Liebt deutschsprachigen Rap und Taylor McFerrin. In jeder freien Minute…
Es fröstelt uns ein wenig. In der WG im letzten Stock, in der wir uns an einem Samstagnachmittag zum Interview verabredet haben, ist die Heizung ausgefallen. Also gibt’s Club Mate zum Aufwärmen und Captain Murphy als musikalische Untermalung. Währenddessen erzählen Rapper Shawn The Savage Kid und Produzent Melik, die beide erst vor Kurzem bei der wiedereröffneten Plattenfirma Showown Records eine Label-Heimat gefunden haben, über ihren Schickimicki-Niedrigstandard-Lebensstil, die Unambitioniertheit des österreichischen Fußballs, die reine Unterhaltungsfunktion des Journalismus und die kroatische HipHop-Szene.
Interview: Julia Gschmeidler
Fotos: Olinclusive
Warum nennst du dich eigentlich The Savage Kid? Deine Musik würde man nicht gerade mit Adjketiven wie „wild“ oder „brutal“ assoziieren…
STSK: Um ehrlich zu sein, war das ein kompletter Schmarrn. Mein erster Rapname war Adukashwan, dann wurde es A-Shawn, was da überhaupt noch keinen Sinn machte, aber da war das Shawn geboren. Irgendwann war ich ein Jahr in Südafrika und hab da mit einem Typen zusammengearbeitet – da wurde es dann Shawn The Savage Kid, weil’s irgendwie cool klingt. Es ist überhaupt nichts dahinter. Über die Zeit identifizier ich mich schon über den Namen, jetzt nicht wegen der Bedeutung, sondern weil ich damit schon voll viel erlebt hab.
Wie seid ihr zu Showdown-Records gekommen?
STSK: Im Endeffekt hab ich ne Nachricht von einem Typen aus Südafrika bekommen, dass auf unserer gemeinsamen Facebook-Seite irgendein Deutscher eine Nachricht geschrieben hat und ich mal nachgucken soll. Das war der Georg, der auch A&R Manager ist. Er hat geschrieben, dass sie Showdown wieder aufmachen wollen und gerade auf der Suche nach Künstlern sind. Sie wollen auch mehr oder weniger ein Newcomer-Label sein. Im Juni haben wir dann telefoniert. Im ersten Telefonat ging’s nur darum, ob ich überhaupt noch rappe, ob ich das ernsthaft weitermachen will und ob ich mir vorstellen könnte, über ein Label aktiv zu sein. Sie hätten Interesse an einer Mischung aus Skill, Flow, aber schon auch viel erzählen – mit neuartigeren Beats, was es das im Deutschrap nicht so oft gibt. Am Anfang waren wir da schon sehr skeptisch, weil’s im Endeffekt auch nur eine Mail von irgendeinem Dude war. Es hat echt ziemlich lang gedauert, das so richtig ernst zu nehmen. Bei Showdown wusste man auch nicht sofort, welches Label das ist.
In Deutschland sind ja in letzter Zeit viele österreichische Rapper gehypt worden.
STSK: Aber fast alle distanzieren sich komplett von Österreich, legen ihren Dialekt ab, wohnen nicht mehr hier…
Melik: Oder ändern sogar ihre ganze Sprache wie RAF. Ich glaub das hat über’s Produzieren angefangen, weil hier ziemlich viele Producer sitzen. Clefco, Mella, Brenk, Mainloop, die ganze Ecke da, die haben alle voll rausproduziert, auch recht viel nach Deutschland. Ich glaub dadurch hat das angefangen, dass sich die Österreicher ein bisschen ausgebreitet haben.
STSK: Die Einzigen, die es auch mit ein bisschen Österreicheinfluss geschafft haben, sind Texta und Kamp.
Melik: Und Schönheitsfehler damals.
Auch Mortis One, der einen etwas anderen Stil hat, ist bei Showdown. In welche Richtung will das Label gehen?
Melik: Zum Glück.
