Groß war die Aufregung, als Sido auf seinem vierten Soloalbum „Aggro Berlin“ ein Geheimnis enthüllte. Auf dem Track „Hey du“ sprach er erstmals über seine ostdeutsche Herkunft. Überraschend für jemanden, der in seiner Musik bis dahin offensiv mit „Westberlin“ warb. Doch wer dachte, dass Sido damit schon jegliche Facette seiner Identität präsentiert hätte, irrt. Für sein neues Album – „Das goldene Album“ – zelebriert sich Sido als Sinto. Von Kopf bis Fuß, versteht sich. Sidos Enthüllungstrack heißt diesmal „Geuner“, der dank typisch einfacher Reime und zusammenhangloser Lines jedoch sehr vertraut wirkt. Überraschend am ehesten noch die Kindergarten-Hook der Marke Fler, aber das ist nun wirklich kein positives Merkmal. Als besonders ärgerlich erweisen sich die Zeilen „Zum Glück wurde mir Musik schon in die Wiege gelegt/Denn die Gesetze sind egal, wenn’s um Familie geht/Ich verlange nicht, dass ihr das versteht/Aber mein Blut ist meine Identität“. Verhaltensweisen mit dem Blut zu argumentieren erinnert an die dunkelste Zeit des 20. Jahrhunderts. Hochgradig gefährlich, was Sido hier von sich gibt.
Das Video zu „Geuner“ selbst besticht als endlose Klischee-Fundgrube. Nur der Tanzbär fehlt. Mit Rumänien als Drehort wurde überdies eine Location gewählt, in der zwar Roma, aber keine Sinti leben. Ein Fehler, der nur allzu gut ins Gesamtbild passt. Wer dachte, dass mit „Geuner“ Sido endgültig genug über seinen Stammbaum erzählt hätte, könnte auf den nächsten Alben eine Überraschung erleben: In einem Interview mit bigFM gab Sido bekannt, dass er zu einem Achtel Iraner sei. Das lässt sich bestimmt auch noch in einem Song verpacken.
„Das goldene Album“ erscheint am 18. November 2016.
