hat Fotografie gelernt, Philosophie studiert, schreibt aber lieber über Rap.
Das Album, über das eigentlich nicht geschrieben oder gelesen werden sollte. Denn wenn es nach Tyler, the Creator (34) geht, solltet ihr beim Hören dieses Albums aufstehen, die Handys weglegen und tanzen, als würde keiner zusehen. „Don’t Tap The Glass“ animiert genau dazu. In einer Zeit, in der alles gefilmt, gepostet und gelivestreamt wird, gibt uns Tyler eine nötige Hausaufgabe: Präsenz statt Content. Tanzfläche statt Bildschirm. Nicht genieren, einfach machen.
Tylers Album-Regeln:
- BODY MOVEMENT. NO SITTING STILL.
- ONLY SPEAK IN GLORY. LEAVE YOUR BAGGAGE AT HOME.
- DON’T TAP THE GLASS.
Sein insgesamt neuntes Studio-Album ist nur 28 Minuten lang und kam ohne große Promo auf den Markt. Keine TikToks. Kein ausgeklügeltes Pre-Release-Marketing. Nur eine exklusive Release-Party in Brooklyn mit 300 Gästen und strikter „You have to dance“-Policy. Mit dem Thema hätte sich eine „no photo/video policy“ eigentlich auch angeboten – ein Wink in Richtung Techno-Kultur, wo diese Regel seit Jahrzehnten Usus ist. Das ist vielleicht die Hausaufgabe, die wir uns zusätzlich selbst aufgeben sollten.
Zudem wird man auf diesem Album kein Konzept finden. Wenn überhaupt, ist es ein Dance-Album – eins, das dich auffordert, aufzustehen und loszulegen. Ohne lange Intros und Outros, ohne Umwege, ohne zu viel Nachdenken. Einfach tanzen. Nicht grübeln, nicht posieren, nicht vergleichen. Es ist weniger ein Persona-Album wie „IGOR“, mehr ein Destillat all dessen, was Tyler liebt. Und genau deshalb fühlt es sich leicht und spielerisch an.
Musiknerd-Modus: On
Spielerisch gilt auch für den Sound. Tyler mischt auf „Don’t Tap The Glass“ Samples und Genres ohne Rücksicht auf Grenzen – und er hat tief in der Sample-Kiste gegraben. Stellenweise fragt man sich, wie er auf das eine oder andere überhaupt gestoßen ist, wie zum Beispiel beim Sample von Shye Ben Tzur („Roked“) auf „Big Poe“. Vielleicht kann man sagen, er bleibt vor allem seinen Wurzeln treu, denn man hört (und sieht am Albumcover) den West-Coast und G-Funk Einfluss, der neben Miami-Bass, Memphis-Rap und nostalgischen 2000er-Lyrics steht.
Auf „Big Poe“ gibt’s zudem eine Busta-Rhymes-Referenz von „Pass the Courvoisier“, inklusive Keak-Da-Sneak-Impersonation. Auf „Don’t You Worry Baby?“ blinkt „Let Me Ride“ von 12 Gauge durch, ebenso wie Ghost Town DJ’s auf „Don’t You Worry Baby?“. „Ring Ring“ kombiniert Ray Parker Jr. („All in the Way You Get Do“) mit „Saturday Love“ von Cherrelle. Ebenso mit dabei: das „Great Fairy Fountain Theme“ aus Zelda – warum auch nicht? Auch Kelis‚ und André 3000s „Mama I’m a Millionaire“ ist auf „Tell Me What It Is“ zu finden.
Mit typischer Tyler Confidence (siehe Video unten), samplet er auch sich selbst: Die Drums aus „Cherry Bomb“ tauchen auf „I’ll Take Care of You“ wieder auf.
Ein kleines Goodie gibt’s für Vinyl-Käufer*innen: Der Bonustrack „Down Bad“ rundet das Projekt ab – eine Art lockerer Rausschmeißer, bei dem man fast vergisst, dass man gerade ein Tyler-Album gehört hat.
Fazit
„Don’t Tap the Glass“ ist kein Meilenstein, aber eine Einladung. Eine Erinnerung daran, dass Musik manchmal einfach nur Spaß machen darf. Keine Storyline, keine Metaebene – nur Bewegung, Energie und ein Künstler, der sich selbst nicht mehr so ernst nehmen muss, um ernst genommen zu werden.
Ist es ein Album, das in die Geschichte eingehen wird? (so wie „IGOR“)? Wahrscheinlich nicht. Macht es trotzdem Spaß? Auf jeden Fall.

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