Das Konzept von Support-Acts ist für Musiker vorteilhaft: Newcomer können so ihre ersten Bühnenerfahrungen sammeln, sich zugleich vor einem meist größeren Publikum behaupten und im besten Fall eine Fanbase aufbauen. Am heutigen Abend im Wiener Gasometer ist das nicht notwendig, denn als Voract spielt Apache 207. Für Wiener Verhältnisse ungewohnt, ist der Gasometer um 19 Uhr bereits halb voll. Apache gilt als der geheime Star des Abends, die Erwartung und Vorfreude ist groß.
Doch: Apache zeigt sich medienscheu – keine Interviews im Vorfeld, keine Fotos während des Konzertes. Mit etwas Verspätung kommt Apache schlussendlich auf die Bühne und zieht die Crowd bereits beim ersten Song in seinen Bann. Nicht umsonst zählt der Junge aus Ludwigshafen zu den spannendsten Künstlern unserer Zeit. Dass er nicht mit Medien spricht, macht seine Persona noch spannender, geheimnisvoller und demnach auch faszinierender. Im April 2020 soll Apache solo in Wien auftreten. Das Konzert binnen sechs Tagen ausverkauft, die Venue dieselbe wie am heutigen Abend – mit dem Unterschied, dass heute noch Tickets an der Abendkassa erhältlich sind. Die Zahlen sprechen für sich, mit seinem kurzen Auftritt bestätigt und rechtfertigt Apache final seinen Hype. Nach vier Songs ist Schluss, das Publikum will mehr, aber langsam wird es Zeit für den geplanten Star des Abends – Bausa.
Wie immer ist der Sound im Gasometer nicht der beste, doch von Beginn an kann die Textsicherheit der Crowd das Soundbild zumindest ein bisschen retten. Bausa startet mit gewohnt markanter, rauer Stimme in die Show. Mit „In Berlin“ und „Casanova“ spielt er zwei Songs aus dem Repertoire des Powerbausas, der einen eher härteren Sound bevorzugt. Live bewegt sich Bausa konstant zwischen leicht aggressiv klingenden, Nutten und Koks präferierenden Songs und seinen radiotauglichen, melodischen Hits. „Sag der zugekoksten Bitch ich will mein‘ Blow“, schreit Bausa in einem Moment ins Mikrofon, während sich im Publikum ein Moshpit entfacht. Im nächsten Moment singt er im 80er-Style von Liebe, seine größte Liebe dabei stets jene zu Mary. „Ihr habt meinen kompletten Tourbus auseinandergenommen nach der Suche nach ein paar Gramm Marihuana“, ärgert er sich.
Mein Herz geht auf, wenn ich in Wien bin. Ich hab mich in Wien verliebt, ich hab Shows gespielt, das waren mitunter die besten Shows. Ich weiß, das sagt jeder in jeder Stadt, aber ihr kennt mich. Ich sag das nicht.
Den „Vossi Bop“-Remix von Stormzy, Capo und Bausa performt dieser heute nicht. Darauf heißt es nämlich: „Ich lass keine Hurentochter ungefickt, alle wollen meinen Dick, sogar Lesben werden umgedreht“. Das Echo an Kritik an Bausas Textzeilen kam schnell. Wenn er aber live in seinen Songs von der „zugekoksten Bitch“ spricht, von einem Mädchen, das laut ihm unglücklich sein muss, „weil die ganze Stadt weiß, du bückst dich“, oder davon, dass er kein Präservativ benötigt, weil: „Baby, ich bin clean“, dann ist das einzige Echo das laute Mitsingen der Fans. Der teils offensichtliche, teils unterschwellige Sexismus scheint der Partystimmung nichts anhaben zu können.
Zwischendurch gibt es Nebel, Licht, Feuer, Konfetti. Weil „Mary“ beim Publikum so gut zieht, wird der Track später ein zweites Mal gespielt. „Seid mir nicht böse, das ist der vierte Tag auf Tour, meine Stimme ist ein bisschen gefickt“, entschuldigt sich Bausa für kleine Stimmaussetzer, die aufgrund des allgemein schlechten Sounds aber sowieso untergehen. „Auf Kokain und Jacky Cola“ heißt es nicht nur auf „Casanova“, seine nach zu viel Whisky und Zigaretten klingende Stimme ist eines Bausas stärkster Markenzeichen.
„Ich weiß, ihr steht da unten und fragt euch, ob das heute der geilste Tag eures Lebens ist. Ja, ist es“, kündigt Bausa schließlich nach einigen Zugaben das große Finale an. Bausa, der mittlerweile oberkörperfrei ist, bekommt auf der Stage Gesellschaft von Apache. Der letzte Song des heutigen Abends, ein Song von Apache. „Roller“, um genau zu sein, einer Apaches größter Hits. Dass Bausa den krönenden Konzertabschluss seinem Voract überlässt, zeugt von großer Sympathie, aber auch von Realismus. Denn Apache ist und bleibt der Star des Abends, der Hype um Apache scheint aktuell einfach größer zu sein als jener von Bausa.
Fazit: Eine Party verbirgt sich im Konzert des heutigen Abends, das öffentliche Augenmerk liegt dabei verstärkt auf Apache 207. Aber auch Bausa punktet mit seiner Fanbase, der Textsicherheit dieser und zu guter Letzt vor allem durch seine eingängigen Hits. Für einen bitteren Beigeschmack sorgen einige Lines Bausas, der teils radiotaugliche Sexismus in seinen Texten rückt durch den melodischen Sound zwangsweise in den Schatten, sollte jedoch genau deswegen verstärkt beleuchtet werden.
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