Für Yung Lean ist Rap eine Ansammlung von Objekten und Aktivitäten. Allein sein Name sagt förmlich: Ich BIN die Droge. Die wenigsten wissen wahrscheinlich, dass sein zweiter schwedischer Vorname tatsächlich Leandoer ist. Insofern basiert dieser Teil seines künstlerischen Daseins zumindest teilweise auf einer Tatsache. Unklar bleibt nach dem Anhören seines neuen Albums „Warlord“, was an der Kunstfigur Yung Lean sonst noch echt ist. Verwendet er Rapklischees in Sätzen, in denen es um afghanisches Gras geht, so wirkt das noch am glaubwürdigsten. Der Rest der textlichen Komponente setzt sich jedoch lediglich aus Worthülsen und unzusammenhängenden Reimen zusammen, die in Leans Akzent teilweise halbwegs geschickt, teilweise stolpernd vorgetragen werden. Auf ätherisch-rumpelnden Beats verkündet man so seine Weltsicht mit allen symbolischen Hilfen der post-modernen Vaporwave-Cloudrap-Welt.
Der größte Schwachpunkt von Yung Leans Gesamtkonzept ist gleichzeitig seine Stärke: Durch seine extrem oberflächlichen Texte kann man sich komplett auf die visuelle Komponente konzentrieren. Die Sad Boys als Kollektiv sind eher so etwas wie ein Designbüro, die alle Produktionen mit einem ambivalenten Sirup aus der Tumblr-Subkultur übergießt und die selbst wiederrum alles zusammenklaubt, was man irgendwie als Ästhetik verkaufen kann: Tribal-Designs, Cybergoth, japanische Schriftzeichen. Dies führt auf Dauer dazu, dass Yung Leans Musik eigentlich nur Sinn macht, wenn man eine visuelle Komponente dabei hat. Hört man sich die Musik ohne grafische Behandlung an, fällt vor allem auf, wie flach die Texte sind. Während Produzenten wie Yung Gud solide Beats produzieren, die im Vergleich zum US-Rap durchaus eine eigene, europäische Qualität aufweisen können, schafft es der Hauptcharakter kein einziges Mal, eine wirklich zusammenhängende Botschaft oder Geschichte zu formulieren, geschweige denn wirklich interessante Bilder zu konstruieren. Der Sad Boy, der Mensch Yung Lean, bleibt leer wie ein neues Paar weiße Air Force 1s.
Fazit: „Warlord“ funktioniert als Hintergrundmusik – und nur als solche. So absurd es sich anhört: Das Album wäre aussagekräftiger und charakterstärker geworden, wenn es nur aus Instrumentals bestehen würde. Die Texte hinterlassen durch die Abwesenheit irgendeiner Aussage ein Loch, welches beim Hörer ein Gefühl der inneren Leere hervorruft. Als musikalisches Produkt funktioniert Yung Lean hervorragend: als T-Shirt, als Video auf YouTube, als Lookbook. Als Musik selbst funktioniert Yung Lean also nur, wenn man zum Sound auch ein Bild hat.
Ein Video-Interview mit Yung Lean und Yung Sherman findet ihr hier.
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