"The hardest thing to do is something that is close…
Mit der Ausstellung „The Unseen“ betritt der Gründer des österreichischen HipHop-Magazins The Message, Daniel Shaked, Neuland: Erstmals widmet sich eine ganze Ausstellung dem Thema des HipHop-Porträts. Bei der Eröffnung im Atelier des Rabbit Eye Movements sprachen wir mit Daniel Shaked über seinen Zugang zu Fotos, den Stellenwert von urbaner Kunst in Österreich und thematisierten Hintergrundgeschichten ausgewählter Werke.
The Message: Anhand welcher Kriterien hast du die Fotos für die Ausstellung ausgewählt?
Daniel Shaked: Das einzelne Foto musste zunächst einmal funktionieren. Das war für mich das wichtigste Kriterium. In zweiter Linie spielte auch die Relevanz eine Rolle. Es war nicht leicht, die Fotos für die Ausstellung auszuwählen, vieles geschah aus dem Bauch heraus. Mir war zudem wichtig, dass die Fotos zueinander passen und eine stimmige Gesamtkomposition entsteht.
Welche Bedeutung haben die Porträts österreichischer Rapper in der Ausstellung?
Es sind verhältnismäßig viele Porträts österreichischer Rapper dabei. Das stimmt. Aber ich habe für diese Fotos keine anderen Kriterien angelegt als bei jenen von internationalen Künstlern: Die Fotos mussten einfach funktionieren und relevant sein.
Gibt es ein Foto, auf welches du besonders stolz bist?
Das wechselt, ähnlich wie bei einem Lieblingslied. Es gibt Fotos, die mir über einen gewissen Zeitrahmen gut gefallen. Aber ich denke dann schon immer an das nächste. Natürlich gibt es Fotos, zu denen man einen besonderen Bezug hat, die dank ihrer Geschichte im Gedächtnis bleiben.
Wie triffst du die Auswahl für die jeweilige Fotoumgebung?
Ich bereite mich vor und sehe dann, wie die Person drauf ist. Im Endeffekt muss das alles sehr schnell vom Stapel gehen. Man scannt die Umgebung und schaut, was funktionieren könnte. In den paar Minuten, in denen man Zeit mit dem Künstler verbringt, versuche ich, das Maximum rauszuholen.
Wo wurden die in der Ausstellung vorkommenden Fotos geschossen?
Der Fokus liegt auf Wien. Manche Fotos wurden aber in Linz geschossen, einige auch in Budapest. Aber die Mehrheit wurde in Wien geschossen. Weil das meine Homebase ist.
Warum hast du dieses Atelier für deine Ausstellung ausgewählt?
Die Idee mit der Ausstellung habe ich schon lange. Mir wurde angetragen, ich sollte ein Buch machen, ich sollte eine Ausstellung machen. Aber es hat nie geklappt. Weil der richtige Ort und die richtigen Menschen, die hinter meinen Sachen stehen, bisher fehlten. Ich kann nicht einfach in eine Galerie hineingehen, weil viele in Österreich meine Kunst nicht verstehen und zu würdigen wissen. Das Team von Nychos war aber von Beginn an sehr positiv und hat mich super unterstützt. Es war eine sehr gute Zusammenarbeit.
Du hast neben Rappern unter anderem auch Politiker fotografiert. Unterscheidet sich hier die Herangehensweise?
Nein, ich gehe immer gleich vor. Ich frage mich, wie die Person auf mich wirkt und was ich mit der Umgebung anstellen kann. Und es muss gemeinsam funktionieren. Ob Rapper oder Politiker ist dann egal.
Eine Ausstellung mit einem ähnlichen Themenschwerpunkt suchte man in Österreich bisher vergebens. Wie ist das Gefühl, eine Pionierleistung erbracht zu haben?
(lacht) Es ist ein Ankämpfen gegen Windmühlen, gegen ein Unverständnis gegenüber HipHop, gegen eine Neidgesellschaft. Das sind Leute, die meine Arbeit für das The-Message-Magazin nicht von meinem Brotberuf als Fotograf unterscheiden können. Mir wird nichts nachgetragen, mir fällt nichts in den Schoß. Ich muss Türen aufstoßen. Es freut mich, wenn andere Leute dann durch diese weitergehen.
Welche Parallelen bestehen hier zur Gründungszeit von The Message?
Ziemlich viele sogar. Ich wollte das damals einfach machen. Wenn Leute das dann interessant finden, umso cooler. Und vielleicht nutzt und bringt es den Leuten sogar etwas.
