Deschek vom Message. Gebts ma an grünen Avatar heast!
1/3 Instrumentals, 1/3 Underground-Deutschrap, 1/3 Emotrap, wo hoid jemand bissi…
Dass der Jahreswechsel naht, bedeutet noch lange keine Flaute, was neue Musik angeht. So findet sich auch im letzten Austro Round-up anno 2020 der ein oder andere Name, der für eine Nominierung beim ersten Message Award infrage kommt. Die Verleihung geht im kommenden Jänner über die Bühne.
Bereits berichtet haben wir über die „Pfau“-EP von Von Seiten der Gemeinde & Da Kessl, die Videopremiere des neuen Marie-Tracks „Make it on my own“ sowie das Instrumentalalbum „Six Million Dollar“ von Saiko. Ein Beat des Wiener Produzenten stellte auch die instrumentale Basis für das jüngste hiesige Rap-Comeback dar. So haben sich MA21 über zehn Jahre nach dem Erscheinen ihres Albums „Kopf Oder Herz“ kürzlich mit „Odyssee“ zurückgemeldet. Der Track erinnert an den melancholisch-grüblerischen Charakter des Debütalbums. Wir sind gespannt, was in naher Zukunft vom Floridsdorfer Trio zu erwarten ist.
Text: Simon Nowak, Francesca Herr, Simon Huber, Mira Schneidereit & Michi Koffler
Releases
Aze – Dead Heat EP
Texte voller Leidenschaft und Sentimentalität auf soulig-jazzigen Beats vereinen Aze auf ihrer Debüt-EP „Dead Heat“. Beyza und Ezgi machen seit vielen Jahren gemeinsam Musik, ihre Erste Single als Aze veröffentlichten sie aber erst im Dezember 2019. Ein Jahr und mehrere vielversprechende Singles später dürfen wir nun ihre cozy R’n’B- Songs im Fünferpack genießen. Atmosphärische Gitarrenklänge, Jazzakkorde und dahingehauchte Harmonien ziehen sich durch alle Songs. Auf „Common Ground“ ist auch der Wiener/Budapester Rapper Co Lee zu hören, der dem Song in seiner Gesamtheit einen gewissen Rejjie-Snow-Charakter verleiht. Während Ezgi für die Texte sorgt, ist Beyza für Musik und Produktion zuständig. Bei der EP holten sie sich unter anderem Unterstützung von Jakob Herber (Flut, Culk, Anger).
„Dead Heat is a conceptual piece that was created in the process of us finding home, losing it, still running around in circles and accepting that sometimes all your efforts are dead heat.” sagen sie selbst über ihre EP. Die Texte handeln von der Liebe, vom Verführen, dem Kummer und auch davon, dass man vom Gspusi manchmal nicht mehr als ein sehr eindeutiges Vielleicht bekommt. Auch in „Laundry Room“ geht’s um Gefühle, allerdings bezogen auf Herkunft und der Bedrängnis, sich anpassen zu müssen. Eine EP für die Zeit der langen Nächte und eine willkommene Einladung zum Im-Bett-liegen-bleiben.
Yugo – Babylon EP
Debütalbum, Mini-Hype, Einstieg bei Division – und dann erst einmal zwei Jahre quasi Sendepause abseits des Namenswechsels. Eine ungewöhnliche Kombi, wobei sie wohl zumindest teilweise durch die Pandemie erklärbar ist. Wie auch immer, kürzlich meldete sich Yugo mit der „Babylon“-EP zurück. Die fünf Tracks sollen die Richtung angeben, in die sich der einstige Geheimtipp in Zukunft bewegen soll. Thematisch beginnt die EP eher schwermütig, handelt von Trennung, Schmerz und Chaos. Lediglich auf dem letzten Track mit Felly, der mit diesem Feature sein einziges musikalisches Lebenszeichen 2020 gegeben hat, wird der Turnup-Hebel umgelegt. Rundum solide, es fehlen vielleicht auf Anhieb die richtigen Hits. Es sind wohl ein paar Durchläufe nötig, um in den Film zu kommen.