STSK: Also, was ihm (Georg, Anm.) wichtig ist, ist dass die Leute, die gesignt werden, einen langfristigen, groben Plan haben, wo sie soundmäßig hin wollen, dass es immer was Frisches ist. In Berlin hab ich Mortis getroffen, der mir Sachen von seinem Album gezeigt hat, das unterscheidet sich voll krass von seinem alten Zeug. Da weiß ich auch, dass er von dem straighten Boombap mehr in Richtung Experimentelles geht und mehr Themen reinbringen will, als nur puren Battlerap. Dieser Reifeprozess ist ihnen wichtig. Wie ich das mitbekommen hab, ist Mortis voll so ein Berliner Szenedude, der kennt alle und jeden. Im neuen Karate Andi Video ist er zum Beispiel auch drinnen. Da gibt’s einen Stammtisch, wo sich immer alle treffen. Sein Studio ist in so einer fetten WG, da haben auch Tua, Marteria und Dead Rabbit ein Studio.
Mortis ist wie du Rapper und Produzent. Wirst du auf deinem Album auch selbst einen Beat bauen?
STSK: Das haben wir schon überlegt, vor allem wenn Luca (Melik, Anm.) rappt. Wir fahren auch Features mit ihm.
Melik: Ich mach das für’s Album, aber ich kann nicht dasitzen und Texte schreiben. Ich hätt gerade nicht die Ruhe im Kopf, meine Gedanken zu strukturieren und einen gscheiten Satz zu bilden, den ich dann auch live authentisch von mir geben kann. Das fällt mir irgendwie schwer. Ich geb nicht gerne Sachen von mir, die vielleicht nicht mehr stimmen, einfach nur zwecks Fünf-Reimsilben. Ich tu mir da mittlerweile sehr schwer, zufrieden damit zu sein.
STSK: Bei mir ist das anders, aber auch deswegen, weil ich so selten Statements hab, bei denen ich ne Meinung hab, die gerade nur eben so ist. Wenn ich wirklich ernst gemeint rappe, dann ist das felsenfest.
Melik: Bei dir ist der Vorteil, dass du sehr viele Storys schreibst und dadurch nicht so in einer Meinungsverschiedenheit mit dir selbst sein kannst.
STSK: Ich dachte, ich nehm mich selbst eher raus aus den Texten, aber das stimmt halt auch nicht ganz. Jetzt sind auch wieder ein paar persönlichere Sachen dabei.
Wird euer kommendes Album im Stil der „Kennen wir uns?“ EP sein?
STSK: Wir hatten das Album schon im Kopf und haben davor noch eine EP gemacht. Deswegen wird’s schon ähnlich sein, aber auch zielstrebiger. Am Ende des Jahres wollen wir schon einen guten Stock haben, Sachen, an denen man sich schon mal orientieren kann. Das ist jetzt alles aus der Luft gegriffen, aber wir werden versuchen, es im Laufe des Frühlings fertigzumachen.
Auf der „Tafsiri“ EP von dir und simp wurden afrikanische Samples verarbeitet, bei der Restless Leg Syndrom EP “Dabkeh” libanesische – Wie vorangeschritten ist die Globalisierung der Musikwelt bereits?
STSK: Wir waren ja bei weitem nicht die Ersten, Madlib hat das schon viel früher gemacht. Ich glaub das hat eher was damit zu tun, dass man sich Themen setzen will. Das ist auch wichtig für Instrumental EPs, dass ein roter Faden alles miteinander verbindet, sonst ist es schon ein bisschen beliebig. Es ist einfach, sich auf ein Genre zu spezialisieren, wie auch Dexter das mit Psych Rock Zeug gemacht hat. Ich weiß gar nicht, warum wir Afrika gemacht haben. Weil’s auch noch nicht so gängig ist. Indien ist total totgesamplet – es sind außerdem unbekannte Musiker und Samples, die Rhythmen sind auch interessant. Wir wussten gar nicht, dass die Leute von Restless Leg Syndrome auch was machen, bis mich Testa bei der Releaseparty darauf angesprochen hat. Duzz Down San goes Africa.
Shawn, du kommst aus Bayern. Dort hat fast jeder Zweite die CSU gewählt. Warum ist gerade das südlichste Bundesland so konservativ?
STSK: Das sind einfach Strukturen, die über Jahrhunderte gewachsen sind. Ich weiß auch nicht, woran es liegt, dass es so konservativ ist. Bayern geht es so gut, also warum irgendwas ändern – never change a running system.
München hat immerhin einen SPD-Bürgermeister.
STSK: Aber wie rot ist München? Ich glaub das liegt an dem Ude, da hat die Partei nicht so viel damit zu tun. Das ist auch voll der Ur-Bayer, da können sich die Leute mit ihm identifizieren, da sehen sie keinen Sozialdemokraten.
Apropos Bayern: Wie steht ihr zu Liquid und BBou?
