Deschek vom Message. Gebts ma an grünen Avatar heast!
1/3 Instrumentals, 1/3 Underground-Deutschrap, 1/3 Emotrap, wo hoid jemand bissi…
Auch abseits der Sharktank-EP „Bad Energy“, über die wir ausführlich berichtet haben, hatten die vergangenen zwei Wochen jede Menge zu bieten. So vereint das neue Austro Round-up mehr oder weniger ambitionierte Alben und EPs, kleine Comebacks, vielversprechende Duftmarken und einiges mehr.
Text: Simon Nowak, Francesca Herr, Simon Huber, Mira Schneidereit & Michi Koffler
Releases
Flo – Weekends
Wochenende, aber als Lebensgefühl – Flo releaste mit „Weekends“ kürzlich sein Debütalbum. Es beginnt mit dem Starten eines Motors, endet mit Meeresrauchen. Alles dazwischen ist Teil des Trips, von dem uns der Wiener Künstler erzählt. Es ist ein simpler Sound, der simple Lines trägt – Low-Key-Beats in Kombo mit dahingehauchten, gesungenen und gerappten Zeilen über die Ups und Downs des Lebens. Das Album ist zwar wenig abwechslungsreich, schafft es aber, ein Gefühl einzufangen, das sich irgendwo zwischen Weißwein, Gesprächen bei langen Autofahrten und Tagträumereien bewegt. Wochenend-Vibes eben. Dabei geht es um gemischte Gefühle – „Es ist Liebe, es ist Hass, obwohl es ist mehr Liebe“ sagt er selbst in seinem Podcast zum Album. Seine Anonymität will Flo bewahren. In den sozialen Medien ist er frei nach dem Motto „Kunst hat kein Gesicht“ nur übermalt oder verpixelt zu sehen – wenn er nicht gleich seinen ganzen Kopf wegphotoshoppt.
Grandmaster Flow & Socn – Dope Recognize Dope
Vor einiger Zeit bei einer Bluntkartell-Cypher in Linz kennengelernt, haben sich Grandmaster Flow und der Salzburger Socn für ein EP-Projekt zusammengeschlossen. In den vergangenen Wochen und Monaten mit den Vorboten „Rapperlife“ und „Liebe diese Parts“ angekündigt, haben die beiden parallel zur EP mit „Nicht fair“ eine dritte Videosingle rausgebracht. Grandmaster Flow, der bis auf einen Beat von Moneypoliert auch für die Produktion zuständig war, bemühte sich bei den sechs Tracks im Gegensatz zu früheren Projekten um einen roten Faden, was Style und Sound angeht. Bouncige Oldschool-Beats treffen meist auf Representer-Lines und Gesangshooks von Grandmaster Flow, die beiden harmonieren durchaus gut. Inhaltlich stechen die beiden letzten Tracks heraus. Während „Staatsfeind“ mit Benjo von KGW3 aus Wut gegen die Regierung und das kapitalistische Hamsterrad entstand, dient „Nicht fair“ – in der EP-Version mit Taiga-Feature – als Aufarbeitung von persönlichen Struggles und Sinnkrisen.
Def Ill – Being Abramowitch EP
Wenn sich Def Ill intensiv mit einem gesellschaftlichen/politischen Thema beschäftigt, scheinen ihm nie die Bars auszugehen – die er dann obendrein mit enormem Speed runterrattert. Das zeigt sich auch auf seiner jüngsten EP “Being Abramowitch“. Der Titel nimmt nicht auf den Oligarchen Roman Abramowitsch und seine Machenschaften, sondern auf Marina Abramović Bezug. Die serbische Performance-Künstlerin geriet vor einiger Zeit ins Visier von Verschwörungstheoretikern. In diesen Kreisen gilt sie als satanistische Hohepriesterin und Fädenzieherin eines internationalen Netzwerks, das die gesamte US-Unterhaltungsindustrie und -Politik unterwandert haben soll. Auf dem knapp zehnminütigen Titeltrack vereint der Linzer 318(!) Reime auf ihren Namen und rechnet damit allgemein mit Verschwörungstheorien ab, die seit Ausbruch der Corona-Pandemie wieder Hochsaison haben. Irre im positivsten Sinne, aber das ist bei Def Ill nix Neues. Daneben runden weitere Tracks mit Unterstützung von Funky P die EP ab – darin kommt dann auch das ominöse Zirbeldrüsenextrakt zur Geltung.
