Liebt deutschsprachigen Rap und Taylor McFerrin. In jeder freien Minute…
„My Adidas and me close as can be
we make a mean team my Adidas and me“
rappten Run-D.M.C 1986 in ihrem Song “My Adidas” bei einem Konzert im Madison Square Garden in New York und wollten sich damit vom populären weißen Mainstream-College-Look abgrenzen. Dabei wurden die 20.000 Leute im Publikum aufgefordert, ihre Adidas-Sneakers demonstrativ in die Höhe zu halten. Als ein Repräsentant des deutschen Unternehmens Adidas dieses Spektakel beobachtete, hatte dies den ersten Sponsorship-Vertrag zwischen einer Handelsmarke und einer HipHop-Gruppe zur Folge. Mit über einer Million Dollar, die Run DMC für den Deal damals bekamen, löste dieses Ereignis eine regelrechte Werbeflut in der Musikbranche aus. Im Video zu “Walk this Way” sind die Mitglieder der Oldschool-Truppe dann auch noch in Adidas Superstars zu sehen, was der Marke zu US-Rekordumsätzen verhalf. Zum allerersten Mal wurde die amerikanische Werbebranche auf die Macht der Musikkultur und deren Wirkung auf Jugendliche aufmerksam und versuchte von nun fortan, auf Musiker und deren Videos im Rahmen des Product Placements Einfluss zu nehmen.
Auch 25 Jahre nachdem Run DMC ihrer Schuhleidenschaft in einem Song zum Ausdruck gebracht haben, konnte einer der MCs der Gruppe, DMC, noch immer nicht mit Adidas und deren Sneakers abschließen. In einem New Yorker Laden signierte er für jeden Käufer eines Superstar 80’s Retro Sneakers, die zu Ehren des Jubiläums eigens kreiert wurden, Autogrammkarten. Dieses neu auferlegte Paar stellt denselben Schuh dar, über den Reverend Run, DMC und Jam Master Jay damals im „My Adidas“-Video rappten, inklusive speziell angefertigter Details wie einem JMJ Logo an der Ferse oder einem eingestickten Emblem, das das Jahr 1986 abbildet.
http://www.youtube.com/watch?v=dA8DsUN6g_k
DMC erklärte hierzu:
„Es war zwar ein Song über unsere Sneaker, aber es ging dabei um mehr als nur darüber, wie viele Paar Sneaker wir besitzen. Es ging dabei um Vorurteile gegenüber jungen Menschen, die schnell als Unruhestifter betrachtet wurden und als Leute, die überhaupt nichts wissen. Sie gingen dabei also nur nach Äußerlichkeiten und nicht danach, was im Inneren steckt. Also entschlossen wir uns, einen Song darüber zu machen. Darin hieß es unter anderem ‚Wir tragen zwar Adidas und Goldketten, gehen aber zur St. John’s Universität.‘ Wir wollten die Welt wissen lassen, dass wir Leute mit einer Vision sind, dass wir eine Inspiration und Motivation haben und dass wir auch gebildet sind. Es war also eine Art Schlag ins Gesicht für all diejenigen, die den Hip Hop hassten.“
Aber wie kam es schlussendlich – trotz ambivalenter Motivationsgründe – überhaupt zu solch einem Hype, mit derart großen Auswirkungen auf HipHop und die Musikvideos dieses Genres? Wie konnten die amerikanischen Anfänge des Rap die Werbung der Textilbranche und der großen Autohersteller so massiv beeinflussen?
