Mit ihrer Mischung aus R’n’B und Trip-Hop, mit ihrer wandelbaren Stimme, aber vor allem mithilfe ihrer surreal anmutenden Videos wie zu „The Other Girl“ erspielte sich die niederländisch-iranische Sängerin Sevdaliza eine treue Anhängerschaft. Ihre Musik erinnert entfernt an den kühlen Sound einer FKA twigs, nimmt aber an der musikalischen Weggabelung die Abzweigung in Richtung des Orchestralen.
Auf ihrem Debütalbum „ISON“, vergangenes Jahr von Musikkritikern mit äußerst amtlichen Rezensionen versehen, bewegte sie sich gar mehr in Richtung Lana del Rey, was vor allem ihre künstlerische Inszenierung in den Songs betrifft. Die schnellen Beats, die Sevda Alizadeh, so Sevdaliza bürgerlich, gemeinsam mit Mucky produzierte, konterkarierte sie dabei mit einem stimmlichen Hang zur Langsamkeit. Eine wuchtige Mischung, die auf „ISON“ nur an wenigen Stellen mit Längen versehen war. Richtig entfalten kann sie ihre Kunst, in der die Visualtät einen starken Part einnimmt, aber vor allem in ihren Videos und bei ihren Liveauftritten. Für Spannung war also gesorgt, als Sevdaliza am Freitagabend in die ausverkaufte Grelle Forelle lud.
Beim Betreten der Forelle wird schnell klar, welcher Menschenschlag sich als Fan ihrer Musik bekennt: Eine bunte Mischung aus stylischen Hypebeasts, die ihr Konzert in der 2017-Winterkollektion von Vetements besuchen, und Menschen, die so wirken, als kämen sie gerade direkt aus dem Hörsaal. Dazwischen ein hoher Anteil weiblicher Besucher. Der Esprit von anspruchsvoller Kunst liegt in der Luft.
Sevdalizas Set lebt von Beginn an von einer einzigartigen Ästhetik. Die wird nicht nur durch die Musik präsentiert – die orchestralen Beats entfalten live eine eigene Dynamik – sondern auch in der Visualität. Mit weit ausgestreckten Armen blickt sie ins Publikum und ist dennoch ganz bei sich. Dennoch erstaunt Sevdaliza mit gewaltigen Choreografien, die sie zusammen mit dem Tänzer Gil the Grid erstaunlich locker auf die Bühne zaubert. Das ist beeindruckend – wie auch ihre gesanglichen Darbietungen von Power-Nummern wie „Human“, „Hubris“ „Bebin“ oder „That Other Girl“. Selbst Tonprobleme zu Beginn des Sets bringen sie nicht aus dem Takt, auf die Unterstützung ihrer Band in Person des Keyboarders Leon den Engelsen, der mit seinen Tastenschlägen stets die Nummern einläutet, und dem Drummer ist Verlass. Die Interaktionen mit dem Publikum beschränken sich jedoch auf ein Minimum, abseits eines „My name is Sevda Alizadeh and I feel honored to be here“ kommt nicht viel von der Zentaurin. Scheinbar Teil ihrer Künstlerpersona, einen distanzierten Umgang mit dem Publikum zu pflegen. Aber sie betont auch, welche große Ehre es für sie als Independent Artist ist, in Wien in einer ausverkauften Location zu spielen. Die Rührung nimmt man ihr ab.
Neben den Tonproblemen, die sie im Laufe des Sets jedoch in den Griff bekommt, trübt an diesem Abend ein anderes, schwerwiegenderes Makel den Konzertgenuss: Da die Bühne in der Forelle viel zu niedrig ist, bekommen nur jene, die in einer der ersten Reihen eine Platz ergattern konnten, die Show richtig mit. Allen anderen ist die Sicht verstellt. Bei so einem Konzert, wo artistisch viel geboten wird, richtig schade.
Daher kann wenig an der Leistung Sevdalizas ausgesetzt werden, die eine imponierende Show bot und bewies, warum sie als eine der interessantesten Künstler im R’n’B-Bereich gilt. Nur die Location, die zog mit der Leistung der Künstlerin nicht gleich. Trotzdem ein dickes S/O an Beat the Fish für dieses Booking!
Weitere Fotos:
Text: Julia Gschmeidler & Thomas Kiebl
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