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Kommentar: Als die FPÖ cool sein wollte

Kommentar: Als die FPÖ cool sein wollte

hc strache rap flo illustration

Kommentar: Jan Braula
Illustration: Florian Appelt

Nach einer Schlagerschnulze Anfang des Monats für das ältere und ländliche Publikum, hat Heinz-Christian Strache nun einen Wahl-Rap für die jüngeren und städtischen, potenziellen Wähler veröffentlicht. Strache selbst kommt dabei aber erst am Ende zu Wort. Zuvor erhält ein gewisser MC Blue das Rap-Kommando der FPÖ. Falls sich jetzt jemand fragt: MC Blue? Kennt man den? Dann ist die Antwort einfach: Nein, den kennt man nicht. Dies ist das erste Mal, dass er mit Rap an die breitere Öffentlichkeit geht. MC Blue steht auch mit niemandem aus der österreichischen Rapszene in künstlerischem Kontakt.

Ganz im Gegenteil: Unter den hunderten Rappern Österreichs gab es bisher noch niemanden, der künstlerisch oder in sonst einer Form für die Freiheitlichen Partei ergriffen hätte. Vielmehr wurde beim HC-Strache-Rap vor knapp zehn Jahren vom Standard und der hiphop.at-Plattform ein Diss-Contest organisiert, der mit zahlreichen Einsendungen goutiert wurde. Bessere und schlechtere Disses gegen die Politik der FPÖ gab es freilich auch schon davor. Darüber hinaus distanzierten sich einige Dialektrapper wie Kroko Jack oder BumBum Biggalo – die unbeabsichtigterweise mit einem Teil ihrer Texte auch FPÖ-nahes Publikum anzogen – von ebenjenen Fans in aller Deutlichkeit. Neulich machte auch der Wiener HipHop-DJ Mosaken mit einem gewonnenen Rechtsstreit gegen HC Strache von sich reden. Bereits zu Zeiten der schwarz-blauen Regierung beteiligte sich die österreichische HipHop-Szene äußerst aktiv am Protest. Gleichzeitig farf nicht unerwähnt bleiben, dass im Zuge des letzten Wien-Wahlkampfes 2009/2010 zahlreiche Wiener Rapper von Nazar über Kamp bis MAdoppelT und A.geh Wirklich? Teil einer oberflächlichen Jungwählerkampagne der SPÖ gewesen sind. Und auch aktuell versucht es die SPÖ mit HipHop: Es wird mit dem Juicy Club im Praterdome kooperiert.

Doch die FPÖ geht mit dem „Good Men[sch] Rap“ noch ein paar Schritte weiter. Schon beim Titel wird vieles klar: 2015 haben auch die Rechten keine Angst mehr vor Anglizismen. Zumindest wenn sie Jugendliche ansprechen wollen, war Deutschtümelei gestern. Vermutlich wird sich bei der Titelgebung jemand gedacht haben: „Unserer alles ironisierenden Hipster-Jugend wird dieses doppelbödige Wortspiel sicher total gut gefallen!„. In der Tonart geht es im Video auch weiter: HC Strache ist – wie immer in seinen Raps – mit einer coolen Sonnenbrille am Start und in den ersten Sekunden des Videos auf einer Dachterrasse zu sehen. Dabei wird neben ihm doch glatt von Geisterhand und zur Bestätigung seiner Coolness ein „HC“-Tag angebracht.

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Auch sonst ist das Video voll von Anspielungen auf eine vermeintliche HipHop-Kultur. Betont lässig mit Sonnenbrille, „Fuck Bling“-Ketterl, New-Era-Kapperl, sowie Schallplatte auf dem T-Shirt, spaziert MC Blue rappend durch Wien. Gestartet wird beim Parlament, obwohl es ja eigentlich um die Rathauswahl geht, weiter geht es über eine „gegenderte Ampel“, ehe auf einen Fahrradweg abgebogen wird, der eigentlich zur besseren Orientierung eigens grün markiert wurde. Dieser Regelbruch steht  im FPÖ-Weltbild wohl für die Vorstellung vom coolen Outlaw-Rapper. Als ihm zwei Frauen, freilich auch zu Fuß, in FPÖ-Montur entgegenkommen, wird das Weltbild noch anschaulicher: MC Blue gafft ihnen nach – die Fahrradfahrer werden ja wohl schon aufpassen. Die selben beiden Frauen in Blau begegnen ihm im Stadtpark vor dem dem Johann-Strauß-Denkmal wieder, und tanzen dort mit anderen jugendlichen Freiheitlichen den Walzer. Und dann passiert wieder so was Komisches: Teilweise steht das ganze knappe Dutzend nebeneinander vor dem Denkmal gereiht und streckt zum Refrain immer wieder auf seltsame Art und Weise die Zeigefinger in die Luft. So stellt sich die FPÖ also jugendliche Lässigkeit vor.

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Wieder im Volksgarten angelangt, sollte dann auch noch tatsächlich nicht nur Michael Häupl, sondern auch ein Rapper gedisst werden: Nazar. MC Blue lässt auf „tiafstes Niveau“ ein „Favoritner Schrumpfbushido“ folgen. Und sonst? Die Löhne sollen angehoben werden, vor allem für die Wiener, und mehr Wohlstand und Gerechtigkeit soll es geben. Auf Pensionen wird von Strache im abschließenden Wordrap „noch gscheit was draufghaut“, das ist aber schon das einzige Mal, dass Pensionisten im Video vorkommen. Ganz anders als noch in der Schlagernummer vor ein paar Wochen, als auch noch massenhaft Trachten und ländliche Gefilde zu sehen waren. Anscheinend wurde auch kein Pensionist als Statist für ein vermeintliches Rap-Video gefunden, denn das einzige richtig alte Gesicht im Video gehört einer Maske. Es kann aber auch sein, dass die FPÖ die Maske einfach noch cooler als das wahre alte Gesicht empfunden hat. Masken kommen bei den Jugendlichen und im HipHop im Allgmeinen sowieso gut an. Eher ist aber anzunehmen, dass das Video zumindest in Wien einige Jugendliche vor der Wahl HC Straches abgeschreckt hat.

Rapper, die wirklich was bewegen wollen und dafür auch noch die nötigen Skills besitzen, findet ihr in unserer Zusammenstellung „Rap gegen Hetze„.