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Das Krokodü berauscht die Forelle // Kroko Jack & Def Ill live

Das Krokodü berauscht die Forelle // Kroko Jack & Def Ill live

Sonnenbrille muss sein – Kroko Jack in der Grellen Forelle. Fotos: David Lindengrün

Hierzulande ist es nur wenigen Rappern zuzutrauen, unter der Woche eine Location in der Größenordnung der Grelle Forelle zu füllen – Kroko Jack schafft das mit links. Die rappelvolle Hütte bietet einen perfekten Rahmen für die Releaseshow seines soeben erschienenen Comeback-Albums „Extra Ordinär“. Kroko Jack ist dafür gemeinsam mit seiner Crew Beese Buam angereist. Als Support-Act rundet Def Ill das Linzer Festspiel am Donaukanal ab.

Energiegeladen wäre noch eine Untertreibung für seine etwa 30-minütige Einstimmung aufs Krokodü. Def Ill beginnt mit einigen Tracks aus seinem kürzlich releasten, ganze 61(!) Tracks umfassenden Mixtape „Def before Dishonor“. Dass dieses auch ob der Überlänge ziemlich abwechslungsreich gestaltet ist, kristallisiert sich bereits nach wenigen gespielten Nummern heraus. Neben einigen Covern – etwa zu „My Name is“ – sorgt der BoomBap-Spezialist auch für einen ausgedehnten Trip ins Trap-Metier. Bei einer kurzen Verschnaufpause – ja, er prescht tatsächlich nicht durchwegs innerhalb weniger Sekunden zigmal vom einen zum anderen Ende der Bühne – greift er diesen Stilwechsel humorvoll auf. Der von K.S. Kopfsache unterstützte Rapper bemüht sich stets um Interaktion mit den Besuchern und sorgt mit seiner Forderung nach einem „Kannibalenmoshpit“ für reichlich Schweißproduktion in den ersten Reihen. Leider sind die Texte bei den Tracks teils schwer verständlich, was in erster Linie am hohen Tempo und der Power liegt, die Def Ill an den Tag legt. Bei altbekannten Nummern wie „Süchtig“ oder „Fümriss“ ist ihm dafür ein mitgrölendes Publikum sicher. Auch sein ausgedehnter, sauber gespitteter Doubletime-Part weckt zu Recht Begeisterung. Ein klassicher Def-Ill-Auftritt, der gut als Einstimmung auf Österreichs Mundartrapgott (© Thomas Kiebl) passt.

Dieser erscheint mit einem breiten Grinsen und gleich zwei „Beesen Buam“ als auf der Seite stehenden Backups auf der Bühne. Ein imposantes Bild, das inständig vom wunderbar schallenden, klaren Sound von „Test me“ ergänzt wird. Die Anlage erscheint bestens auf den Stil von Kroko Jack abgestimmt, was die Stimmung in der Grellen Forelle in euphorische Höhen katapultiert. „Mir mochts Spaß“, so die erste Reaktion des Rappers, bevor er wie gewohnt große Töne spuckt: „Pussy-Rapper umbringa is mei Job, oida!“ Weiters lässt er kontinuierlich den Lokalpatrioten raushängen. Jedenfalls bejaht eine überraschend große Meute die Frage nach aus seinem Heimatbundesland stammenden Gästen. „Wien, es sads a Wahnsinn! Manche sogn, Wien kriegt den Stock ned ausm Oasch, die Linzer mochns“, so sein süffisanter Kommentar. In durchwegs souveräner Manier schmeißt er den Besuchern jede Menge Tracks aus „Extra Ordinär“ um die Ohren, wobei die Grenzen von HipHop und Dancehall konstant verschwimmen. Als erstes Highlight fungiert die sehr eingängige Nummer „Fliang“, obwohl Featurepartner Crack IgnazK1 Zeit“ hat. Selbiges gilt wenig überraschend für den „echten Wiener Bua“ RAF Camora, dessen Part kurz eingespielt wird sowie für Skero. So muss Kroko Jack, der mittlerweile mit Handtuch als Kopfbedeckung spittet, die catchige Bilderbuch-Hommage „Vadient“ ohne Unterstützung des Lulatsches performen. Als Ersatz gibt es dafür einen schneidigen Remix, bei dem Professa von Iriepathie als Featuregast erscheint. Zu den absoluten Highlights zählen aber „Bledsinn“ und „Kraunknstaund“ (schön umgelegt auf den nahenden Advent), wo die Texte auch dank der laut mitsingenden Crowd regelrecht durch die Location hallen. Auch „9mm/Obzugsfinga Pt.II“ mit einem etwas gewöhnungsbedürftig pulsierendem Beat und einem Gastbeitrag von Def Ill kann letztendlich überzeugen. Für Schmunzeln sorgt eine Ansage, die zwei wichtige Anliegen des Rappers umfasst: „I ram den Amadeus ob und Ganja wird 2018 legalisiert!“

Nachdem sich der Rapper nach etwa einer Stunde von der Bühne verzieht, bleiben minutenlange, richtig Laute Kroko-Jack-Sprechchöre mit dem Wunsch nach einem weiteren Track unerhört. Leider kommt er nicht noch einmal, um „Micjack“ zu performen, bevor der Abend mit einem Set vom FM4 Tribe Vibes Soundsystem aka Trishes und Phekt seinen Ausklang findet. Die nicht erfolgte Rückkehr ist allerdings der größte Kritikpunkt einer durchwegs souveränen, lebhaften Show mit überzeugendem Sound. Da hat sonst alles gepasst. Es ist schön zu sehen, dass das Krokodü wieder da ist und reichlich Freude an der Musik hat. Seine große Spielfreude ist etwa auch Besucherin Tina aufgefallen: „Er hat sich voll gefreut und für seine Verhältnisse ziemlich lange gespielt. Die Stimmung war extrem nice.“

Fazit: Die Releaseshow war zweifellos eines der heimischen Konzert-Highlights des Jahres. Kroko Jack konnte die hohen Erwartungen also erfüllen. Ihm ist es gelungen, „Extra Ordinär“ durchwegs sauber und gut gelaunt durchzuspitten und die Show mit ein paar älteren Nummern abzurunden. „Micjack“ hätte er aber wirklich noch spielen können – das wäre das i-Tüpfelchen eines denkwürdigen Konzertabends gewesen. Er hat die ausverkaufte Hütte aber auch so vorzüglich elektrisiert – gerne jederzeit wieder, Kroko!

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