Giani & Fid Mella – Grrr
Wenn Fid Mella nicht gerade mit lokalen Acts zusammenarbeitet, streckt er seine Fühler gerne auch in diverse Himmelsrichtungen aus – neben den mit Lex Lugner produzierten Tracks für den multinationalen Silk Mob etwa auch nach Italien, wo Mistaman 2019 die vom Südtiroler Wahlwiener produzierte EP „L’universo non esiste“ veröffentlichte. Zuletzt ging es nach Berlin – Mella brachte mit Giani „Grrr“ heraus. „Wenn du auf Munchies bist, greif zu, denn dieser Candy sorgt für einen gehörigen Zuckerschock“, schreiben sie dazu. Auf neun Tracks trifft trippiger, verschrobener, aber zugleich eingängiger Mella-Sound auf nicht minder extravagante Lines, Singsang und Autotune-Vocals des jungen Rappers. Eine durchaus interessante Kombi, die sicher nicht den Massengeschmack trifft, aber doch für sich steht.
Crack Ignaz – Sang EP
So ruhig es einige Zeit um Crack Ignaz war, zählte er dieses Jahr mit einer Flut an Videosingles und seinem neuen Soloalbum „Sturm und Drang“ wieder zu den aktivsten Rappern Österreichs. Doch dabei soll es nicht bleiben – denn kurz vor Jahresende schiebt er noch die EP „Sang“ hinterher, die sechs Tracks umfasst und komplett vom Würzburger TeamSESH-Mitglied hnrk produziert wurde. Thematisch und in Bezug auf die Produzentenwahl macht es Sinn, die Tracks vom Album auszukoppeln, was sie aber nicht automatisch zu B-Ware oder Leftovers machen soll. Vielmehr kann sich Ignaz K dadurch mehr in diverse Richtungen austoben als auf enger eingegrenzten Albenkonzepten. Dennoch werden ernste Themen nicht unter den Tisch gekehrt, mit „Nicht von hier“ weist er etwa auf den erlebten Alltagsrassismus hin und bricht ironisch damit.
Onel – Nightmares and Warfare
Bereits am 4. Dezember erschien mit „Nightmares and Warfare“ die Debüt-EP von Onel. Wie der Titel andeutet, fallen die Tracks sehr persönlich aus. So zieht sich viel Herzschmerz und Melancholie durch die fünf sanften, trappigen Tracks des jungen Wieners. Wie bei seinen bisherigen Singles rappt/singt der erstmals 2019 in Erscheinung getretene Artist dabei auf Englisch. Ein stimmiges Debüt, das sich auch soundtechnisch nicht verstecken muss. Könnte sicherlich noch ein Eitzerl mehr Eigenheit vertragen, allerdings wäre das der Playlist-Tauglichkeit wohl nicht zuträglich. Dass Onel zu den vielversprechenderen jungen Musikern zählt, steht jedenfalls außer Frage – und das verdeutlichen auch beachtliche Streamingzahlen sowie eine Hörerschaft, die sich bereits von Wien über Berlin bis nach Arizona zieht.
