"The hardest thing to do is something that is close…
Zwei Jahre hat es gedauert, bis Svaba Ortak einen Nachfolger für sein Debütalbum präsentieren konnte. Für Rap-Maßstäbe eine lange Zeit. Doch Svaba Ortak ist eben nicht für Schnellschüsse bekannt. Auch sein Debüt brauchte seine Zeit: „Eva und Adam“ wurde erst nach einer Reihe von Mixtapes und aufsehenerregenden Singles im Jahr 2019 veröffentlicht. Da war Svaba Ortak als Aushängeschild des Eastblok-Kollektivs schon eine fixe Größe in der österreichischen HipHop-Szene.
Seit „Eva und Adam“ hat sich bei Svaba Ortak einiges getan. Mit seinem Debütalbum feierte er seine bis dato höchste Chartplatzierung, landete das Album auf den vierten Platz in den österreichischen Charts (die EP „Enter Tha Dragon“ landete 2016 auf Rang 41). Doch nicht nur kommerziell war das Debüt ein Erfolg. Auch die dargebotene Kunst konnte überzeugen und wurde von Kritiker*innen wohlwollend rezipiert. Daher wäre der eigentlich zu erwartende nächste Schritt gewesen, dass Svaba Ortak noch einmal das erfolgreiche Programm abspult. Ein weiteres Kapitel Straßenrap auf BoomBap-Beats. Doch Repetition bedeutet Stillstand, weswegen Svaba Ortak sich für seinen zweiten Longplayer nicht zur Gänze, aber doch zu beträchtlichen Teilen neu erfand.
In Pastellfarben
Sein zweites Album hat Svaba Ortak auf den Namen „Atlas oder Nada“ getauft, was auch symbolisieren soll: Der Hunger ist keineswegs gestillt, Svaba Ortak will „Die Welt oder nix“. Der Hunger zeigt sich im Sound, der zugleich die größte Abkehr vom traditionellen Svaba-Ortak-Programm beinhaltet. So hat der Rapper aus Wien-Landstraße seine Sound-Palette mit neuen Elementen angereichert. Der neue Streich ist von momentan populären französischen Rappern wie PNL oder Sofiane beefinflusst, eine andere Inspirationsquelle war 80er-Jahre Synthie-Sound.
Doch Inspirationen hin oder her, „Atlas oder Nada“ verfügt über einen ganz eigenen Spirit, klingt 2021 untypisch zusammenhänged und widersetzt sich weitgehend Spotify-Spielregeln. Für den eigenen Spirit sorgte Svaba Ortaks Leidenschaft, verschiedene musikalische Sphären zu vereinen. Beispielsweise ist manch Latino-Element auf dem Album vertreten, das sich ganz harmonisch ins Synthie-Dickicht einfügt. „Atlas oder Nada“, für das mit Doni Balkan und PMC Eastblok zwei alte Weggefährten hinter den Reglern engagiert waren, klingt retro und futuristisch zugleich. Würde man das Album mit einer Farbe, im Sinne der YouTube-COLORS-Reihe, beschreiben, wäre es eine Pastellfarbe.
Keine Schnellschüsse
Obwohl das Autotune-lastige „Atlas oder Nada“ ein melodisches Album mit eingängigen Hooks ist, mangelt es nicht an gezeigten Skills. Das beweist vor allem der Abschlusstrack „Alal Vera“, der einen Svaba Ortak im Spitter-Modus zeigt.
Auch im neuen Sound-Gewand legt Svaba Ortak Wert auf seine erzählerischen Fähigkeiten. Dafür steht die Trilogie „Arkanum (Masken Part 1)“, „Illusion (Untote Part 2)“ und „Gitara (Vergebung Part 3)“, quasi das Herzstück des Albums. Auf diesen Tracks verarbeitet Svaba Ortak eine schicksalhafte Beziehung und scheut sich dabei nicht, unbequeme Themen anzusprechen. Insgesamt ist „Atlas oder Nada“ zwar textlich weniger persönlich gehalten als das Debüt, lyrische „Aha“-Momente gibt es dennoch einige. So rappt er beispielsweise auf „Bullets“ mit dem Wiener Kollegen Esref aus der Sicht einer Patronenkugel.
Der „Eva und Adam“-Nachfolger zeigt insgesamt einen künstlerisch gereiften Svaba Ortak, der musikalisch nicht das Risiko scheut. „Atlas oder Nada“ ist kein Schnellschuss geworden, so detailreich wie das Album gestaltet ist. Aber für Schnellschüsse ist Svaba Ortak sowieso nicht bekannt.
„Atlas oder Nada“ ist am 1. Juli 2021 über Sony erschienen.
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