STSK: Ich kenn sie auch persönlich. Wir kennen sie auch voll lang, der Hype um ihn (BBou, Anm.) ist schon ein bisschen unheimlich. Seine Fans auf Konzerten pack ich gar nicht, das ist überhaupt nicht mein Ding. Das ist halt echt so ein Teenie-Star, sowas hatten die bayrischen Teens davor nicht. Zuvor war Rap aus Bayern zu Backpacker-mäßig, zu nerdig, so typisch Blumentopf halt. Es hat die Kids nicht angesprochen. BBou schafft’s wirklich, dass es in jedem Dorf, in dem er auftritt, gerammelt voll ist und alle seine Texte mitgrölen.
Das erinnert mich an die Vamummtn.
STSK: Ja, die hängen ja auch zusammen ab. Die Sachen von BBou und Liquid, die jetzt alle von Demograffics produziert sind, treffen schon wieder mehr meinen Geschmack.
Was hat dich eigentlich von Regensburg nach Wien geführt?
STSK: Das Studium eigentlich. Ich musste irgendwas studieren und war kurz davor, mich für Lehramt in Würzburg oder so zu inskribieren. Im Sommer davor war ich in Wien und es hat mir getaugt. Da hat’s dann auch Sinn gemacht, weil’s nicht allzu weit weg ist. Also ich bereu’s nicht. Ich hab auch nie gedacht, dass ich in Wien so einen Anschluss ans Musik machen find. Schon, dass es Jams gibt und ich Leute kennen lern, aber dass ich dann im Endeffekt meinen Produzenten treff, mit dem ich ein Album und eine EP mach UND in Dusty Crates reinkomm, das hätte ich nie gedacht.
Aus welchen Beweggründen hast du dich vor deinem Studium für ein freiwilliges soziales Jahr in Südafrika entschieden?
STSK: Man könnte da so viel reininterpretieren, aber im Endeffekt hab ich mich dafür beworben, weil sich mein Mitbewohner auch dafür beworben hat und nicht allein die Bewerbungsunterlagen durchgehen wollte. Das war die Abi-Zeit, ich war nur am Feiern, hab voll keinen Fick gegeben und im Endeffekt war’s voll das Glück, dass er Bock drauf hatte und dahinter war – ich hab mich da einfach so drangehängt. Er ist dann nicht genommen worden und ich hab’s geschafft. Das war richtig cool.
Hat daraus auch die Entscheidung für dein Studium der Internationalen Entwicklung resultiert?
STSK: Es hat auf jeden Fall mein Interesse für internationale Beziehungen geweckt. Die IE forscht ja nicht nur über Entwicklungszusammenarbeit, sondern generell über internationale Beziehungen, die Nord-Süd-Abhängigkeiten. Das hat auch meinen Blick auf die Welt geschärft.
Wie wichtig ist es dir, das Studium neben der Musik weiterzumachen?
STSK: Ja, also es ist nicht abzuzielen, dass das mit der Musik irgendwann riesig groß wird. Ich könnte das allein mit mir nicht vereinbaren, mich komplett auf mein Künstlerdasein einzulassen. Ich brauch schon meine Routine und meinen Alltag, damit so etwas wie Kreativität überhaupt entstehen kann. Nur durch so ein Lotterleben könnte ich mich nicht inspirieren.
Ihr erwähnt immer wieder den „LowLife Schickimicki“. Was versteht ihr darunter?
STSK: Mein Mitbewohner hat das mal ausgepackt. Es ist einfach so ein guter Begriff, ich hatte da sofort eine Vorstellung und es hat mich voll gecatcht. Das passt einfach wie die Faust aufs Auge.
Melik: Das ist der Widerspruch unserer Generation. Das bedeutet, dass du dein iPhone und dein Macbook Pro hast, aber deine Miete nicht zahlen kannst. Irgendwie leben alle in so einem Pseudo-Wohlstand und sind auf der anderen Seite voll abgefuckt. Es spiegelt sich und man sieht’s erst, wenn man Leute näher kennenlernt. Wir sind in einer sehr aufgestylten Gesellschaft, die sich verschieden gibt, aber irgendwie haben alle diesen zur Hälfte spiegelnden Widerspruch, dieses LowLife Schickimicki. Jeder hat alles, aber man kann sich’s in Wahrheit nicht leisten.
