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Beatshizzle (Mai 2019) // Beats & Instrumentals

Beatshizzle (Mai 2019) // Beats & Instrumentals

Beatshizzle

In dieser Reihe widmen wir uns monatlich den neuen Releases der Beat- und Instrumental-Szene. Das Meer an großartigen Beats wird von Tag zu Tag größer und nur die wenigsten Produzenten erhalten gerechtfertigte Credits. Darüber hinaus gibt es regelmäßige Instrumentalreihen – viele der Projekte gehen allerdings in der Flut an Releases einfach unter und werden nicht mit eigenen Artikeln gewürdigt. Dennoch sind sie relevant genug, um ihnen eine Plattform zu bieten.

   Flying Lotus – Flamagra

Ende Mai kehrte Flying Lotus mit „Flamagra“ nach fünf Jahren Releasepause auf die Bildfläche zurück. In der Zwischenzeit war der Brainfeeder-Labelchef nicht untätig, er produzierte etwa „Wesley’s Theory“ von Kendrick Lamar und war an „Swimming“ von Mac Miller beteiligt. Daneben widmete er sich Kurzfilmen, Soundtracks sowie seinem Debüt als Regisseur beim 2017 veröffentlichten Body-Horror-Film „Kuso“.

Die 27 Tracks fallen gewohnt experimentell aus, haben starken elektronischen wie jazzigen Charakter und geben Einblick ins große stilistische Spektrum von FlyLo. Auch wenn der rote Faden im Vergleich zu hochgelobten Vorgängerwerken wie „Cosmogramma“ oder „You’re Dead!“ fehlen mag, ist dem Kalifonier ein weiteres hochwertiges Album gelungen. Er untermauert damit, warum er zu den wichtigsten Aushängeschildern der LA-Beatszene gehört und vielen Produzenten als Vorbild dient. Auch die Featureliste ist namhaft besetzt – unter anderem mit Anderson .Paak, Denzel Curry, Little Dragon oder dem P-Funk-Pionier George Clinton.

Iamabeenie (14KT) – For My Sanity

Samples choppen, mit melodischen Synths, kräftigen Drums und auffälligen Basslines garnieren. Ein Rezept, das 14KT in der vergangenen Dekade zu einem der bedeutsamsten Produzenten der Detroiter Post-Dilla-Ära mausern konnte. Mit seinen Beats versorgte er neben diversen Rappern – etwa Danny Brown, Elzhi oder zuletzt Ro Spits – auch vermehrt den Soul-Sänger und Jugendfreund Mayer Hawthorne. Nun möchte er sich mit „For My Sanity“ gezielt vom alltäglichen Schaffen entfernen. Um sich stilistisch weiterzuentwickeln, aber auch den Kopf von persönlichen Sorgen sowie anhaltenden sozialen Unruhen und Polizeigewalt freizukriegen.

Unter dem neuen Alias Iamabeenie soll via First Word Records eine Reihe an Alben erscheinen, die tief in den (Synth-)Jazz-Fusion-Bereich eindringen, ohne viel an HipHop-Charakter einzubüßen. Das gelingt mit dem ersten Teil vorzüglich – ein kurzweiliges Album, dessen Tracks trotz der Neuausrichtung großteils via Maschine entstanden sind. Die teils vom Produzenten eingespielten Instumente kommen eher ergänzend zum Einsatz. Weitere Hintergrundinfos zu den einzelnen Tracks verrät 14KT hier.

Don Leisure – Halal Cool J

Auf türkischen Samples basiert „Halal Cool J“, das neue Album von Don Leisure. Dank eines Podcasts des damaligen Stones-Throw-Leiters Eothen Alapatt kam der Waliser 2006 in Berührung mit Künstlern wie Selda, Baris Manco oder Erkin Koray. Darauf aufbauend entwickelte der Produzent, der mit Earl Jeffers die Darkhouse Family bildet, eine Leidenschaft für türkische Funk- und Psych-Rock-Platten aus den 1970ern. In den vergangenen Jahren ist er sogar mehrmals extra zum Diggen nach Istanbul geflogen.

