1/3 Instrumentals, 1/3 Underground-Deutschrap, 1/3 Emotrap, wo hoid jemand bissi…
Deschek vom Message. Gebts ma an grünen Avatar heast!
2022 gibt es keinen Wickel mit Flex-Gorillas, die wilden Zeiten der Lokalverbote sind bei Kamp verjährt. Wo für den Stolibub einst kein Reinkommen war, füllt er nun die Halle – das Wiener Flex ist am 20. April ausverkauft. Verdientermaßen, denn mit der neuen Doppel-EP „2urück 0hne 2ukunft“ im Gepäck spielt der Rapper eine Show, auf die viele Menschen über zehn Jahre lang gewartet haben. Mit dem Nachfolger des 2009 erschienenen Albums „Versager ohne Zukunft“ haben sich die Träume vieler Heads erfüllt, nun feiern die neuen Tracks ihre Live-Premiere. Dass sich in all den Jahren bei Kamp viel getan hat, erzählt er im Interview – und chronologisch auf Albumlänge.
Das Releasekonzert findet am 420-Tag kurz nach gelockerten Coronamaßnahmen statt, einem besonderen Abend sollte nichts im Weg stehen. Nach der langen Bühnenpause sehen viele in der Crowd Kamp erstmals live. Obendrein ist er einer der wenigen Rapper in Österreich, auf dessen Legendenstatus sich szeneintern und generationsübergreifend praktisch alle einigen können. So ist es nicht verwunderlich, dass im Publikum viele bekannte Gesichter zu sehen sind – alte Wegbegleiter wie junge Rapper und Produzenten, deren Schaffen nicht selten von Kamps Tracks mitgeprägt wurde. Sein offener Umgang und die lyrische Aufarbeitung von schweren persönlichen Themen wie Suchtproblemen und Depressionen sind auch im dritten Coronajahr ein Zufluchtsort für viele, denen es ähnlich geht und denen er wortgewandt aus den Herzen rappt.
Nachdem sich der Mob vom Vorglühen in den nahegelegenen schwimmenden Gärten am Donaukanal ins Innere bewegt und Chrisfader – der auch später statt Fid Mella die DJ-Rolle übernimmt – ein Openingset spielt, startet Kamp für HipHop-Verhältnisse überpünktlich. In der Vergangenheit mag es oft mittelgute Erfahrungen mit Kamp-Konzerten gegeben haben – abhängig vom Zu(a)stand der Protagonisten. Die Voraussetzungen sind diesmal anders, von Kamp ist ein Auftritt ohne Exzesse zu erwarten.
„Ihr müsst bisschen nachsichtig sein, es ist meine erste Show seit zehn Jahren“, entschuldigt sich Kamp vorab. Die fehlende Bühnenroutine macht sich zu Beginn bei kleinen Texthängern bemerkbar, die er aber gekonnt überspielt. Die Anfangsnervosität scheint sich schnell zu legen. Bis auf vereinzelte Ausflüge in die Vergangenheit wie „Sommarloch“ spielt Kamp zunächst die von Fid Mella produzierten „2urück 0hne 2ukunft“-Tracks chronologisch, was selten so viel Sinn macht wie in diesem Fall, beschreibt die Tracklist doch über zehn Lebensjahre. Zwischendrin muss „die Stimmung gefickt“ werden, sei es mit Einspielern von Georg Danzers „Loch amoi“ oder wenn er auf „Leuchtende Tage“ vom Tod seiner Mutter rappt – mit einer Emotionalität und Aufrichtigkeit, die sonst nur wenige erreichen. Ein Gänsehautmoment.
Die depressive, grantig-misanthropische Grundstimmung von „Versager ohne Zukunft“ mag noch immer präsent sein, gleichzeitig mehren sich die Lichtblicke. Mit der „Azad-Motivationshymne“ „Lauf“ und Tracks für seine Frau und Tochter zeichnet sich ab, dass der Marathonmann vielleicht doch noch irgendwann sein Ziel findet. Ein Platz im Wiener HipHop-Avalon ist ihm ohnehin sicher.
Nach dem Albumdurchgang gibt es eine kleine Verschnaufpause mit dem anlässlich des Albums produzierten Gin, bevor Kamp einige VOZ-Klassiker wie „So Sorry“ oder „Versager“ zum Besten gibt. Auch wenn am Ende der ein oder andere aus der Crowd gegrölte Zugabe-Songwunsch unerhört bleibt, herrscht Zufriedenheit, als Kamp die Bühne wieder verlässt. Er hat immer besser reingefunden, eine runde Releaseshow gespielt und den ein oder anderen Nostalgie-Moment ausgelöst.
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