STSK: Es ist auch so eine Dynamik dahinter, es ist einfach gelebter Gegensatz. Wenn du dein Sein auf die wesentlichen Dinge reduzierst, dann ist da im Endeffekt nicht viel. Ich hab nicht viel Geld, ich bau mir durch mein geisteswissenschaftliches Studium gerade keine große Zukunft auf, ich hab keine Rücklagen oder irgendwas – und trotzdem war ich dieses Jahr ein paar Mal im Urlaub, hab teure Klamotten und geb so viel Geld fürs Saufen und Kiffen aus – und lass es so richtig raus, pimp mein Leben grad auf. Dadurch ist mein Leben auch ein wenig low, weil ich einfach Prioritäten anders setze. Ich könnte auch ein good Life haben, aber ich hab ein low Life und mach das schickimicki.
Melik: Wenn du unsere Eltern anschaust, die haben das nicht. Die sind entweder low Life oder schickimicki. Diesen Widerspruch haben nur ganz wenige, die probieren vielleicht jung zu bleiben. Wenn du dir die Staaten anschaust, da rennen Leute in unserem Alter mit sechs Kreditkarten rum und haben massive Schulden – und haben trotzdem alles zuhause. Das ist irgendwie alles weird und jeder macht’s auf seine Art und Weise.
STSK: In diesem Rahmen können sich viele Dinge abspielen, es ist eine gute Grundlage. Man kann damit an voll viele Sachen anspielen. Auf der EP hast du „Chillen“ drauf, das ist voll Lowlife Schickimicki, das ist schon fast eine Art Titeltrack. Das ist schwierig zu beschreiben. Werden Interviews eigentlich besser, je öfter man welche gibt?
In einem Interview hast du gesagt: „Auch ins Stadion gehe ich nur unregelmäßig: Gerade in Wien interessiert mich der Fußball nicht so wirklich.“
STSK: Beim Sagen hab ich’s schon bereut. Fußball ist so eine nationale Sache. Fußballfans sind extrem emotionalisiert. Wenn du in ein Land kommst, wo du nichts mit den Vereinen zu tun hast, ist das Interesse schon mal viel geringer. Wenn dann die Qualität der gesamten Liga um Welten von der deutschen Bundesliga entfernt ist, dann ist das noch weniger Anreiz.
Melik: Das ist bei mir nicht anders. Ich bin Kroate und ich pack den Fußball hier überhaupt nicht. Kein Plan, wie’s gerade in der Bundesliga aussieht oder wo wer steht.
STSK: Es ist auch so seltsam, dass einfach ein Drittliga- oder Zweitliga-Team gegen den Meister im Pokalfinale gewinnt. Das ist einfach ein Zeichen von kompletter…nein, ich muss jetzt aufhören. Es liegt hauptsächlich daran, dass ich mich mit den Vereinen nicht wirklich auskenn, da geht schon voll viel Anreiz verloren.
Melik: Ich bin hier geboren und aufgewachsen, ja, aber wenn du doch von woanders kommst, wo Fußball nicht so schlecht ist, dann ist es hier einfach nicht so spannend. Ich verfolg die Liga in Kroatien auch nicht, aber wenn ein Kroatienspiel läuft, schau ichs mir gerne an. Österreich-Spiele schau ich in letzter Zeit ganz gern, aber bei der Bundesliga gibt’s keine Chance, das ist so zach. Und das sag ich als Österreicher. Aber ich bin ja auch mehr der – wie sagst du – Korbleger.
Wie steht’s eigentlich um die kroatische HipHop Szene?
Melik: Das Problem unten ist, dass sich einfach viel zu wenig Leute mit Rap beschäftigen. Graffiti geht extrem ab. Du kommst auch viel leichter zum Breakdancen. Es gibt schon viel Rap, aber es passiert nicht wirklich was damit. Vor allem merk ich, dass ich als Kroate in Wien nichts mitbekomme, von dem was unten passiert. Das find ich ein bisschen schade, dass sie es nicht zumindestens so pushen, dass man es im Internet mitkriegt. Da ist einfach niemand so wirklich dahinter. Sobald du aber runterfährst siehst du, dass die ganze Stadt zugeschmiert ist.
Chefket meinte, dass die Leute in der Türkei einfach andere Probleme haben, weil es kein soziales Netz gibt, das einen auffängt.