Nach der 2016 releasten EP „An Ottoman Excursion“ kommen einige der entdeckten Platten als Samples auf Albumlänge zur Geltung und lassen – teils unterstützt durch Samurai-Vocal-Samples – Exploitationfilm-Vibes aufkommen. Der Titel mag auf LL Cool J anspielen, der überwiegend grobkörnige Sound der 17 Kopfnicker erinnert dagegen mehr an RZA-Produktionen mit modernem Einschlag. Klingt alles sehr stimmig, „Halal Cool J“ ist eines der feinsten Beattapes des Monats.

L’indécis – Second Wind

Seit dem 2017 erschienenen Debütalbum „Plethoria“ ist es für L’Indécis steil bergauf gegangen. Der Franzose kann mittlerweile von der Musik leben. Dazu könnte auch sein Beat „Soulful“ beigetragen habe, der auf YouTube mittlerweile auf bemerkenswerte 34 Millionen Klicks kommt. Mit seinem zweiten Longplayer „Second Wind“ ergänzt der Produzent und Multiinstrumentalist die smoothen, jazzigen Vibes der bisherigen Werke um weitere Facetten. Bei den Aufnahmen holte er sich die Unterstützung einiger gefeaturter Musiker, die die Beats abrunden. Insgesamt kommen einige Instrumente, darunter eine Jazzgitarre, prominent zum Einsatz und unterstreichen den verspielten Charakter.

Segawa Tatsuya – pull.in sai

Nach dem Tod ihres Mentors Nujabes haben die Japaner Uyama Hiroto, Koizumi Takumi und Segawa Tatsuya vor einigen Jahren das Label Roph Records gegründet. Seither sorgte vor allem Uyama Hiroto für hochwertige Instrumentalalben, ein paar davon produzierte er gemeinsam mit Segawa Tatsuya. Dieser rückte mit „Pull.in sai“ kürzlich erstmals selbst in die erste Reihe. Auf seinem Solodebüt ergänzt der MPC-Produzent und Trompeter die entspannt-jazzigen Nujabes-Einflüsse mit einem stark experimentellen Charakter, Gitaren- und Klavierfeatures runden ab. Die meisten der 13 Tracks weisen viel Dynamik auf, es kommt zum häufigen Wechsel zwischen eingängigen, melodischen Parts und rauen, abstrakten Sequenzen. Insgesamt ein hörenswertes Album, das sich stark von der Masse an HipHop-Instrumentalaben abgrenzt.

Robohands – Dusk

Während auf seinem 2018 erschienenen Debüt „Green“ neben HipHop- vor allem auf Jazz-, Krautrock- und Ambient-Elemente dominierten, setzt Robohands beim Nachfolger „Dusk“ verstärkt auf Soul-, Funk- und Latin-Einflüsse. Der Londoner Produzent und Multiinstrumentalist spielte dafür die Basics von Drums über Gitarre, Bass, Keys und Synths ein, einige Gastmusiker spielten weitere Instrumente – vor allem Bläser – ein. Abermals eine grundsolide, harmonische Angelegenheit.

Type.Raw – See You

Mit einem interessanten Konzept geht das neue Album von Type.Raw einher. Ein Großteil der 16 „See You“-Beats sind in Kooperation mit anderen Produzenten entstanden – neben einigen Leuten aus dem Dunstkreis des Norwegers etwa Robot Orchestra, Es-K oder Aywee Tha Seed. Das düstere Gebirge am Cover führt etwas in die Irre – die Tracks bieten entspannte, mit Layers ausgestaltete Boombap-Klänge und haben einen heiteren, sommerlichen Charakter.

Amerigo Gazaway – Endless Summer

Bis dato machte sich Amerigo Gazaway vor allem mit Remixes und Mashup-Projekten einen Namen. Viel Lob bekam er etwa für „Yasiin Gaye“, „Fela Soul“ oder das mittlerweile nach einer Sony-Unterlassungsforderung entfernte „Bizarre Tribe: A Quest to The Pharcyde“. Original-Produktionen waren beim kalifornischen Produzenten und DJ bisher stark in der Unterzahl. Dass auch Beattapes in seine Vita passen, unterstreicht nun „Endless Summer“. Die 12 Tracks fallen soulig-entspannt aus und bieten – wie der Titel verspricht – reichlich sommerliche Vibes.

