Deschek vom Message. Gebts ma an grünen Avatar heast!
Manche Artists gießen ihre musikalischen Ideen in verkopfte Albumkonzepte und aufreibende Aufnahmeprozesse, die sich über Jahre ziehen. Genau darauf möchten Sharktank verzichten. Das Projekt von Rapper Mile, Sängerin/Gitarristin Katrin Paucz und dem Schlagzeuger/Instrumental-Tausendsassa Marco Kleebauer wurzelt auf spontanen Entscheidungen. Dass mit der am 27. November veröffentlichten „Bad Energy“-EP nun bereits ein zweites Release zu Buche steht, hätte sich vor einigen Monaten keiner der drei gedacht. Um mehr über die Hintergründe des Projekts zu erfahren, haben wir uns mit Mile und Katrin im Hauptquartier des Labels Ink Music verabredet.
Das Inkognito-Debüt
Ursprünglich startete Sharktank als Soloprojekt von Mile – auf Beats von Marco Kleebauer, der sich mit Produktionen für Bands wie Bilderbuch, Leyya und Oehl längst auch international einen Namen machte. Kleebauer iniitierte gemeinsame Studiosessions und sorgte dafür, dass der in Wien lebende Rapper eine mehrjährige musikalische Schaffenspause beendete. Denn nach dem 2015 erschienenen Debütalbum „Apple Juice and Lemon Trees“ war es ruhig um ihn geworden. „Das Leben war zu busy. Ich bin Vater geworden, habe mein Studium gemacht und musste überlegen, wo ich hinwill“, sagt Mile. Mittlerweile sei wieder etwas mehr Zeit für Musik vorhanden. „Marco und ich wollten schauen, was on the spot rauskommt und wie es angenommen wird. Wir hatten keine wirklichen Pläne – außer dass wir pro Session einen Song machen“, blickt er auf die „Dirty Leaks“-Sessions zurück. Das gleichnamige Debütmixtape erschien im Juni.
Stilistisch verknüpfte das damalige Duo samplebasierten Oldschool-HipHop, den gewohnt aufgeweckten Charakter der Kleebauer-Beats und kleinere Spielereien im Detail. „Die Idee war, dass es möglichst straight Rap ist und die Songs, was Aufbau und Struktur betrifft, keinen Sinn ergeben müssen. Dass ich zum Beispiel auch mal nach einer ungeraden Anzahl an Bars aufhöre“, sagt Mile. Ungewöhnlich erscheint auch, dass die beiden ihre Gesichter anfangs gar nicht zeigten, sondern nur die Musik für sich sprechen lassen wollten – wobei gut geschulte Ohren sie anhand der Stimme und der Soundgestaltung bald zuordnen konnten. „Es hat sich schnell herausgestellt, dass wir keine Masken tragen wollen, wenn wir live spielen“, begründet Mile das Ende des Inkognito-Daseins.
Mehr als Rap auf gesampleten Beats
Seither hat sich bei Sharktank einiges geändert – auch weil es im Sommer personellen Zuwachs in Form von Katrin Paucz gab. Sie kam dazu, weil den beiden ein melodisches Element fehlte und mittelfristig mehr als Rap auf gesampleten Beats rausschauen sollte. „Ich war großer Fan vom Rejjie-Snow-Album ‚Dear Annie‘, da singt oft eine weibliche Stimme den Chorus oder es ist ein lockeres Gepfeife drauf. Wir haben es uns zweimal angehört und wollten in eine ähnliche Richtung gehen“, sagt Mile.
Schon bald darauf sei Katrin fixes Mitglied von Sharktank gewesen. „Marco hat mich gefragt, ob ich eine Hook einsingen möchte. Dann bin ich ins Studio. Am nächsten Tag hat er mich für einen anderen Song gefragt und es war schnell klar, dass ich jetzt dabei bin“, sagt die junge Sängerin und Gitarristin, die auch Teil der Oehl-Liveband ist, Sharktank aber als ihr erstes vollwertiges Bandprojekt bezeichnet. Mit Katrin und ihrer souligen Stimme verstärkte sich der Pop-Einschlag des Wiener Trios – auch dank ihrer musikalischen Sozialisation, die etwa Radiohead-Klassiker, reduzierten R’n‘B von Tirzah und Indie-Sound von Cosmo Pyke oder King Krule umfasst. Während Mile als Rapper die Fugees und die frühen Kanye-West-Alben als Hauptinspirationsquellen hervorstreicht. Darüber, dass er 2016 laut einem Gespräch mit The Message mal „Car-Pump-Club-Musik mit dem Gefühl der guten alten Soul-Klassiker“ verbinden wollte, kann er heute nur schmunzeln: „Es passt irgendwie zu der Zeit. Ich wollte, dass es bissl reinknallt. Aber ich hatte noch nicht das Verständnis, das ich jetzt habe und würde es nie mehr so ausdrücken.“
Harmonie im Widerspruch
Trotz der verschiedenen musikalischen Backgrounds und gegenseitigen Inputs seien die wöchentlichen Sessions harmonisch und das Songschriben ein sehr schneller Arbeitsprozess – so entstand auch die vier Track starke „Bad Energy“-EP innerhalb kurzer Zeit. „Es sind alles Momentaufnahmen, da wird nicht zu viel zerdacht und das finde ich schön“, meint Katrin. Vorgaben beim Songwriting wären da eher hinderlich. Die Zeit zwischen den Sessions sei ohnehin ein unbewusstes Sammeln von Inspirationen und Emotionen, die im Studio rauskommen. So sinnieren Mile und Katrin auf der Lead-Single „Washed Up“ darüber, überarbeitet und down zu sein. Auch bei den weiteren Tracks treffen meist nachdenkliche, melancholische Texte auf verspielte Beats und eingängige Refrains. Genau in diesen vermeintlichen Widersprüchen scheinen Sharktank ihren Sound gefunden zu haben. Dass dieser gut angenommen wird und Potenzial für eine breite Hörerschaft vorhanden ist, zeigen nicht zuletzt die beachtlichen Streaming-Zahlen der Singles „Washed Up“ und „Too Much“.
Jedenfalls scheinen Sharktank nach der Fertigstellung der „Bad Energy“-EP Blut geleckt zu haben. „Wir haben wieder sehr viel geschrieben, neun neue Tracks oder so. Jetzt schauen wir, ob sich vielleicht ein Album ausgeht. Es war ja eigentlich geplant, dass wir es von EP zu EP machen. Aber jetzt haben wir so viel Material, dass wir uns denken: Why not?“, deutet Katrin die Pläne fürs kommende Jahr an. Wichtig wäre es ihr zunächst aber, das erste Live-Konzert mit Sharktank und zugleich die Releaseshow von „Bad Energy“ bald nachholen zu können – der neue Termin ist für 06. Februar 2021 im Wiener WUK angesetzt. Einen kleinen Vorgeschmack auf die Live-Performance, bei der das Trio Unterstützung von Nastasja Ronck (E-Orgel & Gitarre) und Marlene Lacherstorfer (Bass) bekommt, bietet die im Oktober auf YouTube veröffentlichte Live-Session.
Was bis dato noch fehlt ist ein klassisches Musikvideo. „Hätten wir natürlich machen können, aber ich glaube beim Livevideo kam der Bandcharakter stärker durch. Das hat gezeigt, wofür wir stehen: Musik, die auch gut live gespielt werden kann“, meint Mile. „Die Musik steht im Vordergrund, das ganze Drumherum ist eher Nebensache. Vielleicht kommt mal eines, aber es ist noch nichts konkret geplant“, führt Katrin weiter aus.
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