Edwin – Lost EP
Man muss wohl kaum erwähnen, dass 2020 in vielerlei Hinsicht ein verrücktes Jahr war. Kein Wunder, dass man sich da manchmal lost fühlt – „Sind es schon Tage oder Stunden in dem Zimmer? Kann mich nur dunkel dran erinnern.“ Edwin, der erst vor wenigen Monaten sein Debütalbum veröffentlicht hat, lässt es nun noch mit einer kleinen EP ausklingen. Die fünf Tracks, produziert von food for thought, Hardy, Erik, Nelson Young und Luek Maletzky, sind entsprechend melancholisch, zeugen aber gleichzeitig davon, dass 2020 auch genug Zeit für Künstler gebracht hat, um gute Musik zu produzieren. Als Featuregäste sind YUGO und der Neu-Wiener Dirtysanchez vertreten.
Co Lee – Love Letters EP
Seit einigen Jahren ist Co Lee bereits in Wien aktiv, die meisten der Frühwerke auf Soundcloud sind jedoch nicht mehr auffindbar. Seit 2018 gibt es vermehrt Singles und kleine EPs auf Spotify sowie Features mit beispielsweise Palavra, der uns auch auf diese EP aufmerksam gemacht hat. Da er beruflich als Model oft monatelang unterwegs ist, entstehen viele Tracks während seiner kurzen Wien-Aufenthalte. Die aktuelle EP „Love Letters“ umfasst vier Tracks, produziert von Stammproduzenten Monlito sowie in drei Fällen ergänzt mit Gesangsparts von seiner Schwester Indigo sowie einem Part von Chris Villon aus Budapest, wo auch Co Lee ursprünglich herkommt. Inhaltlich dreht sich die EP wenig überraschend um die Ups und Downs (Spoiler: eher Downs) in der Liebe und erinnert mit den langsamen Beats und gefühlvollen Lyrics an Künstler wie Lil Peep & Co. Sollte man definitiv auf dem Schirm behalten.
Ralph Mothwurf Orchestra – Zelt
Was ein 22-köpfiges Orchester alles in einem auslösen kann, hat Ralph Mothwurf vor einem Jahr im Progy&Bess bewiesen. Damals war es die Uraufführung seines Stückes „Pferd“, am 1. Dezember erschien via Edition Ö1 nun das Debütalbum „Zelt“ des Ralph Mothwurf Orchestra. Während vor allem Jazz nicht immer einfach zu verstehen ist, schafft es Ralph, Bilder zu erzeugen, die mit Unterstützung von Fekry Helals Illustrationen noch einmal eine ganz eigene Geschichte verbreiten. Ralph greift hier in alle Schubladen des Contemporary Jazz und beweist, wie vielseitig sein Schaffen ist:
Neben seinen eigenen Projekten arbeitet er mit Ensembles wie dem Bruckner Orchester, dem Festspielhaus St. Pölten, ist Leadgitarrist bei Yasmo & die Klangkantine und Mitglied im „Blitzdichtgewitter Jazz Slam“ von FOMP.
