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Ein Tag im Leben der Zampanos // Hiob & Pierre Sonality Interview

Ein Tag im Leben der Zampanos // Hiob & Pierre Sonality Interview

Hiob & Pierre Sonality :: The Message
Hiob & Pierre Sonality

Die Zampanos – so bezeichnen sich Hiob und Pierre Sonality auf ihrem neuen Kollaboprojekt. Wenngleich die beiden Protagonisten schon vorher von Zeit zu Zeit zusammenarbeiteten, kam die Ankündigung eines kompletten Albums dennoch überraschend. Nachdem der erste Stress nach dem Release vorbei ist, fanden die beiden Zeit für ein Interview, in dem wir der Entstehung des Albums, der Soundästhetik und etwaigen Suffgeschichten auf den Grund gehen.

Interview: Simon Huber
Fotos: Jim Gramming

The Message: Eure erste Zusammenarbeit fand auf Hiobs letztem Soloalbum „Drama Konkret“ statt. Wie entstand die Idee, ein komplettes gemeinsames Album aufzunehmen?
Hiob
: Im kleinen Deutschrap-Kosmos läuft man sich natürlich immer mal wieder über den Weg, trinkt hier und da ein Bier und einen Schnaps zusammen. Für Pierres „Magdeburg“-Trilogie habe ich ja auch einen Verse beigesteuert und wir haben dann im Zuge des Videodrehs ein paar Tage in der Nähe von Hamburg verbracht. Da kam die Idee das erste Mal auf. Anfangs wollten wir eigentlich nur ein paar Tracks für eine gemeinsame 12″ aufnehmen, aber die Sache ist dann am Ende eben fast bis auf Albumlänge herangewachsen.

Pierre Sonality: Wir rauchen auch die gleichen Zigaretten, so was verbrüdert!

Hiob, du scheinst allgemein eher Fan Kollaborationen zu sein. Arbeitest du lieber im Team oder war es einfach nur „Fügung des Schicksals“, dass deine Arbeit mit Morlockk Dilemma, wie du sie die vergangenen Jahre hauptsächlich veröffentlicht hast, so gut funktioniert hat?
Hiob:
 Ja, da kann man schon von Fügung sprechen. Die Geschichte unseres ersten Zusammentreffens im sächsischen Eilenburg haben wir ja schon bis zum Erbrechen auserzählt. Ich habe bis heute niemanden getroffen, mit dem ich musikalisch so auf einer Wellenlänge bin. Wir samplen dieselben Alben, wir feiern dieselben Filme, hören dieselbe Musik, diese Zusammenarbeit ist einfach ein Segen.

Der Begriff „Zampano“ war ursprünglich eher negativ konnotiert und steht für „Prahler“, im Laufe der Zeit hat er sich eher als Synonym für jemanden, der im Hintergrund die Fäden zieht, etabliert. Mit welcher Bedeutung identifiziert ihr euch mehr und was ist der Grund für die Namensgebung?
Pierre: 
Jeder, der uns beiden besoffen erleben durfte bzw. musste, wird wohl zustimmen, dass wir sowohl im ersten, als auch im zweiten Sinne dieser Definition echte Zampanos sind. Überbleibsel einer längst untergegangenen Spezies, voller Lebensfreude und Überheblichkeit. Der Name kam eher zu uns, als dass wir ihn suchen mussten. Ich persönlich erinnere mich gern an meine „wilden“ Tage, wo wir Partys, zu denen wir nicht mal eingeladen waren, mit Chinaböllern beendet haben. Da waren wir Prahlhänse, klar – wir sind aber nun keine Menschen, die sich dem süßen Nichtstun hingeben und damit stimmt auch die zweite Definition. Wir sind schon an vielem Scheiß dran.

Für die Produktion zeigt sich ausschließlich Hiob bzw. Hieronymuz zuständig. War das ein bewusster Schritt, oder hat sich das im Laufe der Zeit so herauskristallisiert?
Hiob:
 Zu Beginn der Produktion haben wir versucht, gemeinsam an den Beats zu basteln,  aber gerade was die Drumsounds betraf, sind wir auf keinen gemeinsamen Nenner gekommen. Pierre hat dann vorgeschlagen, ich solle die komplette Scheibe produzieren. Hätte er die Instrumentals gebaut, wäre das Soundbild sicherlich ein anderes geworden – aber auf gar keinen Fall ein schlechteres. Unsere Vorstellungen ließen sich nur nicht so einfach unter einen Hut bringen, das war sicherlich auch eine Zeitfrage.

Pierre: War sicherlich auch eine Frage der Nerven. Wir haben beide klare Soundbilder im Kopf gehabt, diese zu vereinen wäre zum Ende nichts Halbes und nichts Ganzes geworden. So fiel die Entscheidung auf Hiob. Ich fand es auch sehr entspannt, bei diesem Projekt mal die Füße hochzulegen, vong Beatmaking her. Mein Job war dann eben, meine Texte zu schreiben, den Schnaps zu klauen und unsere Aufnahmen hier in Hamburg zu machen. Fand ich super.