Die Ausstellung THE UNSEEN – HIPHOP PORTRAITS by Daniel Shaked läuft von 12.05 bis 11.06
Ort: Rabbit Eye Movement Art Space Gumpendorferstr. 91 – 1060 Wien www.rabbiteyemovement.at
Daniel Shaked ist Fotograf und Gründer des HipHop-Magazins The Message. Mit „The Unseen“ hat er seine erste Soloausstellung in Wien. www.danielshaked.com
Background-Storys zu zehn ausgewählten Fotos der Ausstellung
Die Chefredaktion von The Message, bestehend aus Julia Gschmeidler, Wanja Bierbaum und Thomas Kiebl, suchte sich aus den ausgestellten Arbeiten jeweils drei Bilder aus, zu denen Daniel Shaked die Hintergrundgeschichten liefert. Eines wählte der Fotograf selbst aus: Kamp.
KAROL CONKA
Karol Conka kam für eine Show nach Wien. Ich mochte ihre erste EP sehr gerne. Wir machten ein Interview, das leider nie erschienen ist. Wie auch das Foto. Sehr schade, denn Karol Conka ist auf jeden Fall ein brasilianischer Rap-Superstar, der hart für seine Passion kämpfen musste. Sie hatte einen eigenen Sound, der damals komplett neu war – und nicht überall angenommen wurde. Mittlerweile kann sie nicht mehr alleine außer Haus gehen, so bekannt ist sie in Brasilien. Sie inszeniert sich sehr gerne, mit ausgefallenen Outifts und ähnlichem. Das nimmt leider etwas von ihrer sehr lebendigen Persönlichkeit weg. Wir haben das Foto im Café Leopold geschossen, der goldene Hintergrund erwies sich als passend. Dennoch war es eine Momentaufnahme. In die Ausstellung nahm ich das Foto auf, weil es viel von ihrer Persönlichkeit zeigt: Diese positiv-durchgeknallte, extrem lebendige, selbstbewusste, weibliche Attitüde. Zudem fällt auf dem Foto ihr rosa Haar als markantes Detail sofort ins Auge.
SALUTE
Das Salute-Foto entstand im Zuge eines The Message-Interviews. Im Vorfeld machte er klar, dass er sein Gesicht nicht auf den Fotos zeigen will. Eine schöne Herausforderung in der Umsetzung. Ein Foto der Serie wurde veröffentlicht – auf jenem hält Salute eine gelbe Blume vor sein Gesicht. Das entstand eher spontan und nicht so geplant. Das ausgestellte Foto oben war die geplante Idee, blieb aber letztlich unveröffentlicht, ist damit aber also „unseen“.
MONOBROTHER
Das Monobrother-Foto besteht eigentlich aus zwei Fotos. Monobrother ist einer dieser Künstler, für die ich mir gerne mehr Zeit genommen habe. Nach dem The-Message-Interview zu seinem Debüt machten wir damals die Fotos im Freien. Aber mit denen war ich nicht so zufrieden. Ich mag seine Platte total gerne, deswegen wollte ich mit ihm eine zweite Session machen – im Hawelka. Das habe ich oft am Abend besucht, weil dann keine Touristen mehr dort sind. Das Hawelka willigte sofort ein, das Shooting verlief problemlos. Im Hintergrund sieht man Platten, die ich selbst mitgenommen habe. Die Zeitung, welche Monobrother in der Hand hält, ist eine von mir gestaltete Collage auf der Basis eines Die-Zeit-Titelblatts, mit dem Honigdachs-Logo und extra Headlines. Da kann man sich dann auch einige versteckte Insider-Schmähs erlauben. Ich mag das Foto total gerne, weil der Wien-Bezug sehr stark vorhanden ist. Es spiegelt den Vibe der Platte wider.
JOEY BADA$$
Joey Bada$$ war total fertig, bekam kaum die Augen auf. Wir machten zunächst ein paar normale Fotos, die zwar nett, aber nichts Besonderes waren. Dann fielen mir seine MF-Doom-Ringe auf. Im Interview sprachen wir auch über MF Doom. Ich fragte ihn, ob er einen seiner MF-Doom-Ringe in die Kamera halten will. Im Hintergrund war die ganze Entourage und hat zugesehen. Du hast nur zwei Minuten Zeit und musst ihn dazu bringen, die Faust so hochzuhalten, damit du dieses Foto knipsen kannst. Aber dadurch entstand ein einzigartiges Foto, das es mit dieser Blendeneinstellung nur einmal gibt.