DJ Obsolete – The Mandela Effect II

Etwa ein Jahr nach dem viel gelobten Vorgänger veröffentlicht der Kölner Produzent DJ Obsolete den zweiten Teil der „The Mandela Effect“-Reihe über Village Live Records ich behaupte damit einfach mal, dass es nicht der letzte Teil war. Anders als bei beispielsweise dem über POSTPARTUM. veröffentlichten „Reminiscence“ ist „The Mandela Effect“ nicht rein instrumental. Einige Rapper veredeln die gelungenen Beats und sorgen wie bei „Outline In Chalked“ für richtige Banger, wenn Jake GHNM zwischen Deutsch und Englisch switcht. Auch die restlichen Rapper sowie die rein instrumentalen Stücke können sich sehen lassen und sorgen für ein rundum empfehlenswertes Release.

Jazzquaterz – Wayz Of Da Undaground

Die Freunde von POSTPARTUM. haben in letzter Zeit nicht nur kleine Open Airs veranstaltet, sondern auch musikalisch wie immer dope nachgelegt. Manch ein Hörer fordert mittlerweile gar eine „Flatrate“ für POSTPARTUM.-Releases, so überzeugend klingt jedes neue Album, das über das immer noch recht junge, aber gut etablierte Indie-Label abliefert. Und auch „Wayz Of Da Underground“ von Jazzquaterz, das im Mai erschien, reiht sich nahtlos in die überdurchschnittliche Qualität der vorangegangen Releases ein. Entspannte Beats mit markanten Samples, die aber trotzdem nicht langweilig werden. Vielleicht sollten sich die Betreiber tatsächlich Gedanken über eine „Flatrate“-Option im Shop machen.

Poldoore – Mosaic

Drei Jahre nach „The Day After“ meldet sich Poldoore mit einer neuen Instrumental-LP zurück. Auf „Mosaic“ möchte der Belgier einigen als Samples verwendeten Vintage-Grooves neues Leben einhauchen. Am Ende stehen 13 soulig-heitere TripHop-Tracks, die Poldoore wie gewohnt durch Live-Instrumente und Synth-Lines ergänzt hat. Leider fallen die Arrangements ziemlich grobmotorisch aus – die Beats plätschern dadurch teils dahin und könen nur wenig Emotionalität transportieren.

Nicki Samt – Grüß dich, Meiner

Der aus Halle stammende Produzent Nicki Samt trat bisher hauptsächliche als Produzent für seine Stylerberg-Kollegen wie FF.Merz, Peter Thermometer oder FreDoE in Erscheinung, wo er den Sound des Untergrundlabels maßgeblich mitgeprägt hat. Mit „Grüß Dich, Meiner“ erschien nun auch endlich ein Solorelease auf Albumlänge, das spätestens beim ersten Track nach dem Intro „Count“ klarstellt, dass Kopfnicken vorprogrammiert ist. Sehr starkes Debüt, mit mein Favorit des Monats.

Ranko – Fluesseviertel

Eher ein Geheimtipp, wäre dieses Release fast an mir vorbeigegangen. Zum Glück hab ich es doch noch gefunden, denn „Flüsseviertel“ von Ranko, das über das Bremer Label Am Apparat erschienen ist, sticht aus der Releaseflut extrem heraus. Kein 0815-BoomBap (gegen den es an sich auch absolut nichts einzuwenden gibt), sondern eine moderne Symbiose aus HipHop und House, die das beste aus beiden Welten vereint.

Odeno – Paintsens / Natural Swing – From Mars

Dezi-Belle keeps it LoFi. Die neuen Releases von Odeno („Paintsens“) und Natural Swing („From mars“) schlagen erneut in die Kerbe der „Study & Chill“-Playlist-Anwärter, ist der langsame, beinahe hypnotische Sound doch ideal, um sich darin zu verlieren und ihn entspannt nebenbei zu hören.

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Text: Simon Nowak & Simon Huber