"The hardest thing to do is something that is close…
Dank kontinuierlicher Arbeit konnte sich das deutsch-dänische Produzenten-Quartett Snowgoons in den letzten Jahren einen richtigen Namen im Bereich des Hardcore-Hip-Hop machen. Die Folge dieser grenzüberschreitenden Popularität lässt sich auch anhand der Releases erkennen: Mit der Zeit lieferten immer bekanntere Rapper ihre Parts auf den Produzentenalben der Goons ab, bis man schließlich selbst ganze Alben für Kaliber wie M.O.P. und Onyx produzieren konnte. Der Trademark-Sound, gezaubert aus der MPC und an Dramatik kaum zu überbieten, wurde dabei schrittweise erweitert. Eigentlich eine gute Idee, beschlichen einem nach der Vielzahl an Releases, die immer dem gleichen musikalischen Schema – Sample plus Vocalcuts – folgten, schon vor Jahren erste Ermüdungserscheinungen.
Auch wenn an den Beats ein klein wenig geschraubt wurde, die Attitüde, die einem auf Snowgoons-Alben erwartet, ist seit „German Lugers“ stets dieselbe geblieben. Da macht es auch keinen Unterschied, ob US-Künstler aus dem Untergrund oder Deutschrapper zum Tanz bitten: Hier wird es einfach noch so richtig „echt“ gehalten. Sprich: Gegen Pop-Rap, enge Hosen, und, wie auch auf der Platte zu hören ist, Chimperator, so lautet der Tenor. Und alles ohne einen Funken Selbstironie vorgetragen, versteht sich. Auch der neueste Streich „Gebrüder Grimm“, auf der sowohl deutsche als auch amerikanische Künstler sich die Klinke reichen, fällt da nicht wirklich aus dem herkömmlichen Programm. Obwohl sich die Featureliste auch diesmal wieder eindrucksvoll liest, passiert hier wie gewöhnlich bemerkenswert wenig.
Nachdem B-Tight auf einem (surprise!) dramatischen Instrumental die Platte mit einem unterdurchschnittlichen Part eröffnet, kommt es auf „Antiheld“ zum mit Spannung erwarteten Zusammentreffen von DCVDNS, Basstard & Favorite. Leider zeigen sich alle drei nicht von ihrer besten Seite, DCVDNS liefert ein paar Standardphrasen, Basstard erneut komplett unverständliches Zeug und Favorite übt sich wieder einmal in Nazi-Provokationen – als hätte sein Video zu „Europas wichtigster Mann“ nicht gereicht. Wer denkt, dass hiermit schon der Peak des schlechten Geschmacks erreicht wurde, wird gleich darauf eines besserem belehrt – was Olli Banjo und Mila Highlife auf „Hate“ veranstalten, ist wirklich in allen Belangen gruselig (auch den Snak The Ripper-Part muss man nicht hören, aber im Vergleich zu den beiden anderen eine Offenbarung). Nach einer überzeugenden Ill Bill x Morlockk Dilemma-Kollabo macht sich kurz Aufbruchstimmung breit, die aber gleich durch den Lückenfüller „Usual Suspect“ inklusive unmotivierten Young Buck-Part einen Dämpfer bekommt.
Wer da schon aufgeben will, verpasst aber noch einiges, denn auf den folgenden Tracks können wenigstens ein gewohnt hungrig klingender Liquid (auf „Murder Beats“), Sylabil Spill („Entschulding“ (sic!)) und die Demigodz Apathy und Celph Titled („Jesus Gun“) das Niveau steigern. Auch „Fernsehshow“ mit Morlockk Dilemma, R.U.F.F.K.I.D.D. und Absztrakkt ist zumindest passabel, und der Deutschrap-Versuch von R.A. The Rugged Man namens „Siegelsbach“ versprüht immerhin einen Hauch von Kreativität – etwas, was einem auf „Gebrüder Grimm“ sonst kaum begegnet. Zum Ende hin kommt es aber noch mal knüppeldick, im negativen Sinn. Was Marph auf „Seppuku“ und „Verrückt in die Zukunft“ für krudes Zeug zusammenrappt, lässt einen erneut nur mit den Kopf schütteln. Da fällt im Vergleich nicht mal „Unfassbar“ von Widukid wirklich negativ auf.
„Gebrüder Grimm“ bietet also altbekannte Ware und offenbart die gewöhnlichen Schwierigkeiten von Produzentenalben: Das Schicksal einer Resteverwertung alter Parts, die zu diesem Zwecke von der Festplatte gekratzt werden. Dass die Beats der Snowgoons auch schon mal spannender waren, kommt noch negativ hinzu. Alles in allem eine wenig überzeugende Vorstellung, die, im Gegensatz zu den Gebrüder Grimm, schnell in Vergessenheit geraten und nicht in die Geschichte eingehen wird.
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