Das „Flex“ füllt sich an diesem Freitagabend nur langsam, als Dienst & Schulter, Kölner Produzentenduo und Goldrogers Live-Support, die Bühne betreten. Schon mit dem Opener „Zauberberg“, der in einem gänzlich anderen Gewand daherkommt als in der Studioversion, wird klar, dass uns heute keine Standard-Rapshow erwartet. Gitarrensounds, live eingespielte Drums sowie Effekte geben den Tracks einen ganz eigenen Klang und tragen der Dichte des Albums Rechnung. Es folgen „Mida$“ und „Wir sind da“, Goldie zeigt sich energiegeladen und tut sein Bestes, das zunächst noch etwas zögerliche Publikum mitzunehmen. Auch als einige ungeduldige eRRdeKa-Fans schon nach drei Nummern nach ihrem Liebling rufen, nimmt der Dortmunder es gelassen und verweist darauf, dass er erst die Bühne verlässt, wenn alle „hyped“ sind.
Mit „Bemale den Mond“ und dem neuen Track „Freie Liebe“ folgen zwei absolute Highlights, wobei man auch die Gelöstheit im Zuge des Tourabschlusses bemerkt. Das Publikum lässt sich von Track zu Track mehr vom Sound und der unorthodoxen Umsetzung überzeugen und feiert „Friede den Hütten“ und „Kommst du mit“ sowie den inoffiziellen Titeltrack von „Avrakadavra“, „Unter Nelken“, frenetisch. Es folgt mit „Playback“ schließlich ein weiterer unveröffentlichter Track, bei dem Goldie auch seine Technik und sein Lungenvolumen unter Beweis stellen kann und zum Rundumschlag gegen die Szene ausholt.
Nach einem kurzen Monolog über die Liebe sowie weiteren (dazu passenden) Nummern des Debütalbums wird „Harry Haller“ als definitiv letzter Track angekündigt. Der Track entfacht seine düstere Wirkung, aber hindert das Publikum nicht daran, den abgehenden Musikern eine Zugabe-Forderung hinterherzuschreien. Also lässt sich Goldroger nicht lange bitten und verkündet, fast schon entschuldigend, dass laut eRRdeKa noch zwei Lieder fehlen würden. Mit dem starken „MLXMLK“ von „Räuberleiter“ und dem sehnlichst erwarteten „Perwoll“ wird ein äußerst stimmiges Konzert abgeschlossen und die Crowd in die kurze Pause vor dem zweiten Act des Abends entlassen. Man blickt in viele zufriedene Gesichter.
Anschließend betritt DJ CMYK die Bühne und eröffnet mit einem Intro, kurz darauf kommt auch schon eRRdeKa angetanzt und bringt als Show-Opener „Frei“ von seinem neuen Album „Solo“ mit, „Messer“ geht gleich als nächster Song über die Bühne. Nach den ersten zwei Tracks äußert er sich das erste Mal zur Crowd mit „Sind wahrscheinlich auch viele Goldroger-Fans mit am Start“, da die Halle noch lange nicht voll und die Menge noch nicht in Höchststimmung ist. Als dann „Korallenriff“, ein Feature mit Goldroger, angespielt wird, füllt sich die Halle langsam.
Mit Kapuze über dem Kopf springt Goldroger pünktlich zu seinem Part auf die Bühne. Die Begeisterung ist hörbar, die Crowd erleuchtet den Raum mit Feuerzeugen und Handylichtern. Hinterher kündigt eRRdeKa an, dass nun „Zeit für bisschen HipHop“ ist. Darauf spielt er drei weitere Werke vom neuen Album, unter anderem „Stress“, wo er die Zeilen mit „Bock auf Stress mit jedem außer Wien“ ein wenig umdichtet. Dann folgen endlich die langersehnten Lieder „Stroboskop“ und „Frau für eine Nacht“, zugleich die einzigen Stücke vom „Paradies“-Album, die er heute performt. Die Stimmung steigt deutlich, es folgen sechs weitere Titel von „Solo“, unter anderem „Sterben“, welches sein Herzstück sei, wie er der Menge mitteilt.
Bei „A.M.H.“ findet das Konzert seinen Turn-up-Höhepunkt – „Circle Pit“ inklusive. „Die Wiener können gut feiern, hat Yung Hurn zumindest gesagt“, merkt er an. Für die Zugabe geht er nicht extra von der Bühne, sondern fängt einfach an, noch drei Stücke von seinem Album „Rapunderdog“ rauszuballern. Die Stimmung ist dabei so euphorisch, man bekommt den Eindruck, die Halle sei komplett ausgelastet. Die Zuhörerschaft hat immer noch nicht genug, wie sie eRRdeKa lautstark wissen lassen. Wenig später kehrt er deswegen zurück auf die Stage, steigt hinab ins Publikum und „A.M.H.“ ertönt erneut aus den Boxen.
Fazit: Bei Goldroger funktionierte die Live-Umsetzung seiner Songs – mit Live-Instrumenten! – ganz vorzüglich. Dabei nahm er überwiegend Tracks vom neuen Album mit, die von einigen Nummern der vorherigen Releases ergänzt wurden. Auch Leute, die sich mit dem neuen Album nicht anfreunden konnten, überzeugte die Live-Umsetzung. Genauso gefallen hat live eRRdeKa mit „Solo“ – eine Show, bei der der „Vibe“ der Platte noch eine ganz andere Stimmungslage mitgegeben wurde. Obwohl die Zusammenlegung der beiden Konzerte zunächst für Skepsis sorgte, konnten die beiden überzeugen und zwei sehr gelungene Konzerte abliefern, die einander auch gut ergänzten.
Text: Emil Delivuk & Madeleine Binder
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