Eine Antwortmöglichkeit wäre die Verknüpfung dieser revolutionären Musikrichtung mit der Idee des “American Dream”, kombiniert mit dem Geschäftssinn und dem Ehrgeiz der einzelnen Rapper. Bleibt allerdings die Frage offen, ob der kommerzielle Vermarktungsgedanke nicht in gewissen Maßen Arroganz und Selbstverliebtheit weicht, wenn jemand wie Petey Pablo über Seagram’s Gin in einem Song verkündet: „Now I got to give a shout out to Seagram’s Gin, Cause I drink it and they payin‘ for it“ Aber spezifische Marken werden in den Liedern der Musiker oft nicht nur angedeutet wie in diesem Fall, sondern auch als direkte Metaphern verwendet. Gucci, Prada und Benz stehen in diesem Zusammenhang für Luxusgüter, die nur den Schönen und Reichen vorbehalten sind. Bei längerer Überlegung resultiert diese Tatsache eigentlich in einem Paradoxon. Dass Musik, deren Wurzeln in die dunklen Gassen und in die dreckigen Clubs der Bronx reichen, nun auf einmal Elemente aus der Glitzerwelt Hollywoods enthält, wirkt wahrlich skurril. Durch die Kommerzialisierung von HipHop in den Staaten haben Luxusartikel und Dekadenz somit regelrecht Einzug in den Videos, und vor allem in den Köpfen der Musiker gehalten.
Es kam schon vor, dass die gesamten Videos der amerikanischen Top Ten, allesamt Rap Songs, mit Reimen über bestimmte Handelsmarken versehen waren. Auf diesem Faktum aufbauend, hat die Zeitschrift Business Week eine erstaunliche Schätzung veröffentlicht, die angibt, dass demzufolge ein Viertel aller Konsumentscheidungen in den USA auf irgendeine Art und Weise mit HipHop verknüpft ist.
Trotz allem kann es auch zu negativen Assoziationen mit den genannten Handelsmarken in den Köpfen der Endverbraucher kommen. Wenn Chingy über seine Nacht mit einer Frau im Holiday Inn rappt, wissen sogar die nicht Marken-Kundigen, um welches Milieu es sich hierbei handelt. Verwendet ein Künstler einmal ein Firmensymbol in seinen Texten, hat der Hersteller keinen Einfluss mehr über die positiven oder negativen Konsequenzen und den Gebrauch des Produktnamens. Die Hotelkette Holiday Inn musste übrigens schon des Öfteren für sinnverwandte Themen herhalten, denn noch bevor Run DMC über Schuhe rappten, erzählten uns bereits 1976 die Mitglieder der Sugarhill Gang in „Rappers Delight“ unter anderem über die schnelle Liebe im Holiday Inn und die Vorzüge eines Cadillacs.
Ein Grund dafür, dass US-amerikanische Marken es auch Übersee zu gewisser Bekanntheit geschafft haben, ist nicht nur der generelle Trend der Globalisierung, sondern auch der Wechsel der Musikvideos von TV-Sendern zu internationalen Internet-Kanälen. Durch die leichte Zugänglichkeit der Musikdateien durch das World Wide Web und die daraus resultierenden illegalen Downloads, werden gut produzierte Videos von den Plattenfirmen vermehrt als alternative Einkommensquelle zu den Plattenverkäufen gesehen. Durch die Kostenpflichtigkeit des priorisierenden Senders MTV, der zu auffälliges Product Placement von je her strikt gehandhabt hat, wurde diese neue Methode der Produktvermarktung von Herstellern immer beliebter.
Eine neue Ära des Product Placements haben aber vor allem Künstler wie Biggie Smalls oder die Wu-Tang Clan Mitglieder eingeläutet, die Cristal oder Moet & Chandon Champagner in ihren Texten glorifizierten. In „Pass the Courvoisier“ wurde dem prickelnden Getränk sogar ein eigener Song von Busta Rhymes und P.Diddy gewidmed. Dieses Musikstück schaffte es auch, einen zweistelligen Umsatzwachstum des High-Class-Getränks auf dem US-amerikanischen Markt zu erzielen. Nach diesem Erfolg mutierten einige der Herren gleich selbst zu Geschäftsmännern und brachten wie Sean Combs mit dem Vodkalabel „Ciroc“, oder Pitbull mit „Voli“, eine eigene alkoholische Mixtur in den internationalen Spirituosenhandel. Nur darüber zu rappen, hat schließlich niemandem mehr gereicht – die Geschäftsidee über die eigens vertriebenen Produkte zu schreiben, hat sich in der HipHop Gemeinschaft profiliert.