Melik: Das ist in Kroatien nicht anders. Du darfst nicht vergessen, dass alles, was am Meer liegt, zumindest über die Saison im Sommer voller Tourismus ist. Das heißt die Preise sind voll hoch, du hast aber einen Durchschnittslohn von umgerechnet 700 Euro, das ist so das Maximum, das du verdienst. Mittlerweile kostet aber alles ziemlich gleich viel wie hier und die Leute könne es sich nicht leisten. Sobald der Tourismus kommt, steigen die Preise nochmal an. Das heißt du musst dort einfach arbeiten gehen, egal in welcher Situation du bist. Die Leute kriegen dort nur Jobs durch Connections, du kommst nicht einfach so rein mit einer Bewerbung. Du musst irgendjemanden kennen, das ist schon noch sehr kommunistisch. Du kannst allein schon die Schule relativ leicht fertig machen als österreichischer Staatsbürger, wenn du dich ein bisschen dahinterhängst und nicht sitzen bleibst, aber im Endeffekt hast du hier europaweit eine der besten Möglichkeiten, die Schule fertigzumachen, studieren zu gehen und alles mit dem wenigsten Stress und Aufwand. Ich glaub so einfach wie hier, hast du’s kaum wo. Auch von der Bildung her. In Wahrheit ist die Schule hier ein Klacks, die Lehrer sind gar nicht so org und das System ist in Wahrheit nicht so schwer, alles wird unterstützt. Deswegen kommen auch die Studenten her, ich würd’s selber tun, wenn ich Deutscher wär.
STSK: Schon krass, wie studentenfreundlich die Uni Wien ist im Vergleich zur Uni Regensburg, echt heftig. Aber vielleicht ist es auch nur auf der IE so.
Sprichst du bei WG-Partys wirklich über Themen wie Weltbank, Fonds und IWF, wie du das im Track „Kennen wir uns?“ sagst?
STSK: Ich studier einfach Internationale Entwicklung, da ist das zwangsläufig. In irgendeinem Raum gibt’s immer eine ernste Sitzgemeinde, die sich im Rotweinrausch über Weltprobleme unterhält und eine oder einen, der sich davon abspaltet – und das Thema noch ins nächste Gespräch miteinbringt. Es spielt auch auf dieses typische Klischee-Links-Denken an, „IWF und Weltbank sind die größten Verbrecher der Welt und neoliberale Theorien richten die Welt zugrunde“, einfach so plattes, unreflektiertes Nachplappern von Klischees, das passiert fast täglich in meinem Studienfeld.
Was ist musikalisch noch alles geplant von euch?
STSK: Melik und ich machen ein Album, „LowlifeSchickimicki“ wird es heißen und nächstes Jahr erscheinen, komme was wolle. Mit der RC Gäng machen wir jetzt ein Album fertig, das heißt „NGT (Nicht Grundlos Tight)“, das ist auch schon relativ weit fortgeschritten. Mit Dusty Crates sollten wir auch mal wieder was Neues machen.
Melik: Ich plan eh eine EP mit Olinclusive, wir sagen nur noch nicht was, aber wir haben schon ein Konzept.
Ist die „Out of Orders“-Reihe von Dusty Crates endgültig abgeschlossen?
Melik: Ja, ich glaub es war gut, dass es eine Trilogie war. Es war nicht mal abgesprochen, dass nach der ersten eine weitere kommt. Es ist jetzt die „Tafsiri“ rausgekommen, es braucht nicht mehr. Man muss es auch nicht übertreiben mit Releases.
STSK: Die Fearlefunk-Leute machen auch was. Das ist eine Compilation von Leuten, die alle mal auf einer Fearlefunk Veranstaltung gespielt haben. Das kommt Mitte Dezember auf Platte. Da sind auch echt große Namen aus Deutschland drauf.
Wordrap
In Anspielung an deinen Track „Clubhass“: Was ist dein Lieblingsclub?
STSK: Club in meiner Heimatstadt, in dem mittlerweile mein halber Freundeskreis arbeitet, der irgendwie immer schlimmer wird, ich aber trotzdem, immer wenn ich in Regensburg bin, mindestens einen Abend drin verbring.
Und in Wien?
STSK: Ich bin ein Genießer der Clubvielfalt. Ich hab gar keinen Lieblingsclub in Wien, ich hab nur Lieblingsveranstaltungen. Das trifft sich ganz gut, dass Canyoudigit? zum Beispiel im Leopold ist, das passt gut zusammen. Oder Sexy Deutsch, hat zwar auch keinen festen Standort, aber es sind dann meistens schon coole Partys.