Videos
NENDA – Mixed Feelings
„Mixed chick, mixed race, too mixed, not white enough.“ Mittlerweile in London stationiert, erzählt NENDA in „Mixed Feelding“ davon, wie es war, im Tiroler Ötztal aufzuwachsen und die heimische Tradition zwischen Alltagsrassismus, Diskriminierung, Unverständnis und der Frage nach der Herkunft zu leben. Vor allem bei Letzterem ist die Grenze zur bloßen Neugier auch schnell überschritten: „weil mi die Leit fragen wo meine Wurzeln sein / und’s mir dann nit glaben wenn i sag‘ im Ötztal drein.“ Die Faktoren Sprache, Herkunft und Tradition präsentiert sie sowohl im Dirndl als auch im Londoner „fashion chique“ am Berg oder in der Innsbrucker Innenstadt und schafft den fliegenden Wechsel zwischen Englisch, Deutsch und Tiroler Dialekt müheloser als so manch andere. Ohne an Flow und Leichtigkeit zu verlieren, rappt sie auf eindringlichem Pop-Beat über ihre mixed feelings: Diese meinen vor allem eine Verwirrung zur eigenen Herkunft, wie sie in einem Interview mit der Tiroler Tageszeitung beschreibt. NENDA setzt mit dieser ersten Single wichtige Botschaften und Repräsentationsmöglichkeiten, nicht nur für PoC und BiPoC. Dahinter steckt ein jede Menge Potential, von dem wir hoffentlich bald mehr hören können.
Soia & Moo Latte – Renegade
Eine ähnliche Grundthematik – wenn auch aus etwas anderer Perspektive – behandelt der neue Track von Soia & Moo Latte. So erweist sich „Renegade“ als eine lebhaft instrumentalisierte Single, die sich gleichermaßen an mehrere Gruppen von Menschen richtet. „‘Renegade‘ is dedicated to political dissidents and people living in the diaspora. It tells the tale of the bitter sweet relationship with and love to one’s homeland, identity and its politics“. Um den aufständischen Charakter zu unterstreichen, ergänzen Clap-Sounds und von Niklouds Holler eingespielte Bläser (Altsaxofon & Flöte). Eine powervolle Nummer, mit der Soia und Moo Latte auf ihr gemeinsames Album „Spiritual Housekeeping“ einstimmen – die umfangreiche Zusammenarbeit mit dem dänischen Produzenten ist für die Wienerin eine kleine musikalische Neuorientierung, nachdem bis dato drei Alben mit ihrem Stammproduzenten Mez zu Buche stehen.
Young Krillin – M1 Ridey (feat. Dave) | Keine Hose Movement | Lockdown (feat. Slobi)
Wenn Influencer Dave aka David Scheid nach Salzburg ridet, führt kein Weg an seinem Main Man in der Mozartstadt vorbei. Um wen es geht? Blöde Frage, Young Krillin natürlich. Für eine Folge der ORF-Serie „Dave“ mit „M1 Ridey“ haben die beiden eine smoothe Hommage an ihre rollenden Weggefährten gezimmert – im Fall des Hauptprotagonisten eine gepimpte Micra Mouse, bei Krillin ein Quickie WheelDrive. Schöner Spagat zwischem ironischem Flexen und realen Umständen – durchaus mit Sommerhit-Potenzial. Dass der Beat dazu von Fid Mella kommt, ist wohl kein Zufall. Denn Krillin und Mella arbeiten derzeit an gemeinsamen Tracks. Mit nicht weniger Augenzwinkern geht ihre jüngst mit Video versehene Single „Keine Hose Movement“ einher – hoffentlich 2021 mit mehr Trendpotenzial als die Lines im ebenfalls kürzlich inklsusive Video releasten Track „Lockdown“ mit Slobi.
Slav & Savvy – Weiter drehen
Mit „Weiter Drehen“ liefern Slav und der Berliner aus BHZ-Kreisen Savvy ein unerwartetes Feature. Der Beat stammt gleich von drei verschiedenen Leuten. So war neben 24Seven und dessen Kollege Jibby, Savvys Produzenten des Vetrtrauens, auch der Wiener bzw. Neuberliner Hardy beteiligt. Insgesamt ergibt sich ein gut abgeschmeckter Track. Slav und Savvys Flow und Stil harmonisieren gut, ohne dass dabei die Individualität der beiden Rapper verloren geht. „Plus vier acht, zwei vier fünf ist die Zahl“ kündigt Slav die neue Kombi in seiner ersten Line an. Sie drehen im Standby-Modus Runden um den Block – im Benz oder in Nike TNs. Dabei scheinen Welt und Zeit stillzustehen. Während sich die Jungs weiter drehen, läuft der Song auf Repeat.