Das Soundbild unterscheidet sich stilistisch sehr von beispielsweise „Kapitalismus Jetzt“.  Wie gehst du bei der Auswahl der Samples vor?
Hiob: 
Der Sound-Entwurf für die Zampanos-Scheibe stand eigentlich schon, bevor wir den ersten Verse geschrieben hatten. Die 80er-Ästhetik ist ja unüberhörbar. Ich hatte eine Festplatte mit Musik nach Hamburg mitgenommen und wir haben dann nächtelang erstmal viele furchtbare und einige großartige Alben durchgehört. Das Rad haben wir jetzt sicher nicht neu erfunden, aber ausnahmsweise habe ich mal mit verschiedenen Claps und sogar mit Subbässen experimentiert.

Welche Rolle spielt der Schlagersänger Wolfgang Roloff aka Ronny für euch, dass ihr ihm einen eigenen Track widmet?
Pierre Sonality:
Ehrlich gesagt kannten wir den Dude nicht mal bis zu dem Abend, an dem wir besoffen im Wohnzimmer vor der Werbesendung saßen. Wir hatten schon etwas getrunken, da ging uns ein Licht auf und zum Ende lagen wir auf dem Boden vor Lachen. Die Werbesendung allein ist – Achtung: Wortspiel – „Ronny Gold“-wert. Irgendwann waren wir mal in ner Dartkneipe, wo die Jukebox tatsächlich diese CD spielte! Seitdem sind wir natürlich Fans!

Hiob, in unserem letzten Interview hast du gesagt, HipHop hatte das Potenzial, Konflikte gewaltfrei zu lösen. Die mediale Darstellung zum „Beef“ zwischen Xatar und KC Rebell überschlägt sich zurzeit, die öffentliche Wahrnehmung von HipHop wird von Taten wie diesen sehr geprägt. Wie beurteilt ihr solche Entwicklungen?
Hiob: 
Ich habe wirklich überhaupt keine Ahnung von den Hintergründen dieses „Beefs“ und es gibt auch nichts, was mich weniger interessiert. Gewalt kommt aber in allen Bereichen der Gesellschaft vor, wieso sollte also gerade die HipHop-Szene eine Ausnahme darstellen? Rap als Ausdrucksform und Ventil hat noch immer so viel Potenzial, Gewalt zu verhindern und eigentlich entfaltet sich dieses Potenzial ja auch tagtäglich, ob nun im Fokus oder abseits der Öffentlichkeit.

See Also

Wie hast du als Berliner Urgestein die Geschehnisse in der Rigaer Straße Anfang des Jahres wahrgenommen?
Hiob:
 Ehrlich gesagt habe ich davon in meinem Weddinger Exil überhaupt nichts mitbekommen. In den 90er-Jahren waren Häuserräumungen an der Tagesordnung und das Ausmaß der Gewalt war auch noch ein ganz anderes. Die linksextreme Szene im Ostteil der Stadt ist eigentlich auch nur ein noch Schatten ihrer selbst. Insofern halte ich die Ereignisse für eine billige PR-Kampagne des Innensenators, um sich vor der Landtagswahl als Law&Order-Politiker zu profilieren.

Hiob & Pierre Sonality :: The Message 2

Sind zwei Hits von den Bestesten (Hiob, Morlockk Dilemma, Audio88 & Yassin, Ecke Prenz, Anm.) genug oder kann man in der Hinsicht noch etwas erwarten?
Hiob:
 Naja, ich denke alle Beteiligten sind mit den eigenen Projekten vollends ausgelastet. Flo (Audio88, Anm.) und Yassin drehen im Moment ja auch wirklich am Zeiger. Abgesehen davon ist es bei vier eigenständigen Protagonisten wirklich kompliziert, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Die Gefahr, dass dann am Ende nur ein lauwarmer musikalischer Kompromiss herauskommt, ist verdammt groß. Ich glaube heute, diese Probleme waren auch mit ein Hauptgrund für die Einstellung des „Bestesten“-Projektes, neben den zahlreichen Exzessen und unseren daraus resultierenden Leberwerten natürlich.

Welche Projekte sind ansonsten noch in Planung?
Hiob: 
Zuerst einmal wird es Ende des Jahres eine kleine Tour zur  Zampanos-EP geben. Eine neue 7″ von Pierre und mir ist in diesem Zusammenhang auch noch geplant. Ich arbeite seit Anfang des Jahres mehr oder weniger konzentriert an einem neuen Solo-Album, die Platte mit Pierre hat dann doch mehr Zeit in Anspruch genommen als gedacht. 2017 wird es aber auf jeden Fall was Neues von mir zu  hören geben.

Pierre Sonality: Ende des Jahres erscheint das neue Die „Kraszesten“-Album von Doz9 und meiner Wenigkeit. Holmes Mr. Chrizze wird bald via Muther Manufaktur sein erstes Mixtape „Spät.Nacht.Ecke.“ releasen, mein Beatalbum „Vather“ ist im Presswerk und im nächsten Jahr kommt mein Soloalbum. Nebenher arbeite ich noch an circa drei verschiedenen Projekten, aber dazu bald mehr.