Melik: Ich glaub von der Location und Atmosphäre her ist es das Badeschiff, ich hab’s ur gern und find’s schade, dass da nicht mehr geht und man es nicht ein bissl aufpeppt von der Anlage her. Sonst wär’s ein ziemlicher cooler Club. Ich glaub das ist so ziemlich meine Lieblingslocation in Wien.
Splash Festival 2013
Melik: Oddissee, bester Act. Ich fand ihn dort so cool, voll authentisch, voll real. Und Bier, Bier, Bier.
Shawn: Es war mein zweites Splash hintereinander, bei dem ich aufgetreten bin. Ich sag nur Rabe Groovebuzz zum Splash Festival, bester Typ.
Taktloss
STSK: Hab ich nie wirklich gehört. Nicht, weil’s mir nicht gefällt. Aber er feiert den richtigen Fußballverein. (FC Bayern München, Anm.)
Melik: Fand ich zwar ganz witzig, aber war nichts, was ich mir angehört habe.
STSK: Meine Schwester kann Taktloss-Parts auswendig, die hat das eine Zeit lang richtig krass gefeiert.
STSK: Ja cool, feier ich. Ich find, dass sie auch eine krasse Bandbreite an Leuten haben, und es trotzdem als Label homogen ist.
Melik: Ist auch nicht so meins eigentlich, aber es ist ganz cool. Hab nie wirklich reingehört, um ehrlich zu sein.
Musikjournalismus
Melik: Ich bin mit einer Frau aufgewachsen, die Journalistin ist. Ich hab eine nette, aber auch ziemlich absurde Meinung vom Journalismus. Glaube nichts, genauso wie ich es lese. Ich find Journalismus ist eigentlich nur pure Unterhaltung und jeder sollt es so auffassen, wie er will. Journalismus funktioniert heutzutage nur so schnell, weil wir die Möglichkeiten von Fernseher und Radio haben. Aber das ist in erster Linie nicht Journalismus, sondern Technik, so gesehen würde es auch ohne Journalismus gehen, wenn sich Menschen einfach austauschen, wie sie es eh tun. Nachrichten verbreiten sich auch ohne Journalismus schnell und es ist genauso eine stille Post.
STSK: Da hab ich keine große Meinung drüber. Das ist was, was ich jetzt erst von der anderen Seite kennen lerne, also nicht nur als Leser und Konsument, sondern ich nehm jetzt eine andere Stellung in diesem Gefüge ein.
Crack Ignaz
STSK: Feier ich, es ist so ein Szeneding, von Leuten, die sich in einem Musikumfeld bewegen. Er macht eine bestimmte Art von Musik, wenn ich diese Art auch machen würde, dann so ähnlich wie er, ich hätte eine ähnliche Herangehensweise.
Melik: Ich find ihn auch ganz lustig, unterhaltsam.
Greenpeace bzw. Global 2000
STSK: (nach langer Pause) Keine Ahnung, fällt mir nichts ein.
Melik: Bis auf die Leute von denen auf der Maria Hilferstraße sollen sie von mir aus die Welt retten. Aber die Leute, die einen so aufhalten…
STSK: Da läufst du über die Maria Hilferstraße und plötzlich tippt dir wer auf die Schulter: „Hallo, ich bin Michael, wie heißt du?“ (lacht) Auch diese ganzen Spendenkampagnen.. Ich hab mich in Uniarbeiten mit EZA-Spenden beschäftigt. Diese Spendenakkumulation und um Geld Werben, das ist voll das notwendige Übel für sie und es ist voll ätzend. Es bringt extrem viel, aber es macht auch sauviel kaputt. Aber wie soll’s anders wirklich funktionieren?
Melik: Wenn sie’s wirklich durchbringen könnten, dass du ihnen bar etwas geben könntest, anstatt der ganzen Kacke mit Kontoabzug und so. Es nervt einfach, irgendwo stehenzubleiben und Bankdaten austauschen zu müssen. Das will man halt auch nicht.
STSK: Die Straße ist auch echt der falsche Ort, um ihr Anliegen anzubringen.