Von Seiten der Gemeinde – Regulierung EP
Bevor am 18. Dezember in Kooperation mit Da Kessl die „Pfau EP“ erscheint, haben Von Seiten der Gemeinde noch ein kurzes Lebenszeichen von sich gegeben. Das letzte Album „State of Gmeind“ liegt schon gut drei Jahre zurück. Mit „Regulierung“ fassen sie in drei sehr kurzen Songs zusammen, was die Szene die letzten Monate so beschäftigt: Maskenpflicht, keine Konzerte und Härtefallfonds. Thematisch nicht nur übergreifend, teilen sich die Tracks auch denselben Beat und sind, laut Testa, innerhalb von zwei Tagen entstanden. Die Hintergrundstory liefert Chrisfader: So liegt der Ursprung der EP in einer Einladung von Fiva und Phekt zur FM4-Sendung „Fivas Feierabend“ . „Fiva hat gefragt, ob wir nicht was machen können, das Dialekt-Samples beinhaltet und mit Corona zu tun hat. Dann haben wir hardcore Kabel-TV-Samples gediggt und in drei Tracks auf demselben Beat versucht, ein Statement abzugeben. Es war natürlich absurd, deppat und lustig. Fiva hat am Ende so getan, als würde sie in Tirol anrufen und uns fragen, was dort gerade abgeht.“
Videos
Yugo – Babylon
Nach zwei Jahren musikalischer Stille, macht der „schönste Mann in Wien“ seinen Fans ein vorweihnachtliches Geschenk. Als Vorboten einer EP, die am 11.Dezember erscheint, veröffentlichte er den Titeltrack – und dieser deutet an, dass sich die zweijährige Wartezeit nach dem Album „Yugo“ gelohnt hat. Auf einem schönen Beat von Alexis Troy droppt Yugo böse Lines und ist eindeutig „auf der Suche nach Streit“. Auch eine Mini-Anspielung auf den neuen Namen, sowie die lange Abwesenheit aus der Szene findet ihren Platz in dem Song: „Du erkennst mich nicht wieder/ich erkenn mich nicht wieder/also komm mir nicht näher, hau ab.“ Das Musikvideo verstärkt die dekadente Atmosphäre, die perfekt zum Songtitel und der Rückkehr-Stimmung passt. Auch wenn es so scheint, als würde Yugo um sich herum sein eigenes Babylon erschaffen, vergisst er nicht auf eine Hommage für seine Heimatstadt: „Bin in Wien nicht in irgendeinem Kaff“.
Eli Preiss – Im Kreis
„Alles gut, doch es könnte immer besser sein.“ – mit ihrer neuen Single „Im Kreis“ hält Eli Preiss Gefühle fest, die in der momentanen Situation wahrscheinlich viele von uns nachvollziehen können. Wo Winter und Lockdown aufeinanderprallen, kann leicht das Gefühl entstehen, irgendwie nicht weiterzukommen, vielleicht gar nicht so genau zu wissen, was man eigentlich will. Die von Melik produzierte Single fällt um einiges basslastiger, darker und auch energetischer als ihre sonst eher ruhigeren Tracks. Auch das Video dazu ist sehenswert, voller ausdrucksstarker Bewegungen und Modelposen, eingetaucht in blau-grünes Licht.
Son Griot, Schakal & DJ Flash – Kopfnicker (Flip RMX) feat. Antrue, Forty Fife, Chakuza & BumBumKunst
Wie kann man Künstler in dieser schwierigen Zeit unterstützen? Chakuza machts vor und bietet seinen doch recht reichweitenstarken Youtube-Kanal als Plattform für befreundete Künstler an. Für den ersten Wurf besinnt er sich auf seine österreichischen Wurzeln und unterstützt – sogar ausnahmsweise im Dialekt – Son Griot, Schakal und DJ Flash auf dem ersten Teaser zu ihrem Album „5 Minuten Ruhm“, das für Anfang nächsten Jahres angekündigt ist und auch dank der vielen Featuregäste ziemlich ambitioniert wirkt. So erschien die Single „Kopfnicker“ als Posse-Track eines vermeintlich wild zusammengewürfelten Haufens – beteiligt haben sich Antrue von Da Staummtisch, Forty Fife, BumBumKunst und Flip, von dem der Remix-Beat stammt.
Sweetboyblondey – Handstand
Derzeit wohl einer der gefragtesten jüngeren österreichischen Künstler ist Sweetboyblondey. Dass ihm neben melancholischem Sound wie bei „Ukrajina“ oder „Sad Funk“ auch den Badboyblondey raushängen lassen kann, zeigte die heuer erschienene „Bando“-EP – die auch dank des Produzenten Andrewextendo stilistisch bei Jonny5 und Konsorten einzuordnen war. Nun, wo er offenbar kein Teil der Sportrecords-Crew mehr ist und mit der Sweet Family eigene Wege geht, widmet er sich nach einer kleinen Schaffenspause wieder den bewährten, gefühlsbetonten Sweetboyblondey-Vibes. Wie zuletzt bei „Ghetto“ nun auf „Handstand“, der Beat kommt von diesmal von Acoid & Modem.
