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Louis Logic – Look on the Blight Side

Louis Logic – Look on the Blight Side

louis logic
(Fake Four Inc./VÖ: 12.11.2013)

Wisst ihr, was der Schmetterlingseffekt ist? Eigentlich eine rhetorische Frage, denn wohl alle haben den gleichnamigen tollen Film (kein Sarkasmus!) mit Ashton Kutcher gesehen – doch für die Minderheit, die dennoch nicht weiß was das ist: der Schmetterlingseffekt dient als Beschreibung eines Phänomens, in dem durch kleine Abweichungen ein ganzes System geändert werden kann. Louis Logic weiß ein Lied davon zu singen, denn: hätten sich damals Cage und Louis‘ Homie Celph Titled nicht „gebeefet“ (inklusive Schlägerei und damals noch ohne Twitter), hätte er wohl das Angebot von El-P – den er zufällig in einer Bar traf – bei Def Jux zu signen und gleich auf Tour zu gehen, angenommen. Und hätte auch die Gelegenheit gehabt, seine musikalischen Produkte über das damalige Indie-Flagschiff der Öffentlichkeit zu präsentieren – die durchaus große Fangemeinde hätte da wohl auch zugeschlagen. Aber sei’s drum, aus bekannten Umständen musste Louis Jamie Meline absagen – und tauchte erstmal ab. 2006 kam schließlich das letzte Soloalbum auf dem Markt, 2013 ist es endlich wieder soweit mit neuem Solostuff; mit Fake Four hat er schon einmal das richtige Label für seine Musik gewählt, eine bessere Wahl als die derzeitige Qualitätsinstanz schlechthin punkto Indierap gibt es wohl nicht. Das Label erweckt schon einmal diverse Hoffnungen, das durchaus gelungene Artwork (ähnlich bunt gehalten wie „Misery Loves Comedy“, dem letzten Album) erinnert an alte Zeiten. Musikalisch stellt sich nur die große Frage, wie ein Album, an dem wohl oder übel ganze sieben Jahre gearbeitet wurde, zu klingen vermag.

Nun, zumindest einmal nicht übermäßig lang, denn „Look on the Blight Side“ weist gerade einmal die magere Spieldauer von etwas unter 40min auf. Gut, ist auch nichts neues, denn die letzte Veröffentlichung, das Kollaboprojekt „Me & Everyone You Know“ war ja auch nicht deutlich länger. Aber sollte ja kein Problem darstellen, wenn es hier „straight killers, no fillers“ gibt – und dies trifft, zu Louis Glück, zum Großteil echt zu: natürlich, „Look on the Blight Side“ ist kein fröhliches, sondern stark durchdachtes, melancholisches Album; quasi der Raum, den Louis Logic zur Behandlung oder Beschreibung diverser Probleme nützt. Das Ganze beginnt schließlich mit einer Thematisierung der eigenen Karriere, die eben nicht nach Wunsch verlaufen ist: „Lie to me and you choke my chain/If I didn’t die, people wouldn’t know my name“ („“A Day Late and a Dollar Short”). Schmerzvolle Erfahrungen werden auch auf dem Titeltrack geschildert – eindrucksvoll als auch gleichzeitig bedrückend. Doch es endet nicht bei subjektiven Problemen, Louis Logic kümmert sich auch um universelle Anliegen: In „The Joke’s On You“ wird mit dem Fernsehen abgerechnet bzw. dem, durch diverse Sendungen postulierten Schönheitsideal: „But is anyone happier? Did you find enrichment/With more than folks before but you’re just doing more crying and bitching?/Won’t all the guys be smitten when you finally fit in/The size you did when you were six and all thanks to that fine physician?“ Heftig, schmerzhaft, aber nicht unwahr. Louis Logic hat schließlich auch die Fähigkeit, sich mit wirklich schwierigen Themen auseinanderzusetzen, beispielsweise wenn er Machismus und Homophobie auf “Big Fish Eat the Little Fish” behandelt. Thematisch also alles sehr breit, was hier abgeliefert wird – jedoch auch musikalisch: die Beats sind meistens abstrakt und nonkonformistisch sowie häufig noch mit starkem Folk-Einschlag gehalten; passenderweise singt Louis Logic auch gerne mal, wie etwa auf dem Schlusstrack „Leaving Again“. Glücklicherweise kann er das auch.

Man muss wirklich mit der Lupe nach Schwächen suchen, aber selbst dann ändert sich nicht das Fazit: „Look on the Blight Side“ ist ein verdammt gutes, rundes, interessantes Album. Es sei ihm zu wünschen, dass er mit diesem Album durch die Decke geht (ja, jetzt keine Macklemore-Dimensionen, wir wollen realistisch bleiben, aber ein Topslot bei UGHH sollte doch drinnen sein) oder zumindest einmal den Respekt bekommt, den er sich zweifelsfrei verdient hat. Wenn nicht: auch egal – solange er solche Musik macht. Dafür wartet man auch gerne mal sieben lange Jahre….

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(thomki)

 

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