Fukushima
STSK: Ich find’s so krass, dass die japanische Regierung einfach draufscheißt und so wenig passiert, dass das alles so gemacht werden darf, ohne Regeln oder Plan. Im Endeffekt ist es noch immer da und keiner kümmert sich drum oder ist fähig, sich darum zu kümmern. Ich hab einen Artikel gelesen, da ging’s darum, dass die Brennstäbe aus dem Wasser gehoben werden sollten. Um die da rauszuheben, brauchst du irgendeinen unglaublich präzisen Roboter oder eine Maschine, die das kann, weil wenn die Brennstäbe sich berühren, gibt’s die Megaexplosion, dann ist alles supertot. Sie machen es halt mit der Hand, sie haben ein paar Leute, die das anfassen und rausziehen. Ohne Scheiß. Der Artikel war von einem deutschen Ingenieur geschrieben, der auch meinte, dass es unfassbar ist, wie da mit Gefahr umgegangen wird.
Melik: Vielleicht denken sie kulturell, dass sie nicht so von einer Maschine abhängig sein wollen und mehr einem Menschen vertrauen. Ich denk das ist nur ein Stein von vielen. In Wien spüren wir jetzt regelmäßig Erdbeben – ich hab davor noch nie eins mitbekommen. Du merkst einfach, dass irgendwas auf der ganzen Welt nicht stimmt. Es wiederholt sich nur und wandert von Land zu Land, es wird nie aufhören. Auch wenn sie diese Brennstäbe jetzt rausnehmen, wieder alles funktioniert, „wow, Krise überlebt“. Ich garantier dir, drei Jahre später passiert der gleiche Scheiß woanders.
Angela Merkel
STSK: Konstantin Wecker hat einen Track namens „Die Lächeln meiner Kanzlerin“ gemacht. Ich find den Song echt cool. Das NSA-Ding hab ich auch ein wenig mitverfolgt. Zum Glück haben die Amis jetzt das Handy von Angela Merkel ausgespäht, denn es war ihnen komplett wurscht. Weil aber sogar ihre Privatsphäre bedroht war, ist es plötzlich interessant.
Frank Stronach
Melik: Ich schalte Facebook ein, um zu schauen was so geht und les dann als Erstes: BlaBlaBla gefällt Team Stronach. Da denkst du dir so: Hey Alter, dir gefällt Team Stronach, hast du da zufällig draufgeklickt? Schreibt nicht zurück, okay, ziemlich weird. Ich bin schon geflashed drüber, welche Sachen die Leute liken. Auch Leute, mit denen ich in der Schule war, wenn du merkst wo die hingedriftet sind. Es ist echt krank. Ich merk langsam, dass es echt kranke FPÖ-Wähler gibt, die mit mir eigenltich in der Schule waren. Fuck Facebook, was ist da schon eine Freundschaft? Aber das waren dann halt mal Leute, die ich gekannt hab – und die, wenn man sie dann darauf anspricht, einfach keinen Kommentar dazu geben. Es ist einfach weird.
STSK: Also ich hab durch Frank österreichische Politik verstanden. Allein, dass es möglich ist, dass so ein komplett unambitionierter Dude einfach dabei ist…
Melik: In den Staaten hast du genau das Gegenteil von ihm. Dort ist Schwarzenegger sogar Gouverneur geworden. Packst du das noch? Das ist genauso Stronach, nur ein bisschen anders, eh lustig. Stell dir vor das ist hier genauso möglich.
STSK: Das ist nur Galgenhumor, reiner Zynismus. Wie kann man so jemanden überhaupt ernst nehmen? Das ist so absurd, dass so etwas möglich ist.
Shawn The Savage Kid – „Kennen wir uns“ EP – ab 20. 12. auch auf Vinyl
Ähnliche Posts
- “Eine Hommage ans Samplen an sich”
Wir treffen zwei der drei Mitglieder von Restless Leg Syndrome, Testa und Chrisfader, einen Tag nach…
- "Polifame ist dann das Zentrum, wo alles zusammenkommt" - Interview + TM Exclusive
Polifame ist Musiker durch und durch. Der Oberösterreicher baut Beats, schreibt Texte und ist nebenbei…
- "Für mich sind alle Leute Halbgötter" // Amewu Interview
Nach einem Ausflug in die Dubstep- und Grime Szene hat es den Berliner Rapper Amewu…
Liebt deutschsprachigen Rap und Taylor McFerrin. In jeder freien Minute verbessert sie, hievt Beistriche wieder auf ihren richtigen Platz und hält die ganze Bande mit liebevoller Strenge zusammen. Nach dem Dienst im KURIER-Newsroom hört sie dann eine Zugezogen-Maskulin-Platte zum Einschlafen.