Pan Kee Bois – Rauche Schnell feat. Képler
Also Vorbote für das anstehende Release von „Reset“ treffen sich die Pan Kee Bois zum Turn-up auf dem Fußballplatz. Dabei entstand das Video zu „Rauche Schnell“. Mit dabei ist der mittlerweile in Wien ansässige Képler vom bayrischen Piano Collective. Das kollektive Frönen diverser Rauschmittel komplettieren Anspielungen auf die 00er-Jahre wie Panini-Sammelbildern, „Need For Speed: Underground 2“-Einblendungen und Ronaldinho-Trikots aus einer Zeit, in der der AC Milan noch mehr internationale Strahlkraft als Paris St. Germain oder Manchester City innehatte.
Iloveakim – Sonnenschein
Der Rapper/Sänger Iloveakim öffnet mit seinem neuen Track „Sonnenschein“ einen Mittelweg zwischen Trap-Experimenten und poppigem Sound. Richtig Welle gemacht hat der Niederösterreicher vergangenes Jahr mit seinem Song „Fenster stehen“, bei dem er sich am „Bedroom Pop“-Sound bedient. Gerne verlässt sich Iloveakim auf simple Texte, simple Beats und sein goofiges Selbstverständnis – eine Kombination, die exquisite Vibes generieren kann. Auf „Sonnenschein“ mischt er funkigen Sound mit gelallten Lines und erschafft damit eine ganz eigene Stimmung – fast wie ein Liebessong, der mit ein paar Gläschen intus geschrieben und aufgenommen wurde. Dennoch liefert Iloveakim spannende Sounds, bei denen es schwer fällt, wegzuhören.
Scheibsta – Es is eh scho wurscht (feat. Lukas Resetarits)
„Es is eh scho wurscht“ – als Stimme dieser ur-wienerischen Botschaft holt sich Scheibsta keinen geringeren als Lukas Resetarits hinzu, denn „es Leben is a Kabarett / owa ned a jeder hot an Schmäh„. Ansichtssache also, wer sich über den Tag ärgert oder eh alles schon nicht mehr allzu ernst nimmt. Um viel mehr geht es im Track dann auch nicht. Scheibsta kündigte die Single als „eine unterhaltsame Auszeit vom Corona-Alltag“ an. Sie solle „daran erinnern, dass man gerade, wenn alles unrund läuft, nicht aufs Lachen vergessen sollte„. Müßig zu erwähnen, dass darunter auch das Lachen über einen selbst fällt.
Julian – Weit weg
Mittlerweile seit rund einem Jahr auf der Bildfläche, konnte Julian schon mit der ein oder anderen Single aufzeigen – mit „Weit weg“ kann der Jungspund daran anknüpfen. Er rappt dabi über Vertrauensverlust sowie verflossene Liebe. Passend dazu erweist sich „Weit weg“ als sentimentaler, kitschiger Liebessong, der gut ins Ohr geht. Der poppige Track wurde von pluv produziert, wie gewohnt hatte auch der bekannte Wiener Produzent PMC Eastblok beim Mixing und Mastering seine Finger im Spiel.
Weitere Videos
Seit der vergangenen Round-up-Ausgabe sind etliche weitere Videos und Tracks erschienen. Wir möchten sie abschließend zumindest erwähnen und verlinken. Hier findet ihr eine kleine Auswahl – sofern verfügbar, haben wir die unten stehenden Tracks auch der Spotify-Playlist hinzugefügt.
Kinetical & P.tah – „Mmmh“
Copy N Paste – „Dieser eine Moment“
100 KG – „Relaxed“
Volfi – „Von Rap entführt“
Gazelle & the Bear – „Two, One“
Gläser & Phat Suspekt feat. Sub-Rin – „Zu Tage in der Nacht“
Chakuza – „Lass mich atmen“
Mr. Robbery – „Windmühlen“
Kayo – „Mei Festplottn“
Hasan S. & Mo68 – „MWC“
RAN DMC – „RAN DMC (Wiz Khalifa – Black And Yellow Parodie)“
Samt feat. Malberg – „Drama“
Queeen & Atsche – „Pendejos“
Andzijo & Phöönix – „Lauf meiner Glock“
Tracks
Josef – „wineforjoseph“
Alix – „Hier“
Savi Kaboo – „Vienna“
K.S.Kopfsache – „Mein Herz“
KHG 1220 – „PÄÄÄ“
Semkoo ft. Dinka Maximus – „Netflix & Chill“
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1/3 Instrumentals, 1/3 Underground-Deutschrap, 1/3 Emotrap, wo hoid jemand bissi rumschreit.