Ein Beispiel, um die finanziellen Dimensionen dieser Marketingstrategie aufzuzeigen, liefert das Video der amerikanischen Rapperin Ms. Jade aus dem Jahr 2009. General Motors hat sich den Auftritt eines Hummers H2 in dem Clip zu „Ching Ching“ 300.000 Dollar kosten lassen, somit ist zwar das Auto in dem Video öfter zu sehen als die Interpretin selbst, aber das Musikvideo war zur Hälfte finanziert.
Man kann es allerdings auch so machen wie der gewiefte Allround-Geschäftsmann Jay-Z. Roc-a-fella Records erwarb die U.S. Rechte der schottischen Vodka-Sorte Armadale, um danach die Marke verstärkt in den eigenen Songtexten zu etablieren.
Vielleicht war dies auch eine Trotzreaktion auf den Eklat mit der Champagner Marke Cristal. Diese befürchtete nämlich, dass eine mentale Verbindung zu HipHop dem Luxusartikel schaden könnte. Aufgrund dieser Aussage des Managements zögerte Jay-Z nicht lange und verklagte den Hersteller wegen Rassismus und rief zu einem generellen Boykott der Marke auf.
Aber auch anderen Unternehmen wurden ihre Grenzen schon deutlich aufgezeigt. Die US Lobby Gruppe “Kampagne für eine werbefreie Kindheit” prangerte unter anderem die Werbemethoden des multinationalen Konzerns MC Donalds an, da dieser für jeden Song, der das Wort Big Mac in den Lyrics enthält und im Radio gespielt wurde, dem Künstler zwischen 1 und 5 Dollar zu zahlen bereit war. Ein Land, in dem Fettleibigkeit zu einer postmodernen Seuche mutiert ist, wohl eher ein ironischer Seitenhieb der Fast Food-Industrie.
Abgesehen von solch listigen Werbetricks, hat diese Art der Werbung noch ganz andere negative Seiten. Schließlich wird dem Hörer in jedem Song die Besonderheit bestimmter Artikel suggeriert, um somit unsere Kaufentscheidungen unterbewusst zu beeinflussen – dies entspricht genau dem Ziel der Werbeindustrie. Bleibt nur die Frage offen, was die zukünftige Steigerungsform dieser Marketingform sein wird. Werden bald eigens für Firmen produzierte Tracks auf den Alben der Künstler zu finden sein?
Auf jeden Fall werden die Musiker versuchen, auf diese Art und Weise Gewinn zu lukrieren, um damit den Verlust durch die Digitalisierung ihres Outputs auszugleichen. Waren es damals noch die Lieblingsmarken der Rapper, die in den Liedtexten zum Ausdruck kamen, rücken heutzutage immer mehr die finanziellen Interessen der Musikindustrie in den Vordergrund und verdrängen somit den Urgedanken dieser Bewegung. Dieser war nämlich laut Russell Simmons ein anderer: „Wir haben zum Beispiel Tommy Hilfiger groß gemacht. Wenn ich schon die Yacht des Typen aus der Hilfiger-Anzeige nicht kaufen konnte, wollte ich wenigstens so aussehen, als ob.“
(Text: Julia Gschmeidler)
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Liebt deutschsprachigen Rap und Taylor McFerrin. In jeder freien Minute verbessert sie, hievt Beistriche wieder auf ihren richtigen Platz und hält die ganze Bande mit liebevoller Strenge zusammen. Nach dem Dienst im KURIER-Newsroom hört sie dann eine Zugezogen-Maskulin-Platte zum Einschlafen.