Salò – Ektoplasma
Die Liebe, die Liebe. Was wäre die Musik ohne eine ihre größten Triebfedern? Bei Salò wohl nicht besonders viel, so gerne wie er sich mit Tracks von all dem Herzschmerz ablenkt. Das verdeutlicht der Name der im Sommer erschienenen „Tränen zu Wein“-Debüt-EP, die der Wien-Graz-Pendler kürzlich um ein neues Video erweiterte. Simpler Electropop-Beat, energischer Gesang und ein schwerer Text über die Verflossene, die nicht und nicht aus dem Schädel gehen mag. Eine Kombination, die funktioniert. Ganz im Gegensatz zu Salòs Verarbeitungsmechanismen. Tja, da hilft wohl nur noch ein Exorzist – aber besser nicht irgendein dahergelaufener. Ob Salò bis zur zweiten EP, die nach seinen Angaben schon mehr oder weniger im Kasten ist, befreit ist? Und was das für sein weiteres musikalisches Schaffen bedeutet? Fragen über Fragen. Wir bleiben am laufenden.
Brown-Eyes White Boy – einsneunzig
Mit „einsneunzig“ haute Brown-Eyes White Boy mal wieder einen Track raus, der richtig klatscht. Der ziemlich harte Beat stammt hierbei aus der Feder von Produzent Foreign Shooter und stiehlt dem Protagonisten beinahe die Show. BEWB ist nicht nur damit beschäftigt, Lines zu spitten, sondern stapelt nebenbei sein Geld. „Bin fast einsneunzig, stell‘ mich auf die Bündel, das‘ ein Weltrekord“ rappt der Salzburger und schaut dabei wahrscheinlich von seinem Geldberg auf die restliche HipHop Szene herunter. Auch wenn es sich ein bisschen so anfühlt, als würde der Beat BEWB auf seine Schultern nehmen und durch den Track hindurch tragen, ist „einsneunzig“ definitiv ein Brett.
Weitere Videos
Seit der vergangenen Round-up-Ausgabe sind etliche weitere Videos und Tracks erschienen. Wir möchten sie abschließend zumindest erwähnen und verlinken. Hier findet ihr eine kleine Auswahl – sofern verfügbar, haben wir die unten stehenden Tracks auch der Spotify-Playlist hinzugefügt.
Von Seiten der Gemeinde & Da Kessl – „Be Prepared“
Meydo – „Es ist vorbei“
Lent – „Notruf“
Amun Mcee & Dj Sticky – „Leer“
Vorl – „Laid Back“
Sonix – „Dynamite“
Elevan – „Allein“
Bjøvan feat. Ajet – „Parkbank“
Retainer Hitokiri feat. Desmond Doyle – „Moment in Time“
Koarli Unda – „Gondln“
Lenny420 – „Weedkind“
Ohdrej & Meista – „Haus am Boch“
Schmusechor – „Heavenly Father“
Tracks
Silk Mob – „Mehr“
Law – „Hit Back“
HipHop Joshy & JerMc – „Der Stift Kane RMX“
Def Ill feat. M. Binder & Attwenger – „KaKlaKariada Remix“
Faces – „Obey“
strange – „montag nachts“
NoTees – „Afterparty“
Armouann, Patricio Darone & Uncle Kareem – „Quanta Bigi“
Sheyla J. – „Will you love me“
Wal de Mar – „Das Spiel“
Dr.Docs – „Guccibelt“
K.S.Kopfsache feat. Mona Wonderland – „I don’t Care“
Du möchtest mit deinem Release/Video ebenfalls im Austro Round-up vertreten sein? Schicke uns gerne ein Mail an [email protected]
1/3 Instrumentals, 1/3 Underground-Deutschrap, 1/3 Emotrap, wo hoid jemand bissi rumschreit.