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Tua und die Tristesse der „Vorstadt“ // Video

Tua und die Tristesse der „Vorstadt“ // Video

Tua ist zwar raus aus der Vorstadt, aber die Vorstadt nicht aus ihm

Die Zeit ist reif: Am 22. März 2019 veröffentlicht Tua sein neues, selbstbetiteltes Album. Das knapp zehn Jahre nach dem gefeierten Zweitling „Grau“ erscheinen wird, welcher 2009 im gleichen Monat wie „Versager ohne Zukunft“ von Kamp & Whizz Vienna auf den Markt kam. Das „VOZ“-Duo war auch der Grund dafür, warum Tua damals der Titel für das „Album des Monats“ in der JUICE verwehrt blieb. Dieser ging an die beiden Wiener, was Kamp auf dem JUICE-Exclusive-Track „Sie hassen uns“ auch auf gewohnte Weise thematisierte.

In dem Dezennium nach „Grau“ verschwand Tua aber nicht von der Bildfläche. In seiner Diskografie stehen für diesen Zeitraum drei Alben („Die Herrlichkeit, in Ewigkeit, Orsons“, „Das Chaos und die Ordnung“ und „What Goes?“) sowie eine EP („Jetzt“) mit den Orsons, ein Kollaboalbum mit Vasee („Evigilia“) und zwei EPs, eine in die Dubstep-Richtung gehend („Raus“), die andere, „Stevia“, in den weiten Gefilden des Contemporary R’n’B beheimatet. Komplementierend kommen mit „(R)evigila“ und „(R)evia“ noch zwei Free-Releases und mit „Stille“ und „Narziss“ zwei Re-Releases hinzu.

Ein „Grau“-Nachfolger stand dabei zwar stets im Raum, ohne je konkrete Formen anzunehmen. Eine Erklärung für die lange Wartezeit ist der Perfektionismus Tuas. „Hab mir ein ganz schönes Stück aus dem Leib geschnitten“, meinte er in einem Facebook-Statement zum kommenden Album, in dem er auch davon berichtet, dass er die vergangenen drei Jahre diesem Werk widmete.

Mit „Vorstadt“ kommt nun der erste audiovisuelle Vorbote. Dessen Story in drei Teile gegliedert ist: In den ersten beiden thematisiert Tua über einem BoomBap-Beat, ausgestattet mit einem Sample aus einer „Polyuska Polye“Version und harten Drums, Episoden aus Kindheit und Jugendzeit, jeweils im zeitlichen Abstand von zehn Jahren erzählt. Mit der Schilderung des prägenden Ereignisses seiner Jugendzeit betritt er kein Neuland, fand der Gewaltexzess seiner Freunde, die jemanden fast zu Tode prügelten, bereits auf dem Solo-Debüt „Krieg“ im Titeltrack sowie in „Flieg in die Nacht“ auf unterschiedliche Weise eine Behandlung.

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Foto: Lara Heußner

Danach folgt ein Interlude, entnommen aus Chefkets „Kremlnalität“, wofür dieser einst eine Aufnahme eines Gesprächs mit einem Berliner Taxifahrer verwendete. Anschließend wechselt der Beat, der dritte und letzte Part spielt, wieder zehn Jahre später, in der Gegenwart: Über ein Post-Dubstep-Instrumental befasst sich Tua mit seiner Gemütslage als erwachsener Musiker, der nun weit entfernt von den Hochhäusern lebt, um schließlich doch zu konkludieren: „Ich leb‘ hier nicht mehr, doch irgendwie immer noch“. Zusätzliche Vocals auf dem Song steuerten Afrob und Bausa bei.

Das Video, vertraut in Schwarz-Weiß gehalten und unter der Regie von Vasee und Tua entstanden, bietet die entsprechende visuelle Umsetzung: Aufnahmen einer Hochhaussiedlung sowie Breakdanceszenen prägen die Parts über Kindheit und Jugendjahre. Zwecks Darstellung der Gegenwart wurde auf Szenen einer Autofahrt zurückgegriffen, die im Zusammenspiel mit dem Tunnel an „If the Car Beside You Moves Ahead“ von James Blake erinnern. Apropos erinnern: Das Cover zu „TUA“ wurde ebenfalls schon veröffentlicht und weist lediglich eine Visualisierung der Songs in weißer Waveform auf schwarzem Hintergrund auf. Ein Stilmittel, das dieses Jahr auch auf „Age Of“ von Oneohtrix Point Never vorzufinden war – dort aber auf dem Backcover und in einer anderen farblichen Gestaltung.