Dj Shadow macht schon ein Vierteljahrhundert Musik. In den frühen 90er Jahren war er einer der ersten Vorreiter des „Turntablism“. Er verwendete Plattenspieler und Mixer wie Liveinstrumente und revolutionierte den Umgang mit Samples. Sein Debutalbum „Endtroducing“ aus dem Jahr 1996 war das erste Album, das ausschließlich aus Samples bestand und wird von Kritikern und Fans als Meilenstein im Hiphop betrachtet. 2016 veröffentlichte er sein fünftes Studioalbum „The Mountain Will Fall“. Mit der gleichnamigen Tour spielte der US-Amerikaner gestern im Wiener Wuk.
Zu Beginn seines Sets erzählt Dj Shadow dem dicht gedrängten Publikum was sie an diesem Abend erwartet: ein Set, das ausschließlich aus Eigenkompositionen und Remixen seiner Songs besteht, garniert mit einigen unter falschem Namen veröffentlichten Titeln. Das reduzierte Setup auf der Bühne besteht nur aus Plattenspielern, Laptop und einigen Drumpads. Dj Shadow beginnt das Konzert mit ein paar kitschigen Trapbeats. Im Hintergrund laufen synchron zur Musik Projektionen von bunten Flüssigkeiten und Rauch, die unglücklicherweise etwas an die Visualisierungen aus dem Windows Media Player erinnern. Nach wenigen Songs wird das Set zum Glück schneller, die Drums komplexer und auch die Visualisierungen etwas stilvoller. Eindrucksvoll beweist Dj Shadow seine Fingerfertigkeit an den Decks. Die Scratches klingen präzise und bringen etwas Liveathmosphäre ins Konzert. So ganz überzeugt der Auftritt bisher aber nicht. Die alten Hits spielt er meist als übersättigte Elektrotrap Remixe. Trotz handwerklich astreiner Übergänge, Scratches und einigen live gespielten Schlagzeugparts wirkt das ganze weniger wie ein Konzert, mehr wie ein 32 € teures Dj-Set.
In der zweiten Hälfte der Show verändert sich das Bühnenbild. Eine zusätzliche, durchsichtige Leinwand wird vor dem DJ-Pult aufgespannt. Die Visualisierungen wirken nun dreidimensionaler und weniger trashig. Auch die Musik verbessert sich nach der Hälfte der Show deutlich. Statt Dubstep und Trap zeigt DJ Shadow nun seine ganze Bandbreite: Komplexe Breakbeats, wechseln mit sphärischem Triphop und einigen Hiphop-Songs auf denen Gäste wie Nas oder Run The Jewels zu hören sind. Vor allem der Song „Nobody Speak“ mit letztgenanntem Duo bringt die Stimmung im WUK zum Kochen. Gegen Ende zeigen die Visualisierungen zu harter Technomusik noch einmal ihr ganzes Potential. Wer nicht gerade den Hinterkopf einer hochgewachsenen Person vor sich hat, verliert sich in Farben, Formen und hypnotisierenden Beats. Das Publikum entlässt den Künstler mit euphorischem Jubel.
Dj Shadow spielt einen extrem abwechslungsreichen, sprunghaften Querschnitt durch seine mehr als 25-jährige Karriere. Gemeinsamer Nenner sind die hervorragend ausgewählten Samples. Staubtrockene Kicks und schneidende Snaredrums erzeugen vor allem in den komplexeren Beats eine ganz eigene Stimmung. DJ Shadow hat eine Sammlung von mehr als 60.000 Platten und versteht sich gut darauf, die besten Samples zu finden und zu neuen Kunstwerken zu formen. Die Exkursion in Richtung Trap hätte er sich allerdings besser gespart.
Fotos von Daniel Shaked:
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