist darüber hinaus Teil der Band Good Compny, die die gesamte Show über für feinste instrumentale Untermalung sorgt. Olivier St. Louis spielt unter anderem einige Tracks seiner kürzlich via Jakarta Records erschienenen „Ever since the fall„-EP. Der mittlerweile in Berlin lebende Musiker überzeugt dabei stimmlich und lässt vereinzelt Entertainer-Qualitäten aufblitzen. Den verdienten Applaus des Publikums spielt er gekonnt herunter: „Don’t get too excited, I’m just the opener!“

Im Zuge eines flüssigen Übergangs betritt Oddisee mit einem Lächeln die Bühne, während Olivier St. Louis zur Seite schreitet, um sich fortan hauptsächlich auf seine Gitarre zu konzentrieren. Sichtlich überwältigt von der Crowd („What day of the week is it? Monday!? Wow!“) legt Oddisee in dynamischer Manier mit den ersten drei Tracks seines aktuellen Albums „The Iceberg“ los. Da auch für die Studioversion trotz Sample-Basis einige Instrumente live eingespielt wurden, weicht der Sound mit Band weniger deutlich als erwartet von den Originalklängen ab. Dazu trägt auch der MC bei, der seine Texte trotz einer teilweise gewaltigen BPM-Rate on Point performt und vor allem zu Beginn der Show kaum Pausen zwischen den Tracks einlegt. Für ein erstes Highlight sorgt die Performance des politisch-emotional aufgeladenen Tracks „Lifting Shadows„, bei dem sich der muslimische Rapper zur Situation von Immigranten sowie seinen Glaubensbrüdern in den USA äußert und dabei nicht mit eloquenten Punches gegen Donald Trump spart.

In weiterer Folge kann Oddisee, der demnächst erstmals Vater wird, die Intensität nicht hundertprozentig aufrechterhalten – aber das wäre wohl ohnehin gesundheitsschädigend. Die anschließend gespielten Nummern aus den Vorgängeralben „The Good Fight“ und „Tangible Dream“ dürften dem Publikum weitaus vertrauter sein als die neueren Tracks, weshalb der Rapper die Besucher zunehmend bei Hooks und Instrumental-Passagen zur Mitarbeit auffordert. Ganz nach dem Motto „Kennt eh schon jeder“ erlaubt er es sich, eine verkürzte Version seiner bekanntesten Nummer „Own Appeal“ zu spielen, ehe er „Hold It Back“ und „Want To Be“ – zwei Standout-Tracks aus dem neuen Album – sowie reichlich weiteres Material darbietet, bei dem Olivier St. Louis teilweise als singender Featuregast unterstützt.

Bevor Oddisee den Abschlusstrack „NNGE“ performt, der starke Go-go-Einflüsse aufweist, rattert er mit Funkeln in den Augen kurz die Geschichte dieses aus Washington D.C. stammenden, funkigen Musikgenres herunter. Als Überraschungsgast erscheint auch Featurepartner Toine von DTMD für die treibende Nummer auf der Bühne. Dank eines überwältigenden, minutenlangen Applauses kommen Oddisee und Good Compny für eine ausgedehnte Zugabe zurück, bei der sie „Want Something Done“ zuerst in Originalform, dann als Trap-Persiflage performen, ehe sie sich mit der Fleiß-Hymne „Killing Time“ sowie „Ready To Rock“ endgültig von der Crowd verabschieden.

Fazit: Oddisee und seine zahlreich erschienenen Musikerkollegen verdienen vollsten Respekt dafür, auch gegen Ende ihrer Europa-Tour mit einer derartigen Energie und Spielfreude aufzutreten. Gemeinsam haben sie für eine Top-Show gesorgt und der Grellen Forelle ordentlich eingeheizt. Da gibt’s nichts zu meckern.

Ein Interview mit Oddisee aus dem Jahr 2015 findet ihr hier.

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