XATAR
Zunächst machten wir Porträts mit Xatar. Danach wurde die Möglichkeit bekannt, dass Xatar bei Brenk etwas aufnehmen könnte. Xatar hat mit meinem Telefon Brenk angerufen. Draußen hat es richtig stark geregnet. Er hat sich dann zum Fenster hingestellt, um dort zu telefonieren. Zunächst wollte ich das Foto nicht veröffentlichen. Weil ich dachte, es wäre nicht brauchbar. Aber da täuschte ich mich. Heute mag ich das Foto sehr. Der Mantel war natürlich das wichtigste Detail. Xatar ohne Mantel geht nicht.
KONTRA K
Eigentlich sollte die Foto-Session mit Kontra K gleich im B72 stattfinden. Aber die Jungs waren nicht dort, sondern beim Tätowierer. Dort machten wir das Interview, für die Fotos kehrten wir ins B72 zurück. Ich hoffte, dass die Bühne in der Zwischenzeit frei bleibt. War nicht der Fall, weswegen ich umdisponieren musste. Wir machten dann einige Fotos im Stehen, die nicht schlecht waren. Dieses Foto war das letzte, welches ich schießen konnte, weil die Plattenfirma bereits Druck machte. Das Wichtige bei dem Foto war, dass er nicht das Kinn auf die Faust legt. Das hätte sonst sehr „cheesy“ ausgesehen.
9th WONDER
9th Wonder war ein unglaubliches Booking von Fear Le Funk. Als ich hörte, dass 9th Wonder und Rapsody im Viper Room auftreten würden, habe ich meinen Ohren nicht getraut. Das Booking war unglaublich. Leider war es ein für Wien bezeichnendes Konzert, waren gerade einmal 100 zahlende Gäste dort. Musikalisch war es irre. Wir haben zunächst ein Videointerview mit 9th Wonder und Rapsody gemacht. Das war alles sehr cool. Die Fotos wollten sie allerdings nach der Show machen, weil das angenehmer für sie wäre. Da hatte ich meine Befürchtungen. Das hat sich dann ewig lange gezogen. Um zwei Uhr morgens konnten wir erst beginnen. Aber die Fotos waren es wert. 9th Wonder hat dieses Foto in den Vereinigten Staaten verwendet, in Österreich blieb es unveröffentlicht. Ich finde Nachtfotos allgemein super, aber dieses mag ich total.
BRENK SINATRA
Brenk habe ich das erste Mal fotografiert, da war er noch bei Stiege44. Da hat er gerade angefangen, Beats zu machen. 2008 kam „Gumbo“ über Supercity raus. Wir machten deswegen eine Cover-Story für The Message. Von Brenk kam die Idee, mit Unterhemd, Haarnetz und Zigarre in der Küche zu posieren. Aufgrund des Albumtitels lag ein Foto-Shooting in einem Lokal auf der Hand. Wir organisierten deswegen eine Küche und konnten zu Geschäftsschluss rein. Der Rest ist Geschichte.
THE GAME
Manchmal passieren so skurrile Sachen wie das The-Game-Foto im versifften Backstage des Planet Music. Er hat während der Show eine Flasche Hennessey geext und sehr viel geraucht. Nach der Show lungerte er auf der Couch und meinte, egal was ich mache, ich solle es schnell machen. Im Nachhinein siehst du dir das Foto an und bemerkst, dass auf der Wand, neben all den anderen Geschmiere, „Auf die harte Tour“ draufsteht. Natürlich wusste ich, dass da jede Menge Blödsinn steht und zu sehen sein wird. Aber das passt einfach zu gut. Das finde ich witzig. Das Rot und Blau für Crips & Bloods ist auch eine schöne Sache. War alles nicht so gewollt, ist einfach passiert.
KAMP & WHIZZ VIENNA
Das Kamp-Foto entstand für eine The-Message-Coverstory zur mittlerweile legendären VOZ-Platte. Bei einem vorbereitenden Telefonat mit Kamp unterbreitete ich ihm meine Idee: Ich wollte seine Textzeile „Kamp, der suchtgiftkranke Jesus“ fototechnisch so umsetzen, dass sie zu Pop-Art-Ikonen werden. Sie waren sofort dabei. So ist es zu diesem Kirchenfenster-Style-Foto gekommen. Ähnlich wie das Covermotiv der neuen Platte von Audio88 & Yassin. Nur eben eben 2008/9.
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